Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2674009 times)

DrStrange

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4095 am: 04.01.2023 08:02 »
Höhere Grundgehälter halte ich für unverschämt.

warum?

was_guckst_du

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4096 am: 04.01.2023 08:15 »
...regelmässige Tariferhöhungen sollte man auch abschaffen.. ;D
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

ChRosFw

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4097 am: 04.01.2023 09:56 »
Hallo Krazykrizz,

ergänzend zu deinen Ausführungen möchte ich gleichwohl anmerken, dass laut bisheriger Rechtsprechung die Grundbesoldung für eine 4K- Familie reichen muss. Zudem bezieht sich das Abstandsgebot auch auf die Grundbesoldung.

Das ist nur begrenzt richtig. Das Bundesverfassungsgericht hat es bisher gebilligt bzw. akzeptiert, dass die Grundbesoldung darauf zugeschnitten ist, den Bedarf einer vierköpfigen "Modellfamilie" im Wesentlichen sicherzustellen. Es billigt dem Gesetzgeber aber auch den weiten Gestaltungsspielraum zu, von diesem Modell abzurücken. Es ist halt ein Rechenmodell des Gesetzgebers, nicht aber des Grundgesetzes.

Schon 2014 hatte der Verfassungsgerichtshof NRW darauf hingewiesen, dass eine Reduzierung der Besoldung erfolgen kann, wenn bei bestimmten Beamtengruppen (nach meinem Verständnis gemeint, aber nicht explizit ausgesprochen: diejenigen ohne Kinder) eine Überalimentation festgestellt wird.

Ich lebe gerade in einer guten Lage (A13, NRW, zwei Kinder, Mietenstufe IV, sind knapp 6.000 EUR netto). Ich weiß aber auch, dass die Kinderzuschläge und das Kindergeld irgendwann wegfallen und diese Beträge nichts zum Ruhegehalt beitragen. Ich finde das aber gerecht. Höhere Grundgehälter halte ich für unverschämt. Aber dazu hat wahrscheinlich jeder seine eigene Meinung.

Es wäre Zeit, sich in der Diskussion mal von dem Prüfungspunkt "Mindesabstand zum -nunmehr- Bürgergeld" abzuwenden und hierauf die ganze Debatte aufzubauen. Ich halte diesen Punkt in den Grundsätzen für nahezu erledigt.

Eine Überalimentation ist, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass einige Länder unter dem Grundsicherungsniveau besolden, schon überhaupt nicht das Thema. Wie Swen hier mehrmals bereits ausgeführt hat, ist ein wesentlicher Aspekt der Rechtsprechung des BVerfG die Qualitätssicherung. Daher geht es im Sinne einer amtsangemessenen Besoldung nicht darum, lediglich Mindestanforderungen zu erfüllen.

Ich meine, dass dies hier vielfach verkannt wird.

Die Frage, ob jemand letztlich amsangemessen besoldet wird, kann nicht allein über das Kriterium des 4-Personen Haushalts beantwortet werden. Dies ist nur ein Indiz hinsichtlich der Prüfung des absoluten Mindestanforderungen. Um diese zu erfüllen, wählen die Gesetzgeber aus Kostengründen das "Zuschlagswesen". Das sagt aber über die Amtsangemessenheit im engeren Sinne nichts aus. und bereitet neue Probleme hinsichtlich des internen Abstandsgebotes.

Wenn nun z.B. ein lediger Jurist ohne Kinder im höheren Dienst, als Richter oder an der Universität tätig ist,  dann bewegt er sich in einer bestimmten Vergleichsgruppe mit Juristen, die in Unternehmen, Kanzleien o.ä. tätig sind. Dies ist im Übrigen auch ausschlagegebend hinsichtlich der Qualitätssicherung. Nimmt der Abstand zu diesen Gruppen monetär betrachtet weiterhin zu, gelingt es in diesem Bereich nicht mehr, fähiges Personal zu gewinnen.

Insoweit hat dies wenig mit Unverschämtheit und individuellem Gerechtigkeitsempfinden zu tun, sondern vielmehr damit, dass das Besoldungsgefüge in sich z.B. auch durch Verletzung des internen Abstandsgebots nicht mehr stimmt.


