Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3887705 times)

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13110 am: 28.07.2024 21:31 »
Unbeschadet dessen spiegeln die beiden zitierten Kommentare das Bild des ÖD bzw der Beamten bei einem Großteil der undiffernezierenden Bevölkerung bzw Leserschaft gewisser Medien wieder.
Und jetzt mag sich jeder mal versuchen vorzustellen, was an Kommentaren zu lesen sein wird bzw welche Stimmung in den Medien und in weiten Teilen der Bevölkerung aufkommen mag, wenn uns eine amtsangemessene Alimentation im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG zuteil werden würde. Also eine dementsprechende Erhöhung der Grundgehälter und nicht diese AEZ Orgien.
Wir reden immerhin von Erhöhungen um die 30 % quer durch die BesGrp.
Das Ding mit Grundbesoldungserhöhung für die Alimentation der Kinder ist doch durchaus noch ein gänzlich offenes Thema, bzgl. des Sinnes des BVerfG.
und die AEZ Orgien, die leider grottich gemacht werden von der Politik sind uU, wenn sie richtig gemacht und begründet werden, absolut GG konform, auch wenn es einem Single nicht passt und man über Abstandsgejaule etc. es als GG widrig verneinen will.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13111 am: 28.07.2024 23:59 »
und die AEZ Orgien, die leider grottich gemacht werden von der Politik sind uU, wenn sie richtig gemacht und begründet werden, absolut GG konform, auch wenn es einem Single nicht passt und man über Abstandsgejaule etc. es als GG widrig verneinen will.

Ausschnitt aus dem aktuellen Berliner Urteil (siehe Nachbarthread):

"Das Abstandsgebot als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der in enger Anbindung zum Alimentationsprinzip und zum Leistungsgrundsatz steht, gebietet dabei nicht allein, dass die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter im Hinblick auf die Endstufen der jeweiligen Besoldungsgruppen zum Ausdruck kommt. Vielmehr ist es erforderlich, dass zur Wahrung der Stringenz des gesamten Besoldungssystems die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter auch in sämtlichen einander entsprechenden (Erfahrungs-)Stufen abgebildet wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.5.2017 – 2 BvR 883/14 u. 2 BvR 905/14 –, juris, Rn. 76)."

Ich denke, auch du solltest den offensichtlichen Widerspruch zwischen etwaigen AEZ Orgien und der "unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter" erkennen können..

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13112 am: 29.07.2024 07:43 »
und die AEZ Orgien, die leider grottich gemacht werden von der Politik sind uU, wenn sie richtig gemacht und begründet werden, absolut GG konform, auch wenn es einem Single nicht passt und man über Abstandsgejaule etc. es als GG widrig verneinen will.

Ausschnitt aus dem aktuellen Berliner Urteil (siehe Nachbarthread):

"Das Abstandsgebot als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der in enger Anbindung zum Alimentationsprinzip und zum Leistungsgrundsatz steht, gebietet dabei nicht allein, dass die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter im Hinblick auf die Endstufen der jeweiligen Besoldungsgruppen zum Ausdruck kommt. Vielmehr ist es erforderlich, dass zur Wahrung der Stringenz des gesamten Besoldungssystems die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter auch in sämtlichen einander entsprechenden (Erfahrungs-)Stufen abgebildet wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.5.2017 – 2 BvR 883/14 u. 2 BvR 905/14 –, juris, Rn. 76)."

Ich denke, auch du solltest den offensichtlichen Widerspruch zwischen etwaigen AEZ Orgien und der "unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter" erkennen können..
Nun, wie ist die Wertigkeit denn dort definiert?
Das dem Amtsinhabers zur Verfügung stehende Nettoeinkommen?
Insofern gebe ich dir absolut Recht, das unterschiedlich hohe Kinderzuschläge innerhalb des Besoldungssystems diese Wertigkeit untergräbt.
Im Kern müsste das System sogar höhere Bruttokinderzuschläge für die "Besserverdienenden" vorsehen, wegen der Steuerprogression, wenn man dem BVerG (zumindest ab Kind 3, da wurde es durchaus recht deutlich dargelegt)  wirklich inhaltlich folgen will.

