Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 8158789 times)

Goldene Vier

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19575 am: 17.10.2025 17:00 »
Es könnte sich aber um eine Zusicherung nach §38 VwVfG handeln…

Bullshit Kondensator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19576 am: 17.10.2025 17:05 »
So. Und jetzt kommt noch die Frage dazu, ob der DH überhaupt auf die Geltendmachung verzichten kann.

https://www.cmshs-bloggt.de/cms/service/ein-verjaehrungsverzicht-hemmt-nicht-die-verjaehrung/

Er kann durchaus auf die Einrede der Verjährung verzichten wenn die Geltendmachung zu spät erfolgt. Das hat aber auf die Verjährung der Ansprüche keinerlei hemmende Wirkung und ist somit "wertlos" in dem Sinne als man denjenigen eventuell festnageln wollte: (Schuldner hier Besolder / Gläubiger hier Beamter):

"Was bedeuten die unterschiedlichen Rechtsfolgen für die Praxis?

Ein Beispiel: Die Ansprüche zweier Gläubiger drohen am 31. Dezember zu verjähren. Einen Monat vor Ablauf der Verjährungsfrist entscheidet sich Gläubiger A, seinen Anspruch bei einer staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle geltend zu machen. Gläubiger B wählt einen anderen Weg: Er bittet seinen Schuldner um die Erklärung, bis zum 30. Juni des Folgejahres auf die Einrede der Verjährung zu verzichten; der Schuldner kommt dieser Bitte nach.

Der Antrag von Gläubiger A hemmt die Verjährung. Das Verfahren vor der Streitbeilegungsstelle wird durchgeführt, führt jedoch zu keiner Einigung. Sechs Monate nach Verfahrensbeendigung endet daher die Verjährungshemmung und die verbleibende Verjährungsfrist von einem Monat läuft weiter. Während dieser Zeit kann Gläubiger A weitere Maßnahmen zur Verjährungshemmung treffen.

Anders sieht es bei Gläubiger B aus: Der vom Schuldner erklärte Verjährungsverzicht lässt die Verjährungsfrist unberührt, eine Hemmung tritt nicht ein. Damit verjährt der Anspruch von Gläubiger B am 31. Dezember.

Wegen des Verjährungsverzichts kann Gläubiger B zwar noch bis zum 30. Juni des Folgejahres einen Rechtsstreit anhängig machen, in dem der Schuldner die Einrede der Verjährung nicht erheben darf. Eine Hemmung der Verjährung ist nach Ablauf des 31. Dezembers aber nicht mehr möglich. Denn eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist kann nicht gehemmt werden. Versäumt Gläubiger B die Klageerhebung bis zum 30. Juni, ist sein Anspruch verjährt und der Schuldner kann die Einrede der Verjährung wieder erheben.

Fazit: Vorsicht beim Verjährungsverzicht

Einen Verjährungsverzicht seitens des Schuldners einzuholen, ist häufig die einfachste Möglichkeit, den Verlust eines Anspruchs kurzfristig abzuwenden. Die Verjährung des Anspruchs lässt sich dadurch aber weder verhindern noch verzögern."

Ergo des heutigen Tages bisher:
- Ein Rundschreiben ist kein Verwaltungsakt. Es kann maximal als Erlass gewertet werden ist dann aber als Verwaltungsvorschrift zu sehen und deren Inhalte nicht einklagbar. Grundsätzlich richtet es sich ausschließlich nach innen und schlägt in der Einzelfallprüfung fehl ein Verwaltungsakt zu sein.

(Das Rundschreiben rettet euch also nicht davor Widerspruch erheben zu müssen)

- Ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung seitens des Dienstherren ist wohlfeil, da es die Verjährung eurer Ansprüche faktisch nicht hemmt wie oben genannt. Das tun nur andere Instrumente (wie zum Beispiel der WS, wenn er nicht sofort negativ beschieden wird, was dann aber hilft zu klagen evtl.)

(Ja, jedes Jahr ist das gleiche Spiel des WS erforderlich).

