Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2052584 times)

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2925 am: 14.12.2022 20:14 »
Nun fahrt mal nen Gang in der Tonart runter bitte. Die Oll.. eh Dame ist doch bald weg. Hoffentlich kommen wir dann nicht vom Regen in die Traufe.

Meine Rede. Da hatten wir schon schlimmere Minister.
Die interessante Frage ist,  wer nach ihr kommen wird.

Ich biete mich gerne an hahahaaaa

Das wäre mir tatsächlich noch lieber. Da ist immerhin das Einkommen gesichert ;)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2926 am: 14.12.2022 20:14 »
Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, dass Du dieses Argument bringen würdest, lumer - das allerdings m.E. nicht zieht. Denn die 15 %ige Vergleichsschwelle zum Grundsicherungniveau, die die vom absoluten Alimentationsschutz umfasste Mindestalimentation abbildet, wird aus dem Mindestabstandsgebot abgeleitet, d.h., es wird hier eine beamtenrechtliche Regelung erstellt, die als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums betrachtet wird. Das heißt nun gerade nicht, dass eine Vergleich mit dem Sozialrecht angestellt wird, sondern das Bundesverfassungsgericht erklärt direktiv genau das Gegenteil, nämlich dass es gerade einen "qualitative Unterschied zwischen der Grundsicherung, die als staatliche Sozialleistung den Lebensunterhalt von Arbeitsuchenden und ihren Familien sicherstellt, und dem Unterhalt, der erwerbstätigen Beamten und Richtern geschuldet ist", gibt, der "bei der Bemessung der Besoldung [...] hinreichend deutlich werden muss" (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 47). Das Bundesverfassungsgericht stellt hier also gerade keinen Vergleich her, wie Du meinst, sondern führt aus, dass die Alimentation des Beamten als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums seit mindestens der Weimarer Republik oberhalb jener 15 % gelegen hat, die Menschen, die von staatlichen Transferleistungen abhängig sind und waren, gewährt wurde. Es erfolgt hier also gerade kein Vergleich, wie Du ihn hinsichtlich des BAföG anstrebst, womit Du den qualitativen Unterschied zwischen dem öffentlichen Dienst- und dem Sozialrecht, wie er vom Bundesverfassungsgericht direktiv hervorgehoben worden ist, letztlich zunächst einmal einebnen willst.

