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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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sapere aude:
@ WasDennNun
Das ist auch meine Prognose! Insofern vollste Zustimmung

Bastel:

--- Zitat von: WasDennNun am 10.02.2021 08:07 ---

Es bleibt spannend, wie sich das entwickeln wird, bisher läuft es ja in die Richtung wie ich es vor div Monaten schon vermutet habe.


--- End quote ---

Weil es mit die billigste Lösung ist. Ob das ganze auch vor Gericht bestand hat, ist noch nicht geklärt.

Ein A6er hätte mit 3 Kindern (in Mietenstufe VII) Zuschläge in Höhe von ca. 35% seines Gesamtjahresbrutto. Abwarten, ob das Rechtens ist.

Fahnder:

--- Zitat von: WasDennNun am 10.02.2021 08:07 ---
--- Zitat von: sapere aude am 09.02.2021 20:28 ---@ Asperatus
Ab dem dritten Kind hat das BVerfG doch genau dies gemacht: Regelbedarf + 15%.

--- End quote ---
Genau, weil dort ja auch 100% der "Mindest"Kosten des Kindes mit dem Zuschlag gedeckt werden müssen.
Kind 1+2 werden ja zum Teil via der Grundbesoldung abgedeckt, die ja zur höheren Netto Besoldung des Singles führen (also umgekehrtes Fertilisationsprinzip  8) ) , was ja an der Ausrichtung an eine 4K Familie liegt.

Und wenn irgendwie Unterkunftskosten in die Besoldung in Form fam FamZ oder REZ eingerechnet werden, dann doch nur in der Höhe, wie sie ein nicht Beamter vom Staat bezahlt bekäme +15%.
Was in den Jobcentern, Gemeinden als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung errechnet (via Wohngeldtabelle) errechnet wird.


--- End quote ---

Herr WasDennNun, genau da liegt das Problem! Der Staat bezahlt dem Hartz4 Empfänger und seiner Familie sämtlich Wohnkosten und zwar auch, wenn diese mehr als angemessen sind! Ein Grundsicherungsempfänger kann diese Kosten geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass er z.B. in München nicht für unter den angemessenen 1.065 EUR (ohne Heizung) eine Wohnung findet. Und jetzt raten Sie mal bitte, wie viele dafür eine Wohnung finden...

Daher hat das BVerfG eindeutig festgelegt, dass keine pauschalisierten Wohnkosten angesetzt werden dürfen, sondern eine differenzierte 95-Perzentil-Betrachtung erfolgen muss, da er diesen Grundsicherungsfamilien in der Praxis eben auch mehr als angemessen Wohnkosten bezahlt. Alles andere ist eine "Schätzung ins Blaue". Ihre dargestellte Lösung wurde vom BVerwG entwickelt und vom BVerfG mit der o.g. Begründung abgelehnt! Ich glaube, dass das BVerfG über dem BVerwG steht, aber ich kann mich auch täuschen, klären Sie mich bitte auf.

Und was macht dieser Entwurf? Er ignoriert diese Vorgaben einfach aus "strukturellen Gründen" bzw. mit Verweis auf Zahlungen an Asylsuchende. Dies ist Verfassungsbruch mit Vorsatz (dolus eventualis) und wird daher keinen Bestand haben. Wenn ich im Dienst Recht so anwenden würde, würde ich disziplinarisch belangt werden können.

Der Staat stellt sich hin und tut so, als ob er den Familien in den Ballungsgebieten etwas gutes tut. Dabei spart auf dem Rücken genau dieser (sowie auf dem Rücken von Singles, Einkindfamilien und Pensionären) und lässt sich dafür auch noch hochleben. Der REZ und/oder das Grundgehalt ist evident zu gering und daher anhand der tatsächlichen Wohnkosten zu erhöhen! 

Asperatus:

--- Zitat von: Fahnder am 09.02.2021 20:31 ---Woher sollen Sie denn wissen, ob die Besoldung amtsangemessen ist, wenn das Gesetz dazu für 6 von 7 "Mietstufen-Familiengruppen" keine Begründung darlegt? Entschuldigen Sie bitte, aber arbeiten wir bei Gesetzesbegründungen in Deutschland nunmehr mit Wahrscheinlichkeiten?

--- End quote ---

Weiß ich nicht. Deshalb habe ich angegeben, dass ich dies für wahrscheinlich halte.


--- Zitat von: Fahnder am 09.02.2021 20:31 ---Jede Überlegung zu einem Gesetz muss eindeutig prozeduralisiert werden, sonst kann sie vor den Gerichten nicht überprüft werden. Insoweit schreibt das BVerfG, dass die genaue Prozeduralisierung Voraussetzung für ein verfassungskonformes Besoldungsgesetz ist, eine fehlende also automatisch zur Verfassungswidrigkeit führt (unabhängig von einer eventuellen materiellen Dimension), da eine rückwirkende Heilung dieser Begründung in Besoldungsfragen unzulässig ist (vgl. dazu Rn. 96f., 2 BvL 4/18).

