Autor Thema: Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026  (Read 3616 times)

Finanzer

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #15 am: 25.11.2025 13:40 »
Wie wurde mit unterjährigen Tabellenänderungen umgegangen?
Ich nutze dann mal ganz frech das Muster und fülle es mit Leben für uns Hessen.

squatty

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #16 am: 25.11.2025 13:54 »
Entschuldigt, wenn die Frage naiv klingt, aber wie wurden die Werte für A15/E15 ermittelt?
Müsste das nicht jeweils die unterste Alters-/Erfahrungsstufe verheiratet+2 Kinder sein?
Brutto oder Netto?
Ich komme mit den Rechnern hier auf andere Werte....

Gruenhorn

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #17 am: 25.11.2025 14:30 »
Die Aussage bezog sich auf die verschiedenen Äquivalenz Einkommen der verschiedenen Rechtskreise. Es geht im Endeffekt darum, einen Vergleichsrechtskreis zu finden, wo möglichst viele Parameter gerissen werden. Thüringen hat eine sehr starke nominallohnentwicklung mitgemacht. Der Tariflohnindex ist eigentlich in Deutschland überall gleich. Deswegen frage ich wegen der Tarifgebiete. Diese spalten den Tariflohnindex dann ja auf, wenn das zu berücksichtigen wäre. Hier würde dann eine deutlich Steigerung von 1996 bis heute im Tariflohnindex zu beobachten sein. Damit wären dann zwei Parameter wahrscheinlich gerissen (Nominallohnindex habe ich vor mir liegen, Tariflohnindex, weiß ich nicht , ob das nur Wunschvorstellung ist, fals die Tarifgebiete berücksichtigt werden).

Gruenhorn

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #18 am: 25.11.2025 15:28 »
Lass mich die Logik des BVerfG an einem Beispiel erläutern:

- Die A15-Besoldung ist zwischen 1996 und 2024 von 55.604 € auf 94.156 € gestiegen, also um 69,33%. Entsprechend hatte der Besoldungsindex im Jahr 2024 einen Wert von 169,33.
- Das E15-Gehalt ist zwischen 1996 und 2024 von 55.149 € auf 97.627 € gestiegen, also um 77,03%. Entsprechend hatte der Tariflohnindex im Jahr 2024 einen Wert von 177,03.

Jetzt werden die beiden Werte verglichen: Der Besoldungsindex (169,33) lag 2024 genau 4,35% unter dem Tariflohnindex (177,03), also hat der Parameter 1 NICHT angeschlagen (weil die relative Differenz weniger als 5% betrug).



P.S. Das aus meiner Sicht durchaus Sympathische an der Regel ist, dass sämtliche Werte aus den Jahren zwischen 1996 und 2024 für die Berechnung der beiden Indexwerte völlig irrelevant sind.

Im Umkehrschluss heißt es aber auch, dass die Startwerte aus 1996 ausgesprochen relevant für SÄMTLICHE Indexwerte in ALLEN anderen Jahren sind. Entsprechend sollte man bei einer ernsthafteren Analyse vermutlich noch mal einen etwas genaueren Blick auf die 1996er Zahlen werfen..
Dein direkter Vergleich der Indies ist nach meinem Dafürhalten nicht richtig. Das BVerfG gibt in RN 85 eine Formel vor. Die Abweichung wird danach als Normierung auf den Tariflohnindex Index bestimmt. Das selbe gilt auch für die anderen Vergleiche.

Ich habe meine Daten, mit denen ich aber immer noch nicht fertig und zufrieden bin mal mit angehangen. Es sind einige Tabellen Blätter. Wie gesagt, ich denke ein Schlüssel sind noch die Tarifgebiete im Vergleich. Ich blicke leider nicht durch. Auch bei dem Besoldungsindex habe ich inkonsitente Daten aus zwei verschiedenen Berechnungen (einmal durch Verkettung der damals noch bundeseinheitlichen Daten des BVerfG und einmal mit direktem Bezug auf Daten von 1996)



Ryan

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #19 am: 25.11.2025 15:35 »

Im Umkehrschluss heißt es aber auch, dass die Startwerte aus 1996 ausgesprochen relevant für SÄMTLICHE Indexwerte in ALLEN anderen Jahren sind. Entsprechend sollte man bei einer ernsthafteren Analyse vermutlich noch mal einen etwas genaueren Blick auf die 1996er Zahlen werfen..


