Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1525906 times)

tomhsv

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3870 am: 06.11.2022 20:25 »
Schau mal in Randnummer 48 von https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Hamburg&Datum=29.09.2020&Aktenzeichen=20%20K%207509/17

Zitat
cc) Des Weiteren steht der Zulässigkeit der Klage für die Jahre ab 2013 nicht entgegen, dass der Kläger nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens im Jahr 2012 für die Folgejahre keine weiteren Widerspruchsverfahren durchgeführt hat (so im Ergebnis auch, allerdings ohne diese Frage explizit zu thematisieren: BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020, 2 BvL 4/18, juris Rn. 17 ff.; BVerwG, Vorlagebeschl. v. 22.9.2017, 2 C 56/16 u.a., BVerwGE 160, 1, juris Rn. 27). Zwar ist nach § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG als Sachurteilsvoraussetzung vor allen Klagen von Landesbeamten – auch vor Feststellungsklagen – ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen (vgl. Reich, BeamtStG, 3. Aufl. 2018, § 54 Rn. 7 m.w.N.). Die Durchführung des Widerspruchsverfahrens war aber insoweit entbehrlich (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwG, Urt. v. 30.10.2013, 2 C 23.12, juris Rn. 34 ff.; VGH München, Beschl. v. 1.2.2018, 6 ZB 17.1863, juris Rn. 8 ff., m.w.N.), weil es seinen Zweck nicht mehr erreichen konnte.Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Diese Zwecke können etwa dann nicht mehr erreicht werden, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde.

Kann aber jedes VG anders sehen.
Ohne anhängige Klage sollte aber jedes Jahr Widerspruch eingelegt werden.

Dann sollte diese Musterklage der Gewerkschaft, die ja von meiner Seite noch anhängig ist, bis zur endgültigen Entscheidung ausreichend sein.

https://lvhs-hamburg.de/images/stories/pdf/Klage-Entwurf_Fristwahrung_Stand_08.11.21.doc.docx



Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3871 am: 06.11.2022 20:39 »
Zitat
Mit der Klage begehre ich die Feststellung, dass mein Nettoeinkommen (auch) ab dem Jahr 2020 verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist. Das Klagbegehren in diesem Verfahren entspricht in zeitlicher Hinsicht dem Zeitraum, über den im Wege des angegriffenen Widerspruchsbescheides (s. u.) eine ablehnende Entscheidung getroffen wurde

Dieser Passus der Musterklage passt da aber leider wohl nicht ganz. Die verlinkte Entscheidung hatte wohl einen anderen Klageantrag.

Siehe Randnummer 50

Zitat
dd) Dass die Beklagte einer Einbeziehung der Folgejahre in die Klage widersprochen hat, ist unerheblich. Denn durch die Formulierung seines Antrags „festzustellen, dass sein Nettoeinkommen für die Jahre 2011, 2012 und die Folgejahre verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist“ hat der Kläger bereits mit Klageerhebung die Alimentation in den Folgejahren in die Klage einbezogen. Unabhängig davon wäre die Einbeziehung der Folgejahre selbst dann keine zustimmungspflichtige Klageänderung, wenn sie als Erweiterung des ursprünglichen Klageantrags anzusehen wäre, weil eine solche Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre.

Leider ist das Muster der Gewerkschaft in diesem Punkt nicht sehr gut. In dem Muster der Gewerkschaft sehe ich persönlich die Folgejahre explizit nicht mit einbezogen, obwohl dies laut dem VG Hamburg prinzipiell möglich gewesen wäre. Eventuell kann man den Klageantrag erweitern (ohne eine Klageänderung auszulösen). Das mit einer gewissen Rechtssicherheit zu beantworten überschreitet aber die Grenzen dieses Forums.

Prozesszinsen ab Rechtsanhängigkeit fehlen im Klageantrag ebenfalls, sind aber auch in der Regel kein großer Betrag. Diese sind jedoch im Gegensatz zu Verzugszinsen im Verwaltungsrechtsweg möglich. Erfolgt aber eigentlich auch per Gesetz, ist meiner Ansicht nach trotzdem besser wenn es im Klageantrag steht.

« Last Edit: 06.11.2022 20:45 von Ozymandias »

tomhsv

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3872 am: 06.11.2022 20:48 »
Der Widerspruchbescheid betraf die Jahre 2011 - 2012, 2013 - 2019 und ab 2020. Er wurde Ende 2020 gestellt, weil Hamburg sich auf einmal nicht mehr an die Zusage der allgemeinverbindlichkeit der Musterklagen erinnern konnte und den Standpunkt vertrat, alles ab 2013 ist verjährt.