--- End quote ---
Ja, das BVerfG schreibt eine Prozedualisierung vor, aber keine eindeutige oder genaue, wie angeführt. Diese Pflicht trifft auch den Gesetzgeber und nicht die Bundesregierung. Eine automatische Verfassungswidrigkeit ist Unsinn. Zunächst müsste Rechtsmittel vor dem BVerfG von einem dazu Berechtigten eingelegt werden. Infolge hätte das BVerfG zu entscheiden.


--- Zitat von: Fahnder am 09.02.2021 20:31 ---Und selbst wenn diese Berechnung im Hintergrund gemacht wurde, dann wurden offensichtlich nicht die tatsächlichen Wohnkosten, sondern Schätzungen ins Blaue hinein vorgenommen, wie Swen bereits umfassend dargelegt hat. Oder können Sie mir erklären, wieso die Wohnkosten in Berlin 2015 für Mietstufe IV seitens des BVerfG mit 1.116,46 EUR angesetzt wurden (vgl. dazu Rn. 146., 2 BvL 4/18), in Mietstufe VII beim Bund jedoch 6 Jahre später wohnen nur 1.171,50 EUR kosten soll (vgl. dazu S. 52., Entwurf zum BBVAnpG20212022)? Wahrscheinlich wäre der Verfassungsverstoß zu auffällig gewesen, hätte man die Wohnkosten für Stufe IV beim Bund prodezuralisiert...

--- End quote ---

Dieser scheinbare Widerspruch begründet noch keine offensichtliche Schätzung ins Blaue. Im BVerfG-Beschluss sind die Wohnkosten beispielsweise einheitlich ausgewiesen, im Gesetzentwurf sind die Heizkosten extra ausgewiesen. Addiert ergeben Wohnkosten und Heizkosten im Entwurf 1322,05 Euro.


--- Zitat von: Fahnder am 10.02.2021 11:01 ---Ein Grundsicherungsempfänger kann diese Kosten geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass er z.B. in München nicht für unter den angemessenen 1.065 EUR (ohne Heizung) eine Wohnung findet. Und jetzt raten Sie mal bitte, wie viele dafür eine Wohnung finden...

Daher hat das BVerfG eindeutig festgelegt, dass keine pauschalisierten Wohnkosten angesetzt werden dürfen, sondern eine differenzierte 95-Perzentil-Betrachtung erfolgen muss, da er diesen Grundsicherungsfamilien in der Praxis eben auch mehr als angemessen Wohnkosten bezahlt.

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Wenn weniger als 95 Prozent eine Wohnung für weniger als 1.065 Euro finden, müssen die Werte entsprechend angepasst werden. Das Grundsicherungsniveau steigt und damit auch die Mindestalimentation.

Können Sie beschreiben, wie die differenzierte 95-Perzentil-Betrachtung erfolgen muss (Rechenweg)? Ich kann mir darunter nichts vorstellen.

Asperatus:

--- Zitat von: SwenTanortsch am 09.02.2021 23:58 ---
--- Zitat von: Asperatus am 09.02.2021 20:18 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 09.02.2021 17:58 ---Dies war die Frage: Da Du die Düsseldorfer Tabelle als keinen geeigneten Maßstab ansiehst, den Grundbedarf für ein Kind im Sinne des Besoldungsrechts zu ermitteln, wie Du schreibst, wird Dir ein anderer Maßstab vorschweben. Welcher ist das?

Das ist Deine allgemeine Antwort: "Mit Rückgriff auf das Sozialrecht, wie vom BVerfG vorgenommen." Kannst Du das konkretisieren?

--- End quote ---

Das BVerfG hat in seinem Beschluss nicht auf das Unterhaltsrecht nach BGB, sondern auf das Sozialrecht nach SGB XII zurückgegriffen. Es kommt nur darauf an, die Mindestalimentation zu ermitteln. Diese variiert nach Wohnort und Zahl der Kinder. Sie richtet sich nach dem Grundsicherungsniveau zzgl. 15 Prozent. Ein gangbarer Weg ist der Rückgriff den den Kinderanteil innerhalb des Grundsicherungsniveaus zu bestimmen ist auf das Regelbedarfsermittlungsgesetz zurückzugreifen, wie im Gesetzentwurf geschehen. Demnach liegen die gewichteten Regelbedarfe für zwei minderjährige Kinder bei 629,12 Euro.

Falsch wäre zu denken, der Familienzuschlag (mit oder ohne REZ) müsse dem Regelbedarf nachbilden. Entscheidend ist, dass die Summe der Bezüge die Mindestalimentation erfüllt. REZ und FamZ bilden da regelmäßig nur einen Anteil.

