Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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bebolus:

--- Zitat von: ursus am 18.01.2025 15:16 ---Ich poste hier mal (m)einen Beitrag aus dem "Forum öffentlicher Dienst der Länder". Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist dieser auch für Bundesbeamte lesenswert.
 
AltStrG
@Swen:

Kannst du mal bitte in zwei Sätzen..

--- End quote ---

Das dürften eher zwei Seiten werden.. 😁

Hans Müller:
Anbei einfach was zum Schmunzeln:

https://www.welt.de/vermischtes/meine-geschichte/article255167094/Als-die-Buerokratie-mich-10-000-Euro-kostete-war-meine-Mutter-tot.html?source=puerto-reco-2_ABC-V44.0.B_maximize_engagement

Auszug daraus, der hier vielleicht her passt:

"Michael W., 50 Jahre, Bergisch Gladbach

Als Beamter des Landes NRW hatte ich 2003 und 2004 Widerspruch gegen mein gekürztes Weihnachtsgeld eingelegt und nie wieder etwas davon gehört. Anfang 2024 erhielt ich mit der Post zwei Postzustellungsurkunden mit den Bescheiden gegen meine Widersprüche – beide wurden abgelehnt. Die Bürokratie hat also sagenhafte 20 Jahre gebraucht, um zu reagieren."

Schönen Tag noch!  :)

Bundi:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 17.01.2025 17:00 ---
--- Zitat von: Hans Werner Mangold am 17.01.2025 12:18 ---Welche Besoldungsgesetzgeber wurden bezüglich einer Stellungnahme angeschrieben? Ich habe jetzt mal was vom saarländischen Richterbund gefunden. Also müsste mal das Saarland dabei gewesen sein.

https://www.richterbund-saar.de/fileadmin/Saarlaendischer-Richterbund/Stn_BVerfG_10_2024.pdf

--- End quote ---

Es ist noch weiteren Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden, Hans Werner, die darüber aber offensichtlich nicht öffentlich berichten wollen (aus welchen Gründen auch immer), sodass wir uns öffentlich weiterhin nur auf das beziehen können, was öffentlich zugänglich ist wie bspw. die Stellungnahme des saarländischen Richterbunds. Andere Akteure veröffentlichen ihre Stellungnahme nicht, auch wenn sie nicht dafür bekannt sind, zu Geheimniskrämerei zu neigen (das kann bspw. ebenfalls mit dem Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht zu tun haben) wie bspw. der Berliner Richterbund, der wiederum auf eine umfangreiche Stellungnahme des DRB hinweist, ohne dass auch diese m.W. öffentlich zugänglich wäre (https://www.drb-berlin.de/themen-und-positionen/justizthemen/justizthema/news/ihr-drb-vor-dem-bverfg-in-sachen-besoldung)

@ Pendler

Die offensichtlich nicht sachgerechte Regelungsdichte im Besoldungsrecht heben ebenfalls die beiden dbb-Rechtsexperten Alexia Tepke und Andreas Becker seit längerer Zeit regelmäßig hervor, wobei sie in ihrem letzten Beitrag in der ZBR noch ausgeführt hatten, dass heute kaum noch ein Beamte erkennen könne, ob die ihm gewährte Alimentation amtsangemessen sei, während sie das aktuell gleichfalls als offensichtliche Folge der seitdem vollzogenen Gesetzgebung weiter zugespitzt formulieren:

"Besoldungspraktisch kann heute kein Beamter mehr einordnen, ob die ihm gewährte Besoldung - gegebenenfalls ergänzt um einen ortsbezogenen Familien-(ergänzungs-)zuschlag - amtsangemessen ausgestaltet ist. Infolge der Intransparenz und Komplexität bereits wegen der [in den 17 Rechtskreisen; ST.] unterschiedlichen Gewichtung von familiären und/oder ortsbezogenen Elementen ist dies auch Fachleuten kaum mehr rechtssicher möglich." (S. 9)

Das deckt sich also eins zu eins mit dem, was der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichts zu grundlegenden sozialrechtlichen Regelungen ausführt.