…. und die Folgejahre… wäre eleganter gewesen. Das stimmt, sagt aber eigentlich das selbe aus.
« Last Edit: 06.11.2022 21:02 von tomhsv »

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3873 am: 06.11.2022 21:07 »
Ich würde eventuell sicherheitshalber eine Stellungnahme in dem Verfahren abgeben, dass die Klage auch die Folgejahre miteinbezieht, da ein weiteres Vorverfahren für die nachfolgenden Jahren keinen Sinn geben würde, wie es Randnummer 48-50 in der oben genannten Entscheidung beschrieben wird.

Und auch gleich noch Prozesszinsen nach § 291 BGB einbeziehen.  Aber ist wie gesagt eher ein Thema für Rechtsprofis.

lumer

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3874 am: 07.11.2022 08:39 »
Könnt ihr mir mal sagen, worauf ihr Prozesszinsen haben wollt, wenn ihr keine Leistungsklage erhebt? Prozesszinsen sind nur möglich, wenn das Gericht eine Geldsumme zuspricht. Das tut aber kein VG bei einer solchen Besoldungsklage, wie sie hier in Rede steht. Es stellt – im Erfolgsfalle – lediglich fest, dass ihr zu niedrig alimentiert wurdet. Wie hoch die Besoldung ist und wie viel ihr mehr bekommen müsst, kann das Gericht aber gar nicht aussprechen, weil das BVerfG das Besoldungsgesetz – im Erfolgsfalle – aufgehoben hat und der Gesetzgeber erst wieder ein neues erlassen muss. Es gibt also keinen Anknüpfungspunkt für Prozesszinsen, siehe auch den Wortlaut von § 291 BGB: "Eine Geldschuld ...".

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3875 am: 07.11.2022 10:37 »
Könnt ihr mir mal sagen, worauf ihr Prozesszinsen haben wollt, wenn ihr keine Leistungsklage erhebt? Prozesszinsen sind nur möglich, wenn das Gericht eine Geldsumme zuspricht. Das tut aber kein VG bei einer solchen Besoldungsklage, wie sie hier in Rede steht. Es stellt – im Erfolgsfalle – lediglich fest, dass ihr zu niedrig alimentiert wurdet. Wie hoch die Besoldung ist und wie viel ihr mehr bekommen müsst, kann das Gericht aber gar nicht aussprechen, weil das BVerfG das Besoldungsgesetz – im Erfolgsfalle – aufgehoben hat und der Gesetzgeber erst wieder ein neues erlassen muss. Es gibt also keinen Anknüpfungspunkt für Prozesszinsen, siehe auch den Wortlaut von § 291 BGB: "Eine Geldschuld ...".

So ganz klar sehe ich die Rechtslage bezüglich Prozesszinsen nicht.

Absatz 5 lässt einen Anspruch auf Prozesszinsen unberührt. Damit ist § 291 BGB analog anzuwenden. Voraussetzung für Prozesszinsen ist, dass eine Geldforderung rechtshängig geworden ist. Prinzipiell setzt daher ein Anspruch auf Prozesszinsen eine Leistungsklage voraus. Die Verpflichtungsklage kann aber der Leistungsklage gleichstehen, wenn der zu erlassende Verwaltungsakt Grundlage der Besoldungsleistung ist. Gleiches gilt für eine Feststellungsklage, sofern nur über den Grund einer Besoldungsleistung, deren Höhe sich aus dem Gesetz ergibt, gestritten wird. Unerheblich ist, ob und wie der Beamte seinen Anspruch selbst beziffert, solange er nicht ausdrücklich eine Begrenzung vornimmt. Denn aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes hat das Verwaltungsgericht selbst die richtige Anspruchshöhe zu ermitteln. Hingegen genügt ein Urteil, den Antrag unter Berücksichtung der Rechtsansicht des Gerichts neu zu verbescheiden, nicht. Die Prozesszinsen können auch nach Rechtskraft der Entscheidung geltend gemacht werden.

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3876 am: 07.11.2022 10:41 »
Auch bezüglich eines Verzugsschadens ist die Rechtslage wohl noch nicht endgültig geklärt. Man sollte diese Möglichkeiten auf jeden Fall im Auge behalten.