Bullshit Kondensator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19577 am: 17.10.2025 17:10 »
Es könnte sich aber um eine Zusicherung nach §38 VwVfG handeln…

Musste dann nicht direkt vom BVA was kommen nicht vom BMI?

§38 VwVfG (1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung)...

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19578 am: 17.10.2025 17:15 »
Zeitnahe Geltendmachung hat aber nichts mit Verjährung zu tun. Es handelt sich um einen „gesetzlichen“ Ausschlussgrund.

Insoweit kann man in Rede stellen, inwieweit hier überhaupt Disponibilität seitens des Dienstherrn besteht. Das Verwaltungsgericht hat den Ausschlussgrund von Amts wegen zu prüfen.

Zuletzt hatte das VG Hamburg hierüber zu befinden.

https://justiz.hamburg.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/aktuellepresseerklaerungen/verwaltungsgericht-hamburg-einwand-der-unzureichenden-beamtenbesoldung-muss-grundsaetzlich-zeitnah-geltend-gemacht-werden-1080682

Hiernach kann nur in absoluten Einzelfällen von der zeitnahen Geltendmachung abgesehen werden. Und dann sind wir wieder im Bereich Treue.

Für mich die weitaus größere Hürde als der (unnötige) Streit um VA-Qualität etc..

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19579 am: 17.10.2025 17:16 »
Bescheide ohne Rechtsbehelf sind meist Inhaltlich ohnehin nicht angreifbar, womit sich ein Rechtsbehelf womöglich erledigt.
Aber dennoch gibt es sie, so steht es auch im Verwaltungsverfahrensgesetz.

Edit: Aber nochmal, ich will hier niemanden ausreden einen Widerspruch einzulegen.
Ich kann mir nur nicht so richtig vorstellen, das der Bund mit seinen ganzen Aussagen und Schreiben juristisch einfach so aus der Sache rauswinden kann.

Das aber, Alex, ist ein ganz anderes Thema, soll heißen, durch den Hinweis wird es - moralisch und damit politisch - ggf. schwieriger, sich als politische Verantwortungsträger herauszuwinden. Aber sofern einen das politisch nicht interessiert, stellte sich dieses Problem nicht. Die Erfahrung lehrt dabei, dass - je teurer die Angelegenheit zu werden droht - das Fell des zu erlegenden politischen Bären (nicht nur in Berlin) tendenziell nur immer dicker wird.

Das Problem, das sich aber stellt, ist, dass man sich rechtlich mit seinem Anliegen ja nicht an die Exekutive wendet, sondern - sofern die das Problem aussitzt - an die Judikative, also an das Verwaltungsgericht, an das man allerdings ohne Rechtsmittelbelehrung gar nicht verwiesen wird. Denn in einem Ablehnungsbescheid wird einem ebenfalls mitgeteilt - eben als Rechtsmittelbelehrung -, welche Rechtsmittel bei wem zu beachten sind. Hier - also im Hinweis - bleibt aber sowohl die Art als auch die Form der Rechtsmittel ungeklärt wie auch der Ort unbestimmt bleibt.

Ergo hat man das Verwaltungsgericht seiner Wahl zunächst einmal davon zu überzeugen, dass - da das Rundschreiben ausfällt - die Klage auf Basis eines Hinweises, der versteckt auf der BMI-Homepage zu einem nie abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren ohne konkreten Adressaten (also ohne Einzelfallbetrachtung) und ohne unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegeben worden ist, zulässig sein sollte. Der versteckte Hinweis hat dabei gleichfalls keinerlei Bezug zur Rechtslage, weil er ja in einem nie abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren getätigt worden ist. Sinn und Zweck des Hinweises an jener Stelle ist so verstanden mindestens erklärungsbedürftig. Der einzige, der aber diese Erklärung geben könnte, wäre nun ausschließlich jener, der ihn eingestellt hat, nämlich das BMI. Da sich nun der Hinweis explizit auf das genannte Rundschreiben bezieht, das wiederum eine interne Empfehlung abgibt, wie ggf. mit Widersprüchen verfahren werden könne, würde ich als zuständiger Verantwortungsträger hervorheben, wenn ich das wollte, dass ich an dieser letztlich für die bestehenden Rechtslage unerheblichen Stelle nur noch einmal intern darauf hinweisen wollte, was ich schon immer sagen wollte, da ich ja wusste, dass das, was ich auch hier sagte, nach außen hin unerheblich gewesen sei, da weder ein konkreter Einzelfall betrachtet worden sei noch dem Hinweis eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen zu entnehmen gewesen sei.

