Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
tinytoon:
--- Zitat von: Organisator am 30.09.2024 11:11 ---
--- Zitat von: GeBeamter am 30.09.2024 10:48 ---
--- Zitat von: Organisator am 30.09.2024 10:32 ---
Dochdoch, es soll ja eine Diskussion geben. Nur sehe ich die 30%+ eben nicht als Prämisse und - da nicht politisch mehrheitsfähig - auch nicht als realistsich an.
--- End quote ---
Ich weiß nicht, warum das nicht realistisch sein sollte. Vielleicht nicht in der Wahrnehmung des Haushaltsgesetzgebers. Aber wenn in den unteren Besoldungsstufen die 15% über Bürgergeld nicht eingehalten sind und darauf aufbauend eine lineare Tabelle der Besoldung erfolgt, die sicherlich schon was die Ämterwertigkeit und den Mindestabstand angeht auf Kante genäht ist, dann wird der Gesetzgeber eigentlich in Richtung 30% gehen müssen. Es sei denn der Gesetzgeber hofft auf eine Anordnung aus Karlsruhe, um sich die Hände in Unschuld zu waschen. Dann allerdings dürften die 30% noch wohlwollend bemessen sein.
--- End quote ---
30 % sind nicht realistisch, weil dann Beamteneinkommen generiert werden würden, die in keinem Verhältnis (mehr) zu den Gehältern in der Privatwirtschaft stehen würden. Demzufolge finden sich dafür keine Mehrheit.
Ich finde daher auch den Ansatz nicht richtig, die unterste Besoldungsgruppe mit der teuersten Wohngegend zu kombinieren und das als Mindestniveau zu definieren.
Aus meiner Sicht ist es nicht mehrheitsfähig (und auch nicht amtsangemessen), einem ungelernten Hauptamtsgehilfen eine Wohnsitznahme in der teuersten Wohngegend ermöglichen zu müssen und dies als Grundlage für alle weiteren Besoldungsgruppen zu sehen.
Nur mal so - das Medianeinkommen in Deutschland beträgt ca. 3.600 € brutto, also ca. 2.350 € netto.
Das niedrigste Beamteneinsteigergehalt beträgt (A3/1) beträgt ca. 2.000 € netto (nach KV/PV).
Die angesprochende 30%-Erhöhung würde bedeuten, dass das Einstiegstgehalt für ungelernte Beamte höher als das Medianeinkommen und in etwa so hoch wie das Durchschnittseinkommen aller Arbeitnehmer in Deutschland ist.
Das ist nicht vermittelbar und auch nicht mehrheitsfähig. Alimentation, besonderes Dienst- und Treueverhältnis hin oder her.
--- End quote ---
Demzufolge dürften auch Bürgergeldempfänger nicht mehr in den big seven und weiteren leben oder würde diesen das Privileg weiter zugestanden?
emdy:
Die Geringschätzung für den Staat als solchen und seine Beamten im Besonderen ist eben bei vielen Menschen nach Jahrzehnten Bildberichterstattung und wirtschaftsliberaler Lehre derart stark ausgeprägt, dass für Beamte jeder weitere Cent unvermittelbar erscheint während man es weiterhin für vermittelbar hält, dass Mieten und Immobilienpreise sich innerhalb von 10 Jahren verdoppeln, dass man auf Plattformen wie onlyfans mehr verdienen kann als in einem Krankenhaus und dass es über 230 Milliardäre in Deutschland gibt (die das natürlich nicht Kraft ihrer Hände Arbeit geworden sind, weil sie keine 10.000 Jahre alt sind).
Der Wert von Arbeit an sich steht in Deutschland auf dem Spiel. Das Bundesverfassungsgericht hat für seinen zu entscheidenden Bereich hierzu alles gesagt. Die Bezahlung von Beamten ist deutlich zu niedrig. Aber für manche ist das eben nicht vermittelbar. Bei einer solchen Bevölkerung könnte ich niemals Politiker werden und bin jedem aufrechten Menschen dankbar, der es geworden ist.