Absatz 5 schließt zwar nur die Zahlung von Zinsen im Falle des Verzugs ausdrücklich aus. Ein Schadensersatzanspruch wegen Verzugsschaden ist aber generell im öffentlichen Recht untypisch, sodass die analoge Anwendung des § 288 Absatz 4 BGB – bei Ausschluss des § 288 Absatz 1 BGB durch Absatz 5 – nicht nahe liegt. Nur ausnahmsweise kann sich aus dem besonderen Rechtsgrund der Fürsorgepflicht, bei deren Verletzung ein Schadensersatzanspruch begründet sein kann, eine entsprechende Rechtslage ergeben. Die verspätete Zahlung von Dienstbezügen kann ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn sein.

lumer

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3877 am: 07.11.2022 11:23 »
Von welchem Absatz 5 sprichst du?

Das, was du zuerst schreibst, ist vertretbar, trifft hier aber nicht zu. Bei einer Klage auf Feststellung, dass zu niedrig alimentiert wird (der nach dem BVerwG zulässige und richtige Klageantrag), handelt es sich um einen unbezifferten und unbezifferbaren Antrag. Es wird gerade nicht über den Grund der Besoldungsleistung (z. B. das Vorliegen von Voraussetzungen für eine Zulage), sondern nur über die Verfassungsmäßigkeit der Alimentation gestritten. Das Gericht darf auf diesen Antrag hin gar nicht im Tenor feststellen, wie hoch die Mindestalimentation sein müsste. Es geht bei diesen Klagen nur um das Ob der Verfassungsmäßigkeit, nicht um den Grund der Besoldung oder deren Höhe. Es gibt deshalb gar keinen Anknüpfungspunkt für Prozesszinsen.

Ihr könnt es gerne beantragen, wundert euch aber nicht, wenn der Antrag abgelehnt wird und – je nachdem, wie hoch ihr den Streitwert ansetzt und wie viele Jahre es betrifft – ggf. ein Teilunterliegen mit Kostenfolge ausgesprochen wird.

Aloha

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3878 am: 07.11.2022 11:38 »
Hoffentlich wird der Kurs, der mit der Einführung des "4b-Parameters", also dem 2020 neu hinzugekommenen Mindestabstandsgebots, eingeschlagen wird, beibehalten.
Für eigene Klagen in oberen Besoldungsgruppen kann vielleicht die Argumentation des Hessischen VGH mit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen werden (https://openjur.de/u/2385150.html):
RN865: Nach alledem wird deutlich, dass die vom beklagten Land angeführte "denkbare Möglichkeit" der Anhebung der untersten Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen bis zur Wahrung des Mindestabstandes und der Verringerung der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen unter Einhaltung des verfassungsrechtlich festgelegten Abstandsgebotes ohne Erhöhung der Besoldung in den höheren Besoldungsgruppen nicht möglich ist. 
sowie
RN 873: Zwar mag der Besoldungsgesetzgeber die Amts-/Stellenzulage, den Familienzuschlag oder die Sonderzahlung nur in den unteren Besoldungsgruppen anheben können, so wie er bisher zwischen den einzelnen Laufbahn- und Besoldungsgruppen differenziert. Allerdings muss die amtsangemessene Alimentation im Wesentlichen mit dem Grundgehalt gewährleistet werden. Bei einer Differenz der Jahresnettoalimentation eines Beamten der Besoldungsgruppe A 5 (30.512,03 Euro) von - 8.186,24 Euro zu 115% des Grundsicherungsniveaus in Höhe von 38.698,28 Euro im Jahr 2020 müssten diese "Nebenkomponenten" der Besoldung wesentlich erhöht werden und würden dann im Ergebnis zu "Hauptkomponenten".

Ozymandias

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« Antwort #3879 am: 07.11.2022 12:03 »
https://www.bverwg.de/de/280611U2C40.10.0

Hier war ein interessantes Urteil wo es Prozesszinsen gab, wenn auch mit teilweise anderem Sachverhalt, u.a. Vollstreckungsanordnung des BVerfG wo aber auch kein Betrag festgelegt wird. 

Interessant ist auch die Rügepflicht bei Reparaturgesetzen, soweit ich das richtig verstehe.

Zitat
Es war dem Kläger zumutbar zu rügen, dass er sein Alimentationsdefizit auch durch die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 entfalteten gesetzgeberischen Aktivitäten nicht gedeckt sah.

lotsch

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« Antwort #3880 am: 07.11.2022 12:51 »
Von welchem Absatz 5 sprichst du?

(5) Werden Bezüge nach dem Tag der Fälligkeit gezahlt, so besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen.

So in allen Besoldungsgesetzen enthalten.

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« Antwort #3881 am: 07.11.2022 18:26 »
Von welchem Absatz 5 sprichst du?

(5) Werden Bezüge nach dem Tag der Fälligkeit gezahlt, so besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen.

