Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2674641 times)

LehrerinRLP

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5955 am: 12.04.2024 18:45 »
"Beide Parteien loten nun aus, ob man sich in einem Jahre zurückliegenden Einzelfall jetzt einigen kann. Um welche Summe es bei der Nachzahlung gehen könnte, blieb offen."
[/quote]

Ernsthaft: Das ist unglaublich und ein absolutes Armutszeugnis für den Dienstherrn!

LehrerinRLP

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5956 am: 12.04.2024 18:45 »
"Beide Parteien loten nun aus, ob man sich in einem Jahre zurückliegenden Einzelfall jetzt einigen kann. Um welche Summe es bei der Nachzahlung gehen könnte, blieb offen."
[/quote]

Ist irgendwo nachzulesen, ob bspw. der DBB da mit im Boot ist oder eine andere Gewerkschaft oder Verband?

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5957 am: 12.04.2024 19:58 »
Der dbb ist beteiligt. Da die Klage nach Ansicht der Vorinstanz nur für den Zeitraum ab Januar 2012 bis Mai 2014 zulässig war (was mit einiger Wahrscheinlichkeit schlüssig begründet ist), dürfte es für den Kläger ggf. durchaus attraktiv werden, sofern ihm sein Dienstherr ein Angebot machte, dass er nicht ablehnen könnte, nämlich dass auch Zeiträume über den Mai 2014 hinaus betrachtete und darüber hinaus gegenseitiges Stillschweigen vereinbarte. Entsprechend würde er dann ggf. besser fahren, wenn er ein entsprechendes Vergleichsangebot annehmen, als wenn er seine Klage weiterhin aufrecht erhalten würde.

Malkav

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5958 am: 12.04.2024 20:45 »
dürfte es für den Kläger ggf. durchaus attraktiv werden, sofern ihm sein Dienstherr ein Angebot machte

Ich warte noch auf das FiMi dass bei geschlossenem Vergleich nach Klagerücknahme oder Erledigungserklärung mit $2 Abs. 2 S. 1 LBesG RLP um die Ecke kommt und sagt „Oh das haben wir wohl übersehen und können deswegen gar nichts  zahlen. Echt doof für dich, dass über die Ansprüche aber nunmehr abschließend beschieden ist.“

Wäre es nicht so trauri, hätte das Verfahren echtes Comedypotenzial. Das FiMi denkt sich wohl: „Wenn ein US Präsident mit Schweigegeldern operieren kann, um unliebsame Sachverhalte unter den Teppich zu kehren, können wir das doch auch.“

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5959 am: 12.04.2024 22:33 »
... ich schätze mal, dass das mit einer solchen Vergleichsvereinbarung einhergehende Procedere gerichtlich vereinbart werden würde. Es wäre zugleich nicht das erste Mal, dass Besoldungsverfahren so beendet werden würden. Aus Sicht des Klägers könnte ich das gut verstehen, da er ansonsten noch einmal mindestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht mitsamt der Ungewissheit warten müsste, ob sie wirklich positiv für ihn ausginge - und wenn auch das OVG die Klage abweisen würde, bliebe als nächste Instanz zunächst einmal nur die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht, sofern das OVG diese zuließe. Ergo würde es für ihn noch einmal um mehrere Jahre gehen. Nachdem das VG die Klage vor rund acht Jahren erstinstanzlich abgewiesen hat, ist bislang schon so viel Zeit ins Land gegangen, dass es dem Kläger kaum zu verdenken wäre, wenn er ein für ihn akzeptables Vergleichsangebot annehmen würde, denke ich.

Der dbb dürfte das ggf. anders sehen, da es sich offensichtlich um eines von mehreren Musterverfahren handelt. Und dass sich Landesregierungen so "freikaufen", ist genauso, wie Du schreibst, Malkav, bitter, da sie dann im Gegenzug weiterhin behaupten, es sei ja alles in Gegenwart und Vergangenheit ganz super mit der vom jeweiligen Land gewährten Alimentation. Umso interessant dürfte es sein, ob die Rhein-Zeitung am Fall dranbliebe und also am Ende - sofern es so käme - auch melden würde oder melden könnte, dass ein Vergleich geschlossen worden wäre (was spätestens dann auf der Hand läge, wenn nicht in den nächsten Monaten eine Entscheidung durch das OVG erfolgte). Denn das dürfte dann öffentlich wirklich peinlich für die Landesregierung werden. Insofern ist zumindest das erst einmal positiv, dass die Zeitung berichtet hat.

