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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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Nordlicht97:
Puh, wenn man sich mal die Kommentare unter den Artikeln zur Forderung des öffentlichen Dienstes in den aktuellen Tarifverhandlungen anschaut, kann man sich schon einmal einen kleinen Vorgeschmack holen, wie es wohl aussehen wird, wenn bekannt wird, dass die Länder den Beamten zum Teil immense Summen nachzahlen und dann auch noch eine deutlich höhere Besoldung gewähren müssen...

Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine Landesregierung sich dieses "Todesurteil" antun wird.

was_guckst_du:
Meine Hoffnung ist ja, dass bei 17 Besoldungsgesetzgebern einer mal das macht, was er eigentlich schon lange hätte tun müssen (und sozusagen als erster kippender Dominostein alle anderen mitreisst).

Pukki:
Die Hoffnung hege ich ebenfalls. Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass dann ein Dominoeffekt eintreten wird, weil 16 andere Besoldungsgesetzgeber weiterhin den Standpunkt vertreten werden "nicht finanzierbar!". Alles andere würde mich massiv wundern.

SwenTanortsch:
Irgendwann wird ein Gesetzgeber aus dem konzertierten Verfassungsbruch ausscheren, Thüringen und insbesondere Hessen (das nicht Teil der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist, was aber mit der Besoldung allenfalls mittelbar zu tun hat) tun das ja bereits in ersten zarten Schritten. Folgen habe ich gerade auf der Bayernseite im Vergleich der Konsequenzen für die Städte Wiesbaden und Frankfurt a.M. im Vergleich zu München gezeigt; über die Folgen der ersten zarten Schritte Hessens dürfte insbesondere die Bayerische Landesregierung kaum erfreut sein, die ja nun auch offiziell den Konsens aufgegeben hat, dass nicht gezielt in den Gefilden der anderen gefischt wird. Der Konkurrenzföderalismus bringt es mit sich, dass es insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels wiederkehrend zu gegenseitigen Überbietungswettkämpfen kommt. Der in den 1960er Jahren zunehmende Überbietungswettbewerb hat schließlich dazu geführt, dass 1971 die Zuständigkeit für die Besoldung und Versorgung der Beamten im Landesrecht zugunsten der konkurrierenden Gesetzgebung novelliert worden ist. 2003/06 ist man dann wieder zum Konkurrenzföderalismus zurückgekehrt, weil man damit massive Personalkosten einsparen konnte und kann. Lange wird sich dieser verfassungswidrige Einsparungseffekt aber nicht mehr aufrechterhalten lassen - dafür wird spätestens das Bundesverfassungsgericht sorgen. Die akutelle Entscheidung 2 BvF 2/18 hat in seiner offensichtlich unmittelbaren Auswirkung auf die Besoldungsgesetzgebung den weiten Entscheidungspielraum hinsichtlich der gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive prozedural noch einmal weiter eingeschränkt, und zwar diesdurchaus empfindlich. Mit jeder dieser Entscheidungen wächst der Druck auf die Besoldungsgesetzgeber - und zugleich die Möglichkeit, sich aus der Verantwortung stehlend, also mit Verweis auf das Bundesverfassungsgericht und der seit jeher eigenen Verfassungstreue, zu einer amtsangemessenen Alimentation (ggf. Schritt für Schritt - wie auch immer das aussehen wird) zurückzukehren. Das wird teuer werden - aber solange man die Verantwortung dafür an eine andere Gewalt delegieren kann und dafür die öffentliche Meinung reif (genug) ist, wird man diesen Weg gehen, da jedem klar ist, dass der Fachkräftemangel zum eigenen Behuf mehr Schaden anrichtet als eine (nach und nach) zu erhöhende Alimentation, mit der man dann als weiteren Vorteil kräftig Werbung machen kann. Wenn man sieht, wie schläfrig derzeit das Land Niedersachsen im Kino Werbung für sich als Arbeitgeber macht, wird deutlich, wie hervorragend man zur Fachkräftegewinnung wirkliche Werbung machen könnte, wenn man tatsächliche Argumente hätte, nämlich indem man nun (als Folge der gestreckten Rückkehr) mit prozentualen Erhöhungswerten protzen könnte, die den jetzigen Mangel zum eigenen Vorteil gereichen ließen. Den vielen Kreativen aus der Werbebranche wird hier schon einiges einfallen, schätze ich, wenn man sie endlich ließe.

Ergo: Zuächst einmal ist schon heute das Feld für kunterbunte Debatten bereitet, das zeigen ja die verschiedenen Medienbeiträge der letzten rund zwei Monate, in denen bereits wiederkehrend mit den Hufen gescharrt wird. Auch hier, in den Medien, erkennt man enstprechend offensichtlich mehr und mehr, dass hier ein Thema gegeben ist, dass Aufmerksamkeit generiert, was für die Medien nicht die schlechtestes Voraussetzung ist, um ein Thema wiederkehrend zu behandeln. Entsprechend ist das Feld politisch und medial bereitet, um in Debattenlaune zu kommen. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wird sie mit der anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts losgehen - wohin sie sich dann selbst trägt, weiß keiner im Vorhinein. Das dürfte sicherlich auch von der Klarheit der anstehenden Rechtsprechung abhängen und wie gut sie die verschiedenen Interessensverbände für sich oder gegen andere nutzen werden, um Volkes Ohr gewogen zu machen - Tenor: "Faule Beamte werden in empörender Weise und darüber hinaus in goldenen Badewannen zum Tresor geleitet, haltet mit Rabatz Finanzminister Tebartz-van Elst" vs. "Sollen unsere Straßenwalzen, Panzer, Klima- oder Sozialziele (jede jeweilige Interessensgruppe wähle sich bitte ihr Beispiel aus) weiterhin wegen Spritmangels in der öffentlichen Tanke nicht vom Fleck kommen: Auch Du wirst zukünftig den Gürtel nicht enger schnallen dürfen, wenn's dafür keine hinreichende DIN gibt - das Land braucht mehr Assessoren, sonst ist's verloren".

Prince of Persia:
Ich habe heute das Antwortschreiben des Regierungspräsidium Kassel auf meinen Widerspruch für das Kalenderjahr 2022 erhalten.

Darin steht wörtlich: "Das Widerspruchsverfahren wird in Hinblick auf den Umstand ruhende gestellt, dass die Frage der Verfassungsgemäßheit der hessischen Besoldung vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 30. November 2021 (AZ 1 A 863/18 und 1 A 2704/20) dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden ist. "

Für alle Interessierten... Grüße aus dem Hessenland

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