Das, was ihr schreibt, ist genauso: Verfassungsrechtlich hat der Dienstherr zunächst einmal den absoluten Alimentationsschutz zu beachten und die dafür nötigen finanziellen Mittel selbst aufzuwenden. Die Beihilfe kann dabei ein Baustein sein, aber kein maßgeblicher. Maßgeblich ist weiterhin das Grundgehalt als Hauptkomponente der Besoldung. Nicht umsonst hebt das Bundesverfassungsgericht in gefestigter Rechtsprechung hervor: "Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist nach wie vor davon auszugehen, dass die Besoldungsgesetzgeber das Grundgehalt von vornherein so bemessen, dass – zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder – eine bis zu vierköpfige Familie amtsangemessen unterhalten werden kann, so dass es einer gesonderten Prüfung der Besoldung mit Blick auf die Kinderzahl erst ab dem dritten Kind bedarf" (vgl. die Rn. 47). Zugleich dürfte es interessant werden, ob das Bundesverfassungsgericht diese Sichtweis so aufrechterhalten wird. Denn spätestens mit dem genannten DÖV-Beitrag in Verbindung mit dem ebenso bekannten ZBR-Beitrag in weiterer Verbindung mit jenen, der im Frühjahr des nächsten Jahres erscheint, sind umfangreich nachgewiesene Anhaltspunkte vorhanden, dass die Grundgehaltssätze seit Jahr und Tag in allen Rechtskreisen nicht von vornherein so bemessen werden, dass eine vierköpfige Beamtenfamilie zusammen mit den Familienzuschlägen für den Ehepartner und die ersten beiden Kinder amtsangemessen unterhalten werden kann. Der geplante "Ausgleich" über Beihilfeleistungen dürften keine sachgerechten Gegenleistungen sein, um ein amtsangemessene Besoldungsniveau zu garantieren.
Danke für die Zusammenfassung. Gibt es eigentlich ein erprobtes Vokabular oder eine Verbal-Metrik, was Aussagen wie "Grundgehalt als Hauptkomponente" in Prozent vom Gesamtgehalt bedeuten könnten. Auch die Frage des "Abstandes" zwischen Besoldungsgruppen wird hier diskutiert. Bislang wurden beim BVerfG ja offenbar weder absolute noch relative Größen genannt, da dem Besoldungsgesetzgeber hier ja gewisse Möglichkeiten offenstehen (sollen) solange diese "amtsangemessen" seien. Kann man hier eventuell aus Vergangenheit Abstände ableiten oder aus vergleichbaren Formulierungen in anderen Rechtsgebieten?
Verfassungsrechtlich ist die sachliche Regelung etwas komplexer: Der Gerichtsbarkeit kommt nur
die Kontrolle der Gesetzgebung zu, nicht aber eine eigene gesetzgeberische Ermächtigung. Entsprechend prüfen die Gerichte nur, ob eine Gesetzgebung
evident sachwidrig ist, also nachgewiesen sachwidrig - sie können dabei aber nicht die Gestzgebung ersetzen. Denn die verfassungsrechtliche Ermächtigung zur Gesetzgebung unterliegt ausnahmslos der legislativen Gewalt (das Bundesverfassungsgericht verfügt nur über die verfassungsrechtliche Aufgabe, als einziges Gericht über die Verfassungskonformität von Gesetzen zu entscheiden, wobei diese Entscheidung alle weitere staatlichen Gewalten und auch sämtliche Gerichte bindet, woraus eine sog. negative Gesetzgebung resultieren kann, da die Vernichtung von Rechtsnormen die Gestaltungsmöglichkeit des Gesetzgebers zukünftig einschränken kann und i.d.R. auch einschränkt).