Poincare

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4098 am: 04.01.2023 10:05 »
Zitat
Wenn nun z.B. ein lediger Jurist ohne Kinder im höheren Dienst, als Richter oder an der Universität tätig ist,  dann bewegt er sich in einer bestimmten Vergleichsgruppe mit Juristen, die in Unternehmen, Kanzleien o.ä. tätig sind. Dies ist im Übrigen auch ausschlagegebend hinsichtlich der Qualitätssicherung. Nimmt der Abstand zu diesen Gruppen monetär betrachtet weiterhin zu, gelingt es in diesem Bereich nicht mehr, fähiges Personal zu gewinnen.

Insoweit hat dies wenig mit Unverschämtheit und individuellem Gerechtigkeitsempfinden zu tun, sondern vielmehr damit, dass das Besoldungsgefüge in sich z.B. auch durch Verletzung des internen Abstandsgebots nicht mehr stimmt.

Da bin ich ganz bei dir. Gerade hier im höheren Dienst ist es jetzt so, dass die monetäre Konkurrenzfähigkeit nachhaltig von der Anzahl der vorhandenen und geplanten Kinder abhängt. Ohne auf die Vorurteile eingehen zu wollen, ob jetzt Personen mit oder ohne Kinder besser arbeiten, mehr oder weniger krank sind und so weiter: Das kann ja nicht Sinn der Sache sein, darüber eine Selektion zu bekommen. Einkommen ist nun mal ein wichtiger Faktor bei der Stellenwahl, auch wenn es nicht der einzige ist.

Ich stelle mir die Gehaltsfrage in einem Bewerbergespräch vor: Welche Gehaltsvorstellungen haben Sie denn? Ja so 70k Brutto im Jahr. Ok, dann müssen Sie mindestens 3 eigene Kinder mitbringen, dann kriegen wir das hin!

Bastel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4099 am: 04.01.2023 10:27 »

Ich stelle mir die Gehaltsfrage in einem Bewerbergespräch vor: Welche Gehaltsvorstellungen haben Sie denn? Ja so 70k Brutto im Jahr. Ok, dann müssen Sie mindestens 3 eigene Kinder mitbringen, dann kriegen wir das hin!

 ;D ;D ;D ;D

ChRosFw

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4100 am: 04.01.2023 10:41 »
Zitat
Wenn nun z.B. ein lediger Jurist ohne Kinder im höheren Dienst, als Richter oder an der Universität tätig ist,  dann bewegt er sich in einer bestimmten Vergleichsgruppe mit Juristen, die in Unternehmen, Kanzleien o.ä. tätig sind. Dies ist im Übrigen auch ausschlagegebend hinsichtlich der Qualitätssicherung. Nimmt der Abstand zu diesen Gruppen monetär betrachtet weiterhin zu, gelingt es in diesem Bereich nicht mehr, fähiges Personal zu gewinnen.

Insoweit hat dies wenig mit Unverschämtheit und individuellem Gerechtigkeitsempfinden zu tun, sondern vielmehr damit, dass das Besoldungsgefüge in sich z.B. auch durch Verletzung des internen Abstandsgebots nicht mehr stimmt.

Da bin ich ganz bei dir. Gerade hier im höheren Dienst ist es jetzt so, dass die monetäre Konkurrenzfähigkeit nachhaltig von der Anzahl der vorhandenen und geplanten Kinder abhängt. Ohne auf die Vorurteile eingehen zu wollen, ob jetzt Personen mit oder ohne Kinder besser arbeiten, mehr oder weniger krank sind und so weiter: Das kann ja nicht Sinn der Sache sein, darüber eine Selektion zu bekommen. Einkommen ist nun mal ein wichtiger Faktor bei der Stellenwahl, auch wenn es nicht der einzige ist.


Der Witz ist ja zusätzlich:

In den neueren Besoldungsgesetzen einiger Länder sind diese Besoldungsgruppen ja vom "Zuschlagwesen" teilweise ausgenommen, was die neuere Rechtssprechung des BVerfG geradezu konterkariert. Im Bundesforum gibt es weiter Gerüchte, dass Zuschläge in Richtung höherer Besoldungsgruppen "abgeschmolzen" werden sollen. Richtigerweise müssten die Zuschläge nach oben eher steigen. Jedenfalls erschliesst sich mir nicht, weshalb ein z.B. ein Familienvater A15 mehr aus seiner Netto-Grundbesoldung für die Grundversorgung seiner Kinder aufwenden soll als ein Familienvater A7. Wenn der Besoldungsgesetzgeber es dann irgendwann schafft, den absoluten Mindestabstand zur Grundsicherung, mehr darüber hinaus natürich auf keinen Fall, einzuhalten...