PublicHeini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13113 am: 29.07.2024 08:17 »
Ich glaube die Bundesregierung wird das Problem der amtsangemessenen Alimentation einfach lösen, in dem sie das Bürgergeld abschafft. So hast du mehrere Fliegen mit einer Klappe.  ;)

Bei dieser Regierung habe ich aber eher die Befürchtung, dass ein "neues Bürgergeld" dem Steuerzahler noch teurer kommen wird.


Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13114 am: 29.07.2024 08:47 »
Der Begriff "Bürgergeld" ist ledigliche eine Worthülse für das vom BVerfG festgelegte Existenzminimum. Ob es jetzt Bürgergeld, Harz IV oder Sozialhilfe heißt ändert nichts an der Tatsache, dass weiter Summen an nicht erwerbstätige/fähige gezahlt werden. Somit ändert sich auch bei einer evtl. Abschaffung des Bürgergeldes nichts an den 15% oberhalb jenen Minimums, welche für die nidrigste Besoldungsgruppe fällig werden müssten.

PublicHeini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13115 am: 29.07.2024 09:13 »
Mein Punkt bezog sich darauf, dass aktuell darüber diskutiert wird, das Sozialsystem anzupacken und das überteuerte Bürgergeld (anscheinend kann da keiner rechnen) plötzlich ja so teuer geworden ist. Wenn hier die Ausgaben bzw. Auszahlungen an die Bürgergeldempfänger wieder sinken (bevor ein Gesetz zur amta. A. in Kraft tritt), dann sind die 15% Mindestabstand ggf. jetzt schon vorhanden.

Nichtsdestotrotz muss ein Beamter einen ausreichenden Grundsold erhalten, so dass er/sie damit zwei Kinder gut unterhalten kann. Keine Kinderzuschläge ggf. erst ab dem dritten Kind. Auch die Ballungsraumzuschläge sollten sich an der Dienststelle orientieren. am Wohnort macht mE keinen Sinn, da wir jederzeit unseren Wohnort wechseln können, teils leichter als die Dienststelle.

Big T

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13116 am: 29.07.2024 09:18 »
Die Beamtenbezüge einkommensteuerfrei zu stellen, könnte auch zur Vereinfachung beitragen. :D

Macht sowieso keinen Sinn, dass Beamte sozialversicherungsrechtlich  keine Arbeitnehmer darstellen, steuerlich hingegen schon

Wir stellen ja auch keine Arbeitskraft zur Verfügung, sondern widmen sich voll und ganz dem Amte. ;)
« Last Edit: 29.07.2024 09:26 von Big T »

Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13117 am: 29.07.2024 09:27 »
@ PublicHeini:
Da bin ich bei dir. Aktuell ist der Entwurf des BBVAngG ein Widerspruch in sich.

Er stellt Eingangs fest, dass die derzeitige Besoldung nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.

Dann kommt der "goofy move".... Man erdenkt sich einen Regelung, die letztendlich dafür sorgt, dass einige Beamte sogar noch schlechter dastehen, als vorher.
Nimmt man den oder die unverheiratete Person ohne Kinder, die zusätzliche noch auf dem Land (Wohngeldstufe I - II) lebt, dann bekommt die nicht einen Cent mehr.
Die Schlechterstellung erfolgt dann durch den geplanten Wegfall der FamZ Stufe I.

Hinzu kommt die Möglichkeit, das diese/r Beamte ggf. schon 1-3 Erfahrungsstufen erdient hat, jetzt aber einen neue/n Kollegin/en bekommt, frisch aus dem Studium, der/die das selbe Gehalt bekommt.

Ich verstehe nicht, auch nicht im Hinblick auf die eindeutig erkennbare fiskalpolitische Motivation, wie man so eine Grütze erdenken kann.

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13118 am: 29.07.2024 10:02 »
@ PublicHeini:
Da bin ich bei dir. Aktuell ist der Entwurf des BBVAngG ein Widerspruch in sich.

hast du einen Entwurf oder meinst du den 1,5 Jahre alten?