Das Basisjahr hat in der Tat eine herausragende Bedeutung. Es ist das Referenzniveau für alle folgenden Jahre. Daher müsste eigentlich davon ausgegangen werden, dass die Grundgehaltssätze und die Verhältnisse im Basisjahr in Ordnung – also amtsangemessen – waren. Alles andere macht keinen Sinn.

Ich frage mich, warum das BVerfG dazu nicht explizit Stellung nimmt. In der Begründung (Rn. 80) wird nur auf zeitliche (Sonder-)Effekte eingegangen, nicht jedoch auf das Niveau.

Betrachtet man die damalige Besoldung auf Grundlage der neu entwickelten Maßstäbe, so stellt man fest: Die Situation war damals mehr oder weniger genau so wie heute. Der alleinverdienende Beamte des e.D. mit Ehepartner und zwei Kindern dümpelte irgendwo bei 60% des 2,3fachen des MÄE rum. (so jedenfalls meine groben Berechnungen).

Vor diesem Hintergrund denke ich, dass das Potenzial für Grundgehaltserhöhungen beschränkt ist, und zwar mehr oder weniger auf das Aufholen zu den Indices. Das ergibt sich auch daraus, dass (etwaige) deutliche Erhöhungen des Grundgehalts (also über die Entwicklung der Indices hinaus), nicht von Dauer sein müssten. Denn letztlich zählt nur der Vergleich zum Basisjahr. Die Konsequenz dessen wäre ein größerer Spielraum für Familienzuschläge, als viele das bisher dachten.

BVerfGBeliever

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #20 am: 25.11.2025 16:17 »
Sorry, ich bin wie gesagt eigentlich im Urlaub, aber ich versuche trotzdem kurz zu antworten.

@squatty, kurz gesagt: Single-Beamter, höchste Erfahrungsstufe, brutto. Ausführlicher: siehe Rn. 78.

@Gruenhorn, ich habe genauso gerechnet wie das BVerfG. Auch dort werden direkt die Indizes verglichen. Konkretes Beispiel A15 in Berlin im Jahr 2020: Der Besoldungsindex A15 hatte den Wert 144,35 (Rn. 124) und der Tariflohnindex E15 den Wert 150,82 (Rn. 128). Der Besoldungsindex lag also exakt 4,28988% unter dem Tariflohnindex (1 - 144,35/150,82). Und genau dieser Wert (4,29%) steht auch in Rn. 132.

Zu deiner Frage nach den Tarifgebieten: Ich fürchte, da sind wir Bundesbeamte auf den TVöD Bund beschränkt, siehe Rn. 82 im Urteil. Für den Besoldungsindex habe ich die Daten hier von der Seite genommen. Ist aber natürlich recht mühsam, wenn man so eine umfangreiche Analyse in Angriff nimmt wie du.. :)

@Finanzer, sehr gerne (kannst du "frech" das Muster füllen)! Für eine Spitzausrechnung war ich zu faul, dürfte aber (zumindest bei uns im Bund) keinen großen Unterschied machen. Für den Startwert 1996 hätte ich unterjährige Änderungen hingegen berücksichtigt (aufgrund der genannten immensen Bedeutung für alle Werte), aber in dem Jahr gab es weder bei der Besoldung noch beim Tariflohn eine Änderung (die damaligen Tabellen liefen von Mai 1995 bis Dezember 1996 bzw. Februar 1997). Vielleicht war das ja auch der schlichte Grund für die Wahl als Startjahr? Kleiner Scherz..