--- End quote ---

Und genau das treibt mir die Galle hoch.
Da wird auf der einen Seite von mehreren Seiten festgestellt, dass nahezu kein Beamter mehr infolge der Komplexitaet und Regelungsdichte feststellen kann ob er amtsangemessen alimentiert wird. Auf der anderen Seite wird von den, wie eben festgestellt, in diesem Punkt unwissenden Beamten aber zwingend verlangt entsprechend in dem Jahr einen Widerspruch gegen eine nicht amtsangemessene Alimentation einzulegen. Das Schreiben des BMI blende ich in diesem Zusammenhang mal aus.
Wie kann man zwingend von einem Beamten erwarten/fordern einen Widerspruch einzulegen um seine Rechte und Ansprueche zu wahren, wenn es dem Betroffenen schlicht wewg gar nicht moerglich ist zu erkennen das er nicht amtsangemessen alimentiert ist. Um Widerspruch einzulegen muss ich doch erstmal wissen das die Besoldung eben nicht amtsangemessen ist.
Dies muesste doch auch das BVerfG in dem ganzen Komplex zur Kenntnis nehmen umd dem BesGesetzgeber zukuenftig diese Option nehmen auf die nicht haushaltsnahe Geltendmachung der Ansprueche zu beharren.
Ich komme mir immer mehr vor wie in dem Haus das Verrueckte macht.

Ozymandias:
In unserem Rechtsstaat muss man seine Rechte besser kennen als ein Richter, um zu seinem Recht zu gelangen.

Ist mittlerweile halt so.

SwenTanortsch:
Ich kann Deine Empörung gut nachvollziehen, Bundi, und ich möchte sie Dir mit den nachfolgenden Worten nicht absprechen, da sie ja Folge des konzertierten Verfassungsbruchs ist, von dem Ulrich Battis begründet spricht, der in der aktuellen Form seit mindestens rund drei Jahren so, wie er sich heute darstellt, wirkt, und der also nun dazu führt, dass Alexia Tepke und Andreas Becker gleichfalls begründet davon ausgehen, dass heute keine Beamter mehr rechtssicher sagen könne, ob er noch amtsangemessen alimentiert werden würde. In einem Rechtsstaat ist es empörend, dass so mit dem Individualrecht amtsangemessener Alimentation umgegangen wird - und zwar nicht nur für den einzelnen Beamten selbst, dem entsprechend sein Recht vorenthalten wird, sondern auch für das Gemeinwesen als Ganzes, für das es nicht ohne Folge bleiben kann, dass die öffentliche Verwaltung hinsichtlich ihres Einkommens in weiten Teilen oder als Ganze faktisch rechtlos gestellt wird.

Dennoch gehe ich eher davon aus, dass Karlsruhe nicht die von Dir anvisierten Folgerungen zieht: Denn letztlich kann es rechtsstaatlich nicht sein, dass das konzertierte Handeln der Dienstherrn mitsamt der Beschädigung des Rechts dazu führt, das öffentliche Dienstrecht nun auch von judikativer Seite abzubauen. Vielmehr wird sich Karlsruhe veranlasst sehen müssen, das öffentliche Dienstrecht im Rahmen seiner gesetzlichen Ausformung wieder zu stärken, um so dem einzelnen Bediensteten zu seinem Recht im Sinne des effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG zu verhelfen.

Dabei bleibt unter anderem weiterhin handlungsleitend, dass der Beamte aus seiner Bindung an das geltende Recht nicht nur die Pflicht zur Remonstration gegen ihm gegebene Anweisungen hat, sofern er sich sicher ist, dass diese Anweisung gegen geltendes Recht verstößt, sondern dass er bereits schon dann zu remonstrieren hat, wenn er sich unsicher ist, ob die Anweisung mit geltendem Recht in Einklang steht. Damit wird der Vorgesetzten, der sich nicht minder qua Amt und Eid an das geltende Recht gebunden sieht und so übergeordnet die staatliche Gewalt in der Bundesrepublik zur Wahrung der demokratischen Ordnung in die Pflicht genommen, die Anweisung zu prüfen. Dazu sind beide in ihren Dienstgeschäften verpflichtet.