NelsonMuntz:
--- Zitat von: GeBeamter am 30.09.2024 10:48 ---Ich weiß nicht, warum das nicht realistisch sein sollte. Vielleicht nicht in der Wahrnehmung des Haushaltsgesetzgebers. Aber wenn in den unteren Besoldungsstufen die 15% über Bürgergeld nicht eingehalten sind und darauf aufbauend eine lineare Tabelle der Besoldung erfolgt, die sicherlich schon was die Ämterwertigkeit und den Mindestabstand angeht auf Kante genäht ist, dann wird der Gesetzgeber eigentlich in Richtung 30% gehen müssen. Es sei denn der Gesetzgeber hofft auf eine Anordnung aus Karlsruhe, um sich die Hände in Unschuld zu waschen. Dann allerdings dürften die 30% noch wohlwollend bemessen sein.
--- End quote ---
Leider nein, diese 30% sind nicht darstellbar. Hier genügt ein Blick in die Stellungnahme des Richterbunds, in der die Eingangs- und Endämter mit dem Durchschnittsgehalt von Beschäftigten mit gleichem Anforderungsniveau tabellarisch verglichen werden. Es fällt zwar auf, dass die Besoldung klar erkennbar unterhalb der "Außenwelt" liegt, eine 30%ige Erhöhung würde das allerdings deutlich überkompensieren.
Ferner -und ich glaube, dass haben viele noch gar nicht verstanden- führen die hier ins Feld geführten, verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Besoldung insbesondere in den ganz unten liegenden Gruppen zu einem mathematisch nicht auflösbarem Problem.
Konkret:
A) Der Beamte hat Anspruch auf eine Nettoalimentation für sich und seine Familie, die oberhalb des Existenzminimums zu liegen hat.
B) Der Beamte ist amtsangemessen zu besolden. Nichtleistungsbezogene Zulagen (wie Familienzuschläge) sind auf das absolute Minimum zu begrenzen. Binnenabstände sind zu wahren.
Für eine 4k-Familie mit 2 Kindern unter 14 Jahren beträgt der Umrechnungsfaktor im Nettoäquivalenzeinkommen bei 2,1. Im Bürgergeldbezug (also dem Existenzminimum) liegt dieser sogar fast bei 3.
Selbst wenn ich hier eine gewisse, durch Kinder bedingte Einschränkung des Lebensstandards hinnehme, lässt sich aus diesen Vorgaben kein Modell entwickeln, in dem keine signifikante Übervorteillung entsteht (die dann ihrerseits erneut in einer verfassungsrechtlichen Problematik endet).
Das "Problem" ist die 4K-Familie und der Faktor, um den sich der finanzielle Bedarf gegenüber einer Einzelperson bei ungefähr gleichem Lebensstandard unterscheidet. "Technisch" betrachtet lässt sich das nur lösen, wenn wesentliche Teile der Alimentation der Familie nicht über das Grundgehalt oder Zulagen realisiert werden.
Noch mal: Das geht nicht "gegen" Beamte, oder soll Euch eine verdiente Aufstockung der Bezüge verwehren ... Mit den vorgegebenen Regeln und Leitplanken lässt sich das alles nur gar nicht abbilden.
Organisator:
--- Zitat von: Tarifgeist am 30.09.2024 11:28 ---Die Frage ob eine Besoldung verfassungsgemäß ist oder nicht, hängt aber nun mal nicht davon ab, ob es hierfür eine politische Mehrheit gibt.
--- End quote ---
richtig - aber wie man die verfassungsmäßigkeit ausgestaltet schon. und dafür gibts verschiedene Möglichkeiten, +30% für alle ist nur eine davon.
Organisator:
--- Zitat von: tinytoon am 30.09.2024 11:33 ---Demzufolge dürften auch Bürgergeldempfänger nicht mehr in den big seven und weiteren leben oder würde diesen das Privileg weiter zugestanden?
--- End quote ---
Man trifft ja keine aktive Entscheidung, als Bürgergeldempfänger nach München zu ziehen; insoweit ist das nicht vergleichbar.
Vergleichbar wäre eher, ob es dem Bauhelfer ermöglicht werden sollte, sich eine Wohnung in München leisten zu können.
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
[*] Previous page
Go to full version