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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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SwenTanortsch:

--- Zitat von: InternetistNeuland am 25.06.2025 14:07 ---Selbst wenn die Vollstreckungsanordnung kommt in Berlin, was soll der einzelne Beamte denn machen, falls der Dienstherr nicht reagiert?
Seinen Lohn durch Pfändung vollstrecken lassen?

Immobilien sind angemietet, Dienstwagen und PCs sind geleast. Sollen die das Klopapier mitnehmen? Das hat seit Corona leider stetig an Wert verloren.

--- End quote ---

Er muss wie gehabt vor dem Verwaltungsgericht sein Recht erstreiten. Der Unterschied ist dann nur, dass - sofern Karlsruhe nach § 35 BVerfGG in seiner Entscheidung bestimmen, dass die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit sie vollstreckt und im Einzelfall auch die Art und Weise der Vollstreckung regelt - ihm die Verwaltungsgerichtsbarkeit für die streitgegenständlichen Jahre 2010 bis 2015 die ihm vorenthaltende Leistung unmittelbar zuerkennen kann, sofern der Berliner Besoldungsgesetzgeber nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist eine sachgerechte gesetzliche Neuregelung für den Zeitraum erlässt, sofern er also bis zur Frist untätig bliebe bzw. auch darüber hinaus nur ein Handeln zeigte, dass einer Untätigkeit gleichkäme. Die Kammer hätte also eine sachgerechte gerichtliche Kontrolle zu vollziehen und müsste - sofern sie zu einem der beiden gerade genannten Schlüsse käme: Untätigkeit des Gesetzgebers oder ein Handeln, das zweifelsfrei nur als einer Untätigkeit gleichkommend zu betrachten wäre - dann eine entsprechende Entscheidung fällen, da sie ja an die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mitsamt der Vollstreckungsanordnung gebunden wäre.

Entsprechend ist der Senat 1998 hinsichtlich des alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs vorgegangen, nachdem der Senat 1977 in einer Verfassungsbeschwerde und 1990 in einer konkreten Normenkontrollverfahren zu dem Ergebnis einer evident sachwidrigen Regelung des alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs ab dem dritten Kind gelangt war und der Besoldungsgesetzgeber die ihm im letzteren Verfahren aus dem Jahr 1990 auferlegte Frist hat untätig verstreichen lassen. In dem Verfahren BVerfGE 99, 300 aus dem Jahr 1998 hat der Senat zunächst in der Nr. 2 der Entscheidungsformel ausgeführt (https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv099300.html):

"Kommt der Gesetzgeber dem nicht nach, so gilt mit Wirkung vom 1. Januar 2000:
Besoldungsempfänger haben für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C. III. 3. errechnet."

Die Berechnungsgrundlage ist dann an der genannten Stelle für die gerichtliche Kontrolle ausgeführt worden (BVerfGE 99, 300, 321). Zugleich hat sie der Senat zuvor selbst angewandt, sodass die Methodik offenlag. Damit war im Sinne des zweiten Halbsatzes des § 35 BVerfGG im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung geregelt.

Am Ende hat er dann im Sinne von § 35 BVerfGG klargestellt:

"Die Entscheidungsformel zu 2. beruht auf § 35 BVerfGG. Die Maßnahme ist geboten, weil der Gesetzgeber trotz der ihm in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. März 1977BVerfGE 99, 300 (331) BVerfGE 99, 300 (332)und vom 22. März 1990 gegebenen Handlungsaufträge die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern bis zum Jahre 1996 (und möglicherweise auch danach) nicht in einer mit dem Grundsatz der Alimentation vereinbaren Höhe festgesetzt hat. Erfüllt der Gesetzgeber seine durch diese Entscheidung erneut festgestellte Verpflichtung nicht bis zum 31. Dezember 1999, so sind die Dienstherren verpflichtet, für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zu gewähren (vgl. oben C. III. 3.). Die Fachgerichte sind befugt, familienbezogene Gehaltsbestandteile nach diesem Maßstab zuzusprechen. " (BVerfGE 99, 300, 331 f.)

Damit war mit dem letzten Satz der erste Halbsatz des § 35 BVerfGG klargestellt worden. Es dürfte nicht gänzlich unwahrscheinlich sein, dass der Senat hinsichtlich des Berliner Besoldungsgesetzgebers für den Zeitraum 2010 bis 2015 im ähnlichen Maße vorgeht, wie ich es hier nun anhand der Entscheidung aus dem Jahr 1998 dargestellt habe.

PolareuD:
Ich sehe das auch so, dass eine Vollstreckungsanordnung alles beschleunigen würde.