Darüber hinaus knüpft nun ja die Alimentation des Beamten auf Zeit, sofern sie ihm gewährt wird, wenn man das, was ich gerade und zuvor geschrieben habe, beachtet, über die Ausstrahlungswirkung an die im öffentlichen Dienstrecht zu regelnde Alimentation des Lebenszeitbeamten an, ohne mit ihr gleichgesetzt zu werden. Damit aber wird sie ebenso dem Grundsatz des allgemeinen Abstandsgebots gerecht, das nun entsprechend - anders, als wenn mit dem Sozialrecht eine sachfremde Erwägung in das öffentliche Dienstrecht eingeführt werden würde - durch die Austrahlungswirkung beachtet werden kann, womit so nicht nur das Laufbahnenprinzip (wie eben gezeigt), sondern auch das Leistungsprinzip hinsichtlich der Alimentation des Beamten auf Zeit beachtet werden kann. Denn offensichtlich ist der Beamte auf Zeit gegenüber dem Lebenszeitbeamten jener Laufbahngruppe, auf die die Ausbildung zuführt, weniger leistungsfähig; seine vorhandene Leistungsfähigkeit zu schulen und auszubilden, ist ja gerade das Ziel der auf eine Laufbahn hinführenden Ausbildung. Entsprechend knüpfen nun die Ausbildungsinhalte an die für die Laufbahn nötigen Ausbildungsziele konkret hinleitend an, womit auch hier im Grundsatz das Beamtenrecht Anwendung findet, wie es das Bundesverfassungsgericht als sachgerecht betrachtet. Entsprechend ist hier der Maßstab, der dem Lebenssachverhalt nahekommt, gegeben: nämlich in konkreter Abbildung des auch hier zu beachtenden Leistungs- und Laufbahnprinzips. All das ist offensichtlich sachgerechter, als mehr oder minder willkürlich mit den BAföG-Sätzen eine sozialgesetzliche Regelungsbasis zu vollziehen, die weder das Leistungsprinzip kennt (BAföG wird nicht nach Leistung differenziert, sondern i.d.R. an sozialen Verhältnissen orientiert, weil es sich hier um einen Teil der Sozialgesetzgebung handelt), noch anerkennen kann, dass die Ausbildung des Beamten auf Zeit zielgerichtet auf eine Laufbahn ausgerichtet ist, sodass offensichtlich dienstrechtlich als Vergleichsmaßstab grundsätzlich und nicht eins zu eins, da hier eine Wesensverwandtschaft, aber keine Wesensgleichheit vorliegt, der Lebenszeitbeamte der jeweiligen Laufbahn, die von der Ausbildung angestrebt wird, im Sinne des Leistungsprinzips betrachtet werden kann, wenn die sachliche Orientierung am öffentlichen Dienstrecht geführt wird und nicht an eine Sozialleistung, die weder das Laufbahn- noch das Leistungsprinzip in der Form kennt, wie es sachlich konstitutiv für das Beamtenrecht ist. Zwei aus einer öknomisch gleichen sozialen Lage kommende Beamte auf Zeit müssten in der von Dir zugrundgelegten Regelungsbasis dann wie hinsichtlich des BAföGs auch dann identisch alimentiert werden, wenn ihre Ausbildung auf gänzlich unterschiedliche Laufbahnen abzielen würde. Denn das ist die Konsequenz des BaföGs, das entsprechend kein beamtenrechtliches Leistungs- und Laufbahnprinzip kennt und deshalb als Sozialgesetzgebung dem öffentlichen Dienstrecht sachfremd bleibt. Stattdessen ist es am Ende dann wie immer im Besoldungsrecht seit 2012 eine Sache der Begründetheit, also gilt es zu prozeduralisieren, wie sich der Unterschied zwischen den Grundgehaltssätzen eines gerade zum Lebenszeitbeamten Ernannten und einem gerade noch nicht seine Ausbildung abgeschlossenen Beamten auf Zeit dem Besoldungsgesetzgeber darstellt. Denn letztlich sind die Direktiven des Bundesverfassungsgerichts "weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen" (Rn. 30).

Wäre dem nicht so, müsste der Grundgehaltssatz entsprechend dem BAföG-Satz nicht an innerdienstliche Gegebenheiten des öffentlichen Dienstrechts anknüpfen, sondern bei gleicher Qualifikation müsste ein aus einer sozial schwächeren Familie stammender Beamter auf Zeit höher alimentiert werden als ein aus einer sozial stärkeren Familie. Denn das ist bekanntlich sachlich das sozialrechtliche Ziel des BAföGs, im Sinne des allgemeinen Gleichheitssatzes, die Chancen derjenigen ökonomisch zu erhöhen, die bei formal gleicher Qualifikation (die hinsichtlich des Studiums also über dieselbe Zugangsberechtigung verfügen), jedoch ohne eine staatliche Transferleistung gegenüber den ökonomisch über stärkere soziale Verhältnisse Verfügenden gleichheitsverletzend im Nachteil wären - all das wäre aber ja offensichtlich sachwidrig, weil es dem im öffentlichen Dienstrecht geregelten Leistungsprinzip widersprechen würde. Deshalb betrachtet das Bundesverfassungsgericht abgeleitet aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentum die von mir skizzierte Ausstrahlungwirkung und die im Grundsatz ebenso an die innerdienstlichen Kriterien anknüpfende Alimentation des wesensähnlichen Beamten auf Zeit. Denn im Grundsatz gilt entsprechend auch für ihn: "Die Amtsangemessenheit der Alimentation der Richter und Staatsanwälte bestimmt sich auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen [...]. Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die 'amts'-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung [...]. Die Organisation der öffentlichen Verwaltung stellt darauf ab, dass in den höher besoldeten Ämtern die für den Dienstherrn wertvolleren Leistungen erbracht werden. Deshalb muss im Hinblick auf das Leistungs- und das Laufbahnprinzip mit der organisationsrechtlichen Gliederung der Ämter eine Staffelung der Gehälter einhergehen. Vergleiche sind dabei nicht nur innerhalb einer Besoldungsordnung, sondern gerade auch zwischen den verschiedenen Besoldungsordnungen geboten [...]. Amtsangemessene Gehälter sind auf dieser Grundlage so zu bemessen, dass sie Richtern und Staatsanwälten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung ihres jeweiligen Amtes entspricht" (Rn. 43).

