Wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass sich die Gewerkschaften von den Besoldungsgesetzgebern beeinflussen lassen?
Ich finde es überaus merkwürdig, dass man zu dem Thema so wenig hört. Für viele ist es das größte Thema der letzten 10 Jahre und Widersprüche müssen jetzt anhand dieses Forums zusammengebastelt werden. Das kann doch eigentlich nicht sein.
Brauchen wir wirklich noch Gewerkschaften oder reicht als "Gewerkschaft" das Bundesverfassungsgericht?
Für mich macht es den Eindruck, als lassen sich die Gewerkschaften vom BMI unterdrücken.
Die Materie ist komplex und vielfach sind Gewerkschaften - besser gesagt: Teile von Gewerkschaften - erst auf das Thema aufmerksam geworden, da es sie durch Handlungen des Besoldungsgesetzgebers in ihrem Rechtskreis betraf (und in einigen Besoldungsrechtskreisen sind Teile oder die gesamten Gewerkschaften und Verbände selbst dann noch nicht aufgewacht). Nun stellt man sich Gewerkschaften vielfach als monolithische Blöcke vor, die straff geführt von oben nach unten organisiert und in denen alle Landesverbände, Gruppen und Fraktionen eng miteinander verbunden und von daher bestens informiert sind. Die Realität sieht allerdings vielfach anders aus: In nicht wenigen Gewerkschaften weiß die Bundesebene häufig nur bedingt etwas über die konkrete Arbeit in den Landesverbänden, auch sind diese nicht selten nicht - oder nur in Teilen - miteinander im Austausch. Dabei dürfte es für euch Bundesbeamte ebenso eine Rolle spielen/gespielt haben, dass das letzte Gesetzgebungsverfahren im Bund - wie hier ja in der ersten Hälfte des letzten Jahres von uns allen eingehend betrachtet - recht kläglich zuende gegangen ist, was kaum dazu geführt haben dürfte, dass alle beteiligten Gewerkschaften sich währenddessen und danach eingehend mit der neuen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beschäftigt haben dürften.
Darüber hinaus haben Gewerkschaften vielfach längerfristige Themen, die in den Gremien abgestimmt oben auf der Tagesordnung stehen: Sei es bspw. die Anhebung von Gruppen in der Besoldungsordnung oder die Forderung nach (höheren) Zulagen für bestimmte Gruppen. Das Umsteuern auf ein so großes Fass wie die Besoldung als Ganze ist dann wiederkehrend nicht ganz einfach. Auch besteht eben die Gefahr, wenn das ganz große Fass aufgemacht wird, dass alle anderen Themen regierungsseitig blockiert werden. Denn diese Drohung steht grundsätzlich immer im Raum. Auch von daher kümmern sich manche der Gewerkschaften lieber um den Spatz in der Hand als um die Taube auf dem heißen Blechdach, von der sie dann annehmen, dass auch sie am Ende womöglich heißer gekocht als gegessen werden würde. Auch dürfte es durchaus Verbändelungen zwischen Verbänden und Gewerkschaften sowie der (Landes- oder Bundes-)Politik geben. Es ist also offensichtlich eine Melange an Gründen, wieso sich gewerkschaftseitig in verschiedenen Rechtskreisen Verschiedenes tut. Am Ende ist dabei immer ddavon auszugehen, dass sich in den Gremien und der Geschäftsführung einer Gewerkschaft Funktionäre finden, die nicht nur bereit sind, dem Thema Raum zu geben, sondern die ein gehöriges Maß an eigener Arbeit aufbringen, um es dann auch auf die Tagesordnung zu setzen und es also anzugehen. Zugleich bedarf es findiger Juristen, die die Arbeit aufbringen, sich des Thema in seiner Komplexität zu stellen.
@ xap
Der Prozessgegner ist letztlich der Besoldungsgesetzgeber, da ja die Verfassungskonformität des von ihm verabschiedeten Gesetzes bestritten wird, wobei der Gesetzgeber i.d.R. durch die Exekutive vertreten wird. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bspw. in aktuellen Entscheidung den Gesetzgeber des Landes Berlin aufgefordert, für verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Juli 2021 zu sorgen (wobei bezweifelt werden darf, dass das Abgeordnetenhaus dieser Aufforderung hinreichend nachgekommen ist, was aber ein anderes Thema ist). Ein Widerspruch gegen die einem gewährte Besoldung kann aber wie hier von verschiedener Seite dargelegt auch bei der Bezügestelle eingereicht werden.