Hi zusammen,
ich bin Beamter in NRW und wegen DU in den Ruhestand versetzt worden. Die Sache mit dem Ruhestand ist in der Schwebe, weil ich dagegen klage. Ich habe nur wenig gesundheitliche Einschränkungen und wollte weiter im Dienst bleiben. NRW hat wohl aber keine freien Stellen und mich in den Ruhestand verbannt.
Das Klageverfahren dauert ewig und da ich nicht weiß, wie es ausgeht, hänge ich finanziell in der Luft. Ich erhalte etwas mehr als die Mindestversorgung, wovon ich und meine Frau leben. Meine Frau kann gesundheitlich nicht arbeiten, hat aber keinerlei Rentenansprüche oder sonstiges. Kinder haben wir nicht.
Inzwischen gibt es online Rechner für das Wohngeld ab 2023. da ändert sich ja einiges.
Der Rechner spuckt aus, dass wir etwa 100 Euro Wohngeld bekommen würden ab Januar. Trotz der Erhöhung von 2,8 Prozent.
Zu den alten Wohngeld-Konditionen hatten wir keinen Anspruch.
Wenn ich nur die Mindestversorgung bekommen würde, wäre der Anspruch noch höher.
Ich weiß nicht, ob ich einen Antrag stellen werde, bevor eine Gerichtsentscheidung vorliegt. Ggf. bekomme ich ja Bezüge nachgezahlt.
Aber ich frage mich, ob dann die Versorgung nicht zu gering ist. Darf der Dienstherr seinen Beamten in dem Wohngeldbezug rutschen lassen? Muss nicht die Mindestversorgung so aussehen, dass eben keine Sozialleistungen beansprucht werden könnten? Swen, was meinst Du?
Das ist auf den Blick eine einfache, in Anbetracht der verfassungswidrigen Sachlage eine ggf. allerdings auch hier schwierige Frage, Willi.
Zunächst einmal schließt das WoGG Beamte nicht explizit von der Berechtigung aus, Wohngeld zu beantragen, jedenfalls ist ihm eine entsprechender Ausschluss nicht zu entnehmen. Auf der anderen Seite besteht das mit dem Beamtenverhältnis einhergehende grundrechtsgleiche Individualrecht auf eine amtsangemessene Alimentation, die als solche zu sichern hat, dass der Beamte nicht auf Sozialleistungen angewiesen sein darf; nicht umsonst hebt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung den qualitativen Unterschied zwischen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, der die Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs obliegt, und dem einem erwerbstätigen Beamten geschuldeten Unterhalt hervor. Sofern der (erwerbstätige) Beamte also einen entsprechenden Antrag stellt und dieser zu dem Ergebnis führt, dass der Beamte wohngeldberechtigt sei, dürfte das ein weiteres Signal dafür sein, dass die Alimentation nicht amtsangemessen ist. Damit kann ggf. die Situation entstehen oder bestehen - dies ist von verschiedenen Kollegen hier im Forum bereits hervorgehoben worden, die darauf verweisen, dass sie Beamten mit einem Wohngeldbezug kennten -, dass einem Beamten ein Wohngeldbezug bewilligt wird, da das Gesetz keinen Ausschluss von Beamten kennt. Das wäre dann eine der weiteren Blüten in diesem an Blüten-, aber nicht Beamtenreichtum reichen Thema.
Zugleich dürfte - wie hier auch schon mehrfach thematisiert - das gesamte Versorgungsthema und darin insbesondere die Mindestversorgung verfassungsrechtlich noch einen gehörigen Klärungsbedarf aufweisen - und darin als höchstwahrscheinlich noch einmal besonderes Thema mit eigener Komplexität die Mindestversorgung bei Dienstunfähigkeit. Denn hier wäre ggf. zu vermuten (schätze ich), dass zu beachten wäre, dass der aus dem aktiven Dienst in die Versorgung übergehende Beamte regelmäßig über die Möglichkeit verfügt hat, während seiner Dienstzeit Rücklagen zu bilden, die es ihm ermöglichen, mit den gegenüber der Besoldung deutlich geringeren Versorgungsbezügen seinen amtsangemessenen Lebensstandard weiterhin aufrechtzuerhalten. Hierzu ist er in gewissem Sinne (oder bis zu einem bestimmten Grad) verpflichtet, da er auch nach der Beendigung der aktiven Dienstzeit verpflichtet bleibt, weiterhin in seinem Verhalten nun ausschließlich außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern (§ 34 (1) BeamtStG). Nicht umsonst regelt § 47 (2) BeamtStG die mit Ausscheiden aus dem aktiven Dienst weiterhin vom Ruhestandsbeamten zu befolgenden Pflichten.
Der schuldlos vorzeitig in den Ruhestand versetzte Beamte hatte aber während seiner aktiven Dienstzeit in der Regel nur eine zeitlich verkürzte Möglichkeit, entsprechende Vorsorge zu treffen, unterliegt dennoch aber ebenso den gerade genannten Pflichten. Ich hielte es für wahrscheinlich (ohne dass ich mich in dem Thema auskenne), dass das vom Dienstherrn zu beachten wäre, was auch immer daraus für die über den aktiven Dienst hinausreichende Treuepflicht des Dienstherrn ggf. resultierte - aber wie gesagt, das gesamte Versorgungsthema wird das Bundesverfassungsgericht in der Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit noch wiederholt beschäftigen. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sollten der bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Besoldung begrenzt dienstfähiger aktiver Beamte im Einzelnen Hinweise auch für als dienstunfähig in den Ruhestand versetzte Beamte entnommen werden können - mehr als Hinweise aber auch nicht, da auch hier zu beachten wäre, dass wesentlich Ungleiches auch ungleich zu behandeln ist (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. November 2018 - 2 BvL 3/15 - unter
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/11/ls20181128_2bvl000315.html).
Hinsichtlich Deiner Klage gegen die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist insbesondere der § 26 BeamtStG für Dich von Interesse; aber das wirst Du, denke ich, wissen. Viel Glück für die Klage: So, wie Du die Sachlage beschreibst, solltest Du durchaus Erfolgschancen haben, da der gerade genannte § 26 ein abgestuftes Handeln des Dienstherrn vorsieht, das er zu beachten hat, wenn er auch über die Möglichkeit verfügt, einzelne Beamtengruppen nach dem Landesrecht zu betrachten, entsprechend ist also die jeweilige Gesetzeslage in dem betroffenen Rechtskreis zu beachten (vgl. § 26 (1) BeamtStG).