Das hat ein schönes G'schmäckle.
Und der Bund läuft, trotz sehender Augen (Unter Anwendung von Scheuklappen) mitten in die Fallgrube hinein.
Dem stimme ich zu.
Das Problem für dem Bund ist, aus meiner Sicht, das Rundschreiben von 2021. Auch wenn die rechtliche Verbindlichkeit des Rundschreibens noch nicht gerichtlich überprüft ist, hat der Bund sich dementsprechend verpflichtet Nachzahlungen seit 2021 zu gewähren. Von daher ist es leider klar, dass der Bund versucht mit allen erdenklichen Tricks die Kosten möglichst auf Null zu begrenzen. In der Folge können alle Widersprüche negative beschieden werden. Die dann anhängigen Verfahren benötigen ca. 10 Jahre bis das BVerfG darüber entschieden hat. Ich hoffe so ein geartetes Rundschreiben wird nicht wieder erlassen nach dem nächsten Beschluss des BVerfG, da wir ja in 2025 wieder Bundestagswahlen haben.
Ich stimme Dir in allem zu, PolareuD - ein Sachverhalt wird hier und auch an anderer Stelle allerdings zunehmend regelmäßig wiederholt, und zwar unbegründet und ohne dass es dafür einen sachlichen Anhaltspunkt geben würde, nämlich dass zukünftige Verfahren zehn Jahre oder länger dauern würden. Diese Aussage prognostiziert Verfahrenslängen aus der Vergangenheit in die Zukunft, ohne dass dafür ein sachlicher Grund genannt werden könnte.
Wie ich auch hier wiederkehrend sachlich begründet habe, wird sich die Besoldungsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach den angekündigten Entscheidungen als weitere Leitentscheidungen deutlich erhöhen müssen, da dann kein sachlicher Grund mehr gegeben ist, mit dem die zum Teil seit acht Jahren in Karlsruhe anhängigen Verfahren weiterhin ohne eine Entscheidung verbleiben könnten. Der Zweite Senat sieht sich, sofern seine neue Besoldungsdogmatik das sachlich zulässt, veranlasst, sich an das zu halten, was es regelmäßig wie folgt betrachtet:
"Nach § 97a Abs. 1 Satz 1 BVerfGG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht als Beteiligter in einem zur Herbeiführung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzten Verfahren einen Nachteil erleidet; nach Satz 2 richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Aufgaben und der Stellung des Bundesverfassungsgerichts." (BVerfG, Beschluss der Beschwerdekammer vom 21. Dezember 2023 - Vz 3/23 -,
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/12/vb20231221_vz000323.html, Rn. 12).
Die Bindung an die eigene Rechtsprechung hat dabei folgende Faktoren zu berücksichtigen (ich nummeriere das mal anders als in der Entscheidung durch):
Hiernach sind insbesondere
1. die Natur des Verfahrens und
2. die Bedeutung der Sache,
3. die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten,
4. die Schwierigkeiten der Sachmaterie,
5. das den Beteiligten zuzurechnende Verhalten, insbesondere von ihnen zu verantwortende Verfahrensverzögerungen,
6. sowie die gerichtlich nur begrenzt zu beeinflussende Tätigkeit Dritter
zu berücksichtigen (Rn. 13).
Die Natur der Verfahren (nach 1,) wird sich künftig nicht ändern. Die Bedeutung der Sache (nach 2.) sollte sich mit jedem weiteren Vorlagebeschluss, der vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig wird, als ggf. höher begründen lassen. insbesondere, sofern Verwaltungsgerichte Musterverfahren auswählen und entsprechende Richtervorlagen Bedeutung für eine hohe Zahl an vor den Verwaltungsgerichten weiterhin anhängigen Verfahren haben (wie das bspw. nun für die rund 8.000 anhängigen Verfahren in Hamburg der Fall ist), die also bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt bleiben. Dieser Begründung, sofern sie von Klägern vorgebracht wird, könnte der Senat zukünftig nicht ausweichen, sofern sie sachgerecht erfolgte. Damit verbunden lässt sich offensichtlich ebenfalls von Klägerseite begründen, dass Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten (nach 3.) nur umso größer sein dürften, je stärker sich eine Besoldungssystematik als verletzt zeigte, also insbesondere im Vorlagebeschluss. Denn je größer ein jeweiliger Fehlbetrag nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist, als desto größere Auswirkungen sollten sich sachlich begründen lassen, da sich der Beamte ja beamtenrechtlich gezwungen sieht, eine amtsangemessene Lebensführung an den Tag zu legen, deren grundlegendes Mittel nicht zuletzt die amtsangemessene Alimentation ist. Die Schwierigkeiten der Sachmaterie (nach 4.) wird sich ebenfalls als sukzessiv geringer darstellen, sofern zunächst einmal über die angekündigten Pilotentscheidungen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit deutlicher als bislang wird, was der Fall ist, sofern also die neue Besoldungsdogmatik zunehmend als abgeschlossen zu betrachten sein wird. Ebenso dürfte sich mit einiger Wahrscheinlchkeit eine umfassendere Blockadehaltung der Beklagten begründen lassen (nach 5.), womit sich dann ebefalls - Stichwort: konzertierter Verfassungsbruch - eine umfangreichere Verfahrnslänge nur schwerlich begründen ließe. Die Tätigkeit Dritter (nach 6.) sollte sich ggf. als geringer herausstellen können, sofern sich Kläger nicht mehr gezwungen sehen, gutachterliche Stellungnahmen in ihr Verfahren einzuführen, um ihre Rechtsposition zu begründen, da die Notwendigkeit dafür eher geringer werden dürfte, je mehr Sachfragen im Sinne der neuen Besoldungsdogmatik als geklärt anzusehen sind.