Ansonsten müsstest du für Hessen wohl die spezifischen Werte für den Verbraucherpreisindex und Nominallohnindex raussuchen. Bei letzterem habe ich erst die aktuellen Daten genommen (mit Basis 2022), die aber nur bis 2007 zurückgehen. Also habe ich eine ältere Version genommen (Basis 2010, glaube ich) und dann die Werte entsprechend verknüpft.

@Ryan, du wirfst einen sehr interessanten Punkt auf. Dazu antworte ich noch.

Gruenhorn

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #21 am: 25.11.2025 16:34 »
@Finanzer: In der angehängten Datei sind die Verbraucherpreise für alle Bundesländer bis 1996 enthalten ("Lange Reihe"). Genauso, die Nominallohnentwicklung.

Was noch fehlt, sind valide Daten zu PKV Kosten. Die habe ich letzte Woche beim .pkv Verband angefragt, aber keine Reaktion von denen.

@BVGBeliever: Der TVöD sah aber trotzdem bis (keine Ahnung wann) eine Reduzierung des Westgehalts(% und Sonderzahlung ) vor. Dies wurde denke ich erst in den nuller Jahren abgeschafft ( im TV-L war ich selbst davon betroffen. Dort gab es bis ca 2010 eine Reduktion für Sachsen Anhalt von ca 9% und nochmal soviel für Tarifgebiet ost).
In meinen Daten habe ich für das Basis Jahr die Endstufe eines ledigen Angestellten verwendet. Ist das korrekt oder sollte hier ein anderer Ortszuschlag herangezogen werden?  RN 70, 71 sowie 83 verstehe ich hier nicht ganz. Es stehtin 70 , dass die 4 k Familie die Bezugsgröße ist. In den anderen Nummern wird dann wiederum nur auf die Bestandteile abgehoben, die alle unterschiedslos gewährt werden.  Kann jemand hier fundiert erleuchten ?


Finanzer

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« Antwort #22 am: 25.11.2025 16:35 »
@BVerfGBeliever: Danke für die Ausführungen.  Werde mich dann mal dransetzen.
Und jetzt Finger weg vom Handy und Urlaub genießen,  das ist eine dienstliche Anweisung  :)

@Gruenhorn: Danke!

MoinMoin

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« Antwort #23 am: 25.11.2025 16:54 »

Im Umkehrschluss heißt es aber auch, dass die Startwerte aus 1996 ausgesprochen relevant für SÄMTLICHE Indexwerte in ALLEN anderen Jahren sind. Entsprechend sollte man bei einer ernsthafteren Analyse vermutlich noch mal einen etwas genaueren Blick auf die 1996er Zahlen werfen..


Das Basisjahr hat in der Tat eine herausragende Bedeutung. Es ist das Referenzniveau für alle folgenden Jahre. Daher müsste eigentlich davon ausgegangen werden, dass die Grundgehaltssätze und die Verhältnisse im Basisjahr in Ordnung – also amtsangemessen – waren. Alles andere macht keinen Sinn.
Ja, dass habe ich mich auch schon gefragt. Im Kern wird vom BVerfG ja damit postuliert, das im Verhältnis zu den Tarifbeschäftigten (weil direkter Vergleich Ax zu Ex, was ich bisher dachte wäre humbug, aber naja) die Amtsangemessenheit der Grundbesoldung (der jeweiligen höchsten Stufe) stimmte.
Also die Grundbesoldung der Beamten entsprechend der Wertigkeit seines Amtes im Vergleich zu vergleichbaren Tätigkeiten damals noch im Lot war.

Zitat
Ich frage mich, warum das BVerfG dazu nicht explizit Stellung nimmt. In der Begründung (Rn. 80) wird nur auf zeitliche (Sonder-)Effekte eingegangen, nicht jedoch auf das Niveau.

Betrachtet man die damalige Besoldung auf Grundlage der neu entwickelten Maßstäbe, so stellt man fest: Die Situation war damals mehr oder weniger genau so wie heute. Der alleinverdienende Beamte des e.D. mit Ehepartner und zwei Kindern dümpelte irgendwo bei 60% des 2,3fachen des MÄE rum. (so jedenfalls meine groben Berechnungen).