Insoweit gibt es die von dir dargestellte fiktive, aber dennoch sehr amüsante, Situation des Vorstellungsgesprächs vielerorts nicht.


Bastel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4101 am: 04.01.2023 10:48 »
Es gibt schon einige Länder die das durchgezogen haben. Da hat der komplette mD in Summe das Gleiche ;D

Malkav

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4102 am: 04.01.2023 11:15 »
Es gibt schon einige Länder die das durchgezogen haben. Da hat der komplette mD in Summe das Gleiche ;D

Siehe SH. Da haben die Berufsanfänger im eD, mD, und gD (Alleinverdiener + 2 Kinder) alle praktisch das gleiche raus.

Setzt sich halt nur unterschiedlich aus Grundgehalt, Familienzuschlag und Familienergänzungszuschlag zusammen. Auf Nachfrage bei einer öffentlichen Veranstaltung wie das denn mit dem Abstandsgebot vereinbar sein soll, kam vom Referatsleiter des FM nur sinngemäß: "Das Abstandsgebot bezieht sich auf die Grundbesoldung, sodass andere Besoldungsbestandteile dabei unberücksichtigt zu bleiben haben. Außerdem verdienen die Beamten im gD perspektivisch ja auch mehr, wenn sie in den Erfahrungsstufen aufsteigen"

Da ist man dann doch sprachlos und geschockt.

Bastel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4103 am: 04.01.2023 11:26 »
Was soll der auch sonst sagen? "Wissen wir, sind aber zu geizig."?

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4104 am: 04.01.2023 11:50 »
... und die Sprachlosigkeit und Geschocktheit setzt sich noch weiter fort, weil verschiedene Gesetzgeber solch und ähnlich ausgemachten Unsinn wiederkehrend in die Gesetzesbegründung hineinschreiben, als könnte auch nur ein Fünkchen Hoffnung bestehen, dass solcherart sachliche Verwirrtheit der gerichtlichen Prüfung standhalten könnte. Entsprechend sollten solche unsinnigen Vorstellungen, über deren sachwidrigen Gehalt es keiner Diskussion mehr bedarf, als das gelesen werden, was sie sind: eine Bitte und Aufforderung an das Bundesverfassungsgericht, dem Gesetzgeber seine ihm augenscheinlich vielfach unverständlich bleibenden Pflichten hinsichtlich seines einstmals weiten und heute bereits deutlich eingeschränkten Entscheidungsspielraums im Besoldungsrecht zu erklären, wobei dann als Niveau, an dem die Erklärung anzusetzen hat, vorausgesetzt werden muss, dass dem Gesetzgeber nur weitergeholfen werden kann, wenn ihm die ersten und einfachsten Unterschiede zwischen prozeduralen und materiellen Anforderungen an ein Gesetz erklärt werden, wie das regelmäßig im schulischen Fach Rechtskunde in einer der ersten Stunden geschieht. Im Zuge der bundesverfassungsgerichtlicher Erklärung erster einfachster Grundlagen unserer Rechtsordnung wird dann weiterhin der einstmals weite Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers zunehmend weiter eingeschränkt, was man in seinen Gefilden aber augenscheinlich zum Glück nicht bemerkt, weil man erst einmal versuchen muss, ein Schulbuch der Jahrgangsstufe 10 oder 11 für die Referatsleiter in Finanzministerien zu organisieren, damit sie sich augenscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben als Folge ihres erfolgreich absolvierten ersten und zweiten juristischen Examens mit dem Thema "Einführung in die ersten Grundlagen der bundesdeutschen Rechtsordnung (geeignet auch für die schulische AG ab der 8. Jahrgangsstufe)" beschäftigen können. Wenn es nicht so traurig und die Rechtsordnung zersetzend wäre, könnte man tatsächlich drüber lachen - in Anbetracht dessen, dass davon auszugehen ist, dass in anderen als unseren bundesdeutschen Gefilden tatsächlich mancher über diese Art Rechtsverständnis lachen wird, weil es dem eigenen erschreckend nahekommt, vergeht einem allerdings in schöner Regelmäßigkeit das Lachen. Wer sich wissentlich und willentlich wiederkehrend außerhalb unserer Rechtsordnung stellt, steht nicht mehr auf ihrem Boden und sollte sich darüber hinaus nicht wundern, wenn er von jenen, die das ebenfalls nicht tun, als der Gleichgesinnte betrachtet wird, als den er sich denen zeigt.

SwenTanortsch

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« Antwort #4105 am: 04.01.2023 11:54 »
Was soll der auch sonst sagen? "Wissen wir, sind aber zu geizig."?

