Ich gebe Dir in allem, was Du schreibst, Recht, Bundi - und genau deshalb, wegen insbesondere der Gründe, die Du nennst, argumentiere ich hier seit längerer Zeit gegen diese Sicht auf die Dinge hinsichtlich der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Alimentationsprinzip, und zwar nicht, um damit die Enttäuschung, den Frust und die Empörung gegen den Zustand, in dem sich die Besoldungsgesetzgebung befindet, zu verkleinern, da diese sachlich nicht verkleinert werden können, sondern um zu zeigen, wo die Verantwortung liegt und was den Gerichten und insbesondere dem Zweiten Senat in der Vergangenheit möglich war, gegenwärtig möglich ist und ggf. zukünftig möglich sein wird.
Wer fantastische Vorstellung über den Rahmen der konkreten Normenkontrolle, wie sie in in der Bundesrepublik möglich ist, hat, wird wiederkehrend enttäuscht werden müssen, da seine Erwartungen nicht erfüllt werden und eben auch nicht erfüllt werden können. Denn zunächst einmal bleibt hier sachlich zur Kenntnis zu nehmen, dass das Bundesverfassungsgericht die konkrete Normenkontrolle nur in dem engen Rahmen vollziehen kann, den das Verfassungsrecht ihm lässt. Das ist für uns Betroffene wiederkehrend frustrierend und enttäuschend - aber es ist keine Verfehlung des Zweiten Senats, sondern unser Verfassungsrecht ist so angelegt, dass bislang eine Beschleunigung der Rechtsprechung zum Alimentationsprinzip kaum wirklich möglich gewesen ist - und dass mit hoher Wahrscheinlichkeit nach den angekündigten Entscheidungen eine Beschleunigung der Rechtsprechung möglich sein wird.
Denn auch der Zweite Senat bleibt sowohl allgemein als auch speziell hinsichtlich seiner Besoldungsrechtsprechung an die engen Grenzen gebunden, in der in der Bundesrepublik Deutschland eine konkrete Normenkontrolle möglich ist. Wer das nicht erkennt, weil er deren enge Grenzen nicht kennt,
muss praktisch zwangsläufig enttäuscht werden, weil er hinsichtlich der faktischen Möglichkeiten beider Senate von falschen Voraussetzungen ausgeht - und damit bleibt so betrachtet die immergleiche Frage nach der Quelle der Enttäuschung: Sie ist die offensichtlich wiederkehrend verfassungswidrig ausgestaltete Regelung des Besoldungsrechts, womit die immer wiederkehrende Antwort nach der Verantwortung zu geben ist: Die 17 Besoldungsgesetzgeber wissen, dass sie hier wiederkehrend offensichtlich gezielt verfassungswidrig handeln, da sich das an der neuen Dogmatik zum Besoldungsrecht wiederkehrend zeigen lässt und den Gesetzgebungsverfahren der letzten drei Jahre regelmäßig gezeigt worden ist.
Mit ihrer gezielten Missachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung tragen ausnahmslos sie die Verantwortung für den fortgesetzten Zustand einer nicht verfassungskonformen Besoldungsgesetzgebung, und zwar nur umso mehr, da sie in ihren maßgeblichen Verantwortungsträger um die Komplexität und engen Grenzen der konkreten Normenkontrolle in der Bundesrepublik wissen. Nur sie sehen sich darüber hinaus letztlich in der Lage, wieder in den Rahmen der Verfassung zurückzukehren - und da sie das bislang weiterhin nicht tun, findet der Zweite Senat eine Situation vor, für die das bundesdeutsche Verfassungsrecht in seiner fast 75-jährigen Geschichte offensichtlich in dieser Massivität bislang kein anderes Beispiel liefert. Und wer also glaubt, das könne der Zweite Senat problemlos ins Gegenteil umkehren, indem er eine entsprechende Entscheidung fällte, der geht von falschen Voraussetzungen über die Möglichkeiten und engen Grenzen der Verfassungsrechtsprechung in der Bundesrepublik aus.
Um es mit der nächsten Frage zu verbinden:
Folgende Zahl an Richtervorlagen zum Besoldungsrecht sind seit 2016 in Karlsruhe eingegangen und seitdem anhängig (vgl. meinen Beitrag vom 17.01.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg336608.html#msg336608):
2016: 5
2017: 11
2018: 12
2019: 6
2020: 5
2021: 4
2022: 4
2023: 5
Über wie viele konkrete Normenkontollverfahren entscheiden der Erste und Zweite Senat eigentlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten - also im Rahmen der ihm zur Verfügung gestellten nicht zuletzt personellen Kapazitäten - eigentlich im Durchschnitt pro Jahr?