Warzenharry

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« Antwort #13119 am: 29.07.2024 10:09 »
Ich meine den, der uns aktuell vorliegt, also den alten. Wie 90% hier im Forum, ist davon auszugehen, dass der neue Entwurf nicht viel besser aussehen wird.

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13120 am: 29.07.2024 10:25 »
Ich meine den, der uns aktuell vorliegt, also den alten. Wie 90% hier im Forum, ist davon auszugehen, dass der neue Entwurf nicht viel besser aussehen wird.

nicht besser ist schön ausgedrückt:) Wahrscheinlich wird er deutlich schlechter und wir wünschen uns den alten zurück.

BVerfGBeliever

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« Antwort #13121 am: 29.07.2024 10:28 »
Im Kern müsste das System sogar höhere Bruttokinderzuschläge für die "Besserverdienenden" vorsehen, wegen der Steuerprogression, wenn man dem BVerG (zumindest ab Kind 3, da wurde es durchaus recht deutlich dargelegt)  wirklich inhaltlich folgen will.

Völlig richtig. Und das zeigt einmal mehr, wie schwachsinnig der letztjährige Gesetzentwurf war (hier konkret am Beispiel der damals "vorgeschlagenen" AEZ-Abschmelzbeträge)..

BVerfGBeliever

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« Antwort #13122 am: 29.07.2024 10:35 »
Die Beamtenbezüge einkommensteuerfrei zu stellen, könnte auch zur Vereinfachung beitragen. :D

Guter Vorschlag.

So ähnlich macht es übrigens beispielsweise die Europäische Kommission. Dort gibt es zwar eine (recht geringe) interne Abgabe, aber dafür muss man auf die Bezüge keinerlei nationale Steuern zahlen.

Ist auch ziemlich praktisch bei weiteren Einkünften (Kapitaleinnahmen, Mieteinkünfte, etc.)..
« Last Edit: 29.07.2024 10:43 von BVerfGBeliever »

Rentenonkel

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« Antwort #13123 am: 29.07.2024 11:53 »
Im Kern müsste das System sogar höhere Bruttokinderzuschläge für die "Besserverdienenden" vorsehen, wegen der Steuerprogression, wenn man dem BVerG (zumindest ab Kind 3, da wurde es durchaus recht deutlich dargelegt)  wirklich inhaltlich folgen will.

Völlig richtig. Und das zeigt einmal mehr, wie schwachsinnig der letztjährige Gesetzentwurf war (hier konkret am Beispiel der damals "vorgeschlagenen" AEZ-Abschmelzbeträge)..

Die Kontrolle des Abstandsgebots kann als systeminterner Vergleich innerhalb der Beamtenschaft anhand der aus den Besoldungstabellen ersichtlichen Brutto-Gehälter erfolgen (vgl. BVerfGE 139, 64 <118 Rn. 112>; 140, 240 <286 Rn. 92>). Die Netto-Grundgehälter als Bezugspunkt des Vergleichs zu wählen, würde lediglich die Steuerprogression berücksichtigen. Diese Verzerrung fällt indes nicht signifikant ins Gewicht. Die Steuerprogression hat lediglich insoweit Bedeutung, als Belastungen höherer Besoldungsgruppen umso kritischer zu sehen sind, da diese angesichts der progressiven Einkommensteuertarifgestaltung höheren (Grenz)Steuersätzen unterliegen.

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #13124 am: 29.07.2024 12:44 »
Und was dieser Schwachsinnige AEZ verursacht sehen wir ja an den Leser-Kommentaren und Beitraegen in den Medien.
Es entsteht dort nicht zu Unrecht der Eindruck ein Beamtenkind ist mehr wert als ein Nichtbeamtenkind.
Das bleibt ja auch nicht aus, wenn zur Einhaltung des 115% Zieles wilde Zuschlaege abgestellt auf die Zahl der Kinder und des Wohnortes geplant werden.
 Da muss der normale Leser ja auf die Idee kommen das Beamtenkinder mehr wert sind.
Haette man statt dessen die Grundgehaelter entsprechend erhoeht, so dass wie schon oft ausgefuehrt der Beamte dem Grunde nach davon eine Familie mit 2 Kindern "ernaehren" kann, so gaebe es diese unsaegliche Diskussion gar nicht.