Als Beamter ist er qua Eid an die rechtsstaatliche Ordnung gebunden - genau das hat er als der Beamte, der er ist, zunächst einmal seinem Vorgesetzten zu sagen und dann die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen. Alles anderen qualifiziert ihn nicht als Beamten und schadet damit uns allen Beamten, da diese Art der Amtsführung mit dazu beiträgt, dass die Polizisten, Feuerwehrleute, Ärzte usw. auf der Straße so behandelt werden, wie sie behandelt werden. Denn der vielerorts sich in der Gesellschaft zeigende Frust am Rechtsstaat liegt nicht am Rechtsstaat, sondern an denen, die ihn nicht achten, was nur umso schlimmer ist, wenn sie verpflichtet sind, ihn zu achten.
« Last Edit: 04.01.2023 12:02 von SwenTanortsch »

ChRosFw

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« Antwort #4106 am: 04.01.2023 12:28 »
... und die Sprachlosigkeit und Geschocktheit setzt sich noch weiter fort, weil verschiedene Gesetzgeber solch und ähnlich ausgemachten Unsinn wiederkehrend in die Gesetzesbegründung hineinschreiben, als könnte auch nur ein Fünkchen Hoffnung bestehen, dass solcherart sachliche Verwirrtheit der gerichtlichen Prüfung standhalten könnte. Entsprechend sollten solche unsinnigen Vorstellungen, über deren sachwidrigen Gehalt es keiner Diskussion mehr bedarf, als das gelesen werden, was sie sind: eine Bitte und Aufforderung an das Bundesverfassungsgericht, dem Gesetzgeber seine ihm augenscheinlich vielfach unverständlich bleibenden Pflichten hinsichtlich seines einstmals weiten und heute bereits deutlich eingeschränkten Entscheidungsspielraums im Besoldungsrecht zu erklären, wobei dann als Niveau, an dem die Erklärung anzusetzen hat, vorausgesetzt werden muss, dass dem Gesetzgeber nur weitergeholfen werden kann, wenn ihm die ersten und einfachsten Unterschiede zwischen prozeduralen und materiellen Anforderungen an ein Gesetz erklärt werden, wie das regelmäßig im schulischen Fach Rechtskunde in einer der ersten Stunden geschieht. Im Zuge der bundesverfassungsgerichtlicher Erklärung erster einfachster Grundlagen unserer Rechtsordnung wird dann weiterhin der einstmals weite Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers zunehmend weiter eingeschränkt, was man in seinen Gefilden aber augenscheinlich zum Glück nicht bemerkt, weil man erst einmal versuchen muss, ein Schulbuch der Jahrgangsstufe 10 oder 11 für die Referatsleiter in Finanzministerien zu organisieren, damit sie sich augenscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben als Folge ihres erfolgreich absolvierten ersten und zweiten juristischen Examens mit dem Thema "Einführung in die ersten Grundlagen der bundesdeutschen Rechtsordnung (geeignet auch für die schulische AG ab der 8. Jahrgangsstufe)" beschäftigen können. Wenn es nicht so traurig und die Rechtsordnung zersetzend wäre, könnte man tatsächlich drüber lachen - in Anbetracht dessen, dass davon auszugehen ist, dass in anderen als unseren bundesdeutschen Gefilden tatsächlich mancher über diese Art Rechtsverständnis lachen wird, weil es dem eigenen erschreckend nahekommt, vergeht einem allerdings in schöner Regelmäßigkeit das Lachen. Wer sich wissentlich und willentlich wiederkehrend außerhalb unserer Rechtsordnung stellt, steht nicht mehr auf ihrem Boden und sollte sich darüber hinaus nicht wundern, wenn er von jenen, die das ebenfalls nicht tun, als der Gleichgesinnte betrachtet wird, als den er sich denen zeigt.

So liefert der Gesetzgeber das Argument der mangelnden Qualitätssicherung praktisch selbst, wir sollten alle dankbar sein. Vor allem sieht man, dass es anscheinend bereits länger schiefläuft.

Gleichzeitig zeigt sich in erschreckender Weise die fehlende Bereitschaft seitens der verantwortlichen Beamten, Verantwortung zu übernehmen. Dies resultiert nicht zuletzt daraus, dass der eigentlich neutrale Beamtenapparat leider viel zu weit bis in untere Führungsebenen politisiert wird und man offenbar um seine "Karriere" fürchten muss, wenn man dem rechtwidrigem Treiben Einhalt gebietet. Die politische Einstellung "Dinge müssen einfach irgendwie gehen" reicht anscheinend zu weit herab. Dass diesem Vorgehen bereits auf höherer Ebene Einhalt geboten wird, unterscheidet einen Rechtsstaat von einer Bananenrepublik.

