@ Hulbatsub
Man kann darüber diskutieren, ob eine amtsangemessene Alimentation am Ende zu hoch oder zu niedrig ist. Das wäre dann eine politische Diskussion auf Basis des eigenen Wertehorizonts. Zugleich steht es den Besoldungsgesetzgebern frei, durch eine neue Besoldungssystematik und also anhand einer sachgerechten Ämterneubewertung das Besoldungsniveau ggf. deutlich zu senken, solange sie dabei unter anderem das Mindestabstandsgebot hinreichend beachten. Denn das Mindestabstandsgebot ist verfassungsrechtlich ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, den der Besoldungsgesetzgeber bei der Bemessung der amtsangemessenen Alimentation zu beachten hat, unabhängig davon, ob das nun ein ausgewiesener Verfassungsrechtler oder ein juristischer Laie so formulierte.
Entsprechend kann man nun eine solche Formulierung als wahr oder unwahr, gut oder schlecht, schön oder hässlich empfinden und kann man die Folgen des Mindestabstandsgebots als politisch und/oder moralisch richtig oder falsch erachten. Allerdings spielt eine solche politische und/oder moralische bzw. ästhetische Betrachtung juristisch weiterhin keine Rolle, da das Bundesverfassungsgericht jenen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums so ausgeformt hat, wie es ihn ausgeformt hat, sodass er die genannte Beachtung vonseiten der Gesetzgeber verlangt. So zumindest ist unsere verfassungsmäßige Ordnung ausgeformt.
Wenn man nun die Höhe der eigenen Alimentation im Bekanntenkreis nicht rechtfertigen kann, so bleibt das weiterhin ein Problem der eigenen Werteentscheidungen oder eben das der Werteentscheidungen der Bekannten, jedenfalls solange das als Problem empfunden wird. Genauso dürfte die eigene Empfindung, ob man sich nun zu hoch oder zu gering besoldet empfindet, auf den eigenen Wertehorizont zurückweisen, auf den genauso zurückweisen wird, ob man nun 200,- € an den Kinderschutzbund überweist oder nicht, unabhängig von einem Datum, zu dem in der Bundesrepublik der erste Dienstherr zur Gewährung einer wieder amtsangemessenen Alimentation seiner Beamten zurückkehren wird. Und ob das bis zum 31.12.2024 der Fall sein wird oder nicht, weiß zugleich keiner, kann man also seriös nicht beantworten. Die Wahrscheinlichkeit dafür dürfte umso größer sein, denke ich, je stärker darauf politisch hingewirkt wird. Denn das eine ist das Verfassungsrecht, das andere ist seine politische Umsetzung.
Ich habe von der mir gewährten Höhe der Alimentation bislang grundsätzlich so leben können, dass es mir den von mir wohl erwünschten Lebenszuschnitt ermöglicht hat, was sicherlich auch mit Leistung, darüber hinaus aber wie ein großer Teil unseres Lebenszuschnitts vor allem mit sicherlich nicht geringem Glück zu tun gehabt haben wird. Aber all das ist juristisch völlig unerheblich. Denn dem einen würde auf Grundlage seines Wertehorizonts eine doppelt so hohe Alimentation wie der mir gewährten nicht amtsangemessen erscheinen und der andere empfände eine nur halb so hohe Alimentation für völlig angemessen. Darüber kann man sich bei jedem Getränk der eigenen Wahl austauschen und zum Glück als Folge der gewärleisteten Meinungsfreiheit auch mit Witz und Verstand hinsichtlich der Werteentscheidungen anderer. Am Ende verbleibt's aber verfassungsrechtlich dabei, dass Art. 20 Abs. 3 GG seine Bindungswirkung entfaltet, hinter die keine staatliche Gewalt der Bundesrepublik zurück kann: "Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden." Eine andere Sachlage als diese kann ich nicht erkennen.
Und wenn ich versuche, mich in die Lage vieler derer hineinzuversetzen, die auch hinsichtlich der Höhe der ihnen gewährten Alimentation bislang weniger Glück als ich gehabt haben, dann gebietet es - hoffentlich! - meine Demut, ihren Lebenszuschnitt aus der Alimentationshöhe des höheren Diensts heraus nicht so zu bewerten, als stände mir hier ein Urteil an. Denn dabei bliebe grundsätzlich zu beachten, dass kein Beamter in der Bundesrepublik zurzeit verfassungskonform besoldet wird - und wenn man selbst Zeiten in seinem Leben erlebt hat, wo man von der Hand im Mund leben musste, dann sucht man Demut mit Glück am besten erst einmal bei sich selbst. Wenn sie dann auch die anderen zeigen, nur umso besser.