Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1566685 times)

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4620 am: 15.08.2023 10:18 »
Da wird man leider nichts mitbekommen, außer der Kläger teilt die Infos.

Besoldungswiderspruch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4621 am: 15.08.2023 18:09 »
Zumindest was unseren Berichterstatter angeht hat dieser 50 % , der in der Jahresvorschau angebrachten Entscheidungen, erledigt.

Heute wurde BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juni 2023
- 2 BvL 11/14 - veröffentlicht, bezugnehmend auf Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Niedersächsischen Finanzgerichts zu der Frage, ob die Regelung § 62 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) (Kindergeldberechtigung bei nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern abhängig vom Aufenthaltsstatus) wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 und 3 GG verfassungswidrig ist.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/06/lk20230615_2bvl001114.html

Damit bleiben laut der Vorschau für Dr. Maidowski noch die besoldungsrechtlichen Verfahren offen.
Vielleicht gibt es dieses Jahr noch eine Entscheidung  :)

https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresvorausschau/vs_2023/vorausschau_2023_node.html

PS: Zumindest in unseren Verfahren gehe ich davon aus, dass die Vorlagen nicht wie im o.g. Beschluss oder aber im unlängst erlassenen Beschluss bezüglich Cannabis als unzulässig bewertet werden.
Dies bedüfte nach §81a BVerfGG eine gemeinsame Entscheidung des gesamten Senats und nicht lediglich der Kammer. Unmöglich ist natürlich nichts.

Es bleibt spannend :)
« Last Edit: 15.08.2023 18:24 von Besoldungswiderspruch »

A9A10A11A12A13

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4622 am: 15.08.2023 22:09 »
PS: Zumindest in unseren Verfahren gehe ich davon aus, dass die Vorlagen nicht wie im o.g. Beschluss oder aber im unlängst erlassenen Beschluss bezüglich Cannabis als unzulässig bewertet werden.
Dies bedüfte nach §81a BVerfGG eine gemeinsame Entscheidung des gesamten Senats und nicht lediglich der Kammer. Unmöglich ist natürlich nichts.

Es bleibt spannend :)

Tja, ist die Vorlage 26 K 128/23 dem BVerfG genehm? Wie viel Alimentationsvorlagen werden unzulässig zurückgewiesen?

Die Abwehrhaltung der Zuständigkeit wird daran gemessen (2 BvL 11/14, 2 BvL 12/14):
Die Vorlagen sind unzulässig wenn sie den Anforderungen an die Begründung, die das Bundesverfassungsgericht entlasten soll, nicht genügen. Wenn die Ausführungen in nachvollziehbarer und für das Bundesverfassungsgericht nachprüfbarer Weise erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat.

1. Entlastung - Machen die Vorlagen Arbeit? - Weg, damit unzulässig
2. ist die Vorlage nicht so offensichtlich, dass ein taubstummblinder komatöser Wachpatient selbstständig sich die Ausführungen mit Herz und Hirn vorgekauen auf der Zunge zergehen lassen und nachvollziehen kann? - Weg, damit unzulässig (Bei den letzten hier beiden sezierten Entscheidungen fiel das Wort unschlüssig und einige weitere despektierliche Andeutungen gegenüber Erstinstanzrichtern)
3. Entscheidungserheblichkeit - ach um die paar Peanuts muss man doch kein Aufhebens machen. - Weg, damit unzulässig

Es ist sowieso bedauerlich, wenn das BVerfG bei Verfassungsverstößen einen gegenwärtigen Geldwert beimisst und wenn es aus ihrer Sicht langandauernde tiefe Verfassungsverstöße unbezahlbar wird, sich den Verfassungsbrüchen beugt und somit zeigt, dass auch dies käuflich ist. Es muss frei vom Kostengedanken gemäß - koste es was es wolle entscheiden. Die Verfassung zu achten muss der bezahlbare Weg bleiben und die rückwirkende Heilung von Verfassungsverstößen durch überkompensierende Beträge ohne Rücksicht auf die "Entschädigungs"höhe unumgänglich auch als warnende Schutzfunktion mit beinhalten.

