Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2669353 times)

Euphyll

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Eher anders herum. Ledige Beamte haben nur sich für etwaige Kostenaufteilungen. Verheiratete können Kosten durch zwei Vollzeittätige teilen und kriegen Kindergeld sowie FZ und Splitting etc. pp. Es ist eher anzunehmen, dass ledige Beamte unteralimentiert sind.

Chrisdus

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Eher anders herum. Ledige Beamte haben nur sich für etwaige Kostenaufteilungen. Verheiratete können Kosten durch zwei Vollzeittätige teilen und kriegen Kindergeld sowie FZ und Splitting etc. pp. Es ist eher anzunehmen, dass ledige Beamte unteralimentiert sind.

Im vorhergehenden Beitrag wurde bereits angedeutet, wie das BVerfG die Besoldung ansetzt: 2x Erwachsene und 2 Kinder.

Daraus jetzt eine Unteralimentation der Singlehaushalte herzuleiten, erschließt sich mir nicht.

Im Gegenteil würde ich eher davon ausgehen, dass man als beamteter Single idR deutlich die 15% über dem existenzrechtlichen Minimum einer vergleichbaren Person hat, auch in der niedrigsten Besoldungsgruppe. Aber das wurde weiter oben auch bereits erörtert.


Neuer12

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Also mal schauen, wie sich das Ganze weiter entwickelt - am Einfachsten wäre es, wenn die Gewerkschaften und Verbände aktiv werden würden (insbesondere mit kräftigem Trommel für Widersprüche): Aber die Erfahrung der letzten Jahre lehrt, dass das aus verschiedenen Gründen wohl auch dieses Mal (noch) nicht der Fall sein wird...
Bei der verfassungswidrigen verminderten Eingangsbesoldung bis 2017 in Baden-Württemberg haben die Gewerkschaften, zumindest die GEW, Anreiz und Hilfestellung gegeben für einen Widerspruch. Ich, der gar nicht in den Bereich der GEW fällt, hab dies auch genutzt.

Ich hoffe, dass es auch für den jetzigen Fall so wird.

Hat jemand einen guten, rechtssicheren widerspruchstext?

Dsnke

Einen Widerspruchstext habe ich hier im Beitrag vom 31.07., 12:18 Uhr eingestellt. Dort habe ich auch alles, was zur Rechtssicherheit gesagt werden muss, dargelegt.

Darüber hinaus findest Du Widerspruchsschreiben öffentlich zugänglich z.B. auf der Website der gdp oder auch der Initiative Berliner-Besoldung, wenn beide auch noch nicht den aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts beinhalten:

https://www.gdp.de/gdp/gdpber.nsf/id/DE_Musterantrag-Widerspruch-amtsangemessene-Alimentation?open&ccm=000
https://www.berliner-besoldung.de/musterwiderspruch/

Danke :)
Das passt aber nur für Niedersachsen?
Denn für BW kann ich das so ja leider nicht einsetzen.

Oder macht es in BW gar keinen Sinn?

Neuer12

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Ist es eigentlich sicher, dass in jedem BL auf die Einrede der Verjährung usw. verzichtet wird oder könnte es sein, dass man durch den Widerspruch zu einer Klage gezwungen wird?

Ozymandias

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@Neuer12

https://blv-bw.de/mitgliederservice/formulare/

Hier gibt es für BW einen guten Musterwiderspruch. BW akzeptiert auch das Ruhen des Verfahrens.
Man muss also nur den Widerspruch hinschicken und warten. Alles ohne Kostenrisiko.


kommunalbeamter91

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Erste Infos aus Bayern:
https://www.bbb-bayern.de/bundesverfassungsgericht-zur-amtsangemessenen-alimentation-insbesondere-bei-kinderreichen-beamten/

Immer wieder erstaunlich, welche Wertschätzung andere Bundesländer ihren Beamten entgegenbringen. Während Berlin sein Versagen mit Ausreden und überdurschnittlichen Erhöhungen der letzten Jahre rechtfertigt und das Finanzministerium in NRW sich einfach gar nicht zum Urteil äußert, sichert Bayern trotz bekannter Spitzenbesoldung die umgehende Nachzahlung zu, sollte die Prüfung der amtsangemessen Besoldung anhand BVerfG-Kriterien Abweichungen ergeben. Allein die Art der Kommunikation kann schon so viel ausmachen......

Honigblume

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Das ist wirklich erstaunlich. Und vorbildlich!
In Niedersachsen hört man natürlich wieder nichts. Unter den Kollegen ist sogar nichts zu dem Urteil überhaupt bekannt...