Entsprechend kann der Gesetzgeber innerhalb seines weiten Entscheidungsspielraums beispielsweise ebenso Abstände zwischen Besoldungsgruppen ggf. auch deutlich verringern, sofern er dafür einen sachlichen Grund hat. Das alleinige Ziel, dabei Haushaltsmittel einzusparen, ist jedoch kein sachlicher Grund. Da hier grundgesetzgleiches Recht betroffen ist, sich die Höhe einer amtsangemessenen Besoldung aber nicht aus der Verfassung ablesen lässt, ist der Besoldungsgesetzgeber gezwungen, entsprechende Veränderungen in einer Besoldungsordnung sachlich zu begründen, wobei eine nicht sachgerechte Begründung zur Verfassungswidrigkeit der Norm führen kann (nicht aber zwangsläufig muss, hier kommt es auf die Schwere des prozeduralen Verstoßes insgesamt an; ggf. wird sich das Bundesverfassungsgericht in seiner anstehenden Entscheidung diesbezüglich noch weitergehend als bislang äußern, womit dann - wie oben dargestellt - eine negative Gesetzgebung erfolgte, nämlich die bisherige Entscheidungsmöglichkeit des Gesetzgebers durch eine zu beachtende Prüfungsregelung de facto weiter eingeschränkt werden würde).
Diese Ausführungen zusammegefasst, kommt der Gerichtsbarkeit ein
Prüfungsdirektiv zu, das ausschließlich evidente Sachwidrigkeit ahnden kann, weshalb die Gerichte eine Prüfung auf Basis der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung vornehmen, was umfangreich, aber überschaubar ist. Der Gesetzgeber verfügt dahingegen über ein
Gestaltungsdirektiv, das genauso als Recht wie als Pflicht aufzufassen ist, nämlich das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln (Art. 33 Abs. 5 GG). Dieses Gestaltungsdirektiv ist als weit aufzufassen, also entsprechend deutlich umfangreicher als das Prüfungsdirektiv, muss aber prozeduralisiert werden, weshalb das Bundesverfassungsgericht in gefestigter Rechtsprechung hervorhebt: "Der Gesetzgeber ist gehalten, bereits im Gesetzgebungsverfahren die Fortschreibung der Besoldungshöhe zu begründen. Die Ermittlung und Abwägung der berücksichtigten und berücksichtigungsfähigen Bestimmungsfaktoren für den verfassungsrechtlich gebotenen Umfang der Anpassung der Besoldung müssen sich in einer entsprechenden Darlegung und Begründung des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren niederschlagen. Eine bloße Begründbarkeit genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Prozeduralisierung. Der mit der Ausgleichsfunktion der Prozeduralisierung angestrebte Rationalisierungsgewinn kann − auch mit Blick auf die Ermöglichung von Rechtsschutz − effektiv nur erreicht werden, wenn die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen vorab erfolgen und dann in der Gesetzesbegründung dokumentiert werden. Die Prozeduralisierung zielt auf die Herstellung von Entscheidungen und nicht auf ihre Darstellung, das heißt nachträgliche Begründung" (BVerfG, Urteil v. 05.05.2015 - 2 BvL 17/09 -, Rn. 130). Entsprechend macht die auf evidente Sachwidrigkeit beschränkte Prüfung es schwierig, zu sagen, ob eine getroffene gesetzliche Regelung tatsächlich verfassungswidrig ist, sofern es dazu noch keine explizite bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung gibt. So wie der Gesetzgeber gezwungen ist, innerhalb seines Gestaltungsdirektivs seine Entscheidungen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit abzuwägen und diesen Abwägungsprozess im Gesetzgebungsverfahren zu dokumentieren, um so zu sachgerechten Entscheidungen zu gelangen, muss ebenso die Prüfung einer getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung einer abwägenden Betrachtung unterliegen, solange die getroffene Entscheidung nicht per se evident sachwidrig ist.
@ Bundi
Leider sind die drei Beiträge aus diesem und dem letzten Jahr nicht öffentlich zugänglich; sie können aber recht einfach in einer Unibibiothek oder per Fernleihe zugänglich gemacht bzw. über Beck-online zum Preis von jeweils sieben € freigeschaltet werden.