UI, wo hast du die MÄE Daten aus 1996 her?

Zitat
Vor diesem Hintergrund denke ich, dass das Potenzial für Grundgehaltserhöhungen beschränkt ist, und zwar mehr oder weniger auf das Aufholen zu den Indices. Das ergibt sich auch daraus, dass (etwaige) deutliche Erhöhungen des Grundgehalts (also über die Entwicklung der Indices hinaus), nicht von Dauer sein müssten. Denn letztlich zählt nur der Vergleich zum Basisjahr. Die Konsequenz dessen wäre ein größerer Spielraum für Familienzuschläge, als viele das bisher dachten.
Im Kern könnte man daraus sogar abstrakt ableiten, wo die Grundbesoldung der Besoldungsgruppen in Bezug des MÄE sich mindestens befinden muss, damit es amtsangemessen ist.
So befand sich z.B. ein Single EG4er Endstufe 2024 bei 100% des Bayrischen MÄEs, dementsprechend darf die Grundbesoldung ja nicht dahinter Fallen.

Gruenhorn

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« Antwort #24 am: 25.11.2025 16:59 »


@Gruenhorn, ich habe genauso gerechnet wie das BVerfG. Auch dort werden direkt die Indizes verglichen. Konkretes Beispiel A15 in Berlin im Jahr 2020: Der Besoldungsindex A15 hatte den Wert 144,35 (Rn. 124) und der Tariflohnindex E15 den Wert 150,82 (Rn. 128). Der Besoldungsindex lag also exakt 4,28988% unter dem Tariflohnindex (1 - 144,35/150,82). Und genau dieser Wert (4,29%) steht auch in Rn. 132.


Hier muss ich zustimmen und widersprechen. Deine Beobachtung ist richtig und liegt daran, dass der Unterschied zwischen den Zahlen in diesem Fall nicht besonders groß ist. Die Berechnungsvorschrift des BVerfG liefert folgendes Ergebnis, dass sich nicht groß von deinem unterscheidet: (150,82-144,35)/150,82*100=4,28988...
Versuche das aber mal bei etwas größeren Differenzen: (150-120)/150*100=20 die direkte Subtraktion der Indices liefert hingegen 30.

BVerfGBeliever

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« Antwort #25 am: 25.11.2025 17:00 »
@Ryan, ich habe dir gerade (im übertragenen Sinne) im Hauptthread versucht, zu antworten (wie gesagt, eventuell sind meine Gedanken aufgrund des urlaubsbedingt heruntergefahrenen Hirns auch Blödsinn).

@Finanzer, jawoll, wird ab jetzt gemacht! 8)

Ryan

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MoinMoin

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« Antwort #27 am: 25.11.2025 21:00 »

UI, wo hast du die MÄE Daten aus 1996 her?


https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenzeinkommen

;)
Danke!

Einerseits Autsch, betriebsblind.
Aber doof, dass die Wiki Quelle nicht mehr existiert.

Und andererseits verwirrend, da sich diese Zahlen nicht mit denen die das BVerfG nimmt decken.
Die verweisen ja aufs Statistikportal der Statistischen Ämter des Bundes und da ist für Deutschland 2005 12*1226=14713€ (A7.1 Median Bundesländer) angeben und im Wikipedia 15617€

Schöner Scheiß.
Vielleicht kann da ein echter Profi helfen.

Hobbyjurist

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #28 am: 26.11.2025 16:06 »


@Gruenhorn, ich habe genauso gerechnet wie das BVerfG. Auch dort werden direkt die Indizes verglichen. Konkretes Beispiel A15 in Berlin im Jahr 2020: Der Besoldungsindex A15 hatte den Wert 144,35 (Rn. 124) und der Tariflohnindex E15 den Wert 150,82 (Rn. 128). Der Besoldungsindex lag also exakt 4,28988% unter dem Tariflohnindex (1 - 144,35/150,82). Und genau dieser Wert (4,29%) steht auch in Rn. 132.