Aber es wird wohl so kommen, dass neben der Gefangenenuntervergütung nun auch unsere aufgelaufenen Alimentationsdarlehen in Fantastilliarden, als Gewinne bei der Staatsmacht verprasst  wurden und die entsprechenden Verluste bei der Beamtengemeinschaft "solidarisiert" sind.
« Last Edit: 15.08.2023 22:16 von A9A10A11A12A13 »

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4623 am: 15.08.2023 22:29 »
Cannabis und alles mit Steuern kann gleich weg.

Beamte und Rundfunk sind jedoch die Lieblingskinder des BVerfG. Wann gab es da zuletzt eine negative Entscheidung in Sachen Beamte? 2012, 2015, 2018 (BW-Eingangsbesoldung) und 2020 gab es immer Entscheidungen die mal mehr oder weniger Auswirkung hatten.

2012:
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bverfg-zur-beamtenbesoldung-professoren-in-hessen-zu-schlecht-bezahlt/

2015:
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bverfg-urteil-2bvl1709-besoldung-massstab-richter-beamte/
Hier wurde bezüglich NRW negativ entschieden, aber die Stellschrauben mit den Prüfungsstufen und Parameter angezogen.

2018: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-2bvl217-besoldung-richter-beamte-baden-wuerttemberg-teilweise-verfassungswidrig/

2020: ist bekannt

Malkav

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4624 am: 16.08.2023 13:40 »
Hey alle miteinander,

ich kämpfe mich immer noch ein wenig an den Urteilen des VG Berlin v. 16.06.2023 - 26 K 247/23 ab. Über das Ergebnis wurde schon viel geschrieben, aber ich bin ein wenig über einen anderen Passus (Rn. 85) gestolpert:

"Die im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020
(2 BvL 4/18) erfolgte Reaktion des Berliner Landesgesetzgebers [...] ist in hiesigem Verfahren hinsichtlich der Besoldungsentwicklung nicht zu berücksichtigen.

Die Anpassung durch das RBesRepG 2009/15 führt nicht zu einer generellen – nachträglichen – Veränderung der Besoldungshöhe, sondern anspruchsberechtigt sind nur die Richter und Staatsanwälte, die sich mit statthaften Rechtsbehelfen gegen die Besoldung in den Jahren 2009 bis 2015 zur Wehr gesetzt haben.

Es ist zudem für die erste Stufe der verfassungsrechtlichen Überprüfung maßgeblich, wie sich die Besoldung bis zu den streitgegenständlichen Jahren tatsächlich („historisch“) entwickelte, so dass „selektive“ nachträgliche Korrekturen für die Frage, ob die damalige – also in den Jahren ab 2018 gewährte – Besoldung amtsangemessen war, nicht relevant sind."

Verstehe ich das gerade richtig, dass die Zahlen von 2009 bis 2015 weiterhin als Grundlage der Berechnung der Prüfparameter ab 2016 genommen werden, obwohl diese laut Urteil des BVerfG aus 2020 verfassungswidrig waren? Damit werden die Gesetzgeber doch praktisch dazu eingeladen weiterhin jedes Jahr verfassungswidrige Gesetze zu erlassen (damit die Prüfung für das Folgegesetz ein positives Ergebnis) hat. Selbst wenn die Verfassungswidrigkeit des Ursprungsgesetzes zeitnah festgestellt würde, hätten die Werte aus diesem Gesetz "Bestandskraft" für zukünftige Prüfverfahren? Die Nachzahlungen sind ja kein Nachteil, sondern werden ja nur Widerspruchsführern und Klägern gezahlt, was nochmals spart.

Ich ging immer davon aus, dass die Prüfung 2016 wie folgt aussehen müsste:

2015 laut ursprünglichem Besoldungsgesetz = (z.B.) 35.000,00 EUR

2015 laut Repteraturgesetz = 40.000,00 EUR

2016 laut angegriffenem Besoldungsgesetz = (z.B. wegen Besoldungsanpassung) 36.500,00 EUR

Es hätte foglich von 2015 zu 2016 de facto eine Besoldungskürzung von 3.500,00 EUR gegeben, was Grundlage der Berechnungen der Prüfparamteter hinsichtlich der Alimentation 2016 wäre. Die Zahl von 35.000,00 EUR für 2015 wäre durch den Beschluss des BVerfG mMn nur noch Schall und Rauch.

