Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 4016023 times)

was_guckst_du

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #180 am: 10.02.2021 13:59 »
PS:
Sprich eigentlich was gesetzlich dagegen, wenn der Dienstherr sich nach den Dienstort und nicht nach den Wohnort richtet?

..was sogar naheliegend wäre, da sonst pro Dienstherr noch zig unterschiedliche Wohnorte zu beurteilen wären (schließlich ist die Wohnortwahl eine private Entscheidung, die ich letzlich bei Beibehaltung des Dienstortes beleibig wechseln kann)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #181 am: 10.02.2021 16:53 »
@swen
Mal wieder vielen Dank für deine Ausführungen und deiner Geduld Fragen zu beantworten oder Unklarheiten zu klären.

Wie kann denn der Bund überhaupt das 95%-Perzentil ermitteln?
Der Logik nach müssten doch alle Zahlen der 16 Bundesländer in einem Topf geschmissen werden und dann wird geschaut, wie hoch der Wert bei 95% liegt oder? Denn meiner Ansicht nach müsste doch ganz Deutschland vertreten sein oder sollen jeweils nur die örtlichen 95% des Wohnorts für den Bund gelten?

Gern geschehen, Unknown. Da die Bundesbesoldung ja genauso wie Du und verschiedene andere schreiben keine Ländergrenzen kennt, wird sich der Bund - denke ich - von der BfA zunächst das 95 %-Perzentil für jedes Land gesondert erstellen lassen müssen, um im Anschluss mit Blick auf das Land mit dem höchsten Perzentil das entsprechende Grundsicherungsniveau zu bestimmen und daran dann die entsprechende Mindestalimentation zu berechnen sowie im Anschluss die Nettoalimentation zu Grunde zu legen. Im Zuge dessen kann er dann darüber nachdenken, ob er die Mindestalimentation - die eben die Mindest-Alimentation darstellt, also den Korridor der verfassungskonform absolut niedrigsten amtsangemessenen Alimentation, die nicht mehr als 15 % oberhalb des sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveaus liegt - in der Bemessung der Nettoalimentation generell nur wenig oder stärker überschreiten möchte. Je weniger er sie überschreiten möchte, desto größer ist (da dann weitgehend ein Nullsummenspiel vorliegt) die Gefahr, dass er im Anschluss in der Besoldungsdifferenzierung zu verfassungswidrigen Unteralimentationen gelangt; je stärker er sie überschreitet, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass er danach zu verfassungskonformen Regelungen gelangt. Wenn er z.B. eine deutlich Erhöhung der Grundbesoldung vornehmen würde (was offensichtlich geboten ist), dann wäre unter anderem gewährleistet, dass der Kindesunterhalt einer Familie mit einem oder zwei Kindern ganz überwiegend aus den allgemeinen, d.h. „familienneutralen“ Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann, sodass er dann auch weiterhin verfassungskonforme Familienzuschläge in etwa der selben Höhe wie bislang ausformen könnte - und genauso könnte er dann, wenn er entsprechende Grundgehaltssätze zu Grunde legen würde, ebenfalls bei weiteren Besoldungsdifferenzierungen vorgehen.

Da das aber teurer wäre, versucht der Gesetzesentwurf wie zuvor auch das Land Berlin durch offensichtlich unstatthafte Berechnungen und Regelungen zu Mindest- und Nettoalimentationsbeträgen zu gelangen, die jenseits von Gut und Böse liegen, wie in den letzten Tagen anhand der entsprechend erhöhten Familienzuschläge dargelegt.

Die Grundbesoldung in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 liegt ab April bei 2.377, 55 € (vgl. im Entwurf im Anhang 4, S. 25; nebenbei: in der Bemessung der Nettoalimentation geht der Gesetzesentwurf übrigens anders als direktiv gefordert nicht von der Erfahrungsstufe 1 aus, sondern legt willkürlich die Erfahrungsstufe 5 mit einem Betrag der Grundbesoldung in Höhe von 2.603,17 € zu Grunde und tut damit unstatthaft so, als läge das Grundgehalt um rund 225,- € höher (also um mehr als neun Prozent höher), als es tatsächlich ist, womit also das Grundgehalt in der Realität für alle weiteren Beamten unstatthaft um neun Prozent gekürzt wird; vgl. im Entwurf S. 51 oben in der linken Spalte der Tabelle; das BVerfG legt hingegen zur Bemessung der Nettoalimentation direktiv fest: "Maßgeblich ist die niedrigste vom Dienstherrn für aktive Beamte ausgewiesene Besoldungsgruppe. [...] Abzustellen ist auf die niedrigste Erfahrungsstufe, weil angesichts der Vielgestaltigkeit der Erwerbsbiographien und im Hinblick auf die angehobenen Einstellungshöchstaltersgrenzen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass ein verheirateter Beamter mit zwei Kindern noch in der ersten Erfahrungsstufe eingeordnet ist." Rn. 74 f.)

