Es würde aber passen, dass jetzt doch nichts kommt und sie nochmal von vorne anfangen.
Würde aber nur Sinn machen, wenn es dann mal besser und nicht immer schlechter wird...
Es wäre nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit erstaunlich (was Du sicherlich nicht anders sehen wirst als ich, Knecht), wenn es im Bund oder auch in den anderen Rechtskreisen ohne weitere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts besser werden würde, wie bspw. gerade die Reaktion des Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV BW) auf die aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung rechtskräftig entschieden:
"Mangels einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die auch nicht nachgeschoben werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2023 - 2 C 18.21 - NVwZ 2023, 1423 Rn. 16), ist die hier streitige Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW über die Kostendämpfungspauschale unwirksam." (Rn. 25
https://www.bverwg.de/210324U5C5.22.0)
In § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW wird die Höhe der Kostendämpfungspauschale für Beamte und Versorungsempfänger nach Besoldungsgruppen gestaffelt geregelt (vgl.
https://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=172172110052747470&sessionID=5741355811180771819&chosenIndex=Dummy_nv_68&templateID=document&source=context&source=context&highlighting=off&xid=144611,17).
Das Bundesverwaltungsgericht kann formell nur über den Einzelfall entscheiden, lässt aber an keiner Stelle seiner Entscheidung erkennen, dass es in irgendeinem anderen Fall anders entscheiden könnte. Denn wie dem Zitat zu entnehmen ist und wie das in der Entscheidung grundlegend begründet wird, ist die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht ausreichend und kann auch nicht mehr nachgeschoben werden, weshalb der § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO als solcher unwirksam ist und sich also in ausnahmslos allen Fällen so darstellt. Ein Interpretationsspielraum lässt die Entscheidung, so wie sie begründet ist, dabei nicht zu.
Diesen Sachverhalt referiert auch das LBV BW korrekt, wenn es am 27. März den sachlichen Gehalt der Entscheidung wie folgt zusammenfasst:
"Mit Urteil vom 21. März 2024 hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Einzelfall entschieden (Az. 5 C 5.22), dass die Regelung zur beihilferechtlichen Kostendämpfungspauschale in Baden-Württemberg (§ 15 Abs. 1 Satz 5 der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg) unwirksam ist. Der Grund: Es gibt keine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung." (
https://lbv.landbw.de/-/entscheidung-des-bundesverwaltungsgerichts-zur-kostend%C3%A4mpfungspauschale)
Jedoch führt es daraufhin dann weiterhin aus:
"Dem Kläger, einem Professor der Besoldungsgruppe W 3, wurde deshalb mit dem Urteil eine höhere Beihilfe zugesprochen. Über diesen Einzelfall hinaus wurde § 15 Abs. 1 Satz 5 der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg vom Bundesverwaltungsgericht
nicht allgemein aufgehoben oder für unwirksam erklärt. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt dem Land noch nicht vor. Sobald sie vorliegt, wird das Ministerium für Finanzen die Urteilsbegründung auswerten und die Auswirkungen über den Einzelfall hinaus für alle beihilfeberechtigten Personen des Landes bewerten. [Absatz] Dabei steht im Vordergrund, wie eine rechtssichere Regelung ausgestaltet werden kann. Es wird also noch etwas Zeit brauchen, bis mögliche Widersprüche bearbeitet werden können. Denn dafür muss die Urteilsbegründung vorliegen."
Die kursiv gesetzte Passage kann zwar für sich betrachtet so gesehen werden; jedoch muss den Juristen oder dem juristischen Beistand des LBV BW im Zuge der Urteilsverkündung klar gewesen sein, dass das Urteil der Exekutive sachlich keinen Ermessensspielraum bietet. Nichtsdestotrotz muss es als legitim betrachtet werden, was das LBV BW im zweiten Absatz hervorhebt, nämlich dass es, nachdem dessen Juristen oder dessen Rechtsbeistand die mündliche Entscheidungsbegründung erfahren haben, zunächst einmal die schriftliche Urteilsbegründung benötigen, um hinreichend sachliche Schlüsse zu ziehen.