Wie nun das Verwaltungsgericht meiner Wahl in Anbetracht seiner regelmäßigen Arbeitslast und im Falle einer ggf. hohen Zahl an nun Klageführern auf jener Grundlage handeln wollte, bliebe mindestens unklar; handelte es formell, müsste es die Klage als nicht zulässig betrachten, allein schon, weil gar nicht klar wäre, ob es überhaupt zuständig sei.

Ergo: Wie Bullshit Kondensator berechtigt hervorhebt, ist kein Einzelfall gegeben, darüber hinaus kann nirgends eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen erkannt werden, was sich allein schon aus der Form eines Hinweises ablesen lässt, aus dem keine unmittelbare Rechtsposition ableitbar wäre. Damit aber ist kein Verwaltungsakt gegeben und die Zulässigkeit der Klage - wo auch immer - wäre in einem offensichtlich erheblichem Maße erklärungsbedürftig. Ich wollte diese Klage als Privatperson nicht führen, gehe aber davon aus, dass es Anwälte geben wird, die den Fall gerne nach einer Vereinbarung über die individuelle Vergütung auf Stundenbasis übernehmen würden.

@ Vier

Und was ist hier mit § 38 Abs. 3 VwVfG: "Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden."?

Die Rechtslage wird sich nach dem Erlass eines Reparaturgesetz durch den Gesetzgeber offensichtlich derart ändern, dass sicherlich mancher exekutive Entscheidungsträger eine entsprechende Zusicherung - sofern der Hinweis als eine solche gelesen werden dürfte - nicht gegeben hätte. Wer konnte denn als exekutive Gewalt ahnen, dass die legislative Gewalt in einem solchen Maße Änderungen vollziehen würde, wie sie nun denn durch das Reparaturgesetz vollzogen worden wären? In Anbetracht der Regelungen und Summen, von denen man als BMI in den drei seit 2021 erstellten Entwürfen ausgegangen war, konnte man doch nicht ahnen, dass der Gesetzgeber nun mit einem Reparaturgesetz solch teure Maßnahmen gesetzlich regeln wollte, dass man - hätte man es doch nur vorher gewusst - dann nun wirklich nicht solcherart Aussagen auf der Homepage gemacht hätte, die man ja aber zum Glück nicht als Zusicherung verstehen konnte, weil sie ja nur eine Ergänzung des internen Rundschreibens gewesen seien - aber bitte, wer sich nicht abhalten lassen wollte, könnte ja (s.o.) gerne das Verwaltungsgericht seiner Wahl an irgendeinem Ort in der Bundesrepublik anrufen.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19580 am: 17.10.2025 17:29 »
- Ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung seitens des Dienstherren ist wohlfeil, da es die Verjährung eurer Ansprüche faktisch nicht hemmt wie oben genannt. Das tun nur andere Instrumente (wie zum Beispiel der WS, wenn er nicht sofort negativ beschieden wird, was dann aber hilft zu klagen evtl.)

Aha ...

Zitat:"Was bedeuten die unterschiedlichen Rechtsfolgen für die Praxis?

Ein Beispiel: Die Ansprüche zweier Gläubiger drohen am 31. Dezember zu verjähren. Einen Monat vor Ablauf der Verjährungsfrist entscheidet sich Gläubiger A, seinen Anspruch bei einer staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle geltend zu machen. Gläubiger B wählt einen anderen Weg: Er bittet seinen Schuldner um die Erklärung, bis zum 30. Juni des Folgejahres auf die Einrede der Verjährung zu verzichten; der Schuldner kommt dieser Bitte nach.