Hier muss ich zustimmen und widersprechen. Deine Beobachtung ist richtig und liegt daran, dass der Unterschied zwischen den Zahlen in diesem Fall nicht besonders groß ist. Die Berechnungsvorschrift des BVerfG liefert folgendes Ergebnis, dass sich nicht groß von deinem unterscheidet: (150,82-144,35)/150,82*100=4,28988...
Versuche das aber mal bei etwas größeren Differenzen: (150-120)/150*100=20 die direkte Subtraktion der Indices liefert hingegen 30.

Dein letzter Satz liefert doch ein treffliches Beispiel, warum ich die Berechnungen des BVerfG für mathematischen Nonsens halte. Das BVerfG definiert in Rn. 86 die Abweichung zwischen Tariflohnindex T und Besoldungsindex B in Prozent als

Abweichung = (T – B) / T * 100,

also wäre für T = 150 und B = 120 die Abweichung gleich 20 %. Das sehe ich ausdrücklich nicht so. Der Tarif hat sich im Zeitraum um 50 % erhöht, die Besoldung dagegen nur um 20 %. Damit liegt die Besoldungserhöhung schon absolut um 30 Prozentpunkte hinter der Tariferhöhung, relativ gesehen werden nur 40 % der Tariferhöhung erzielt, mithin liegt die Besoldungserhöhung um ganze 60 % hinter der Tariferhöhung zurück. Das ist für mich die korrekt berechnete Abweichung, nicht 20 %. Um meine Gedanken argumentativ zu untermauern, forme ich mal die Berechnungsvorschrift um:

(T – B) / T * 100 soll kleiner als 5 sein
(T – B) / T * 100 < 5
T – B < 0,05 T
B – T > -0,05 T
B > 0,95 T

Der Tariflohnindex T setzt sich aus dem Istzustand 100 und einer Erhöhung dT in Prozent zusammen, analog ist B = 100 + dB. Also:

100 + dB > 0,95 * (100 + dT)
dB > 0,95 dT – 5

Das heißt: Die Tariferhöhung in Prozent muss für die Besoldung nur zu 95 % übernommen werden, zusätzlich darf die Besoldungserhöhung sogar noch um weitere 5 Prozentpunkte (!) niedriger ausfallen, also z.B. eine 10%-ige Tariferhöhung resultiert laut BVerfG nicht mindestens in einer 9,5%-igen Besoldungserhöhung, sondern 4,5 % wären auch ausreichend usw. Wenn seit 1996 der Tariflohn konstant geblieben wäre, hätte man die Besoldung sogar um 5 % kürzen dürfen. Und wenn seit 1996 die Tariflöhne um 10 % gesunken wären, hätte man die Besoldung sogar um ganze 14,5 % kürzen können.

Die Berechnung in in Rn. 86 könnte wie folgt geheilt werden:

a) Für T > 100 berechne die Abweichung = (T – B) / (T – 100) * 100 und fordere Abweichung < 5. Dies sorgt dafür, dass die Tariferhöhungen zu mindestens 95 % auf die Besoldung übertragen werden.
b) Für T <= 100 fordere B >= T. Dies sorgt dafür, dass die Besoldung nicht überproportional höher als die Tariflöhne gekürzt werden kann.

Der Fehler liegt meines Erachtens darin, dass das Gericht zwar von einer Besoldungsentwicklung und Entwicklung des Tariflohnindex schreibt, tatsächlich aber nicht die Entwicklungen (prozentuale Erhöhungen), sondern ganze Indizes (Grundzustand 100 zuzüglich prozentuale Entwicklung) miteinander vergleicht.