Der Grundsatz spiegelt sich nun darin wider, dass ein auf Zeit vergebendes Amt nicht identisch mit einem auf Lebenszeit verliehendem Amt ist - genau das erlaubt dann auch eine deutlich geringere Alimentation des Beamten auf Zeit, der offensichtlich noch nicht über die Leistungsfähigkeit verfügt wie der Lebenszeitbeamte, der bereits ein Amt der vom Beamten auf Zeit angestrebten Laufbahn besetzt. Auch hier finden sich also die gerade zitierte Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang.

ChRosFw

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2927 am: 14.12.2022 23:10 »
Ich verstehe das mit den Maßstäben ja anders.

M.E. liegt ein Irrtum vor, wenn man meint, die Mindestbesoldung mathematisch errechnen zu können. Das  Kriterium der Verletzung des Mindestabstands entfaltet in der prozessualen Prüfung durch das BVerfG eine Indizwirkung für die offensichtliche Verfassungwidrigkeit. Wenn hiernach das zugrundeliegende Besoldungsgesetz bereits verfassungswidrig ist, verbietet sich offensichtlich eine weitere Prüfung durch das Gericht. Juristisch betrachtet aus der Perspektive des Richters: Wieso sollte man etwas prüfen oder über das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals entscheiden, wenn offensichtlich andere Kriterien bereits nicht erfüllt sind.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Indizwirkung der Verletzung de Mindestabstands insoweit einseitig ist. Die Erfüllung des Mindestabstands z.b. um 120 % garantiert noch lange nicht, dass das jeweilige Besoldungsgesetz damit verfassungsgemäß ist.

Nur weil ein Gesetz nicht offensichtlich verfassungswidrig ist, ist es noch lange nicht offensichtlich verfassungsgemäß.
« Last Edit: 14.12.2022 23:17 von ChRosFw »

frankeee85

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2928 am: 14.12.2022 23:47 »
https://www.vbob.de/aktuelles/news/vergiftete-weihnachtsbotschaft-ministerin-faeser-traut-ihren-beamtinnen-und-beamten-nicht/

Ich lege so lange Widerspruch ein, bis ich aus dem Dienst entfernt werde, hahaaaa! Ist zwar kein Grund aber den braucht man dann auch nicht mehr.

Die beste Innenministerin, die wir je hatten (Achtung Ironie). So einen Verfassungsbruch hätte ich eigentlich den guten Horst zugetraut, aber die junge Dame toppt alles  👍🏻👍🏻👍🏻 


SiBe21

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2929 am: 14.12.2022 23:49 »
@SwenTanortsch
@lumer

Echt vielen Dank für eure Ansichten. Ganz durchgestiegen bin ehrlich gesagt nicht, hätte aber auch nicht gedacht das hier echt so kompetente Leute sich rumtreiben. Ehrlich seit ihr Anwalt für Beamtenrecht oder zumindest hD, echt krass :D
Ich bin gD Anwärter bei der HS Bund und meine Besoldung unterliegt Auflagen:
"Anwärtern, die im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes ein Studium (z.B. an einer verwaltungsinternen Hochschule) ableisten, sind die Anwärterbezüge unter Auflagen zu gewähren" Nr. 59.5.1 BBesGVwV,
sowie "Anwärter, die im Rahmen des Vorbereitungsdienstes an einer Hochschule studieren, sollen keine finanziellen Vorteile gegenüber anderen Studierenden erlangen. Die Anwärterbezüge werden Ihnen deshalb mit den Auflagen (§ 59 Absatz 5 BBesG) gewährt" Nr. 59.5.2 BBesGVwV.
Ich weiß nicht ob das überhaupt in die Frage nach der amtsangemessen Alimentation reinspielt, aber mein Gedanke war darf eine "normale" Beamtenbesoldung (also BaP und BaL) unter Auflagen gewährt werden? So weit wie ich weiß ist das Beamtengehalt ja z.B. nicht an die Arbeitsleistung geknüpft, sondern nur an den Beamtenstatus. Also wäre dann meine Anwärterbesoldung eigentlich nicht vergleichbar?