Der Antrag von Gläubiger A hemmt die Verjährung. Das Verfahren vor der Streitbeilegungsstelle wird durchgeführt, führt jedoch zu keiner Einigung. Sechs Monate nach Verfahrensbeendigung endet daher die Verjährungshemmung und die verbleibende Verjährungsfrist von einem Monat läuft weiter. Während dieser Zeit kann Gläubiger A weitere Maßnahmen zur Verjährungshemmung treffen.

Anders sieht es bei Gläubiger B aus: Der vom Schuldner erklärte Verjährungsverzicht lässt die Verjährungsfrist unberührt, eine Hemmung tritt nicht ein. Damit verjährt der Anspruch von Gläubiger B am 31. Dezember.

Wegen des Verjährungsverzichts kann Gläubiger B zwar noch bis zum 30. Juni des Folgejahres einen Rechtsstreit anhängig machen, in dem der Schuldner die Einrede der Verjährung nicht erheben darf. Eine Hemmung der Verjährung ist nach Ablauf des 31. Dezembers aber nicht mehr möglich. Denn eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist kann nicht gehemmt werden. Versäumt Gläubiger B die Klageerhebung bis zum 30. Juni, ist sein Anspruch verjährt und der Schuldner kann die Einrede der Verjährung wieder erheben."

Schwerschwiegend und skandalös.
Versäumt der Kläger eine Klageerhebung sind die Ansprüche verjährt...
Versäumst du Klage zu erheben wenn dein Widerspruch abgelehnt wird, sind die Ansprüche auch weg.

Goldene Vier

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19581 am: 17.10.2025 17:45 »
Anpassungen der Besoldungen können nur gesetzlich geregelt werden, §2BBesG..

Insofern muss eine Änderung der Besoldungs-Rechtslage eintreten.— dies kann aber nicht der Grund für eine Unwirksamkeit der Zusicherung sein, eine Zuständigkeitsanpassung könnte z.B eine Zusicherung entfallen lassen…

Am Sichersten ist natürlich der jährliche Widerspruch…. Das zeigt die jahrzehntelange Erfahrung

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19582 am: 17.10.2025 18:07 »
Das sagt ein Kommentar dazu:
Der Dienstherr kann auf die zeitnahe Geltendmachung verzichten. Der Verzicht muss unmissverständlich und gegenüber dem Beamten, Soldaten oder Richter erfolgen (z. B. in einer Gehaltsmitteilung oder der Veröffentlichung in einem üblicherweise genutzten Veröffentlichungsblatt).

Da er verzichten kann, würde ich einen Antrag auf Verzicht der zeitnahen Geltendmachung stellen und mal schauen was passiert. Man kann ja darauf verweisen, dass die bisherigen Verlautbarungen nicht eindeutig und missverständlich sind, und dass im Internet darüber diskutiert wird, ob die Zusagen rechtmäßig sind  ;D. Wenn der Dienstherr dann auf die bisherigen Zusagen verweist, ist es eine unmissverständliche und unmittelbare persönliche Zusage. Über den Antrag muss der Dienstherr nach pflichtgemäßen Ermessen entscheiden. Das ist dann auch ein VA, gegen den Widerspruch und Klage eingereicht werden kann. Wenn er nicht in angemessener Zeit entscheidet, ist Untätigkeitsklage möglich.

Bullshit Kondensator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19583 am: 17.10.2025 18:45 »
Zeitnahe Geltendmachung hat aber nichts mit Verjährung zu tun. Es handelt sich um einen „gesetzlichen“ Ausschlussgrund.

Insoweit kann man in Rede stellen, inwieweit hier überhaupt Disponibilität seitens des Dienstherrn besteht. Das Verwaltungsgericht hat den Ausschlussgrund von Amts wegen zu prüfen.

Zuletzt hatte das VG Hamburg hierüber zu befinden.

https://justiz.hamburg.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/aktuellepresseerklaerungen/verwaltungsgericht-hamburg-einwand-der-unzureichenden-beamtenbesoldung-muss-grundsaetzlich-zeitnah-geltend-gemacht-werden-1080682

Hiernach kann nur in absoluten Einzelfällen von der zeitnahen Geltendmachung abgesehen werden. Und dann sind wir wieder im Bereich Treue.

