@ WasDennNun
Genau darauf, was Du nun als Zahlen dokumentierst, basiert seit eindreiviertel Jahren Deine Vorstellung: Erstens verfügst Du überhaupt nicht über die entsprechenden Zahlen, um Deine Behauptung zu beweisen, weshalb Du wahllos Daten für gegeben annimmst, die Dir hinsichtlich der Bemessung der Grundsicherungsniveaus nicht vorliegen und offensichtlich nie vorgelegen haben. Deine Ansicht beruht von daher auf Vermutungen. Zweitens gibt es im Prüfverfahren keine Direktiven, welche Kriterien in einem Prüfungsverfahren wie anzuwenden wären, um entsprechende Vergleiche realitätsgerecht anstellen zu können. Drittens ist das, was Du bei Juristen in Deiner Umgebung als "unwille Neuzudenken und Fundamenten abzureissen, damit ein stabiles Haus gebaut werden kann", wahrnimmst, hier nicht der Fall.
Denn dahingegen muss ein Rechtssystem von seinem Anspruch her zunächst einmal auf Widerspruchsfreiheit der Rechtsnormen gebaut sein; darauf hat das Individuum in einem Rechtsstaat ein Anrecht, da ansonsten jedes staatliche Handeln je nach dessen Interesse zu "Recht" gemacht werden könnte. Um also das Individuum vor der Staatsgewalt zu schützen, gibt es von daher eine Verfassung, auf dessen Basis erst Rechtsnormen geschaffen werden dürfen, die staatliche Organe zum Handeln ermächtigen. Dabei befindet sich der Beamte verfassungsrechtlich in einem besonderen Gewaltverhältnis, da ihm zentrale seiner Grundrechte vorenthalten werden, woraus verfassungsrechtlich unter anderem folgt, dass er in seinem Rechtsstatus nicht so einfach zu betrachten ist, wie Du Dir das offensichtlich wünscht - das nur umso mehr, als dass er verfassungsrechtlich betrachtet erst die Organe bildet, die die staatliche Gewalt gegenüber den Rechtssubjekten organisiert und durchsetzt. Der Beamte ist also in seiner Zwitterposition als Rechtssubjekt, das nur über eingeschränkte Grundrechte verfügen kann, und als Teil der staatlichen Gewalt, die die staatliche Ordnung organisiert und darin aufrechterhält, indem sie von ihm durchgesetzt wird, besonders zu betrachten - sowohl zu seinem eigenen Schutz als Rechtssubjekt und zum Schutze aller anderen Rechtssubjekte vor ihm als potenzieller Teilhaber an und Anwender von staatlicher Gewalt.
Es liegt auf der Hand - denke ich -, dass von daher das Beamtenrecht als solches eine besondere Komplexität entfalten muss. Wenn Du also meinst, im dargestellten normativen Spannungsverhältnis mal eben ein völlig neues und vom Anspruch her widerspruchsfreies "Besoldungsrecht" entwickeln zu können, das darüber hinaus Dein Gerechtigkeitsempfinden widerspiegelt, dann ist das - anders ist das leider nicht zu bezeichnen - weltfremd. Das nur umso mehr, als dass Deine Forderungen - wären es politische Forderungen, also Forderungen von Menschen mit politischer Macht - in ihrer wiederkehrenden gänzlichen Allgemeingehaltenheit letztlich nichts anderes sind als populistische Einwürfe, die sich also schön anhören, aber ansonsten keinerlei konkrete Argumente beinhalten, die klares Handeln orientieren könnten: "Einfach mal die Kern-Probleme erfassen und nach einer Lösung suchen", hört sich gut an, müsste jetzt aber innerhalb einer komplexen Rechtswirklichkeit so konkretisiert werden, dass daraus politisches Handeln entspringen würde, das sich in die geschilderte und also gegebene komplexe rechtsnormative Wirklichkeit einpassen ließe.
Die Forderung ist insofern leicht zu tätigen - die Realisation ist es nicht und kann es nicht sein, da sich die soziale Wirklichkeit moderner Gesellschaften - bislang zumindest - in einer immer weiter zunehmenden sozialen Differenzierung widerspiegelt, die als solche in einem Rechtsstaat normativ abgesichert werden muss, was so betrachtet zwangsläufig zu einer immer umfassenderen und darin also komplexer werdenden "Verrechtlichung" des gesellschaftlichen Handelns führen muss, um die Freiheitsrechte der einzelnen Subjekte weiterhin gegeneinander abgrenzen und sie als solche so überhaupt erst beachten zu können. Wer also "Vereinfachung" von Recht fordert (und diese Forderung dürfte den meisten von uns sympathisch sein), übersieht darin zumeist, dass dafür zunächst die gesellschaftliche Wirklichkeit geschaffen werden müsste - nämlich die Verringerung sozialer Differenzierung, was am Ende mit weniger Freiheitsrechten einherginge, die dahingegen als Folge der "Verrechtlichung" der sozialen Wirklichkeit in den letzten 70 Jahren immer weiter zugenommen haben. Mit dem BGB des Jahres 1950 wäre unsere heutige Gesellschaft nicht mehr als die organisierbar, die sie heute ist - und für das Besoldungsrecht gilt das als Teil der bundesdeutschen Rechtssystematik nicht minder. Von daher sei Dir Dein wiederkehrendes "Rummosern", das mir im Einzelfall ja durchaus sympathisch ist, gegönnt - aber es basiert zumeist auf Unkenntnis der Bedeutung von Rechtsnormen für unsere gesellschaftliche Wirklichkeit im Allgemeinen und der daraus resultierenden Komplexität des Besoldungsrechts im Besonderen.
So verstanden ist diese Komplexität zunächst erst einmal anzuerkennen, da sie nicht von alleine verschwinden wird, um also zunächst zu verstehen, "was der Fall ist", und sie also als solche zu durchdringen, weil alles andere Sprechen im luftleeren Raum bleibt, folglich auch anders sein könnte. "Was der Fall ist, die Tatsache, ist das Bestehen von Sachverhalten." Die Sachverhalte sind also erst einmal zu identifizieren, zu durchdringen und zu verstehen, um die Tatsache als solche erkennen und dann benennen zu können - und da es sich um rechtliche Sacherhalte handelt, muss man sie mit den zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln betrachten. "Dass die Wahrheit eines Satzes aus der Wahrheit anderer Sätze folgt, ersehen wir aus der Struktur der Sätze."