Unabhängig von weiteren Zuschlägen erhöht sich diese Grundbesoldung in Höhe von 2.377,55 € anhand der entsprechend zuvor hier besprochenen Familienzuschläge z.B. in der Region München um 1.741,16 € für eine vierköpfige Beamtenfamilie, also um rund 73,2 %. Bislang hatte das Grundgehalt (unabhängig von weiteren Zuschlägen) 2.367,07 betragen und die Familienzuschläge 426,13 €; es erfolgt also bislang eine Erhöhung um rund 18 % (vgl. http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund-2020neu&g=A_5&s=1&f=3&z=100&zulage=&stj=2020&stkl=3&r=0&zkf=2). Mit diesem Prozentwert befand sich der Bund etwa in den Gefilden der Prozentwerte, die in der Vergangenheit von ihm wie den anderen Ländern kontinuiert worden sind. Hier zeigt sich genau das schon genannte Fertilitätsprinzip; neben das Leistungsprinzip tritt nun die Kinderzahl als maßgebliche Konstante in das Besoldungsrecht ein: Wer sein Grundgeghalt um rund Dreiviertel erhöhen möchte, leiste nicht in seiner Dienststelle, sondern an anderer Stelle entsprechend mehr.

Unabhängig davon, dass u.a. - wie vormals gezeigt - durch die systematisch zu gering bemessenen Unterkunftskosten das Grundsicherungsniveau deutlich zu gering bemessen worden ist, zeigt sich das gesamte Ausmaß der willkürlichen Bemessung auch hier: Denn in den letzten zehn Jahren haben sich ja nicht nur die Unterkunftskosten für Familien mit zwei Kindern massiv erhöht, sondern für alle. Nehmen wir also wieder München und nun das Portal Immobilienscout 24 zur Hilfe:

Dort sind zurzeit 2.634 freie Wohnungen im Angebot (vgl. https://www.immobilienscout24.de/). Billigen wir jenem unverheirateten und kinderlosen Beamten der Besoldungsgruppe A 4 in der ersten Erfahrungsstufe also mal zwei Zimmer und 55 qm zu und eine Miethöhe bis 1.200,- € (also mehr als die Hälfte seines Brutto-Grundgehalts), dann finden sich noch genau 204 entsprechende Wohnungen. Im ständen also knapp acht Prozent des Angebots zur Verfügung. Grenzen wir den Bereich des Umkreises auf 5 km ein, dann gibt es 1.494 Treffer, von denen noch 59 im entsprechenden Angebot wären (rund 3,9 % bzw. 2,2 % von allen); bei 4 km sind es noch 35 Treffer von dann noch vorhandenen 1.100 Treffern (rund 3,2 % bzw. 1,3 % von allen); bei 3 km finden sich zwölf entsprechende Treffer bei 649 freien Wohnungen (rund 1,8 % bzw. 0,5 % von allen); bei 2 km acht entsprechende Treffer bei 316 freien Wohnungen (rund 2,5 % bzw. 0,3 % von allen); bei 1 km vier entsprechende Treffer bei 75 freien Wohnungen (rund 5,3 % bzw. 0,15 % von allen).

In Rn. 60 der aktuellen Entscheidung hebt das BVerfG hervor: "Anders als die Regierung des Saarlandes in ihrer Stellungnahme ausführt, kann der Dienstherr nicht erwarten, dass Beamte der untersten Besoldungsgruppe ihren Wohnsitz „amtsangemessen“ in dem Ort wählen, der landesweit die niedrigsten Wohnkosten aufweist. Diese Überlegung entfernt sich unzulässig vom Grundsicherungsrecht, das die freie Wohnortwahl gewährleistet, insbesondere auch den Umzug in den Vergleichsraum mit den höchsten Wohnkosten." Von dieser Direktive sind die gerade genannten Zahlen - eben weil die Unterkunftskosten an die Kinderzahl gebunden werden und so ein großer Teil der Bundesbeamten von einer realitätsgerechten Berücksichtigung ihrer Unterkunftskosten ausgeschlossen wird - weit entfernt, da der Bund systematisch missachtet, dass die aktuelle Entscheidung zu Berlin nicht die Familienzuschläge, sondern die Grundgehaltssätze für sämtliche betrachteten Jahre für verfassungswidrig erklärt hat.

WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #182 am: 10.02.2021 17:25 »
Unabhängig davon, dass u.a. - wie vormals gezeigt - durch die systematisch zu gering bemessenen Unterkunftskosten das Grundsicherungsniveau deutlich zu gering bemessen worden ist, zeigt sich das gesamte Ausmaß der willkürlichen Bemessung auch hier: Denn in den letzten zehn Jahren haben sich ja nicht nur die Unterkunftskosten für Familien mit zwei Kindern massiv erhöht, sondern für alle. Nehmen wir also wieder München und nun das Portal Immobilienscout 24 zur Hilfe:

Dort sind zurzeit 2.634 freie Wohnungen im Angebot (vgl. https://www.immobilienscout24.de/)....
Herr WasDennNun, genau da liegt das Problem! Der Staat bezahlt dem Hartz4 Empfänger und seiner Familie sämtlich Wohnkosten und zwar auch, wenn diese mehr als angemessen sind! Ein Grundsicherungsempfänger kann diese Kosten geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass er z.B. in München nicht für unter den angemessenen 1.065 EUR (ohne Heizung) eine Wohnung findet. Und jetzt raten Sie mal bitte, wie viele dafür eine Wohnung finden...
Was zeigt, dass die Festlegung der Höhe des angemessenen Wohnraumes in München fehlerhaft ist, mehr nicht.

Und was zeigt, das einfach nach Wohngeldstufen zu gehen ebenfalls fehlerhaft ist.
(EDIT: Weil eben nicht feingranular genug)
Was meiner Meinung dazu führen müsste, endlich überall qualifizierte Mietspiegel zu haben, nach denen man sich richten könnte.
Was eigentlich machbar wäre, wenn z.B. die VuV Daten der FA genutzt werden würden.

Oder ein Meldepflicht der (Ver)Mieter bzgl. qm/BK/HK/Miete eingeführt werden würde.
Damit man sowohl für H4 / Wohngeld,  als auch für Beamte ein saubere Datenbasis hätte.



Sprich der Gesetzgeber (und nicht nur der Besoldungsgesetzgeber) muss halt endlich mal dafür sorgen, dass er aus diesem Datendilemma rauskommt und mal etwas mehr Ganzheitlich in der BRD denken, als immer nur Scheuklappenmäßig einzelne Verfahren zu betrachten und dann so jämmerlich zu versagen "aus strukturellen Gründen"

s.o.
Und zwar auch Bestandsmiete!

Wenn man diese Daten hat, dann darf man nur hoffen, dass der Sparfuchs nicht auf die Idee kommt, dass einige Beamte in Billigmietländern überalimentiert sind .....


WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #183 am: 10.02.2021 17:32 »
Zitat
Hier zeigt sich genau das schon genannte Fertilitätsprinzip

Wenn die FamZuschläg zukünftig nach einem Prinzip errechnet werden, welches davon ausgeht, dass durch mehr Kinder oder/und Partner der Beamte nicht weniger und nicht mehr Netto vom Grundgehalt für sich hat (also so wie es jetzt ab Kind 3 gefordert wird), dann kann man doch nicht von einem Fertilitätsprinzip reden, oder?

Oder siehst du die Regelung ab Kind 3 als ein Fertilitätsprinzip an?

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #184 am: 10.02.2021 18:12 »
Zitat
Hier zeigt sich genau das schon genannte Fertilitätsprinzip

Wenn die FamZuschläg zukünftig nach einem Prinzip errechnet werden, welches davon ausgeht, dass durch mehr Kinder oder/und Partner der Beamte nicht weniger und nicht mehr Netto vom Grundgehalt für sich hat (also so wie es jetzt ab Kind 3 gefordert wird), dann kann man doch nicht von einem Fertilitätsprinzip reden, oder?

Oder siehst du die Regelung ab Kind 3 als ein Fertilitätsprinzip an?