So in allen Besoldungsgesetzen enthalten.
Ich habe mir schon so etwas gedacht, aber zum einen ist es nicht überall in einem Absatz 5 (z. B. Bayern). Zum anderen ist, wenn nur von einem "Absatz 5" geschrieben wird, nicht klar, welcher gemeint ist. Paragraph und Gesetz sollten genannt werden. Oder in diesem Fall einfach in Worte fassen, was gemeint ist.

lumer

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« Antwort #3882 am: 07.11.2022 18:33 »
https://www.bverwg.de/de/280611U2C40.10.0

Hier war ein interessantes Urteil wo es Prozesszinsen gab, wenn auch mit teilweise anderem Sachverhalt, u.a. Vollstreckungsanordnung des BVerfG wo aber auch kein Betrag festgelegt wird. 

Interessant ist auch die Rügepflicht bei Reparaturgesetzen, soweit ich das richtig verstehe.

Zitat
Es war dem Kläger zumutbar zu rügen, dass er sein Alimentationsdefizit auch durch die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 entfalteten gesetzgeberischen Aktivitäten nicht gedeckt sah.
Der Fall ist anders gelagert: Die Vollstreckungsanordnung des BVerfG versetzte die Verwaltungsgerichte in die Lage, den zu zahlenden Betrag rechnerisch zu ermitteln. Wenn es irgendwann mal eine Vollstreckungsanordnung des BVerfG für die Berechnung bei nicht genügender Mindestalimentation geben sollte (was ich für sehr unwahrscheinlich halte), dann könnte man Prozesszinsen geltend machen, weil es dann um eine Geldschuld geht.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3883 am: 07.11.2022 19:25 »
Zwar umfasst die Mindestalimentation den vom absoluten Alimentationsschutz gewährleisteten materiellen  Kernbereich der Alimentation, in den keine Einschnitte möglich sind. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots zum Grundsicherungsniveaus führt von daher für sich genommen bereits zur Verfassungswidrigkeit der Norm. Nichtsdestotrotz wird das Bundesverfassungsgericht auch zukünftig sein gesamtes Prüfprogramm zur Betrachtung der in Frage gestellten Alimentation vollziehen, so wie unlängst auch hinsichtlich Berlins, in welchem Verfahren gleichfalls auch die Verletzung des Mindestabstandsgebots festgestellt worden ist, ohne dass das Bundesverfassungsgericht das zum Anlass genommen hätte, die gesamte Prüfsystematik nicht zu vollziehen, um dann in jenem Fall nach Betrachtung aller drei Stufen des Prüfprogramms zwangsläufig zu dem Ergebnis zu kommen, dass die Norm verfassungswidrig ist.

Deine Aussage impliziert insofern, dass das Bundesverfassungsgericht zukünftig nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit eine Vollstreckungsanordnung vollziehen wird. Wie begründest Du diese Aussage?

Ozymandias

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« Antwort #3884 am: 07.11.2022 20:45 »
https://www.bverwg.de/de/280611U2C40.10.0

Hier war ein interessantes Urteil wo es Prozesszinsen gab, wenn auch mit teilweise anderem Sachverhalt, u.a. Vollstreckungsanordnung des BVerfG wo aber auch kein Betrag festgelegt wird. 

Interessant ist auch die Rügepflicht bei Reparaturgesetzen, soweit ich das richtig verstehe.

Zitat
Es war dem Kläger zumutbar zu rügen, dass er sein Alimentationsdefizit auch durch die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 entfalteten gesetzgeberischen Aktivitäten nicht gedeckt sah.
Der Fall ist anders gelagert: Die Vollstreckungsanordnung des BVerfG versetzte die Verwaltungsgerichte in die Lage, den zu zahlenden Betrag rechnerisch zu ermitteln. Wenn es irgendwann mal eine Vollstreckungsanordnung des BVerfG für die Berechnung bei nicht genügender Mindestalimentation geben sollte (was ich für sehr unwahrscheinlich halte), dann könnte man Prozesszinsen geltend machen, weil es dann um eine Geldschuld geht.

OK, das macht Sinn. Vielen Dank. Wenn während des laufenden Verfahrens eine solche Anordnung ergeht, müsste man sein Verfahren dann dahingehend modifizieren und könnte dann doch noch Prozesszinsen fordern, bzw. müssen die eigentlich sowieso bezahlt werden.

Ich dachte halt, dass es nicht möglich ist, dass die Dienstherren nicht auf ewig ohne Konsequenzen ohne Ausgleich für Inflation die Alimentation für sich behalten könnnen. Aber scheint so zu sein, die Geldentwertung schmälert den Betrag ja momentan ganz ordentlich...
« Last Edit: 07.11.2022 20:54 von Ozymandias »