--- End quote ---

Zunächst einmal ist das ein sehr verkürzter Blick auf Rn. 51 der aktuellen Entscheidung, da das BVerfG dort ja zurecht betont, dass die Leistungen nach SGB II und XII nur teilweise auf gesetzgeberische Pauschalisierungen zurückgreifen können, da der Sozialgesetzgeber auch an den tatsächlichen Bedürfnissen anknüpft, und zwar explizit mit Blick auf die Unterkunftskosten. Nur deshalb gibt es ja so etwas wie das WoGG; ansonsten könnten auch mit Blick auf die Unterkunft auf den undifferenzierten Wert des Existenzminimumberichts zurückgegriffen werden, was das BVerfG aber auch diesbezüglich nicht zulässt (vgl. in der aktuellen Entscheidung Rn. 56). Der Wert von 629,12 € ist also mit Sicherheit nicht als realitätsgerecht zu begreifen, sondern deutlich zu gering. Genau deshalb greife ich ja auf die Düsseldorfer Tabelle zurück und lege also einen deutlich höheren Wert zu Grunde, weil das offensichtlich realitätsgerechter ist.

Wenn Du diesen Wert von 629,12 € aber als realitätsgerecht begreifen möchtest, dann würde Deine ganze Argumentation aber ja nur noch mehr dafür sprechen, dass die Gesamtbeträge aus Familienzuschlägen sowie Ergänzungszuschlägen für die Familienstufe 3 unter Addition des Kindergelds in Höhe von 219,- € pro Kind evident sachwidrig wären:

  I          898,16 €
  II       1020,16 €
  III      1.146,16 €
  IV      1.293,16 €
  V       1.431,16 €
  VI      1.575,16 €
  VII     1.741,16 €

Denn wie bereits hervorgehoben, geht das BVerfG regelmäßig davon aus, dass solange, wie eine amtsangemessene Alimentation vorliegt, der Kindesunterhalt einer Familie mit einem oder zwei Kindern ganz überwiegend aus den allgemeinen, d.h. „familienneutralen“ Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann, weshalb die hinzutretenden kinderbezogenen Gehaltsbestandteile erheblich unterhalb der Beträge bleiben können, die die Rechtsordnung als Regelsätze für den Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 30. März 1977 – 2 BvR 1039/75 –, Rn. 65). Die familienbezogenen Zuschläge einschließlich des Kindergelds können deshalb den zusätzlichen Bedarf, der der Beamtenfamilie beim ersten und zweiten Kind erwächst, nicht annähernd ausgleichen (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 –, Rn. 48).

Die Regelung, wie sie im Gesetzesentwurf vorgenommen wird, verstieße also, legte man den von Dir vorgeschlagenen Wert von 629,12 € zu Grunde, nur noch extremer gegen die Judikatur des BVerfG, da nun keiner der entsprechend erhöhte Familienzuschläge deutlich unter, sondern alle ausnahmslos deutlich über den Regelsätzen für den Kindesunterhalt liegen und so - wie gestern und vorgestern gezeigt - evident sachwidrig auf "familienneutrale" Gehaltsbestandteile zurückgreifen würden.

Wie gesagt, Du versuchst krampfhaft einen Entwurf zu verteidigen, der nicht zu verteidigen ist, weil er vielfach gegen die Judikatur des BVerfG verstößt. Deine Verteidigung des Entwurfs ist also nur möglich, wenn Du wiederkehrend genauso vorgehst wie jener Entwurf. Nicht umsonst wirst Du für Deine abschließende Darlegung in der Judikatur des BVerfG keinen Beleg finden: "Falsch wäre zu denken, der Familienzuschlag (mit oder ohne REZ) müsse dem Regelbedarf nachbilden. Entscheidend ist, dass die Summe der Bezüge die Mindestalimentation erfüllt. REZ und FamZ bilden da regelmäßig nur einen Anteil."

Denn erstens geht es um keine "Nachbildung" und zweitens sind eben die Regelsätze des Kindesunterhalt bei der Bemessung einer amtsangemessenen Alimentation zu beachten, wie die beiden gerade genannten Entscheidungen des BVerfG es fordern.

--- End quote ---

Eine Übernahme der in den Existenzminimumberichten angewandten Methode kam deshalb nicht in Betracht, weil dort die Mietenstufen ab V und höher nicht betrachtet wurden.

Im zitierten Beschluss von 1977 spricht das BVerfG davon, dass nicht festgeschrieben sei, dass bei Familien mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. "familienneutralen" und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann. Dies merkt man natürlich nicht, wenn man nur in das von mir kritisierte Gutachten von Schwan guckt. Ein Blick in die Entscheidungen des BVerfG würde gut tun. Dies ist aber offensichtlich nicht erfolgt, da die von Schwan falsch zitierten Randnummern in deinem Beitrag übernommen wurden. Auch beim Beschluss von 1990 sind die Randnummern falsch zitiert (so falsch wie im Schwan-Gutachten, des unabhängigen "Sachverständigen" ohne nachgewiesene Sachkenntnis). Insofern bin ich mir nicht sicher, ob es für mich den Aufwand lohnt, mit dir noch weiter in der Sache zu diskutieren.

Die Antwort auf die Frage, wer krampfhaft versucht, den Gesetzentwurf schlechtzureden bzw. zu verteidigen und wer sich eingängiger mit der von dir viel zitierten "Judikatur" beschäftigt hat, überlasse ich den übrigen Lesern.

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