Also entweder war ich bisher naiv genug diese Rechenweise für unstreitig zu halten, oder das VG hat hier eine neue Bombe für die Zukunft gelegt, welche die Landesfinanzminister:innen in den Gesetzgebungsverfahren hinsichtlich der Übernahme des TV-L-Ergebnisses bestimmte gerne zünden werden. Gab es solche Stimmen bereits in der Vergangenheit?

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4625 am: 21.08.2023 17:05 »
"Die im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020
(2 BvL 4/18) erfolgte Reaktion des Berliner Landesgesetzgebers [...] ist in hiesigem Verfahren hinsichtlich der Besoldungsentwicklung nicht zu berücksichtigen.
[...]

Verstehe ich das gerade richtig, dass die Zahlen von 2009 bis 2015 weiterhin als Grundlage der Berechnung der Prüfparameter ab 2016 genommen werden, obwohl diese laut Urteil des BVerfG aus 2020 verfassungswidrig waren? Damit werden die Gesetzgeber doch praktisch dazu eingeladen weiterhin jedes Jahr verfassungswidrige Gesetze zu erlassen (damit die Prüfung für das Folgegesetz ein positives Ergebnis) hat.

Entscheidend für die Berechnung des 15-Jahreszeitraums sind ja erstmal das Anfangsjahr und das Endjahr; weniger, was zwischendurch passierte.

In Sachen Endjahr ist es aus unserer Sicht ja gut, wenn Nachzahlungen nicht berücksichtigt werden, da hierdurch der Endwert kleiner ist als er mit Nachzahlungen wäre. Beim Anfangsjahr ist es aber genau andersherum, daher kann das von Dir beschriebene Problem ein ernstes werden - vorausgesetzt, dass die Gerichte notwenige Nachzahlungen für Anfangsjahre ebenfalls nicht einbeziehen.

Diese Voraussetzung erscheint mir hier aber weder erfüllt, noch festgeschrieben. Das Anfangsjahr könnte aus guten Gründen anders behandelt weden als das Endjahr. Natürlich muss man das weiter verfolgen, denn ein Risiko besteht hier - das dürften die Gerichte aber auch wissen.

VierBundeslaender

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4626 am: 21.08.2023 20:19 »
Für diejenigen, die Fragen, warum das so lange dauert: https://www.youtube.com/live/8u7xqvmxlXs?si=bzNBbnTI7tjKoV5a

Reisinger850

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4627 am: 21.08.2023 21:51 »
4 Stunden- ernsthaft? :D

VierBundeslaender

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4628 am: 22.08.2023 11:26 »
Die ersten drei waren richtig spannend, dann kamen mir zu viele Neidfragen.

philipph

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4629 am: 23.08.2023 09:41 »
Quelle: https://www.aachener-zeitung.de

Alimentationsprinzip : Klagewelle von NRW-Beamten erwartet


Düsseldorf Ein Streit um die Besoldung könnte zu Zehntausenden juristischen Auseinandersetzungen führen. Weil das Land sich weigert, etwas gegen eine Verjährung zu tun, müssen die Staatsdiener einzeln für ihr Recht kämpfen.

Von Maximilian Plück​

Dem Land droht eine große Zahl von Einzelklagen seiner Beamten. Grund dafür ist die Unzufriedenheit der Staatsdiener mit ihrer Besoldung. Diese halten viele für nicht mehr angemessen. Wie aus einer Antwort des NRW-Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage von FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt, sind seit 2021 knapp 85.000 Widersprüche gegen die sogenannte amtsangemessene Alimentation beim Land eingegangen. Für das laufende Jahr sind es bislang zwar nur 3152, erfahrungsgemäß steigt der Wert aber zum Jahresende rapide an.

Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, die Beamten und ihre Familie lebenslang angemessen zu bezahlen. Die Höhe richtet sich dabei nicht nur nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit. Zudem wird dabei die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards berücksichtigt. Im Frühjahr 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Abstand in der untersten Besoldungsgruppe zum Grundsicherungsniveau nicht mehr gegeben sei und die Politik zum Handeln aufgefordert. (Az. 2 BvL 4/18 und 2 BvL 6/17)

Zwar hatte die damals noch schwarz-gelbe Landesregierung Anfang 2022 die Bezahlung der Beamten noch einmal deutlich verbessert. Doch es gibt Stimmen, die auch das nicht für ausreichend halten. So sagte der Chef des Deutschen Beamtenbunds NRW, Roland Staude, unserer Redaktion: „Wir haben erhebliche Bedenken, dass die Besoldung im Jahr 2022 aufgrund der Inflation und im Jahr 2023 aufgrund der Einführung des Bürgergelds im Hinblick auf das Abstandsgebot zum Grundsicherungsniveau verfassungskonform war. Deshalb sollte das Land die Widersprüche sehr ernst nehmen.“ Das Bürgergeld liegt rund 14 Prozent über der früheren Grundsicherung.

Der NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) sieht hingegen keinen weiteren Anpassungsbedarf: „Durch die Besoldungsanpassung 2022 sowie die Neustrukturierung und Erhöhung der Familienzuschläge zum 1. Dezember 2022 hat das Land Nordrhein-Westfalen erhebliche finanzielle Verbesserungen für die Beamtinnen und Beamten umgesetzt.“ Die zugrunde liegenden Gesetzentwürfe seien nach den Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erstellt worden, sodass aus hiesiger Sicht keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zur Verfassungsgemäßheit der Alimentation bestünden. „Ein generelles Ruhendstellen der Widersprüche gegen die Alimentation für das Jahr 2022 ist insoweit nicht angezeigt“, schreibt Optendrenk.

Genau das könnte die zahlreichen Klagen auslösen. So erklärte Beamtenbund-Chef Staude: „Es besteht die Gefahr, dass Ansprüche auf amtsangemessene Alimentation trotz eingelegten Widerspruchs gegen die Besoldung nach drei Jahren verjähren.“ In der Vergangenheit sei es geübte Praxis gewesen, dass das Land die Widersprüche ruhend gestellt und somit der Verjährung vorgebeugt habe. Das hatte noch einen weiteren Effekt, denn es ermöglichte dem Beamtenbund, Musterklagen anzustrengen, um die Verfassungsmäßigkeit der Besoldungshöhe zu überprüfen. „Von dieser Praxis weicht das Land nun ab und zwingt damit seine Landesbeamten im Ernstfall, einzeln für die Durchsetzung ihrer Ansprüche vor Gericht zu streiten. Es kann nicht im Interesse des Landes sein, dass es nun eine Klagewelle vom Zaun bricht.“ Staude forderte das Land auf, unverzüglich zur geübten Praxis zurückzukehren. „Alles andere wäre ein Affront für die eigenen Beamten.“
Rückendeckung gibt es von der Opposition

Rückendeckung gibt es von der Opposition. „Die zahlreichen Widersprüche zur Besoldung bleiben ebenso achtlos liegen wie die Masseneinsprüche bei der Grundsteuer. Untätigkeit ist die neue Devise dieser Landesregierung“, so FDP-Fraktionsvize Witzel und forderte ebenfalls die Ruhendstellung, damit schnell und effizient in Musterverfahren über die aufgeworfenen Fragen entschieden werden könne. „Wenn die Gerichte seiner Argumentation folgen, hat der Minister nichts zu fürchten. Mit seinem bisherigen Vorgehen setzt er die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für dringend benötigte Stellenbewerber aufs Spiel.“

martin0312

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4630 am: 23.08.2023 10:07 »
Auf Abgeordnetenwatch gab es eine Antwort zur Frage der amtsangemesenen Alimentation in Niedersachsen.

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/bjoern-meyer/fragen-antworten/wie-geht-es-mit-der-derzeit-vermutlich-verfassungswidrigen-besoldung-in-niedersachsen-weiter

Herr Meyer ist übrigens Vorsitzender der DSTG im Ammerland.......