Als weitgehend nichts anderes stellt sich nun der Widerspruch gegen die dem Beamten gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze dar, den er aus vor allem haushaltsrechtlichen Gründen regelmäßig zeitnah zu führen hat: Der Beamte hat nicht nur dann Widerspruch gegen die ihm gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze zu führen, wenn er sich sicher ist, dass er nicht amtsangemessen alimentiert wird, sondern auch schon dann, wenn er sich unsicher ist, ob er amtsangemessen alimentiert wird; es ist so verstanden beamtenrechtlich unerheblich, ob er sich nicht mehr in der Lage sieht, die Höhe der ihm gewährten Alimentation selbst als amtsangemessen betrachten zu können oder nicht (unabhängig davon, dass es rechtsstaatlich zumindest im höchsten Maße irrtierend sein sollte, dass dem so sei). Denn mit seinem Widerspruch gibt er der öffentlichen Verwaltung die von jener dann zwingend durchzuführende Möglichkeit, festzustellen, ob sie sich mit der Alimentierung des jeweiligen Bediensteten im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung bewegt oder nicht, kommt also im Zuge dessen ihrer rechtsstaatlichen Pflicht nach.

Daran wird sich allein schon deshalb nichts ändern - denke ich -, weil das Haushaltsrecht sich aus anderen Rechtsquellen speist als das Beamtenrecht und sich dieses Beamtenrecht wiederum hinsichtlich von Verwaltungsakten kaum anders darstellen kann als das Verwaltungsrecht insgesamt, soll heißen, der Beamte kann verwaltungsrechtlich offensichtlich kaum besser gestellt werden als die anderen Normunterworfenen, ohne privilegiert zu werden - und zwar unabhängig davon, ob nun der Dienstherr in Gestalt des Gesetzgebers regelmäßig im Besoldungsrecht die Verfassung bricht oder nicht; denn verfassungsrechtlich kann ein solcher Bruch nur die nicht vorgesehene Ausnahme von der Regel sein.

Genau deshalb bahnt sich nun allerdings in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein fundamentaler Rechtsprechungswandel an, wenn es im Urteil vom 21. März 2024 - 5 C 5.22 -, https://www.bverwg.de/de/210324U5C5.22.0, Rn. 14 ausführt (Hervorhebung durch ST.), dass angesichts erfolgreicher Klagen von Beamten auf Feststellung mangelnder Amtsangemessenheit ihrer Alimentation nicht mehr selbstverständlich davon ausgegangen werden könne, die Alimentation übersteige regelmäßig das nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Besoldungsniveau.

Denn damit wird ein möglicher Zustand angezeigt, der im Besoldungsrecht alsbald ggf. als ein verfassungsrechtlicher Ausnahmezustand interpretiert werden könnte - und das nun dürften dann juristisch nicht ohne Folgen bleiben können. Entsprechend finden wir zurzeit noch einen Dissens zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht, das bislang regelmäßig ausgeführt:

"Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf" (vgl. nur in der aktuellen Entscheidung die Rn. 47; Hervorhebungen durch ST.)

Es wird interessant werden, ob Karlsruhe in Anbetracht von heute 64 Vorlagen aus zwölf Bundesländern nun weiterhin davon ausgeht, dass es an gegenteiligen Anhaltspunkt mangle, die also hinreichend darauf hindeuteten - denn genau das tun offensichtlich Anhaltspunkte -, dass die verfassungsrechtlich zu erwartende Regelhaftigkeit heute nicht mehr hinreichend gegeben sei. Kommt Karlsruhe nun nicht zu diesem Schluss, schließt sich also der sich nun abzeichnenden Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts an, dürfte das dann nicht ohne Folgen für seine Rechtsprechung bleiben können - und ließe der Senat den sich abzeichnenden Dissens zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen, dürften wir damit rechnen, dass Leipzig seine Sicht auf die Dinge zukünftig weiter ausführen würde, um sie so zu begründen. Der Dissens dürfte sich dann also sukzessive vergrößern, wobei wir dann davon ausgehen können dürften - denke ich -, dass hier das Bundesverwaltungsgericht mit jeder weiteren hinzukommenden Vorlage die schlagenderen Argumente auf seiner Seite haben dürfte: Das Bundesverfassungsgericht müsste sich dann also mindestens dazu aufgefordert sehen, zukünftig schnellere Entscheidungen zu treffen, um die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zu entkräften - auch hier sehen wir folglich im Dissens den effektiven Rechtsschutz walten, der jedoch als Mühle der Justiz langsam mahlt.

Ergo: Auch (und gerade hier) liegt ein interessantes Feld vor uns, nach dem man in der schriftlichen Begründung der angekündigten Entscheidung fahnden kann (und sollte), wenn sie denn dann vorliegt.

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