Wer also in nachvollziehbarer Weise die Verfahrenslänge der letzten acht Jahre kritisch sieht, hat als Kläger alsbald weitere Möglichkeiten, sein Verfahren zu beschleunigen, da zentrale Gründe für die bislang sachlich rechtfertigungsfähigen Verfahrenslängen sich alsbald wie gerade skizziert zunehmend anders darstellen können - zumindest entsprechend anders argumentativ vertieft werden können. Und Sachargumenten kann sich auch das Bundesverfassungsgericht nicht verschließen.
Darüber hinaus hebt die Kammer aktuell als Aufgabe des Bundesverfassungsgericht die verbindlichen Auslegung der Verfassung hervor und führt hier weiterhin aus, dass diese Auslegung zudem grundsätzlich in jedem Verfahren eine besonders tiefgreifende und abwägende Prüfung erfordert, weshalb es, wenn Verfahren für das Gemeinwesen von besonderer Bedeutung sind oder ihre Entscheidung von dem Ergebnis eines sogenannten Pilotverfahrens abhängig ist, geboten sein kann, mit der Bearbeitung einzelner Verfahren zuzuwarten (Rn. 14 i.V.m. Rn. 19). Auch hier ist mit dem weiteren Abschluss der angekündigten Pilotverfahren eine größere Rechtsklarheit als bislang zu erwarten, sodass der Grund für ein Zuwarten entweder wegfällt oder nicht mehr so ohne Weiteres im Kontext dessen, was ich gerade geschrieben habe, als gegeben zu betrachten sein könnte. Denn zwar ist auch eine längere Verfahrensdauer für sich gesehen nicht ohne Weiteres unangemessen; hierfür bedarf es jedoch in der Regel besonderer Gründe (ebd.) - und diese werden eben wie dargestellt mit dem Abschluss der Pilotverfahren wie ebenfalls gerade skizziert weniger oder können entsprechend als weniger von Klägerseite begründet werden, wodurch sich der Senat veranlasst sehen muss, seine Entscheidungstätigkeit zu beschleunigen.
Wenn also der Senat gegenüber der Beschwerdekammer aktuell ins Feld führt:
"Selbst wenn die Dauer des beanstandeten Verfahrens von mittlerweile über vier Jahren und zehn Monaten als eher lang zu bewerten ist (vgl. BVerfGK 20, 65 <74>; BVerfG, Beschluss der Beschwerdekammer vom 8. Dezember 2015 - Vz 1/15 -, Rn. 38 m.w.N.), rechtfertigt die längere Verfahrensdauer nicht die Annahme der Unangemessenheit. Denn die Zurückstellung des beanstandeten Verfahrens ist durch Sachgründe gerechtfertigt (vgl. BVerfGK 20, 65 <74>; BVerfG, Beschluss der Beschwerdekammer vom 8. Dezember 2015 - Vz 1/15 -, Rn. 38 m.w.N.)" (Rn. 17),
könnte er das zukünftig nicht mehr (wie gerade gezeigt) in dem Maße, wie das derzeit noch der Fall ist, sodass gleichfalls wegen wegfallender Gründe eine Beschleunigung von Verfahren geboten ist, wobei es dabei weiterhin ebenfalls darauf ankommt, wie sich die Verfahrenslänge vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit darstellt, ohne dass das Bundesverfassungsgericht darauf einen nennenswerten Einfluss hätte (vgl. Rn. 18). Da aber - wie an anderer Stelle gezeigt - sich nun ein fundamentaler Rechtsprechungswandel auch hinsichtlich des Bundesverwaltungsgerichts anbahnt, die Verwaltungsgerichtsbarkeit also schon heute ggf. nicht mehr davon ausgehen könnte, dass regelmäßig von einer noch amtsangemessenen Alimentation in Deutschland auszugehen wäre, muss auch das, sofern das Bundesverwaltungsgericht seine Sicht auf die Dinge in weiteren Entscheidungen bestätigt (wovon man ausgehen darf), Folgen für die Verfahrenslängen vor den Verwaltungsgerichten haben. Denn eine ggf. regelmäßig anzunehmende Verletzung von Recht (oder zumindest deren Möglichkeit) muss zu einer vordringlichen Entscheidung gegenüber anderen Fällen führen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Wie ich hier ja regelmäßig hervorhebe, kann ich den Frust über die Verfahrenslänge(n) gut nachvollziehen, da auch ich ein gesteigertes Interesse an deren kürzere Dauer habe, was ggf. insbesondere der oder die ermessen können, die eine begründete Vorstellung davon haben können, wie viel Lebenszeit eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema kostet. Aber das sollte weiterhin nicht den Blick trüben für das, worum es in unserem Thema immer geht: nämlich um Sacharugmente. Solange Kläger diese nicht vollständig vor einem Gericht ausschöpfen und also ihre Klage nicht hinreichend oder in ihrem Sinne substantiieren, geht die Richtung gleichfalls eher nicht dorthin, wohin sie wollen. Die Möglichkeit, Verfahrenslängen sachlich infragezustellen, werden sich ab dem kommenden Jahr deutlich verbessern. Wer heute klagt, dürfte sich besonders ungeschickt anstellen, sollte man annehmen, wenn's bei ihm nun zukünftig noch zehn Jahre dauern sollte.