Edit: Wie ich gerade auf der Seite der DSTG in Niedersachsen gesehen habe, interessieren die sich sowieso eher für Jobbike und Firmenfitness als amtsangemessene Alimentation  ;D

Aloha

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4631 am: 23.08.2023 10:59 »
phillipph, vielen Dank für das Teilen des Artikel,

Quelle: https://www.aachener-zeitung.de

Alimentationsprinzip : Klagewelle von NRW-Beamten erwartet


Düsseldorf Ein Streit um die Besoldung könnte zu Zehntausenden juristischen Auseinandersetzungen führen. Weil das Land sich weigert, etwas gegen eine Verjährung zu tun, müssen die Staatsdiener einzeln für ihr Recht kämpfen.

Von Maximilian Plück​

Dem Land droht eine große Zahl von Einzelklagen seiner Beamten. Grund dafür ist die Unzufriedenheit der Staatsdiener mit ihrer Besoldung. Diese halten viele für nicht mehr angemessen. Wie aus einer Antwort des NRW-Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage von FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt, sind seit 2021 knapp 85.000 Widersprüche gegen die sogenannte amtsangemessene Alimentation beim Land eingegangen. Für das laufende Jahr sind es bislang zwar nur 3152, erfahrungsgemäß steigt der Wert aber zum Jahresende rapide an.

Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, die Beamten und ihre Familie lebenslang angemessen zu bezahlen. Die Höhe richtet sich dabei nicht nur nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit. Zudem wird dabei die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards berücksichtigt. Im Frühjahr 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Abstand in der untersten Besoldungsgruppe zum Grundsicherungsniveau nicht mehr gegeben sei und die Politik zum Handeln aufgefordert. (Az. 2 BvL 4/18 und 2 BvL 6/17)

Zwar hatte die damals noch schwarz-gelbe Landesregierung Anfang 2022 die Bezahlung der Beamten noch einmal deutlich verbessert. Doch es gibt Stimmen, die auch das nicht für ausreichend halten. So sagte der Chef des Deutschen Beamtenbunds NRW, Roland Staude, unserer Redaktion: „Wir haben erhebliche Bedenken, dass die Besoldung im Jahr 2022 aufgrund der Inflation und im Jahr 2023 aufgrund der Einführung des Bürgergelds im Hinblick auf das Abstandsgebot zum Grundsicherungsniveau verfassungskonform war. Deshalb sollte das Land die Widersprüche sehr ernst nehmen.“ Das Bürgergeld liegt rund 14 Prozent über der früheren Grundsicherung.

Der NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) sieht hingegen keinen weiteren Anpassungsbedarf: „Durch die Besoldungsanpassung 2022 sowie die Neustrukturierung und Erhöhung der Familienzuschläge zum 1. Dezember 2022 hat das Land Nordrhein-Westfalen erhebliche finanzielle Verbesserungen für die Beamtinnen und Beamten umgesetzt.“ Die zugrunde liegenden Gesetzentwürfe seien nach den Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erstellt worden, sodass aus hiesiger Sicht keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zur Verfassungsgemäßheit der Alimentation bestünden. „Ein generelles Ruhendstellen der Widersprüche gegen die Alimentation für das Jahr 2022 ist insoweit nicht angezeigt“, schreibt Optendrenk.

Genau das könnte die zahlreichen Klagen auslösen. So erklärte Beamtenbund-Chef Staude: „Es besteht die Gefahr, dass Ansprüche auf amtsangemessene Alimentation trotz eingelegten Widerspruchs gegen die Besoldung nach drei Jahren verjähren.“ In der Vergangenheit sei es geübte Praxis gewesen, dass das Land die Widersprüche ruhend gestellt und somit der Verjährung vorgebeugt habe. Das hatte noch einen weiteren Effekt, denn es ermöglichte dem Beamtenbund, Musterklagen anzustrengen, um die Verfassungsmäßigkeit der Besoldungshöhe zu überprüfen. „Von dieser Praxis weicht das Land nun ab und zwingt damit seine Landesbeamten im Ernstfall, einzeln für die Durchsetzung ihrer Ansprüche vor Gericht zu streiten. Es kann nicht im Interesse des Landes sein, dass es nun eine Klagewelle vom Zaun bricht.“ Staude forderte das Land auf, unverzüglich zur geübten Praxis zurückzukehren. „Alles andere wäre ein Affront für die eigenen Beamten.“
Rückendeckung gibt es von der Opposition