Dies halte ich im Übrigen unabhängig der fortlaufend verfassungswidrigen Rechtssetzung für die eigentlich wahre Gefahr für unseren Rechtsstaat.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4107 am: 04.01.2023 13:04 »
Genauso ist es, ChRos - die in vielen Bereichen gepflegt verdrängte Verantwortung ist das zentrale Problem für unseren Rechtsstaat und die Kontinuität des wissentlichen und willentlichen Verfassungsbruchs im Besoldungsrecht ist nur eines der daraus entspringenden Symptome. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in seiner Entscheidung 2 BvL 3/15 vom 28.11.2018, Rn. 29 f. alles, was notwendig ist, gesagt:

"Die Bedeutung der amtsangemessenen Besoldung erschöpft sich daher nicht in der Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm zur Verfügung stellt und seine Dienstpflichten nach Kräften erfüllt. Das Alimentationsprinzip sichert die wirtschaftliche Grundlage für den Grundsatz der Hauptberuflichkeit. Denn die Dienstbezüge bilden – zusammen mit der Versorgung – zugleich die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann (vgl. BVerfGE 119, 247 <264>). Die Anstellung auf Lebenszeit und das Wissen um eine angemessene Absicherung bereits in der Anfangsphase der Laufbahn entheben den Beamten der Versuchung – und der Notwendigkeit –, während seiner aktiven Dienstzeit aus Sorge um den Wegfall seines Arbeitseinkommens dadurch Vorsorge für sich und seine Familie zu treffen, dass er sich um weitere Einkünfte oder ein besonderes Wohlwollen seines Dienstherrn bemüht (vgl. BVerwGE 129, 272 <284 f.>).
Dieses Zusammenspiel von Hauptberuflichkeitsgrundsatz und Alimentationsprinzip ist vor dem Hintergrund der engen historischen Verknüpfung der Entwicklung des Berufsbeamtentums mit derjenigen des Rechtsstaats zu sehen: War der Beamte ursprünglich allein dem Regenten verpflichtet, wandelte er sich mit dem veränderten Staatsverständnis vom Fürsten- zum Staatsdiener. Seine Aufgabe war und ist es, Verfassung und Gesetz im Interesse der Bürger auch und gerade gegen die Staatsspitze zu behaupten. Die Übernahme der funktionswesentlichen tradierten Grundstrukturen des Berufsbeamtentums in das Grundgesetz beruht auf einer Funktionsbestimmung des Berufsbeamtentums als Institution, die, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung, eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatswesen gestaltenden politischen Kräften bilden soll. Die institutionelle Einrichtungsgarantie des Art. 33 Abs. 5 GG trägt gleichzeitig der Tatsache Rechnung, dass im demokratischen Staatswesen Herrschaft stets nur auf Zeit vergeben wird und die Verwaltung schon im Hinblick auf die wechselnde politische Ausrichtung der jeweiligen Staatsführung neutral sein muss. Insoweit kann die strikte Bindung an Recht und Gemeinwohl, auf die die historische Ausformung des deutschen Berufsbeamtentums ausgerichtet ist, auch als Funktionsbedingung der Demokratie begriffen werden. Seine Aufgabe kann das Berufsbeamtentum nur erfüllen, wenn es rechtlich und wirtschaftlich gesichert ist. Nur wenn die innere und äußere Unabhängigkeit gewährleistet sind und die Bereitschaft zu Kritik und nötigenfalls Widerspruch nicht das Risiko einer Bedrohung der Lebensgrundlagen des Amtsträgers und seiner Familie in sich birgt, kann realistischerweise erwartet werden, dass ein Beamter auch dann auf rechtsstaatlicher Amtsführung beharrt, wenn sie (partei-)politisch unerwünscht sein sollte (vgl. BVerfGE 7, 155 <162 f.>; 119, 247 <260 f.>; 121, 205 <221>; 140, 240 <291 Rn. 103>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 24. April 2018 - 2 BvL 10/16 -, juris, Rn. 33). Die Verpflichtung des Dienstherrn zu einer amtsangemessenen Alimentation des sich mit seiner ganzen Arbeitskraft seinem Amt widmenden Beamten besteht also nicht allein in dessen persönlichem Interesse, sondern dient zugleich dem Allgemeininteresse an der fachlich leistungsfähigen, rechtsstaatlichen und unparteiischen öffentlichen Verwaltung, hat also auch eine qualitätssichernde Funktion (vgl. BVerfGE 114, 258 <294>; 130, 263 <293>; 139, 64 <119 Rn. 114>; 140, 240 <288 Rn. 97>)."