Vielen Dank nochmals

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2930 am: 15.12.2022 06:38 »
Hallo,  Du bist  Beamtin auf Widerruf  und die Auflage ist vermutlich,  dass Du Dich dem Studium mit ganzer Kraft widmen musst. Ich vermute, der Grundsatz der mindestens existenzsichernden Alimentation gilt auch für Anwärter. Es gibt  meines Wissens aber noch kein Urteil , dass auch Anwärter eine vierköpfige Familie unterhalten können müssen, denn der klassische Anwärter ist idR noch jung und ungebunden und bekommt möglicherweise noch Kost und  Logie gestellt.

Finanzer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2931 am: 15.12.2022 06:47 »
Hallo,  Du bist  Beamtin auf Widerruf  und die Auflage ist vermutlich,  dass Du Dich dem Studium mit ganzer Kraft widmen musst. Ich vermute, der Grundsatz der mindestens existenzsichernden Alimentation gilt auch für Anwärter. Es gibt  meines Wissens aber noch kein Urteil , dass auch Anwärter eine vierköpfige Familie unterhalten können müssen, denn der klassische Anwärter ist idR noch jung und ungebunden und bekommt möglicherweise noch Kost und  Logie gestellt.

Genau dies. In Hessen wird bei den Diplomfinanzwirten zumindest während der theorethischen Ausbildung Kost und Logis gestellt. Trotz überdurchschnittlich hoher Ausgaben für Alkohol war dies ein auskömmliches Einkommen.

Der fiese Einschnitt kam dann, als man sich mit seinem A9er Gehalt eine Wohnung im Rheim-Main-Gebiet suchen musste.

lumer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2932 am: 15.12.2022 08:33 »
@Swen: Dass du so argumentieren würdest, war mir auch klar. ;) Deiner Argumentation liegt aber die Prämisse zugrunde, dass der Beamte auf Widerruf (! Bitte beachte den Unterschied zwischen Beamten auf Zeit und Beamten auf Widerruf. Guck dir mal § 4 II und IV BeamtStG an. Es sind zwei unterschiedliche Arten von Beamten.) ein Recht auf Alimentation hat. Das hat er aber gerade nicht. Nicht einmal, wenn sich der Dienstherr für einen Unterhaltszuschuss entscheidet, gelten die Alimentationsgrundsätze automatisch, sondern nur dann, wenn er durch anderweitige Regeln zu erkennen gibt, sich auch bei Anwärtern an diese halten zu wollen. Und selbst dann führen veränderte Grundbesoldungen nicht automatisch zu höheren Anwärtergehältern, weil diese unverbunden daneben stehen.
Ich habe auch nicht gesagt, dass das Gehalt des Anwärtern anhand des BAföG zu BEmessen ist, sondern daran GEmessen wird. Und das macht das BVerfG mit ALG II und niedrigster Besoldungsgruppe und Stufe genauso. (Evtl. habe ich mich bei dem Post mit den Zahlen etwas missverständlich ausgedrückt.)
Guck dir mal die Zahlen aus meinem Post dazu an. Selbst wenn man einen Abstand von 15% zugrundelegte, wäre dieser noch gewahrt. Ich denke, selbst mit der üblichen Berechnung anhand der ALG-II-Sätze und 15%igem Abstand dürfte es noch passen, wenn man einen Single ohne Familie betrachtet, eine entsprechend kleinere Wohnung mitsamt geringeren Heizkosten, geringere (P|G)KV- und PV-Beiträge und vergünstigte Konditionen in verschiedenen Bereichen (ähnlich wie es bei ALG-II-Empfängern getan wird) annimmt. Denn dies stellt den absoluten Regelfall bei Anwärtern dar. Anwärter bis zum gehobenen Dienst haben häufig sogar noch geringere Ausgaben für Kost und Logis, da sie vielfach in bereitgestellten Wohnungen/Internaten wohnen und es dort auch häufig Kantinen/Mensen gibt (aus eigenem Ansehen der hiesigen ausbildenden FH bekannt). Bei Referendaren ist es anders, aber die bekommen – zumindest beim Bund – auch mehr.
Auch Leistungs- und Laufbahnprinzip können für Anwärter nicht gelten, da die Ausbildungszeit dafür viel zu kurz ist. Welche Unterscheidungsmöglichkeiten (Beförderungen?) sollte es auch zwischen gleichrangigen Anwärtern geben? Sie verfolgen alle das gleiche Ziel: Bestehen der Ausbildung. Alimentativ kann man dort nicht unterscheiden. Oder soll es für eine Eins 20%, eine Zwei 10%, eine Vier -10% geben? Gibt es – zu Recht – nicht. Wenn man möchte, könnte man folgenden Unterscheidungsansatz sehen: Wer das Ausbildungsziel nicht erreicht, wird nicht "befördert"=zum Beamten auf Probe ernannt.

