Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1468911 times)

WasDennNun

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Für NRW am Beispiel Köln kommt Stuttmann für 2020 auf eine Bruttomindestbesoldung von 45.000€ auf Grundlage des BVerfG Urteils. Diese wird in NRW erst ab A10 St. 4 erreicht.
Da kann man sich doch nur an den Kopf fassen.
Warum, dürfte durchaus hinhauen für den Beamten mit zwei Kindern, sofern der Staat weiterhin den Partner zu 100% mit alimentieren will, was der Staat aber nicht machen muss, er kann die Alimentation für den Partner ja auch auf 0 schrauben.

was_guckst_du

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...SwenTanortsch scheint irgendwie verstummt zu sein...
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

WasDennNun

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Wieso? Er hat doch angekündigt, über diese Inhalte nicht mehr zu diskutieren zu wollen.

Oder aber er ist beim formulieren einer Antwort auf diese für mich noch ungeklärte Frage
...ST ist in seiner Auffassung eben unerschütterlich..
Das darf er gerne sein, aber ich möchte halt trotzdem verstehen, warum ein Familienzuschlag der alle Kinder gleichbehandelt verfassungswidrig sein soll.

Auch soll er mir mal erklären, warum das plötzlich ein Fertilitätsprinzip sein soll, wo doch 2 BvL 6/17 genau so ein "Fertilitätsprinzip" fordert, mehr Brutto Kohle für mehr Kinder bei mehr Einkommen, damit Netto überall das gleiche rauskommt. (der Famzuschlag für den A4er ist ja niedriger auszugestallten als der von einem B10er  :o).
Ich habe den Verdacht, dass er diesen Beschluss der BVerG nicht verstehen will, weil sein Weltbild zusammenbricht.

Wdd3

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...SwenTanortsch scheint irgendwie verstummt zu sein...

Urlaub? :o

was_guckst_du

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...Sitzstreik vor dem BVerfG..,soll nächste Woche von einem gewissen Stuttmann abgelöst werden... 8)
Gruß aus "Tief im Westen"

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SwenTanortsch

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Ich wollte den Artikel erst einmal in Ruhe lesen, was ich nun getan habe. Er legt - wie von Stuttmann nicht anders zu erwarten - die Sachlage präzise und jederzeit argumentativ nachvollziehbar dar. Das einzige, was eventuell irrtieren kann, ist ein Rechtschreibfehler und ein Satzbruch; alles andere war erwartbar, weil es wie gehabt überzeugend aus der Entscheidung abgeleitet wird.

Für mich interessant ist, dass er die Berliner Mindestnettoalimentation für das Jahr 2020 auf 38.954,02 € beziffert (S. 87) und damit weitgehend im Bereich der Extrapolation vom 19.08., 14:37 h liegt; die Werte für die dort berechneten drei Varianten lauteten:

I. 37.361,54 €
II. 38.576,60 €
III. 39.463,11 €

Ich würde seinen nun verwendeten Begriff der "Besoldungsrevolution" zugleich eher nicht verwenden, da das Besoldungsrecht durch die Entscheidung nicht umgestürzt wird; insofern finde ich seinen früheren Begriff der "Zeitenwende" passender. Aber das ist nur eine Petitesse.

Letztlich ist das Fazit dasselbe wie das hier vertretene, die BVerfG-Entscheidung ist für die Besoldungsgesetzgeber nur durch einen offenen Verfassungsbruch zu umgehen - und den Grad der Wahrscheinlichkeit dafür, dass jener eintreten sollte, wird hier jeder für sich selbst bemessen können. Zugleich legt Stuttmann schlüssig dar, dass das BVerfG den Besoldungsgesetzgebern bezüglich der Einsparmöglichkeiten kaum Schlupflöcher gelassen habe (S. 88 f.).

Zwar ist der Artikel online nicht frei zugänglich - und die Universitätsbibliotheken sind zum Teil noch nicht wieder für den Publikumsverkehr geöffnet -; er kann jedoch über die Homepage des Beck-Verlags bestellt werden. Er kostet dort 7 €; eventuell ist er für Neukunden zunächst noch umsonst, wenn man sich anhand der Homepage ein Konto über das Angebot "Mein Beck-online" zulegt.