Für mich die weitaus größere Hürde als der (unnötige) Streit um VA-Qualität etc..

Ich hab da jetzt nicht tiefer nachgebohrt, weil es sehr müßig ist (AZ auf AZ auf AZ, Urteil auf Urteil auf Urteil) mal einschlägige Paragraphen zu finden auf denen diese Entscheidungen beruhen. Grundsätzlich finde ich aber die Texte in dem Link äußerst aufschlussreich. Sie besagen, dass ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung seitens des Besoldungsgesetzgebers (so leite ich ab) grundsätzlich nicht hilfreich für Erhaltung der eigenen Ansprüche ist und man selbst hier tunlichst schnell nachholen sollte, da man sonst, wie die Dame in 2023 für 2012 nachholen wollte trotzdem in die Röhre schaut. Es macht schon den Eindruck des "hinter die Fichte"-führens seitens der Besoldungsgesetzgeber.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19584 am: 17.10.2025 18:46 »
Anpassungen der Besoldungen können nur gesetzlich geregelt werden, §2BBesG..

Insofern muss eine Änderung der Besoldungs-Rechtslage eintreten.— dies kann aber nicht der Grund für eine Unwirksamkeit der Zusicherung sein, eine Zuständigkeitsanpassung könnte z.B eine Zusicherung entfallen lassen…

Am Sichersten ist natürlich der jährliche Widerspruch…. Das zeigt die jahrzehntelange Erfahrung

Genau darauf, was Du in Deinem zweiten Absatz ausführst, weise ich in meinem Post doch hin, Vier - mit dem nachträglichen Anpassungs- oder einem späteren Reparaturgesetz für die Jahre nach 2021 wird offensichtlich eine geänderte Rechtslage geregelt. Darauf bezieht sich das, was ich vorhin geschrieben habe.

Denn sofern das Anpassung- oder ein späteres Reparaturgesetz sachgerecht erfolgen sollte, ergebe sich daraus eine Rechtslage, die sowohl erheblich von der heutigen als auch von den drei Entwürfen, die das BMI seit 2021 bis Ende des letzten Jahres erstellt hat, im nicht minder erheblichen Maße abweichen und entsprechend auch deutlich höhere Kosten verursachen würde. Ich würde dann nicht ausschließen, dass sich das BMI daraufhin auf § 38 Abs. 3 VwVfG beriefe und hervorheben würde, dass das, was der Gesetzgeber nachträglich in jenem Anpassungs- oder späteren Reparaturgesetz für die Jahre nach 2021 geregelt habe, für das BMI nicht absehbar gewesen sei (s. die drei von ihm erstellten Entwürfe), dass es aber bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte und sich deshalb - leider, leider - an die Zusicherung nicht mehr gebunden sehen könne. Denn wer konnte denn 2021 - so dürfte man ggf. weiterhin argumentieren - oder auch noch 2024 damit rechnen, nachdem man zwischenzeitlich drei so schöne Gesetzentwürfe erstellt habe, die ja allesamt aus Sicht des BMI verfassungskonform gewesen wären, hätten sie sich finalisieren lassen (wollte gar jemand behaupten, dass sie es nicht gewesen wären und man gar im BMI Gesetzentwürfe hätte erstellen wollen, die als Gesetz nicht verfassungskonform gewesen wären? - unvorstellbare Vorstellung diese), dass da nun ein neuer Gesetzgeber plötzlich begehrte, eine ganz andere und viel teurere gesetzliche Regelung würde haben zu wollen. Unter diesen Bedingungen hätte man doch 2021 oder auch erst 2024 keine entsprechende Zusicherung (die man ja nun auch wirklich doch gar nicht gemacht habe; s. meinen letzten Post) getätigt, an die man sich deshalb - leider, leider - nicht mehr gebunden sehen könne.