Spätestens aber mit Vorliegen der schriftlichen Entscheidung musste dem LBV BW jedoch das klar geworden sein, was ihm auch schon zuvor klar gewesen sein musste, nämlich dass ihm als Resultat der Entscheidung in keinem Fall ein Ermessensspielraum verbleibt. Es gebietet jetzt offensichtlich der Respekt vor der judikativen Gewalt, daraus in angemessener Zeit die notwendigen Schlüsse zu ziehen, und zwar das nur umso mehr im Kontext des im Urteil formulierten grundlegenden Rechtsprechungswandels. Es war also sachlich zu erwarten, dass das LBV BW die Konsequenzen des Urteils spätestens mit Vorliegen der Entscheidungsbegründung öffentlich anerkennt, nämlich dass als Folge der Entscheidung in keinem Fall ein Ermessensspielraum gegeben ist, um nun die betroffenen Beamten darüber in Kenntnis zu setzen und damit ebenso über die geplante positive Bescheidung der Widersprüche zu informieren, die natürlich trotz des Urteils im Einzelfall zu prüfen sind.
Das hat das LBV BW jedoch nicht getan, wenn es am 25. Juni zunächst dieselben Informationen ausführt, die oben bereits zitiert wurden, daraufhin die Urteilsbegründung verlinkt, um dann darzulegen:
"Das Ministerium für Finanzen wertet die schriftliche Urteilsbegründung nun aus und bewertet die Auswirkungen über den Einzelfall hinaus für alle beihilfeberechtigten Personen des Landes. Wir bitten um Verständnis, dass dies wegen der Komplexität einige Zeit in Anspruch nehmen wird." (
https://lbv.landbw.de/-/aktualisierung-entscheidung-des-bundesverwaltungsgerichts-zur-kostend%C3%A4mpfungspauschale)
Da es seitdem im Verlauf der letzten vier Wochen weiterhin keine anderen diesbezüglichen Informationen hat verlautbaren lassen, steht die Anerkennung der zwangsläufigen Konsequenzen, wie sie aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu ziehen sind, weiterhin aus. Damit steht für den einzelnen betroffenen Beamten auch hier die mittlerweile leider übliche Verzögerung im Raum, was nun für ihn konkret aus der Entscheidung herrührt, nämlich zunächst erst einmal das Eingeständnis durch das LBV BW, dass § 15 Abs. 1 Satz 5 BVO BW sich in jedem Fall als unwirksam darstellt.
Ergo ist's auch hier trotz des Urteils seitdem für die Betroffenen nicht besser geworden, nicht zuletzt, weil das LBV BW weiterhin nicht die aus ihm resultierenden zwangsläufigen Konsequenzen öffentlich anerkannt hat, was mehr als vier Monate nach Urteilsverkündung offensichtlich rechtsstaatlich erwartbar sein sollte. Da genauso erwartbar ist, dass den Juristen des LBV BW der mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einhergehende Rechtsprechungswandel klar sein sollte und dass sie entsprechend nichtjuristische Verantwortungsträger über ihn in Kenntnis gesetzt haben sollten, dürfte sich auch hier an diesem Einzelfall wiederum zeigen, dass man sich exekutiv gemeinhin darin eingerichtet hat, gerichtliche Entscheidungen, die sich als für die Exekutive nicht positiv herausstellen, erst einmal hintenanzustellen.
Da ich in den letzten Monaten recht viel zu tun hatte, habe ich es seit Anfang April (glaube ich) nicht mehr geschafft, hier im Forum zu lesen und zu schreiben, was sich hoffentlich irgendwann im Sommer wieder ändert. Jetzt habe ich mal kurz ins Forum reingeschaut, um zu schauen, ob der bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechungswandel hier angekommen ist. Bis ich hier wieder regelmäßig(er) zum Lesen und Schreiben komme, wünsche ich euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, alles Gute.