Nein, darüber haben wir beide schon vielfach an anderer Stelle diskutiert. Das BVerfG geht davon aus, dass der Unterhalt bis zum zweiten Kind weitgehend aus den "familienneutralen" Bestandteilen geleistet werden kann, weil das Grundgehalt entsprechend so eingerichtet werden muss, dass das so möglich ist (genaus deshalb ist auch der Maßstab, anhand dessen die Höhe eines realitätsgerechten Kindesunterhalt zu bemessen ist, so wichtig). Ab dem dritten Kind müssen deutlich höhere Unterhaltskosten ausgeglichen werden, eben weil das Grundgehalt nun für den entsprechend größeren Unterhalt nicht ausreichte, es dem Besoldungsgesetzgeber aber nicht zugemutet werden kann, dass er nun das Grundgehalt an dem dritten, vierten, fünften... Kind ausrichtete. Denn dann müsste die Grundbesoldung jeweils immer höher bemessen werden, was zu nicht realitätsgerechten Beträgen und so zu einer zunehmenden Bevorteilung der Beamten führte, die weniger oder gar keine Kinder haben. Deshalb gibt es die beiden Stränge der BVerfG-Entscheidungen zur Besoldung: Die der Besoldung im Allgemeinen, die anhand der vierköpfigen Familie zu bemessen ist; und die der kinderreichen Familien, die also aus mehr als drei Kindern bestehen. Beide Stränge stehen miteinander in Beziehung, sind aber jeweils für sich zu betrachten.

WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #185 am: 11.02.2021 08:19 »
Und warum wird dauernd vom Fertilitätsprinzip geredet, wenn dieser Anteil an der Besoldung für Kind 1/2 nicht grösser ist, als der für Kind 3
(und unter Anteil verstehe ich den FamZuschlag und die in der Grundbesoldung inkludierten Anteile für Kind1/2)

Fahnder

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #186 am: 11.02.2021 08:58 »
@ SwenTanortsch

Ich glaube man hat zur Herleitung der Mindestalimentation die Stufe A4 Stufe 5 angewendet, da dies nach dem Entwurf nunmehr die Eingangsstufe für den eD sein soll. Insoweit kann ich das nachvollziehen.

Was jedoch nicht nachvollziehbar und gerade zu absurd ist, dass man zur Prüfung des Abstandsgebotes zwischen den Besoldungsgruppen trotz immenser Stauchung der Eingangsämter von A4 bis A7 auf wenige EUR zu dem Ergebnis kommt: "Im Ergebnis ändern sich die relativen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen durch dieses Gesetz nicht" (vgl. Entwurf, S. 50). Das ist ja wohl offensichtlich Unwahr!

Dieses Gesetz führt nicht mal im Ansatz zu einer amtsangemessenen Besoldung, nicht einmal für Familien in Mietstufe VII. Sämtliche Gruppen bleiben mit Verweis auf die im Forum genannten Gründe unteralimentiert. Ich hoffe die Familien in Mietstufe VII lassen sich von dem Geld nicht blenden, selbst Sie verdienen noch viel mehr! Ganz zu schweigen vom den Singles, Einkindfamilien und Pensionären...

Zu den haltlosen Vorwürfen auf Ihre aus meiner Sicht sehr gut nachvollziehbaren Ausführungen von Seiten einiger weniger Foristen: Wenn jemanden eine Botschaft nicht gefällt, bewirft man den Boten mit Dreck. Selbst wenn dies dann offensichtlich ungerechtfertigt ist, bleibt leider immer etwas haften. Lassen Sie sich aber nicht unterkriegen. Genau diese Art von "Gegenwehr" ist zu erwarten, wenn man sich für die Belange von Millionen von Bediensteten und ihre Familien einsetzt, z. T. leider auch von eigener Seite. Womöglich verteidigt hier aber auch jemand seinen eigenen Entwurf und hat nunmehr Angst, dass die Gerichte diesen zerreißen. Aber ich möchte hier keine haltlosen Vermutungen aufstellen, dann wäre ich ja auch kein Deut besser.

SwenTanortsch

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« Antwort #187 am: 11.02.2021 10:12 »
@ SwenTanortsch

Ich glaube man hat zur Herleitung der Mindestalimentation die Stufe A4 Stufe 5 angewendet, da dies nach dem Entwurf nunmehr die Eingangsstufe für den eD sein soll. Insoweit kann ich das nachvollziehen.