Muenchner82

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Auf den ersten Blick in der Tat vorbildlich, aber vielleicht auch nur eine Flucht nach vorn. Es ist schon stark davon auszugehen, dass das FM zu seinen Gunsten prüfen und rechnen wird. Aber wenn es hier bis November keine zufriedenstellende Lösung gibt kann man immernoch Widerspruch einlegen.

Unterbezahlt

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Erstmal vielen Dank an SwenTanortsch für die umfangreichen Erläuterungen, Kommentierungen, Berechnungen und Einordnungen!

Das Urteil ist der absolute Knaller, zumal es den Dienstherren ganz wenig Spielraum für kreative Billiglösungen gibt. Ein weiter wie bisher ist ausgeschlossen.

Also Widerspruch einlegen, warten und ggf. Anwalt nehmen. Auch in Bayern!

WasDennNun

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Vielleicht bin ich ja zu naiv, aber liegt die Lösung nicht auf der Hand:
a) ein Ortszuschlag für die "teuren" Mieten wird kommen (z.B. am H4 Satz für angemessenen Wohnraum der Gemeinde angelehnt) oder am Kaufkraftindex
b) entsprechend höhere Zuschläge für die Kinder

Ist es da nicht sogar denkbar, dass die kinderlosen Beamten, die in günstigen Gegenden alimentiert werden, mittelfristig weniger haben werden?

Oder ist der irgendwo der Grundbetrag so niedrig in der untersten Besoldungsgruppe, dass diese angepasst werden müssten?

kommunalbeamter91

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Vielleicht bin ich ja zu naiv, aber liegt die Lösung nicht auf der Hand:
a) ein Ortszuschlag für die "teuren" Mieten wird kommen (z.B. am H4 Satz für angemessenen Wohnraum der Gemeinde angelehnt) oder am Kaufkraftindex
b) entsprechend höhere Zuschläge für die Kinder

Ist es da nicht sogar denkbar, dass die kinderlosen Beamten, die in günstigen Gegenden alimentiert werden, mittelfristig weniger haben werden?

Oder ist der irgendwo der Grundbetrag so niedrig in der untersten Besoldungsgruppe, dass diese angepasst werden müssten?

Durchaus möglich, wenn nicht wahrscheinlich, dass es so kommen wird. Dazu noch Streichung der Eingangsstufen. Der weite Ermessenspielraum des Dienstherren wird mit aller Wahrscheinlichkeit nicht bzw. nur bedingt zur Anhebung der Grundbeträge führen.

SwenTanortsch

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Am Ende meines Urlaubs ein paar Anmerkungen, weil ich jetzt erst wieder hier gelesen habe:

- Mecklenburger: Hast Du etwas vom Landesvorstand gehört?

- EagleAngel, kommunalbeamter91 und Euphyll: Das BVerfG errechnet wie auch von euch dargelegt und von Chrisdus noch einmal präzisiert die Mindestalimentation anhand der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe und kommt so anhand der jeweils vierköpfigen "Normfamilie" zum entsprechenden Nettobetrag. Jene Bestimmungsmethodik liegt nun durch den aktuellen Beschluss des BVerfG weitgehend vollständig vor (insbesondere im Bereich Bildung und Teilhabe wird es zukünftig noch weitere, die Alimentation dann erhöhende Regelungen geben). Damit ist die Besoldungssystematik diesbezüglich weitgehend hergestellt.
Für Berlin geht das BVerfG für die Jahre 2009 bis 2015 davon aus, dass die Mindestalimentation im Durchschnitt der Jahre um 37,7 % erhöht werden muss (Rn. 145 f.).
Zugleich betont das BVerfG in ständiger Rechtsprechung den sich aus der Verfassung ergebenden weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers hinsichtlich der Struktur und der Höhe der Besoldung, wobei er verpflichtet ist, die Alimentationshöhe den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen (Rn. 26).
Die Mindestalimentation ist in diesem Rahmen der Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung, durch die die Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen zueinander in Verhältnis gesetzt und abhängig voneinander aufgebaut werden; durch eine verfassungswidrig zu geringe Mindestalimentation wird die gesamte darauf aufbauende Stufung in Frage gestellt, sodass der Besoldungsgesetzgeber dann gezwungen ist, eine konsistente neue Besoldungssystematik mit einem verfassungskonformen Ausgangspunkt zu erarbeiten (Rn. 48).
Je deutlicher dabei der Verstoß gegen die Mindestalimentation, desto eher muss es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen (Rn. 49), von der also nicht nur Teilgruppen der Beamten (also z.B. Verheiratete, Beamte mit Kindern oder mit ortsabhängig hohen Wohnkosten etc.) profitieren dürfen.