Versuch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5960 am: 13.04.2024 09:04 »
Wann kann man eigentlich mit dem nächsten Urteil des BVG rechnen?

Und juckt das die Besoldungsgesetzgeber dann überhaupt?

PolareuD

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5961 am: 13.04.2024 09:13 »
Folgende Entscheidungen sind für dieses Jahr angekündigt:

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,120049.msg346029.html#msg346029

Wann genau und ob überhaupt weiss aber nur das BVerfG. Jedoch verdichten sich die Hinweise, dass es dieses Jahr eine Entscheidung zu den aufgeführten Verfahren geben könnte.

Inwieweit ein Beschluss die Besoldungsgesetzgeber „juckt“ wird sich dann zeigen. Die Vermutung liegt aber nahe, dass die Besoldungsgesetzgeber jeden Interpretationsspielraum zu Ungunsten seines Hofstaats ausnutzen werden. Diesbezüglich rechnet Berlin mit Kosten zwischen 300 Mio. € und 1,5 Mrd. €. Entsprechende Rücklagen sind wohl schon im Haushalt eingeplant.
« Last Edit: 13.04.2024 09:21 von PolareuD »

LehrerinRLP

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5962 am: 13.04.2024 10:50 »
Der dbb ist beteiligt. Da die Klage nach Ansicht der Vorinstanz nur für den Zeitraum ab Januar 2012 bis Mai 2014 zulässig war (was mit einiger Wahrscheinlichkeit schlüssig begründet ist), dürfte es für den Kläger ggf. durchaus attraktiv werden, sofern ihm sein Dienstherr ein Angebot machte, dass er nicht ablehnen könnte, nämlich dass auch Zeiträume über den Mai 2014 hinaus betrachtete und darüber hinaus gegenseitiges Stillschweigen vereinbarte. Entsprechend würde er dann ggf. besser fahren, wenn er ein entsprechendes Vergleichsangebot annehmen, als wenn er seine Klage weiterhin aufrecht erhalten würde.

Wenn der DBB RLP vor diesem Hintergrund, dieses Verfahren als Musterverfahren deklariert, dann haben die juristisch aber nicht viel auf dem Kasten. Als Musterverfahren nehme ich mir doch ein Verfahren, das große Möglichkeiten bietet, es auf viele weitere Klagende zu übertragen!

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5963 am: 13.04.2024 12:03 »
Die Verbände streuen in der Regel ihre Klagen, beklagen also verschiedene Besoldungsgruppen. Auch der Landesverband Rheinland-Pfalz hat das seinerzeit getan - ich habe mich mit diesen Klagen vor längerer Zeit beschäftigt und mittlerweile schon wieder alles vergessen. Wenn ich es richtig erinnere, ist die betreffende Klage eine von mehreren Musterklagen, die 2016 oder 2017 vor dem VG Koblenz geführt worden sind. Dunkel in Erinnerung liegt mir auch ein Verfahren aus dem Jahr 2017 vor dem VG Trier, ebenfalls den Zeitraum 2012 bis 2014 betreffend und - ich glaube - auch die Besoldungsgruppe A 8 behandelnd, die 2017 eher wirr begründet zurückgewiesen worden ist (deshalb ist sie mir in Erinnerung geblieben). Zwischen 2016 und 2020 sind nicht wenige Klagen in verschiedenen Rechtskreisen abgewiesen worden, die heute nach der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in nicht wenigen Fällen anders zu entscheiden gewesen wären.

Bastel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5964 am: 13.04.2024 14:39 »
Einfach nur ein Wahnsinn, wie lange sowas dauert ::)


InternetistNeuland

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5966 am: 15.04.2024 18:28 »
Zu "juckt es die Besoldungsgesetzgeber überhaupt?":

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/martin-brunnhuber/fragen-antworten/das-lff-schreibt-dass-die-beamten-in-bayern-durch-die-fiktive-anrechnung-eines-partnereinkommens-wieder

einfach nur wow...

Im SGB II und in der Einkommensteuer gilt das Zuflussprinzip. Einkommen ist es erst im Moment in dem es auch zugeflossen ist.

Da kann sich der Besoldungsgesetzgeber nicht drüber hinwegsetzen. Somit KANN es gar nicht verfassungskonform sein.

Ryan

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5967 am: 15.04.2024 21:19 »
Zu "juckt es die Besoldungsgesetzgeber überhaupt?":

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/martin-brunnhuber/fragen-antworten/das-lff-schreibt-dass-die-beamten-in-bayern-durch-die-fiktive-anrechnung-eines-partnereinkommens-wieder

einfach nur wow...