Was jedoch nicht nachvollziehbar und gerade zu absurd ist, dass man zur Prüfung des Abstandsgebotes zwischen den Besoldungsgruppen trotz immenser Stauchung der Eingangsämter von A4 bis A7 auf wenige EUR zu dem Ergebnis kommt: "Im Ergebnis ändern sich die relativen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen durch dieses Gesetz nicht" (vgl. Entwurf, S. 50). Das ist ja wohl offensichtlich Unwahr!

Dieses Gesetz führt nicht mal im Ansatz zu einer amtsangemessenen Besoldung, nicht einmal für Familien in Mietstufe VII. Sämtliche Gruppen bleiben mit Verweis auf die im Forum genannten Gründe unteralimentiert. Ich hoffe die Familien in Mietstufe VII lassen sich von dem Geld nicht blenden, selbst Sie verdienen noch viel mehr! Ganz zu schweigen vom den Singles, Einkindfamilien und Pensionären...

Zu den haltlosen Vorwürfen auf Ihre aus meiner Sicht sehr gut nachvollziehbaren Ausführungen von Seiten einiger weniger Foristen: Wenn jemanden eine Botschaft nicht gefällt, bewirft man den Boten mit Dreck. Selbst wenn dies dann offensichtlich ungerechtfertigt ist, bleibt leider immer etwas haften. Lassen Sie sich aber nicht unterkriegen. Genau diese Art von "Gegenwehr" ist zu erwarten, wenn man sich für die Belange von Millionen von Bediensteten und ihre Familien einsetzt, z. T. leider auch von eigener Seite. Womöglich verteidigt hier aber auch jemand seinen eigenen Entwurf und hat nunmehr Angst, dass die Gerichte diesen zerreißen. Aber ich möchte hier keine haltlosen Vermutungen aufstellen, dann wäre ich ja auch kein Deut besser.

Ich sehe das mit einer Aunahme genauso wie Du. Diese Ausnahme betrifft die Mindes- bzw. daraus abgeleitet die Nettotalimentation. Denn hier liegt, wenn ich das richtig sehe, die nächste sachwidrige Bemessung vor, da zukünftig nur die entsprechenden Neueinsteller entsprechend nach der Erfahrungsstufe 5 eingestuft werden. In diesem Sinne heißt es in § 27 (2) (s. auf der Seite 6 des Entwurfs): "Abweichend davon wird bei der Einstellung von Beamten in der Besoldungsgruppe A4 ein Grundgehalt der Stufe 5, in der Besoldungsgruppe A6 ein Grundgehalt der Stufe 3 und in der Besoldungsgruppe A7 ein Grundgehalt der Stufe 2 festgesetzt."

So verstanden läge aber ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor: Denn sofern keine Übererleitung aller anderen Kollegen in die Erfahrungsstufe 5 erfolgte und daran anschließend die Höhereinstufung aller Beamten, werden jene alle ja offensichtlich unsachgemäß benachteiligt. Denn die Erfahrungsstufen geben so nicht mehr die Erfahrung wieder; ein neu in ein Amt eingeführter Kollege verfügt ja nicht über die entsprechende Erfahrung, die ihm nun zugesprochen wird - und Kollegen, die über mehr Erfahrung verfügen, werden nun geringer als er alimentiert.

Das Ziel ist dabei das immergleiche: Durch diese sachlich nicht zu rechtfertigende Regelung soll die Nettoalimentation der Besoldungsgruppe A4 an einer Stelle auf ein "amtsangemessenes" Niveau gehoben werden, das es so aber tatsächlich nicht erreicht. Denn die bereits eingestellten und sich noch in der ersten Erfahrungsstufe befindenden Kollegen verbleiben ja in dieser. Von daher ist dann eben auch die erste Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 (und nicht die fünften Erfahrungsstufe) zur Bemessung der Nettoalimentation hernzuziehen. Als Folge müsste aber die Nettoalimentation in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A4 erst einmal um rund 225 € erhöht werden und von dieser Basis ausgehend müssten dann sämtliche weitere Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen entsprechend bemessen werden.

