Zurzeit erstelle ich eine eher allgemeinere Betrachtung, Tom, in der ich mich u.a. auch mit Bayern beschäftige. Ich schätze, sofern Du eine solche Forderung stellen würdest, würde sie zunächst mit dem Verweis, an die Gesetzeslage gebunden zu sein, zurückgewiesen werden. Das weitere Vorgehen würde ich nur dann in Angriff nehmen, wenn Du Dir den Kredit und seine Zinsen tatsächlich auch leisten kannst - denn mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Gerichte - denke ich - eine entsprechende Klage zurückweisen, ggf. mit Verweis auf Deinen Widerspruch und daraus folgenden Nachzahlungen.
In verschiedenen anhängigen Normenkontrollverfahren haben die Kläge die lange Verfahrensdauer und die Entwertung von Ansprüchen durch die Inflation hervorgehoben - es wird sich zeigen, wie der Senat damit umgehen wird. In Anbetracht insbesondere der Inflation der letzten Jahre wird er sich zur Problematik stellen müssen, denke ich, sobald er über ein entsprechendes Verfahren zu entscheiden hat, in dem er oder genauer: der jeweilige Dienstherr sich mit ihr konfrontiert sieht. Nehmen wir als Beispiel nur das anhängige Normenkontrollverfahren 2 BvL 13/18, in dem es nur um das Jahr 2007 eines nach A 7 besoldeten Beamten in Schleswig-Holstein geht. Betrachten wir nun die sich seitdem vollzogene Verbraucherpreisentwicklung (der Einfachheit halber die bundesdeutsche Entwicklung), dann liegt hier ein Wertverlust von deutlich über 30 % vor (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2550/umfrage/entwicklung-des-verbraucherpreisindex/), ohne dass den Kläger hierfür eine Verantwortung trifft.
Allein die Ansprüche seit 2020 haben seitdem rund ein Sechstel ihres Werts verloren. Entsprechend muss sich zeigen, wie Karlsruhe diese Fakten betrachten wird, denke ich.
Mit dem Wertverlust befasse ich mich auch schon einige Zeit und habe auch schon einiges darüber ausgeführt, u.a. im Sammelthread ein Muster einer Klageerweiterung, die man selbst bei einer Klage verwenden kann, oder seinem Rechtsanwalt zur weiteren Bearbeitung übergeben kann.
Je mehr ich mich mit der Thematik beschäftigt habe, desto mehr verwundert es mich, dass bisher noch kein Gericht positiv zugunsten eines Beamten entschieden hat, obwohl m.E. eindeutig das Grundrecht des Eigentums Art. 14 GG verletzt wird. Art. 33 Abs. 5 GG gibt dem Beamten ein grundrechtsähnliches Individualrecht, welches genau so hoch zu werten ist, wie Art. 14 GG. Durch die lange Verfahrensdauer wird dem Beamten auch bei positivem Verfahrensausgang praktisch über Jahre die Nutzung seines Eigentums verwehrt. Gleichzeitig nutzt der Dienstherr das Eigentum des Beamten über Jahre widerrechtlich. Das BVerfG hat sich wohl bisher noch nicht mit der Materie befasst, aber das BVerwG und der BGH. Der Bundesgerichtshof bzw. das Bundesverwaltungsgericht haben den Ausschluss von Verzugszinsen als rechtmäßig angesehen (BGH 25.6.1953, – III ZR 373/51 – BGHZ 10, 125; BVerwG 8.6.1966 – VIII C 153.63 –, E 24, 186, zu Ziffer 3 DVO zu § 38 DBG). Maßgeblich dafür ist letztlich zum einen die besondere Rechtsstellung des Beamten (Bestehen eines gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses), zum anderen der Umstand, dass gerade bei den häufigen Änderungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts und der laufenden Anpassung der Bezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse Verzögerungen oft unvermeidbar sind und dies nicht zu Lasten des Fiskus gehen soll, den daran in der Regel kein oder nur ein geringes Verschulden trifft.
Auch wenn Bezüge verfassungswidrig vorenthalten worden sind, besteht bei der Nachzahlung kein Anspruch auf Verzugszinsen (vgl. Kathke , in: Schwegmann/Summer Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 99. Update September 2021 § 3 Rn 75 ).
Es wird Zeit, dass dem BVerfG dementsprechende Klagen vorgelegt werden, und wenn dieses sich auch weigert, bleibt noch der Gang vor den EuGH oder den EGMR, Art. 17 EU-Charta und Art. 1 des ersten EMRK-Zusatzprotokolls. Gerade das EGMR hat diesbezüglich mehrere ähnliche, positive Urteile gefasst, bei denen sich Staaten höchstrichterlich geweigert haben ordentliche Verzugszinsen zu leisten. Gerade dies macht die bisherige diesbezügliche Rechtsprechung für mich so unerklärlich, denn das Eigentumsrecht ist nicht irgendein Recht, sondern eines der ursprünglichsten und ältesten Rechte überhaupt, mit dem Ursprung im römischen Recht. Wenn uns auch noch dieses Recht eingeschränkt wird, begeben wir uns wahrscheinlich auf die Stufe der römischen Sklaven, denn denen war das Eigentum auch untersagt.