Letztlich kann man sich für jedes Mitglied einer Gewerkschaft freuen, dem Rechtsschutz gewährt wird - zugleich ist aber das, was Malkav schreibt, nicht ganz von der Hand zu weisen: Rechtsschutz kann realistisch betrachtet nur dann gewährt werden, wenn man gewerkschaftsseitig weiß, dass die Zahl der Widersprüche eher gering sei und also die auf die Gewerkschaft und ihre Mitglieder zukommenden Kosten eher gering bleiben. Betrachten wir erneut die Situation hier in Niedersachsen, dann haben bis 2016 57.100 Beamte Widerspruch gegen ihre Besoldung eingelegt. Es ist weiterhin nicht zu erwarten, dass diese Zahl auch für das Jahr 2023 erreicht werden wird, denke ich. Sie dürfte allerdings - davon sollte man ausgehen können - im fünfstelligen Bereich liegen. Die Garantie von Rechtsschutz müsste insofern mit Kosten rechnen, die zum einen für die niedersächsischen Gewerkschaften konkret nicht absehbar wären, da ihnen keine gesicherten Informationen über die Anzahl der für 2023 abgegebenen Widersprüche vorliegen, und die zum anderen potenziell mindestens mehrere Millionen €, ggf. (deutlich) mehr als zehn Millionen € betragen können.
Eine solche Zusage könnte also ehrlicherweise und also verantwortlich nur mit dem Zusatz verbunden werden, dass man im nächsten Jahr gegebenenfalls die Mitgliederbeiträge eventuell sogar deutlich erhöhen müsste - das wäre allerdings verbandspolitisch nicht durchsetzbar, da dann jene Mitglieder, die nun aus welchen Gründen auch immer keinen Widerspruch einlegen, aus ihrer Sicht zurecht eher gegen solche Beitragserhöhungen wären. Im Ergebnis müsste also die über weite Strecken irrationale und unverantwortliche Besoldungspolitik der Landesregierung fast zwangsläufig den für sie positiven Effekt haben, dass sie zur Schwächung der Gewerkschaften führte: Sei es finanziell, sei es durch internen Streit innerhalb der Gewerkschaften, sei es durch Austritte als Folge der ggf. nötigen Beitragserhöhungen. Das sich abzeichnende politisch illegitime Handeln der Landesregierung würde in diesem Sinne ihre Position noch stärken, worin sich der illiberale Kern ihres geplanten Handelns als Folge der wissentlich und willentlich aufrechterhaltenen verfassungswidrigen Besoldungssituation offenbart. Das von Ulrich Battis dargestellte Rechtsstaatsproblem, die Zersetzung unserer Verfassungsordnung im Zuge der normativen Kraft des verfassungswidrigen Faktischen, zeigt sich hier in seinen Konsequenzen: politischer Legitimitätsverlust der Regierenden, die sich hinsichtlich ihrer Bediensteten gezielt zu Herrschenden herabwürdigen; Verlust des hohen Gutes der gegenseitigen Treue, die nicht spurlos an den Dienstgeschäften von Beamten vorbeigehen kann; Verschärfung der bereits starke Auswirkungen zeitigenden Fachkräfteproblematik; Beschleunigung des Wegs hin zur Verfassungskrise, die so betrachtet gezielt in Kauf genommen wird. Realistisch betrachtet kann nur eine Partei im niedersächsischen Landtag ein Interesse an so viel politischer Dummheit haben, nämlich die, der man solches Handeln am ehesten zutrauen würde. Wer wissentlich und willentlich den Boden des Grundgesetzes verlässt, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann allein im verfassungsrechtlichen Ausland aufwacht.