Unknown

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« Antwort #188 am: 11.02.2021 13:25 »
Mir stellt sich die Frage in welcher Besoldungsgruppe bzw. Erfahrungsstufe werden die Offiziersanwärter bei der Bundeswehr dann eingestellt? Vorher wurden sie in A3 Stufe 1 eingestellt und dann konsequent hochbefördert. Wenn sie in A4 Stufe 5 eingestellt werden und relativ schnell Fähnrich A7 sind, behalten die dann Erfahrungsstufe 5 oder müsste die dann runtergesetzt werden? Des Weiteren hat es ja ewig gedauert bis die Erfahrungsstufen der Soldaten denen der Beamten angeglichen worden sind.
Oder habe ich irgendwelche Sonderregelungen für Soldaten übersehen?

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #189 am: 11.02.2021 14:36 »
Mir stellt sich die Frage in welcher Besoldungsgruppe bzw. Erfahrungsstufe werden die Offiziersanwärter bei der Bundeswehr dann eingestellt? Vorher wurden sie in A3 Stufe 1 eingestellt und dann konsequent hochbefördert. Wenn sie in A4 Stufe 5 eingestellt werden und relativ schnell Fähnrich A7 sind, behalten die dann Erfahrungsstufe 5 oder müsste die dann runtergesetzt werden? Des Weiteren hat es ja ewig gedauert bis die Erfahrungsstufen der Soldaten denen der Beamten angeglichen worden sind.
Oder habe ich irgendwelche Sonderregelungen für Soldaten übersehen?

Die Frage ist völlig berechtigt, kann aber offensichtlich rechtlich nicht beantwortet werden, da ja eine rechtswidrige Regelung nicht rechtsgültig differenziert werden kann. In § 27 (1) BBesG heißt es: "Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten)." Ein mit der Einführung in das Amt in die Erfahrungsstufe 5 eingestufter Beamter oder Soldat wird in diese ohne entsprechende anforderungsgerechte Leistungen eingeführt, was offensichtlich rechtwidrig ist, da er damit gegenüber wesentlich Gleichen ungleich behandelt wird. Wer lesen möchte, wie dahingegen andersherum die Praxis aussieht, der lese hier: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,111194.0.html

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #190 am: 11.02.2021 14:43 »
Da ist man ja künftig mit einer A4/5 schon ziemlich nah bei einem Anfänger in A9 ::)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #191 am: 11.02.2021 18:21 »
Da ist man ja künftig mit einer A4/5 schon ziemlich nah bei einem Anfänger in A9 ::)

In Anbetracht des systemimmanenten Besoldungsvergleichs müsste - sofern die Abstände der Grundsbesoldung korrekt wären - nun die Besoldungsgruppe A4/5 zu A 4/1 werden. Das hätte die Folge, dass für alle anderen Besoldungsgruppen ebenfalls die Höhe der Grundbesoldung in der ersten Erfahrungsstufe der der fünften entsprechen würde. Das würde dann wie folgt aussehen (s. die ab April geltende Besoldungstabelle auf der S. 25):

         Stufe 5    statt   Stufe 1
A4   2.603,17 € statt 2.377,55 € (+ 9,5 %)
A5   2.659,05 € statt 2.395,47 € (+ 11,0 %)
A6   2.773,68 € statt 2.446,75 € (+ 13,4 %)
A7   2.971,11 € statt 2.568,56 € (+ 15,7 %)
A8   3.228,80 € statt 2.717,27 € (+ 18,8 %)
A9   3.485,19 € statt 2.932,64 € (+ 18,8 %)
A10 3.849,49 € statt 3.139,05 € (+ 22,6 %)
A11 4.331,49 € statt 3.568,03 € (+ 20,7 %)
A12 4.731,64 € statt 3.846,87 € (+ 23,0 %)
A13 5.337,78 € statt 4.511,11 € (+ 18,3 %)
A14 5.707,52 € statt 4.639,19 € (+ 23,0 %)
A15 6.530,27 € statt 5.670,55 € (+ 15,2 %)
A16 7.247,34 € statt 6.255,58 € (+ 15,9 %)

Kleine Änderung, große Wirkung würde ich sagen...