Ergo: Wenn man den Kaiserlichen und Königlichen (also jenen KuK) nicht unendlich viel Gutes tun, hingegen die Kolleginnen und Kollegen (also die gemeinten KuK) beim Sichern ihrer Ansprüche unterstützen will, sollte man sie, wie Finanzer gestern geschrieben hat, darin bestärken, Widerspruch gegen die aktuelle Besoldung einzulegen - oder mit den Worten Stuttmanns:

"Wenn die Auswirkungen des Mindestabstandsgebots in der Beamtenschaft allgemein bekannt werden, dürfte sich die Zahl der Widersprüche noch einmal sprunghaft erhöhen." (S. 88)

was_guckst_du

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...im Bereich der Extrapolation vom 19.08., 14:37 h liegt...
...war das wirklich schon so spät?..
Gruß aus "Tief im Westen"

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WasDennNun

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Gibt es eigentlich irgendwo eine extrapolation für den kinderlosen Beamten, was da mindestens rauskommen muss, die mit Kids in meinem Dunstkreis haben es jetzt begriffen, dass da die Post abgeht, die Kinderlosen leider noch nicht.

BTW: Gab es überhaupt mal eine Zeit wo der Beamte der untersten Besoldungsgruppe mit 2 Kindern über der Mindestalimenation lag?

Edit: Ein kurze Recherche ergab, dass 1996 es mit 2 Kids rund 2500 DM gab ::), dass hat damals ja der A9er noch nicht mal bekommen, warum hat das eigentlich solange niemand gemerkt?
« Last Edit: 02.10.2020 16:15 von WasDennNun »

Epiin

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Nachstehend ein Link auf den Erlass für die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 (Az.: 2 BvL 6/17) zur Alimentation von Empfängerinnen und Empfängern von Dienstbezügen mit drei und mehr Kindern vom 14.09.2020 des Landes Mecklenburg-Vorpommern

https://www.laf-mv.de/bezuege/Besoldung/

WasDennNun

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Da bekommt man also zukünftig zwischen 384€ und 578€ Familienzuschlag für das dritte Kind und weiterhin nur 120€ für das zweite.

Bastel

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WasDennNun

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Wenns nach den Grünen ginge, gäbe es bald noch mehr Klagen ;D

https://www.welt.de/politik/deutschland/article217312626/Hartz-IV-So-stark-wollen-die-Gruenen-die-Saetze-erhoehen.html
Warum denn Klagen? MV hat doch gezeigt wo der Weg hingeht, da muss man doch einfach nur die Kindersätze entsprechend anpassen und gut ist.
Und vielleicht kommen die dann auf den Trichter, dass es einfacher wäre diese Vorgehensweise auch auf Kind 1 und 2 anzuwenden, dann gäbe es auch keine gejaule mehr, dass man unter H4 Satz gerutscht ist.
Und die Kinder 1 und 2 wären dann halt wirklich so viel Wert wie Kind 3 ff

Und ab dem 3. Kind darf man ja plötzlich ~580€ für das Kind auszahlen ("Fertilitätsprinzip"?),für Kind 1 und 2 jedoch nicht,  für mich immer noch ein ungeklärtes Rätsel, was mir leider keiner erklären kann (oder will, weil dann würde ja evtl. der Single nicht sein 15-20% Aufschlag bekommen)


lumer

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Und ab dem 3. Kind darf man ja plötzlich ~580€ für das Kind auszahlen ("Fertilitätsprinzip"?),für Kind 1 und 2 jedoch nicht,  für mich immer noch ein ungeklärtes Rätsel, was mir leider keiner erklären kann (oder will, weil dann würde ja evtl. der Single nicht sein 15-20% Aufschlag bekommen)
Das ist kein ungeklärtes Rätsel, sondern relativ banal. Das BVerfG orientiert sich am Leitbild der vierköpfigen Familie, das und weil es sich auch der Besoldungsgesetzgeber gesetzt hat. Das BVerfG geht nun entsprechend der Entscheidung des Besoldungsgesetzgebers davon aus, dass das Grundgehalt überwiegend(!) für eine bis zu vierköpfige Familie angesetzt worden ist. Die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile für das erste und zweite Kind treten nur ergänzend(!) diesem für einen kinderlosen Single oder verheirateten, kinderlosen Beamten üppiger bemessenen Grundgehalt hinzu. Alles darüber hinaus muss der Besoldungsgesetzgeber zusätzlich leisten, damit die Amtsangemessenheit erhalten bleibt und die familienneutralen Gehaltsbestandteile nicht von den weiteren Kindern aufgezehrt werden. Instruktiv dazu einfach mal die Entscheidung "Beamtenbaby" des BVerfG vom 22.03.1990, BVerfGE 83, 363 ff., Rn. 47 bis 50 lesen (https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv081363.html#Rn047); ich habe es hier etwas verkürzt dargestellt. Vielleicht wird es dann etwas klarer.

