Eine leider wie gehabt schlüssige Analyse, Bal. Zwar binden die entscheidungstragenden Gründe der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur den unmittelbar von ihnen betroffenen (Besoldungs-)Gesetzgeber, sondern alle Besoldungsgesetzgeber, sodass sie sie bei der Ausgestaltung des sie aus Art. 33 Abs. 5 GG treffenden Regelungsauftrags allesamt verfassungsrechtlich nicht außer Acht lassen können - aber wo kein Kläger, da kein Richter. Diese Haltung führt letztlich zu dem, was Ulrich Battis vor anderthalb Jahren zu seinem Brandbrief im sächsischen Gesetzgebungsverfahren veranlasst haben dürfte:
"Die (Landes-)Besoldungsgesetzgeber führen mit dieser Art der Gesetzgebung letztlich eine
Verfassungskrise herbei, die über den eigentlichen Regelungsbereich hinaus weitreichende
Auswirkungen haben wird. Nicht nur wird damit die Autorität des Bundesverfassungsgerichts
beschädigt, sondern darüber hinaus die Integrität und damit auch die Funktionalität des
Beamtentums insgesamt untergraben. Damit steuert der Besoldungsgesetzgeber im Ergebnis
genau in die entgegengesetzte Richtung der vom Bundesverfassungsgericht mit seiner
Rechtsprechung verfolgten Zielsetzung."
(S. 14 unter
https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf)
Wie die wiederkehrenden Ausführungen diverser politischer Verantwortungsträger zeigen, ist ihnen das Hemd näher als die Hose, worin sich die ewige Wiederkehr des Gleichen offenbart: Die "Sonderopfer" werden dort abverlangt, wo man sie abverlangen kann, wo man sich also bis zum Beweis des Gegenteils ermächtigt sieht, sie abzuverlangen. Machiavelli lässt grüßen: Es gilt, die Macht zu erhalten, um die eigenen Ziele durchsetzen zu können, und Moral ist machthemmend. Genau deshalb stellen die Besoldungsgesetzgeber in ihren Begründungen zunehmend moralische Argumente in den Vordergrund, insbesondere in der Begründung des neuen Leitbilds eines Doppelverdienermodells, nämlich als eine Krücke, um das rechtsstaatverletzende Handeln zu kaschieren und vom amoralischen Kern eigenen Handels abzulenken. Um also nicht vom Recht sprechen zu müssen, spricht man von Moral - und solange die Wählerschaft dem folgt, ist alles "gut", bleibt also die Macht erhalten oder einfacher: Augen zu und durch, und zwar unisono in allen Parteien, worin sich der konzertierte Kern des entsprechenden Handelns zeigt:
"Angesichts der Dreistigkeit dieses offensichtlich inzwischen über Jahre hinweg länderüber-
greifend konzertierten Verfassungsbruchs verbietet sich inzwischen jegliche diplomatische
Zurückhaltung. Vielmehr ist einmal mehr herauszustellen, dass hier mit voller Absicht die
eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, deren Bindungswirkung § 31
BVerfGG sowie zuletzt auch die Verfassung selbst, insbesondere die hergebrachten
Grundsätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG offen missachtet werden. Der
Unterzeichner hat bereits bei früheren Gelegenheiten deutlich gemacht, dass die fortgesetzte
Missachtung der Judikate von Bundesverfassungsgericht und Verwaltungsgerichtsbarkeit
rechtsstaatsgefährdend ist." (ebd. S. 13 f.)