Eike1966

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #192 am: 12.02.2021 09:46 »
Der Entwurf unterscheidet zwischen Beamten und Soldaten. Ab 01.01.2021 wird wohl die Besoldungsgruppe A 2 wegfallen. Soldaten der Besoldungsgruppe A2 müssten eigentlich dann in die BesGrp A3 übergeleitet werden. Die Änderungen in § 27 betroffen nur Beamte nicht Soldaten! D. h. Soldaten in der BesGrp A 3 fangen mit der Stufe 1 an. Das dies auch so gewollt ist, kann man auch anhand der dann ab 01.04.2021 geltenden Besoldungstabelle ablesen.
Zu beachten wäre auch noch § 79 BBesG (Artikel 1 Nummer 15) auf Seite 9. Es ist eine fiktive Neueinstellung zwecks Neu-Festsetzung der Erfahrungsstufe zum 01.01.2021 vorzunehmen. Wenn ein Beamte also am 01.01.2021 in der BesGrp A3 wäre, wie soll dann A4 Erfahrungsstufe 5 festgesetzt werden? Vorhandene Beamte müssten erstmal übergeleitet werden. Eine rückwirkende Beförderung ist nicht einfach so möglich.

Mit der Festlegung der Erfahrungsstufe 5 als Einstiegsstufe in der BesGrp A4 handelt man sich zudem Altersdiskriminierungsprobleme ein. Eine erreichte Erfahrungsstufe wird im Falle der Beförderung einfach mitgenommen. „Gestrichene/geschenkte“ Erfahrungsstufen sind ja eigentlich gesammelte Berufserfahrungsjahre.
Auf Seite 58 des Entwurfs wird zu Nummer 8 (§ 27) ausgeführt. „Insbesondere im einfachen Dienst ist die Erbringung einer vollwertigen Leistung kaum von einer beruflichen Erfahrung abhängig, so dass auch ohne Vorerfahrung eine entsprechende Leistung erbracht werden kann. Es ist sachlich gerechtfertigt, in einer höheren Stufe zu beginnen. Für die weitere berufliche Entwicklung stehen dann im einfachen Dienst noch drei höhere Erfahrungsstufen zu Verfügung.“
Systematisch ist es so, wer keine Berufserfahrung hat fängt mit Erfahrungsstufe 1 an. Wieso müssen Soldaten die Erfahrungsstufen 1 bis 4 durchlaufen? Dies sind 11 Berufsjahre! Die Richtline 2000/78/EG lässt grüßen, aber das ist ein anderes Thema.

Der Entwurf dürfte noch nachzubessern sein.
« Last Edit: 12.02.2021 09:52 von Eike1966 »

Bastel

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« Antwort #193 am: 12.02.2021 10:21 »
Da ist man ja künftig mit einer A4/5 schon ziemlich nah bei einem Anfänger in A9 ::)

In Anbetracht des systemimmanenten Besoldungsvergleichs müsste - sofern die Abstände der Grundsbesoldung korrekt wären - nun die Besoldungsgruppe A4/5 zu A 4/1 werden. Das hätte die Folge, dass für alle anderen Besoldungsgruppen ebenfalls die Höhe der Grundbesoldung in der ersten Erfahrungsstufe der der fünften entsprechen würde. Das würde dann wie folgt aussehen (s. die ab April geltende Besoldungstabelle auf der S. 25):

         Stufe 5    statt   Stufe 1
A4   2.603,17 € statt 2.377,55 € (+ 9,5 %)
A5   2.659,05 € statt 2.395,47 € (+ 11,0 %)
A6   2.773,68 € statt 2.446,75 € (+ 13,4 %)
A7   2.971,11 € statt 2.568,56 € (+ 15,7 %)
A8   3.228,80 € statt 2.717,27 € (+ 18,8 %)
A9   3.485,19 € statt 2.932,64 € (+ 18,8 %)
A10 3.849,49 € statt 3.139,05 € (+ 22,6 %)
A11 4.331,49 € statt 3.568,03 € (+ 20,7 %)
A12 4.731,64 € statt 3.846,87 € (+ 23,0 %)
A13 5.337,78 € statt 4.511,11 € (+ 18,3 %)
A14 5.707,52 € statt 4.639,19 € (+ 23,0 %)
A15 6.530,27 € statt 5.670,55 € (+ 15,2 %)
A16 7.247,34 € statt 6.255,58 € (+ 15,9 %)

Kleine Änderung, große Wirkung würde ich sagen...

Dann könnte man wenigstens wieder mit der Wirtschaft konkurrieren.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #194 am: 12.02.2021 10:53 »
Ich sehe da noch viel Wunschdenken in der letzten Tabelle von Swen. Davon wird wohl auf absehbare Zeit nichts von kommen.