Mir ist nur noch nicht klar, wie so eine Vollstreckungsanordnung aussehen könnte, da wir ja noch gar nicht wissen, wie eine verfassungskonforme amtsangemessene Alimentation aussehen könnte. Letztendlich kann nur die Höhe der Mindestalimentation beziffert werden. Im Weiteren müsste das BVerfG z.B. den Ausführungen von Swen zum indiziellen Grundbesoldungsäquivalent folgen oder ggf. einen anderen Weg aufzeigen, um die Höhe der Grundbesoldung ermitteln zu können.

NWB:
Und genau das will/soll/möchte das BVerfG ja gerade nicht tun, weil das ja Aufgabe der Legislative ist...

SwenTanortsch:

--- Zitat von: PolareuD am 25.06.2025 14:51 ---Ich sehe das auch so, dass eine Vollstreckungsanordnung alles beschleunigen würde.

Mir ist nur noch nicht klar, wie so eine Vollstreckungsanordnung aussehen könnte, da wir ja noch gar nicht wissen, wie eine verfassungskonforme amtsangemessene Alimentation aussehen könnte. Letztendlich kann nur die Höhe der Mindestalimentation beziffert werden. Im Weiteren müsste das BVerfG z.B. den Ausführungen von Swen zum indiziellen Grundbesoldungsäquivalent folgen oder ggf. einen anderen Weg aufzeigen, um die Höhe der Grundbesoldung ermitteln zu können.

--- End quote ---

Auch hier würde das gelten, was der § 35 BVerfGG im zweiten Halbsatz ausführt. Karlsruhe dürfte dann im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln, also bspw., indem es den Kontrollmaßstab der Alleinverdienerannahme mitsamt der vierköpfigen Beamtenfamilie heranziehen würde und so nun eine sachgerechte Höhe der Grenze zur Unteralimentation bemessen würde (was bereits in der aktuellen Entscheidung geschehen ist, vgl. dort die Rn. 153 f. (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).

Von diesem absolut geringsten Betrag ausgehend, könnte man nun indizielle Bemessungen bspw. anhand des Grundgehaltsäquivalents durchführen, was in der gerichtlichen Kontrolle gestattet wäre (anders als in der Besoldungsgesetzgebung). Damit könnte dann für jede Besoldungsgruppe und jede Erfahrungsstufe auf Basis der indiziellen Mindestbesoldung und der jeweiligen 2010 bis 2015 festzustellenden prozentualen Steigerungsrate, die also 2010 bis 2015 ja geregelt waren und sich in ihren Abständen im Rahmen der damaligen Gesetzgebung als nicht evident sachwidrig darstellten (die Abstände), in den Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen ein entsprechender Betrag ermittelt werden. Denn da Karlsruhe auch jetzt wieder - wie schon in der aktuellen Entscheidung - die Grundgehaltssätze als verfassungswidrig betrachten wird, wäre eine solche Methodik offensichtlich zielführend, wenn sie auch zu signifikant höheren Erhöhungswerten führen müsste, also wollte das Abgeordnetenhaus ein eigenes Reparaturgesetz erlassen, dass sachgerecht wäre. Denn als Gesetzgeber könnte er bspw. in einem sachgerechten Reparaturgesetz eigene prozentuale Beträge bemessen, z.B. auf Basis aller Parameter der ersten Prüfungsstufe.

Wie hat schon Roy Black regelmäßig gesungen: "Ein Bisschen Motivation muss sein".

@ NWB

Der Erlass einer Vollstreckungsanordnung ist alleinige Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, das dieser Aufgabe sicherlich nachkommen will, sofern ihm keine andere Möglichkeit bliebe, um dem Verfassungsrecht Geltung zu verschaffen. Der Gesetzgeber hat ja nach dem Erlass einer Vollstreckunganordnung genügend Zeit, um ihrer Wirkung entgegenzuarbeiten. Denn ihm verbliebe eine Frist zur sachgerechten Reparatur des Gesetzes. Erst sein Untätigkeit bis zum Ablauf der Frist bzw. ein Handeln, das zweifelsfrei einer Untätigkeit gleichkäme, würde der Fachgerichtsbarkeit erlauben, im Sinne der Vollstreckunganordnung zu handeln.

Alexander79:

--- Zitat von: Rentenonkel am 24.06.2025 15:31 ---Mit dem Haushalt werden zunächst 10.000 Planstellen im militärischen Bereich und weitere 1.000 Planstellen im zivilen Bereich geschaffen.

Mit den Planstellen ist es dann möglich, überhaupt Ausschreibungen zu platzieren und Soldaten bzw. Beamte zu ernennen. Somit legen diese haushaltsrechtlichen Planstellen überhaupt erstmal den Grundstein, um Personal zu gewinnen.

--- End quote ---

Du verkennst das derzeit bereits rund 20.000 Soldatendienstposten vakant sind.
Es wird sich also nichts ändern wenn bis Ende des Jahres aus 20.000 vakanten Dienstposten auf einmal 30.000 vakante Dienstposten werden.

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