Rückendeckung gibt es von der Opposition. „Die zahlreichen Widersprüche zur Besoldung bleiben ebenso achtlos liegen wie die Masseneinsprüche bei der Grundsteuer. Untätigkeit ist die neue Devise dieser Landesregierung“, so FDP-Fraktionsvize Witzel und forderte ebenfalls die Ruhendstellung, damit schnell und effizient in Musterverfahren über die aufgeworfenen Fragen entschieden werden könne. „Wenn die Gerichte seiner Argumentation folgen, hat der Minister nichts zu fürchten. Mit seinem bisherigen Vorgehen setzt er die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für dringend benötigte Stellenbewerber aufs Spiel.“

Mein eigener Widerspruch für 2023 ist jetzt raus, der für 2022 wurde noch ruhend gestellt und auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Inzwischen ist mir auch egal, ob ich die Klage (zur W-Besoldung) nun endlich wegen Untätigkeit, drohender Verjährung oder Ablehnung des Widerspruchs auf den Weg bringe.

Das politische Bild, das sich zeigt, ist aber nur noch traurig - und da beziehe ich ohne Einschränkung die Parteien der vorigen Regierung mit ein. Die Aussage des Herrn Staude ist auch nur ein Witz, denn er reduziert das ganze Problem mit der Alimentierung in seinem Statement auf die Jahre 2022 und 2023, da klingt so, als wäre vor 2022 alles geheilt worden.

Auf jeden Fall hat das Land bei über 250.000 Beamtinnen und Beamten durch Nichtstun schon massiv gespart: 80.000 Widersprüche seit 2021 könnte man als 40.000 in 2021 und 40.000 in 2022 lesen, also nicht einmal 20% Widersprüche. 
« Last Edit: 23.08.2023 11:11 von Aloha »

Big T

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4632 am: 23.08.2023 11:43 »
so steht es um den Nachwuchs in Berlin:

"Berlinweit blieben im letzten Jahr 10 % der Stellen zu Ausbildungsbeginn
unbesetzt. In einzelnen Ausbildungen gab es Abbrüche von bis zu 40 %. Das muss ein klares
Warnsignal an die Berliner Landespolitik und jede betroffene Dienststelle im Land Berlin sein.."

"Wer kann es einer 19-Jährigen interessierten Person für eine Ausbildung bei der Polizei Berlin
verübeln, dass sie sich nicht bewirbt, wenn die berufliche Zukunft aus 41,5 Stunden Schichtdienst
mit nicht planbaren und familienunfreundlichen Diensten in einer Behörde mit über 2.300.000 (2,3
Millionen) Überstunden und einem Sanierungsstau von über 2.100.000.000 Euro (2,1 Milliarden)
besteht."

https://www.berlin.de/hjav/presse/pressemitteilungen/langfassung-zwischen-lehre-und-leere.pdf?ts=1692691217

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4633 am: 23.08.2023 12:02 »
so steht es um den Nachwuchs in Berlin:

"Berlinweit blieben im letzten Jahr 10 % der Stellen zu Ausbildungsbeginn
unbesetzt. In einzelnen Ausbildungen gab es Abbrüche von bis zu 40 %. Das muss ein klares
Warnsignal an die Berliner Landespolitik und jede betroffene Dienststelle im Land Berlin sein.."

"Wer kann es einer 19-Jährigen interessierten Person für eine Ausbildung bei der Polizei Berlin
verübeln, dass sie sich nicht bewirbt, wenn die berufliche Zukunft aus 41,5 Stunden Schichtdienst
mit nicht planbaren und familienunfreundlichen Diensten in einer Behörde mit über 2.300.000 (2,3
Millionen) Überstunden und einem Sanierungsstau von über 2.100.000.000 Euro (2,1 Milliarden)
besteht."

https://www.berlin.de/hjav/presse/pressemitteilungen/langfassung-zwischen-lehre-und-leere.pdf?ts=1692691217

..... und in dem du jedes Jahr gegen deinen Dienstherrn Rechtsmittel wegen deiner Besoldung einlegen musst.