Neuer12: Der Widerspruchstext ist nicht speziell auf Niedersachsen zugeschnitten, sondern allgemein formuliert; Ozymandias' Verweis sollte gleichfalls verwendbar sein.
Der aktuelle Beschluss des BVerfG betont, dass es nicht darauf ankommt, ob insoweit ein Widerspruchs- oder Klageverfahren schwebt, solange sich gegen eine Unteralimentation zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewendet worden ist (Rn. 183). Solange der Dienstherr nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet, muss ein Widerspruch mindestens jährlich wiederholt werden, um entsprechende Ansprüche aufrecht zu erhalten.
Für Berlin hat das BVerfG für das Jahr 2015 eine Mindestalimentationshöhe von 33.651,02 € festgelegt. 2018 hat BW die gewährte Jahresnettoalimentation der Eingangsstufe der untersten Besoldungsgruppe auf 29.685,24 € berechnet; wer folglich für dieses aktuelle Jahr keinen Widerspruch einlegt, dürfte am Ende in die Röhre gucken - nicht zuletzt weil die Mindestalimentationshöhe in weiten (aber bei Weitem nicht allen) Teilen BW's noch einmal höher liegen dürfte als in Berlin.

- Und Bayern geht einerseits seit Jahren positiv voran; andererseits ist das aktuelle Besoldungsgesetz allein schon deshalb verfassungswidrig, weil es keine Berechnung zur nötigen Mindestalimentationshöhe enthält. Und zugleich ist der Bayerische Beamtenbund durchaus recht vertrauensseelig, wenn er in Anlehnung an das FM betont, dass es mit keinem Nachteil verbunden sein wird, jetzt keinen Widerspruch einzulegen.
Denn die Auskünfte des FM sind inhaltlich durchaus erfreulich, aber dennoch nicht rechtswirksam. Insofern sollten alle Bayerischen Beamten, wie Muenchener82 schreibt, die Sachlage im Verlauf des Jahres weiterhin genau verfolgen, sofern sie aktuell keinen Widerspruch einlegen. Besser sollte es allerdings sein, Unterbezahlt zu folgen und umgehend Widerspruch einzulegen. Denn es wird zwar erfreulich sein, das Bayern nun bis spätestens Ende des Jahres Neuberechnungen vornehmen wird - jedoch wird es dazu eine gänzlich neue Besoldungssystematik mit neugefassten Ortszuschlägen (Bayern hat diese im Gegensatz zu den anderen Ländern bereits eingeführt; sie sind allerdings nicht im Ansatz mit dem zu vergleichen, was nun - auch rein technisch - auf das Land zukommt) erstellen müssen. Ob es das tatsächlich in nur noch rund vier Monaten bis Jahresende verfassungskonform bewerkstelligen wird, dürfte - denke ich - eher zweifelhaft sein. Da die angestrebte Neufassung so oder so eine Art Prototyp sein wird (wenn sie denn dann kommt), sollte so oder so auch in Bayern gegen die Besoldung des aktuellen Jahres Widerspruch eingelegt werden.
Und zur aktuellen Bayerischen Unteralimentation habe ich bereits weiter oben geschrieben. Auch dort wie in allen anderen Ländern und dem Bund sollten heute sämtliche A-, B- und R-Besoldungen verfassungswidrig sein - und falls das weiterhin irgendwer nicht glaubt, sollte er sich die Frage stellen, wieso der deutsche Bestbesolder Bayern nun Konsequenzen aus dem aktuellen Beschluss ankündigt.

Und zu dem, was WasDennNun schreibt (der Du nicht naiv bist, wie jeder aus Deinen vielen weiterführenden Beiträgen hier im Forum weiß), schreibe ich noch einmal gesondert, wenn ich wieder zu Hause bin. Die Richtung dessen ergibt sich bereits zum Teil aus dem, was ich in diesem Beitrag zum zweiten Spiegelstrich geschrieben habe.

Neuer12

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D.h. du meinst, wenn man 2018 in bw keinen Widerspruch eingelegt hatte, muss man es jetzt auch nicht mehr?

SwenTanortsch

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D.h. du meinst, wenn man 2018 in bw keinen Widerspruch eingelegt hatte, muss man es jetzt auch nicht mehr?

Doch, auf jeden Fall - ein Widerspruch sichert aber immer nur die Ansprüche für das aktuelle Kalenderjahr. Jeder, der bislang keinen Widerspruch einlegt hat und das bis zum 30.12. des Jahres (Poststempel) tut, hält seine Ansprüche für das aktuelle Jahr aufrecht. Da ein Widerspruch grundsätzlich "zeitnah" erfolgen muss, ist aber ein rückwirkender Widerspruch für beispielsweise 2018 allerdings nicht möglich