Besonders abstrus ist, dass das BverG laut Rn. 90 „Diese Schwelle ist nicht erst dann überschritten, wenn die Abstände ganz oder im Wesentlichen eingeebnet werden, sondern schon dann, wenn die Abstände um mindestens 10 % in den zurückliegenden fünf Jahren abgeschmolzen wurden (vgl. BVerfGE 139, 64 <118 Rn. 112>; 140, 240 <286 Rn. 92>; 155, 1 <23 Rn. 45>). Die Berechnung der Besoldungshöhe erfolgt wie bei der Erstellung des Besoldungsindex. Somit ist nicht allein die Höhe der Grundgehaltssätze maßgeblich.“ auch für das besoldungsinterne Abstandsgebot das gleiche Rechenschema verwendet, jedenfalls verstehe ich den fett hervorgehobenen Satz so. Dazu kommt noch die sprachliche Unschärfe. Man weiß weder, ob das Gericht relative Abstände in Prozent (einzig sinnvoll) oder absolute Abstände in € meint, noch ist klar, ob nur zwei benachbarte Besoldungsgruppen wie A16 und A15 oder auch zwei beliebige Besoldungsgruppen wie A16 und A9 miteinander ins Verhältnis gesetzt werden dürfen.

Nehmen wir mal ein fiktives Beispiel: Im Jahre x betrage die Besoldung für A1 2.500 € und für A2 2.700 €. Im Jahr x+5 habe die um 10 % auf 2.750 € angehobene Besoldung von A1 sogar die gleich gebliebene Besoldung von A2 überschritten. So wie ich das Gericht verstanden habe, wird wie folgt gerechnet.

Jahr x:
A1-Besoldung 2.500 € entspricht A1-Index von 100,00
A2-Besoldung 2.700 € entspricht A2-Index von 100,00

Jahr x+5:
A1-Besoldung 2.750 € entspricht A1-Index von 110,00
A2-Besoldung 2.700 € entspricht A2-Index von 100,00
Abweichung(A2, A1) = (A1-Index – A2-Index) / A1-Index * 100 = (110,00 – 100,00) / 110,00 * 100 = 9,10

Die 10%-Grenze wird also nicht gerissen, folglich ist das Abstandsgebot zwischen A1 und A2 eingehalten. Das darf nie und nimmer so sein! Die A2-Besoldung ist doch jetzt um 50 € / 2700 € = 1,85 % niedriger als die A1-Besoldung. Damit ist der Vorsprung von 10 % auf -1,85 % gesunken und damit um (10 % – (-1,85 %)) / 10 % = 118,52 % abgeschmolzen worden.

Ich rechne wie folgt: Im Jahr x war die A2-Besoldung um 8 % höher als die A1-Besoldung. Folglich darf der Vorsprung nicht um mindestens 10 % auf 7,2 % oder noch weniger absinken. Das heißt, wenn im Jahr x+5 die A1-Besoldung 2.750 € beträgt, muss die A2-Besoldung 2.750 € * 1,072 = 2.948 € überschreiten.

Anders als beim Tariflohn- und Besoldungsindex, wo 100 % Tarif zwar nicht exakt gleich 100 % Besoldung sind, aber vom Niveau her entsprechen, kann man die Systematik mit auf 100 normierten Indizes nicht auf den besoldungsinternen Vergleich anwenden. 100 % A1 entsprechen nicht 100 % A2, das sind unterschiedliche Niveaus. Was man stattdessen machen kann, ist, die relativen Abstände zu indizieren. Der Abstand von A1 zu A2 im Jahre x ist (A2 – A1) / A1  = A2/A1 – 1 = 8 %. Dieser Abstand A2/A1 – 1 wird indiziert, der Abstand 8 % entspricht dem Index 100,00. Dieser darf innerhalb von 5 Jahren nicht auf den Index 90,00 absinken, welcher einem Abstand von 7,2 % entspricht.

phili

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Antw:Erste Prüfstufe Bundesbeamte 1996 - 2026
« Antwort #29 am: 26.11.2025 23:20 »
@BVerfGBeliever und @Gruenhorn:
Ich habe mir mal erlaubt, eure Tabellen als Grundlage für eine Berechnung für Bayern im Nachbarforum zu nutzen. Hab die erste Tabelle noch ein bisschen angepasst, jetzt sollte Excel die erfüllten Parameter automatisch erfassen und zusammenzählen:

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,127160.15.html