Big T

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Wenn Stuttmann recht behält, ist das doch ein ewiger (aussichtloser) Kreislauf?
BverfG sieht "Lebenskomfort" der Beamten zwingend bei mind. 15% über Grundsicherung.
Besoldung wird ordentlich erhöht.
Tarifangestellte öD ziehen nach.
Privatwirtschaft zieht nach.
Allesgemeines Preisniveau steigt.
Grundsicherung ist wieder hintendran -->"arm".
Grundsicherung wird erhöht.
Besoldung wird erhöht.....
Usw.

WasDennNun

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Und ab dem 3. Kind darf man ja plötzlich ~580€ für das Kind auszahlen ("Fertilitätsprinzip"?),für Kind 1 und 2 jedoch nicht,  für mich immer noch ein ungeklärtes Rätsel, was mir leider keiner erklären kann (oder will, weil dann würde ja evtl. der Single nicht sein 15-20% Aufschlag bekommen)
Das ist kein ungeklärtes Rätsel, sondern relativ banal. Das BVerfG orientiert sich am Leitbild der vierköpfigen Familie, das und weil es sich auch der Besoldungsgesetzgeber gesetzt hat. Das BVerfG geht nun entsprechend der Entscheidung des Besoldungsgesetzgebers davon aus, dass das Grundgehalt überwiegend(!) für eine bis zu vierköpfige Familie angesetzt worden ist. Die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile für das erste und zweite Kind treten nur ergänzend(!) diesem für einen kinderlosen Single oder verheirateten, kinderlosen Beamten üppiger bemessenen Grundgehalt hinzu. Alles darüber hinaus muss der Besoldungsgesetzgeber zusätzlich leisten, damit die Amtsangemessenheit erhalten bleibt und die familienneutralen Gehaltsbestandteile nicht von den weiteren Kindern aufgezehrt werden.
Ja, schon klar, dass die alten Grundtabellen auf der Basis der 4K Familie begründet wurde und man es hingenommen hat, dass der mit weniger Familienmitglieder bessergestellt ist als der ohne.
Gleichwohl der mit mehr nicht schlechter gestellt werden darf (daher ja die notwendigen Anpassung ab K3).
Aber warum dann jetzt plötzlich es ein "Fertilitätsprinzip" sein soll, wenn man jetzt eben die kinderbezogenen Anteile Kind 1/2 erhöht, so dass man zukünftig mit Kinder nicht mehr unter dem Grundsicherungsniveau kommt ist mir ein Rätsel.

Bzw: Warum der Besoldungsgeber nicht eben die  "Besoldungsrevolution" machen darf (also ein Paradigmawechsel) und eine neue Besoldungsstruktur entwickeln darf, die eben nicht mehr ein Grundgehalt definiert, welche überwiegend(!) für eine bis zu vierköpfige Familie angesetzt wird, sondern welches überwiegend(*) für einen Single angesetzt wird, um dann die zusätzlich zu alimentierenden Familienmitglieder entsprechend überwiegend(*) über die Zuschläge zu versorgen (so wie es jetzt ja für Kind 3ff geschieht).

[*das überwiegend könnte man ja auch mittelfristig als alleinig definieren]

Solch ein System wäre doch in sich stimmig, logisch und im Einklang mit dem anderen Systemen (Grundsicherung etc.).

Aber es wird hier immer so dargestellt als ob das nicht Verfassungskonform wäre, und das kapiere ich noch nicht.
Ich kapiere, dass bisher die Tabellen auf diese Basis gestellt wurden (vom Gesetzesgeber) und somit das der Ausgangpunkt für alle Berechnung ist.
Aber warum darf man das nicht für die Zukunft ändern?
Der Beamte wird dadurch doch nicht per se Unteralimentiert

Zitat
Instruktiv dazu einfach mal die Entscheidung "Beamtenbaby" des BVerfG vom 22.03.1990, BVerfGE 83, 363 ff., Rn. 47 bis 50 lesen (https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv081363.html#Rn047); ich habe es hier etwas verkürzt dargestellt. Vielleicht wird es dann etwas klarer.
Werde ich mir mal zu Gemüte führen, obwohl ich glaube es ja nur die Vergangenheit erklärt.