Und dann bliebe doch wieder nur der wenig sichere Weg über die Treue. Ich wollte ihn wie dargestellt nicht gehen. Denn zunächst müsste der Nachweis erfolgen, dass das BMI tatsächlich eine Zusage getätigt hätte (was man dort vehement bestreiten dürfte), danach müsste man den Nachweis führen, dass es nicht berechtigt sei, sich nicht mehr an sie gebunden zu sehen (was man dort vehement bestreiten dürfte), und erst dann könnte geklärt werden, ob eine Klage (wo auch immer) zulässig sei. Wer sich das antun möchte, hat mein volles Mitleid. Denn den Weg geht man entweder allein oder nur mit einem Anwalt, der so handeln dürfte, wie ich das vorhin geschrieben habe.

Bullshit Kondensator

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« Antwort #19585 am: 17.10.2025 19:00 »
Zeitnahe Geltendmachung hat aber nichts mit Verjährung zu tun. Es handelt sich um einen „gesetzlichen“ Ausschlussgrund.
...


https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bundesbesoldung_4323d82af415ad3752892be609f8b942%27%20and%20%40outline_id%3D%27bundesbesoldung_data%27%5D#:~:text=Aus%20einem%20Umkehrschluss%20aus%20§,in%20aller%20Regel%20Vereinbarungen

"Der in der Praxis am häufigsten auftretende Tatbestand im Zusammenhang mit Einwendungen und Einreden ist die Verjährung. Für Besoldungsansprüche ist seit 1.1.2002 die Regelung über die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB85 maßgebend86. Zwar sind heute im BGB – anders als nach der bis 31.12.2001 geltenden Regelung des § 197 BGB a. F. – die Ansprüche auf Besoldung nicht mehr direkt angesprochen. Die Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts87 haben aber das Bedürfnis für eine Sonderregelung entfallen lassen. In der Altfassung des BGB wollte man mit der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB die überlange 30-jährige Verjährungsfrist für Besoldungsansprüche ausschließen und durch eine im Verhältnis hierzu kurze Verjährungsfrist ersetzen. Nachdem nunmehr die kurze Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren die Regel und die 30-jährige Verjährungsfrist die Ausnahme für einige Sonderfälle geworden ist88, ist das Bedürfnis für eine Sonderregelung entfallen. Der Gesetzgeber wollte aber andererseits die Verjährung von Ansprüchen nach dem Bundesbesoldungsgesetz mit Sicherheit nicht ungeregelt lassen. Daher ist davon auszugehen, dass § 195 BGB auf Besoldungsansprüche anzuwenden ist."

Kommentar
Schwegmann Summer †Buchwald Kathke Kuhlmey Leihkauff Möller Tintelott Zinner"

Also wir haben es hier mit der ganz normalen Verjährung zu tun. Eine Hemmung der Verjährung dürfte dann auch  nach 203/204/209 BGB stattfinden.

Durch Verhandlungen oder ein anhängiges Klage-/Widerspruchsverfahren nach § 204 BGB pausiert die Verjährung; nach Abschluss des Hemmungsgrunds läuft sie erst nach sechs Monaten (§ 204 Abs. 2) weiter. Ein Verzicht des Dienstherrn ist hingegen nur eine einseitige Erklärung, die Einrede nicht mehr zu erheben – er setzt den Fristablauf nicht aus. Das bedeutet: Nicht verjährte Ansprüche bleiben durchsetzbar, aber verjährte Ansprüche werden durch den Verzicht nicht wieder erstattbar. Anders als bei § 204 BGB tritt keine formelle „Unterbrechung“ oder Verlängerung der Frist ein – der Verzicht wirkt allenfalls deklaratorisch für die Zukunft, eine erneute Berechnung nach § 209 BGB findet nicht statt.

Passt ebenso zu meinem bisherig verfassten:

- Ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung seitens des Dienstherren ist wohlfeil, da es die Verjährung eurer Ansprüche faktisch nicht hemmt wie oben genannt. Das tun nur andere Instrumente (wie zum Beispiel der WS, wenn er nicht sofort negativ beschieden wird, was dann aber hilft zu klagen evtl.)

(Ja, jedes Jahr ist das gleiche Spiel des WS erforderlich).


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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #19586 am: 17.10.2025 19:04 »
Beim Bund ist es etwas anders als in den Ländern. Dort findet sich z.B. in Niedersachsen eine explizite gesetzliche Regelung zur haushaltsjahrnahen Geltendmachung.