Der Antwort liegt ein Missverständnis (bzw. wohl eher ein gewolltes Missverstehen) zugrunde und zwar dahingehend, dass sich der Kontrollmaßstab (Gegenüberstellung Nettoalimentation und Mindestalimentation) ändern würde, sobald sich die Art und Weise der Besoldung ändert.

Oder in anderen Worten: Ändere das Besoldungsgesetz und lasse damit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht ins Leere laufen.

Das wäre natürlich absurd.

Das Bundesverfassungsgericht ist sich durchaus bewusst und weist auch explizit darauf hin, dass es sich bei dem Kontrollmaßstab, dem der „Alleinverdiener“ zugrunde liegt, nicht um ein Abbild der Wirklichkeit handelt (und offensichtlich auch nicht handeln muss) (vgl. 2 BvL 6/17, Rn 37 und  2 BvL 4/18, Rn 47). Der Kontrollmaßstab ist also unabhängig von der gewählten Besoldungssystematik. Ich könnte diesem Maßstab etwa auch die Siemens-Gehälter gegenüberstellen, und zwar auch dann, wenn ich das zugrunde liegende Gehaltsmodell gar nicht kenne. Im Kontext der Alimentation (bzw. der Rechtsprechung dazu) ist die Funktion, die der Maßstab erfüllen soll, entscheidend. Im Kern geht es dabei um Situationen, in denen Beamten tatsächlich Alleinverdiener sind. Diese Funktion erfüllt die neue bayrische Bezugsgröße gerade nicht! Realitätsgerecht, Typisierung, statistische Ausreißer, blabla, alles am Thema vorbei.

Aus der Tatsache, dass der Kontrollmaßstab aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitet wurde, folgt insofern auch nicht, das die Änderung der Besoldungspraxis eine Anpassung des Kontrollmaßstabs mit sich ziehen würde. Es ist m.E. offensichtlich, dass sich der Kontrollmaßstab auf das Alimentationsprinzip bezieht, soweit er den „Alleinverdiener“ zugrunde legt und dass die bisherige Besoldungspraxis vor allem die „vier Köpfe“ begründet.

Malkav

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5968 am: 18.04.2024 10:22 »
"Neuigkeiten" aus dem BVerfG.

VPräsBVerfG'in König hat als Vorsitzende des 2. Senats dem FAZ-Einspruch-Podcast ein Interview (https://www.faz.net/einspruch/faz-einspruch-podcast-wie-politisch-ist-das-verfassungsgericht-19660573.html) gegeben.

Ab Minute 49 wird es kurz für unser Thema interessant, da es um das Verhältnis von Politik und Gericht geht.

Dies bezog sich insbesondere auf die Geschwindigkeit und Planbarkeit von Richterwechseln. Diesbezügliche Verzögerungen führten dazu, dass "große Verfahren" nicht mehr vorher in den Senaten beraten werden könnten und nur noch (wörtlich!) "Kleinschiet" erledigt werden würde. Wenn dann auch noch Krankheiten hinzukämen (hier war wohl offensichtlich "unser" Berichterstatter BVR Maidowski gemeint), wäre der Senat gar nicht beschlussfähig.

Ich bin ehrlichgesagt mal wieder sprachlos wie abgebrüht eine jahrzehntelange Verletzung grundrechtsgleichter Rechte hingenommen wird.

Ich bin wirklich gespannt, ob es nach einem positiven Beschluss noch Schadenersatzklagen geben wird. Mal absolut in Kladde gesprochen, ohne dass ich da wirklich eingestiefen wäre:

Beamter X hat einen Immobilienkredit in Höhe von 400.000,00 EUR und zahlt  Kreditzinsen in Höhe von 8.000,00 EUR p.a. Er hatte über die letzten 15 Jahre die vertragliche Option gehabt, jedes jahr 10.000,00 EUR Sondertilgung zu leisten, was die Zinszahlungen über die Gesamtlaufzeit erheblich reduziert hätte.

Diese Option konnte Beamter X bei einer verfassungsgerichtlich festgestellten Unteralimentation > 10.000,00 EUR p.a. nicht nutzen. Die vom Beamten zusätzlich zu zahlenden Kreditzinsen könnte man dann doch als wirtschaftlicher Schaden einer Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf amtsangemessene Alimentation begreifen. Irgendwie fällt es mir schwer einzusehen, dass der Beamte diesen unverschuldeten Zinschaden zu tragen hat.

Hans Werner Mangold

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