Was passiert eigentlich, wenn z.B. ein Beamter mD, alleinerziehend, 2 Kinder, nicht mehr in der Lage ist seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Gibt's eine Stelle wo dieser sich hinwenden kann?
Für aktive Beamte gilt diesbezüglich grundsätzlich dasselbe, was ich gestern hier um 21:26 Uhr hinsichtlich Versorgungsempfänger geschrieben habe:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,117235.930.htmlDer Dienstherr ist verpflichtet, den Beamten so zu alimentieren, dass er lebenslang in die Lage versetzt ist, seine Pflicht zu erfüllen, in seinem Verhalten innerhalb
und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 (1) BeamtStG; Hervorhebungen durch mich). Zugleich ist seine Besoldung so zu bemessen, dass am Ende die gewährte Nettoalimentation am Ende zu keiner Zeit während seiner aktiven Dienstzeit unterhalb der Mindestalimentation liegt, die unter Berücksichtigung der familienbezogenen Bezügebestandteile und des Kindergelds nicht um weniger als 15 % über dem Grundsicherungsniveau liegen darf (vgl. die Rn. 47 in der aktuellen Entscheidung). Als Folge dessen, dass der aktive Beamte verfassungsrechtlich ausnahmslos immer deutlich oberhalb des sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveaus zu alimentieren ist, sollte er grundsätzlich von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen sein, sodass Deine Frage diesbezüglich eigentlich nur mit einem Nein zu beantworten ist: Staatlicherseits gibt es eine solche Stelle nicht, da davon auszugehen ist, dass der Beamte nicht in die Situation kommt, dass der von Dir geschilderte Fall eintritt; der Fall, dass ein Beamter staatlicher Tranferleistungen bedürfte, die über die allgemein gegebenen (wie Kindergeld) oder möglichen (wie BAföG-Leistungen) hinausgehen, ist per se nicht vorgesehen.
In der Realität dürfte der von Dir geschilderte Fall jedoch insbesondere in den unteren Besoldungsgruppen in vielen Besoldungsrechtskreisen wiederkehrend als Folge der in fast allen Besoldungsrechtskreisen eklatanten Unterschreitung der Mindestalimentation gegeben sein. Auch deshalb dürften sich nicht wenige Beamte, insbesondere mit Familie, mit Nebenverdiensten über Wasser halten.
Zugleich hat es hier im Forum in der Vergangenheit eine Diskussion darüber gegeben, ob es Beamte geben würde, die Wohngeld beziehen würden. Nach § 3 i.V.m. § 1 WoGG sollten Beamte nicht davon ausgeschlossen sein, wohngeldberechtigt zu sein. Wegen des von mir oben geschilderten verfassungsrechtlich verbürgten absoluten Alimentationsschutzes dürfte aber der Fall, dass die Wohngeldberechtigung auch zu Wohngeldzahlungen führt, eigentlich nicht gegeben sein. Gegebenfalls kann es aber in Anbetracht der vielfach eklatanten Unteralimentation in der Realität dennoch zu dem Ergebnis kommen, dass sich ein Anspruch auf eine Höhe des Wohngelds nach § 19 WoGG ergibt, schätze ich. Was daraus sozialrechtlich folgt, kann ich aber nicht abschätzen, da ich mich nicht hinreichend im Sozialrecht auskenne. Nach meinem Verständnis wäre es rechtlich absurd, wenn es Beamte geben würde, die Wohngeld bezögen, da das hinsichtlich des vom Dienstherrn zwingend zu beachtenden Alimentationsprinzips augenscheinlich ausgeschlossen sein muss.
Und um auf Deine Frage zurückzukommen: Wenn der alleinerziehende Beamter im mittleren Dienst mit zwei Kindern nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, dann wird er über kurz oder lang nicht mehr seiner Verpflichtung nachkommen können - so ist zu vermuten -, den sich aus § 34 Abs. 1 BeamtStG ergebenden Folgen hinreichend nachzukommen. Da der Dienstherr heute weiterhin in allen Rechtskreisen davon ausgeht, dass seine Beamte ausnahmslos amtsangemessenen alimentiert werden, dürfte er in einem solchen Fall über kurz oder lang gegen das entsprechende Verhalten des Beamten, das die Forderungen aus § 34 (1) BeamtStG nicht erfüllt, disziplinarisch einschreiten, denke ich. Denn ein entsprechender Dienstherr muss die Ursache und Verantwortung für entsprechende Verletzungen beim Beamten suchen, da es für ihn rechtlich keine anderen geben kann. Um also Deine Frage kaum sarkastisch noch weitergehend zu beantworten: Nein, es dürfte eigentlich keine entsprechende Stelle geben; der entsprechende Beamte kann aber ganz beruhigt sein, über kurz oder lang wird es eine Stelle geben, die dann entsprechend an ihn herantritt, um ihn an seine Pflichten zu erinnern. Wie soll man's nennen: Fürsorgliche Verwahrlossung?