lumer

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4108 am: 04.01.2023 13:21 »
Die langen Wartezeiten scheinen vielen hier aufs Gemüt zu schlagen. Merkt ihr eigentlich, dass ihr euch gegenseitig immer weiter hoch schaukelt und Einwände einfach immer glatt wegbügelt, weil euch das Ergebnis nicht passt?
- Krazykriss Einwand ist bspw. vollkommen richtig. Ein anderes Besoldungssystem ist möglich. Ja, es muss prozeduralisiert werden, aber es ist nicht unmöglich.
- Beamte haben nach außen nur das vorzutragen, was ihnen vom Vorgesetzten genehmigt wird. Als Beamte solltet ihr das wissen. Sonst ist's ein Verstoß gegen die Treuepflicht. Wenn ein Beamter etwas für rechtswidrig hält, hat er das Instrument der Remonstration, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das ändert jedoch nichts daran, im Zweifel rechtswidrige Handlungen vornehmen zu müssen oder entsprechende Aussagen tätigen zu müssen. Auch dort gibt es zwar Grenzen, aber die ist bei Besoldungsthemen noch lange nicht in Sicht.
- Da es sich hier im Ganzen nur um Wertungen handelt, ist nichts in Stein gemeißelt. Auch das BVerfG nimmt nur Wertungen vor. Deshalb davon zu sprechen, dass jemand nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes steht, weil er eine andere Ansicht in Besoldungssachen hat als das BVerfG, finde ich schwer verdaulichen Tobak, v.a. wenn einfache Rechtsbegriffe regelmäßig falsch verwendet werden.

Eine Mäßigung in der Sache und das Einnehmen eines anderen Standpunktes zur Kontrolle des eigenen täte mal ganz gut.

Und – weil es mir sonst bestimmt gleich unterstellt wird –: Ich persönlich heiße die Rechtsprechung des BVerfG für gut, da ich natürlich davon profitieren werde, wenn es so kommt wie erhofft.* Dennoch versuche ich, den Standpunkt der Gesetzgeber und ihre Argumentation nachzuvollziehen. Ich stelle mir dann vor, wie ich das handhaben würde, wenn ich an der Stelle säße, die Vorgaben des BVerfG umzusetzen. Wahrscheinlich nämlich genauso ...
Als weiteres kleines Gedankenspiel dazu: Wenn ein Schüler zu euch kommt und sich über die Note beschwert oder wenn ein Widerspruch zu einem eurer Bescheide reinflattert, ist mit Sicherheit euer erster Gedanke "Nein, die Note/der Bescheid ist in Ordnung". Die gleiche Reaktion herrscht in den Referaten für Besoldungsrecht.



* Ich gehe jedoch davon aus, dass dies nicht lange der Fall bleiben wird. Die Besoldungsstruktur wird sich wesentlichen Änderungen ausgesetzt sehen, u.a. auch einer Verringerung (direkten oder indirekten über Nullrunden) insbesondere für Single-Beamte, weil es einfach nicht stemmbar ist. Und das BVerfG wird es in der Konsequenz abnicken, da es einer anderen Besoldungsstruktur Tür und Tor geöffnet und die Gesetzgeber dazu eingeladen hat.

Bastel

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« Antwort #4109 am: 04.01.2023 13:26 »
* Ich gehe jedoch davon aus, dass dies nicht lange der Fall bleiben wird. Die Besoldungsstruktur wird sich wesentlichen Änderungen ausgesetzt sehen, u.a. auch einer Verringerung (direkten oder indirekten über Nullrunden) insbesondere für Single-Beamte, weil es einfach nicht stemmbar ist. Und das BVerfG wird es in der Konsequenz abnicken, da es einer anderen Besoldungsstruktur Tür und Tor geöffnet und die Gesetzgeber dazu eingeladen hat.

Wenn das kommt, kann man den Laden zuschließen. Wie weit möchtest du die Grundgehälter noch absenken? Soll man sich bei der Bundeswehr oder der Polizei für Harz4 zusammenprügeln/schießen lassen?