[1] Was ich noch nicht ganz begriffen habe, leider, ist, welcher Mechanismus eigentlich dafür sorgt, dass die Besoldungsgesetzgeber nicht die Kinder-/Familienzuschläge z.B. für die ersten beiden Kinder drastisch zulasten der eigentlichen Grundgehälter erhöhen können?
[2] Könnte es - zumindest in der Theorie - dazu kommen, dass möglicherweise die vierköpfige Beamtenfamilie irgendwann einmal auskömmlich besoldet sein könnte, aber der/die Einzelbeamte ohne Partner/in und Kind(er) "verarmt", weil das Amt/die Tätigkeit keine (große) Rolle mehr spielt, sondern die Zuschläge den Großteil des Gesamtgehalts ausmachen?
[3] Gibt es hierfür auch einen Prüfmechanismus, der im Rahmen der Alimentationsprüfung wirkt, so dass Grundgehalt und Zuschläge in einer Art "vernünftiger Balance" zueinander stehen müssen?
[1] Der einzige Grund, Quasselstrippe, ist, dass die Besoldungsgesetzgeber die möglichst kostengünstigste Variante suchen, mit der sie zugleich suggerieren wollen, dass sie die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung beachten würden. Da das nicht der Fall ist, bleiben die massiven Besoldungskürzungen, die mit den entsprechenden Regelungen für den allergrößten Teil der bundesdeutschen Bediensteten vollzogen werden, unbegründet. Als solche dürfen sie nicht vollzogen werden, werden also keinen Bestand vor der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung finden.
[2] Als Folge des Leistungsgrundsatzes aus Art. 33 Abs. 2 GG sieht sich der Dienstherr gezwungen, die Alimentation in den "familienneutralen" Besoldungsbestandteilen nach dem Leistungsprinzip zu differenzieren, um ihren amtsangemessenen Gehalt zu beachten; die Familienbesoldung ist Teil der leistungslosen Besoldung und unterfällt als solche nicht dem Leistungsprinzip. Sie ist entsprechend an tatsächlichen familiären Bedarfen auszurichten, wobei weiterhin davon auszugehen ist - das Bundesverfassungsgericht hat bislang keine Rechtsprechung vorgenommen, die die nachfolgende Betrachtung relativieren würde -, dass grundsätzlich das vom Besoldungsgesetzgeber zu beachten ist, was das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Familienalimentation hinsichtlich des Verhältnisses von amtsangemessener Alimentation und alimentativen Mehrbedarf 1977 wie folgt formuliert hat:
"Legt man etwa das gegenwärtige System der Besoldungsstruktur zugrunde, das, wie dargelegt, verfassungsrechtlich nicht festgeschrieben ist, so entspricht es bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit, daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten. In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden. Ganz anders verhält es sich dagegen bei der Beamtenfamilie, zu der drei und mehr unterhaltsberechtigte Kinder gehören. Hier vervielfältigt sich die Differenz zwischen Unterhaltsbedarf und kinderbezogenen Gehaltsbestandteilen entsprechend der Zahl der Köpfe in einem solchen Maße, daß hierdurch wesentliche Teile der 'familienneutral' gewährten Besoldung aufgezehrt werden. Das Prinzip amtsangemessener Alimentation verlangt hier zusätzliche Leistungen, um die Auszehrung der familienneutralen allgemeinen Gehaltsbestandteile durch Unterhaltsleistungen zu verhindern." (BVerfGE 44, 240 <274 f. >;
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv044249.html)
Auch diese Frage ist insofern weiterhin zu verneinen.
[3] Eine entsprechende Methodik ist bspw. 2022 und 2023 in der ZBR entwickelt worden und ist darüber hinaus im Forum unter diesem Link am Beispiel des Bundes unter IV. exemplifiziert worden:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,120049.105.html@ lotsch
Da das Bundesverfassungsgericht in den angekündigten Entscheidungen den Zeitraum deutlich vor 2022 betrachten wird, kann es hier die systematische Missachtung des Kontrollverfahrens nicht konkret und systematisch prüfen. Allerdings sollte es erwartbar sein, dass es sich hier deutlich in diese Richtung hin äußern wird, da es ansonsten in Kauf nehmen würde, dass das heute weitgehend sachlich ausgehöhlte Alimentationsprinzip noch stärker beschädigt werden wird. Die Umentscheidung in Richtung Berlin dürfte dabei zugleich zeigen, dass es Karlsruhe mit den angekündigten Entscheidungen gerade darum geht, die Besoldungsgesetzgeber auf den Boden des Grundgesetzes zurückzubewegen.
Darüber hinaus liegt dem Bundesverfassungsgericht eine solche Zahl an möglichen Anknüpfungspunkten vor, dass es ihm nicht schwerfallen dürfte, ähnlich wie es in der Rn. 47 der aktuellen Entscheidung auf sachliche Möglichkeiten hingewiesen hat, Fehlinterpretation en passant zu betrachten und sie damit auszuschließen; mit einiger Fantasie ginge das ebenso in einem Leitsatz. Ankünpfungspunkte gibt es derer viele, wie das bspw. die beiden folgenden Stellungnahmen wiederkehrend aufzeigen (die erste ab S. 36 ff., die zweite ab S. 85 ff.):
https://www.gew-nds.de/fileadmin/media/sonstige_downloads/nds/Rechtsinformationen/Stellungnahme-zu-Nds.-Drs.-18-11498--003-.pdfhttps://bdr-hamburg.de/wp-content/uploads/Gutachterliche-Stellungnahme-Besoldungsstrukturgesetz-Drs.-22-1272.pdf