Beim Bund haben wir insoweit „nur“ verfassungsrechtliche Rechtsprechung.

Ich stimme mit Swen überein, dass es höchst gefährlich ist, sich auf Treuwidrigkeit zu berufen. Aus anwaltlicher Betrachtung müsste man wohl eher raten, stets den sichersten Weg zu gehen. Und das ist natürlich der jährliche Widerspruch.

Ich kann aufgrund der sich derzeit möglicherweise stärker im Fluss befindlichen Lage nur erneut raten, versäumte Widersprüche ab 2021 umgehend nachzuholen und dies mit einem hilfsweisen Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden.

Argumentation: Treuwidrigkeit. Die Besoldung soll den gegenwärtigen Bedarf decken, seit bald 5 Jahren keine Beseitigung eines offensichtlich verfassungswidrigen Zustandes. Das einzige Mittel, sich gegen die Untätigkeit zu wehren ist die Beschreitung des Rechtsweges.

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« Antwort #19587 am: 17.10.2025 19:05 »
Beim Bund ist es etwas anders als in den Ländern. Dort findet sich z.B. in Niedersachsen eine explizite gesetzliche Regelung zur haushaltsjahrnahen Geltendmachung.

Beim Bund haben wir insoweit „nur“ verfassungsrechtliche Rechtsprechung.

Ich stimme mit Swen überein, dass es höchst gefährlich ist, sich auf Treuwidrigkeit zu berufen. Aus anwaltlicher Betrachtung müsste man wohl eher raten, stets den sichersten Weg zu gehen. Und das ist natürlich der jährliche Widerspruch.

Ich kann aufgrund der sich derzeit möglicherweise stärker im Fluss befindlichen Lage nur erneut raten, versäumte Widersprüche ab 2021 umgehend nachzuholen und dies mit einem hilfsweisen Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden.

Argumentation: Treuwidrigkeit. Die Besoldung soll den gegenwärtigen Bedarf decken, seit bald 5 Jahren keine Beseitigung eines offensichtlich verfassungswidrigen Zustandes. Das einzige Mittel, sich gegen die Untätigkeit zu wehren ist die Beschreitung des Rechtsweges.

Falls du im Sinne Treuwidrikeit weiter forschen möchtest empfehle ich:

"Der Dienstherr sei nicht nur berechtigt, sondern nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung grundsätzlich auch verpflichtet, gegenüber Besoldungs- und Versorgungsansprüchen die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Die Begründetheit des Einwands des Rechtsmissbrauchs oder der unzulässigen Rechtsausübung gegenüber der Einrede der Verjährung erfordere ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das zwar nicht immer schuldhaft zu sein brauche, das aber unter gebotener Berücksichtigung der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls die Einrede der Verjährung als gegen Treu und Glauben verstoßend und damit als unzulässig erscheinen lasse."

https://www.bverwg.de/de/211119B2B23.19.0

GoodBye

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« Antwort #19588 am: 17.10.2025 19:13 »
Ich brauche nicht forschen, wir sprechen über unterschiedliche Dinge. Brennen tut es hier bei allen, die noch keine Widersprüche eingelegt haben und dies tunlichst nachholen sollten. Das Problem der Verjährung besteht, kommt aber später.

Niemand wird diese in diesen Fällen prüfen, wenn schon der Ausschlussgrund vorliegen sollte.

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« Antwort #19589 am: 17.10.2025 19:18 »
Ich brauche nicht forschen, wir sprechen über unterschiedliche Dinge. Brennen tut es hier bei allen, die noch keine Widersprüche eingelegt haben und dies tunlichst nachholen sollten. Das Problem der Verjährung besteht, kommt aber später.

Niemand wird diese in diesen Fällen prüfen, wenn schon der Ausschlussgrund vorliegen sollte.

Ja sicher. Du hast die Treuwidrigkeit ins Spiel gebracht. Das Grundsätzliche haben wir ja schon. Rundschreiben ist Müll und WS jedes Jahr vor dem 31.12.