(Für mich) langer Rede, kurzer Sinn: @SiBe21: Ich kann dir nur raten, dass ein Widerspruch grundsätzlich nicht verkehrt sein kann. Wenn er ruhend gestellt und die Anwärterbezüge angepasst werden, hast du dadurch möglicherweise Anspruch auf Anhebung auch in früheren Jahren. Eine Klage solltest du meines Erachtens bei ablehnendem Widerspruchsbescheid aber nur erheben, wenn du genügend Durchhaltevermögen hast und "Spielgeld" vorhanden ist (VG geht noch, da kein Anwaltszwang; aber OVG/VGH, BVerwG und im Zweifel Verfassungsbeschwerde beim BVerfG können ins Geld gehen). Ein – fast schon – Selbstläufer, wie es bei "normalen" Beamten zurzeit der Fall ist, ist es bei dir meines Erachtens nicht.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2933 am: 15.12.2022 11:14 »
Ich verstehe das mit den Maßstäben ja anders.

M.E. liegt ein Irrtum vor, wenn man meint, die Mindestbesoldung mathematisch errechnen zu können. Das  Kriterium der Verletzung des Mindestabstands entfaltet in der prozessualen Prüfung durch das BVerfG eine Indizwirkung für die offensichtliche Verfassungwidrigkeit. Wenn hiernach das zugrundeliegende Besoldungsgesetz bereits verfassungswidrig ist, verbietet sich offensichtlich eine weitere Prüfung durch das Gericht. Juristisch betrachtet aus der Perspektive des Richters: Wieso sollte man etwas prüfen oder über das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals entscheiden, wenn offensichtlich andere Kriterien bereits nicht erfüllt sind.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Indizwirkung der Verletzung de Mindestabstands insoweit einseitig ist. Die Erfüllung des Mindestabstands z.b. um 120 % garantiert noch lange nicht, dass das jeweilige Besoldungsgesetz damit verfassungsgemäß ist.

Nur weil ein Gesetz nicht offensichtlich verfassungswidrig ist, ist es noch lange nicht offensichtlich verfassungsgemäß.

Genauso ist das: Die Mindestalimentation hat in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine Zwitterstellung, das habe ich hier schon mehrmal in der Vergangenheit ausgeführt (wen's interessiert, vgl. bspw. den Beitrag vom 22.02.2022, der die Problematik der gegebenen Zwitterstellung skizziert https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.msg235451.html#msg235451), darauf verweist auch der bekannte ZBR-Beitrag aus dem Frühjahr:

Auf der einen Seite markiert die Mindestalimentation den vom absoluten Alimentationsschutz geschützten niedrigsten Gehalt der zu gewährenden Nettoalimentation. Hier ist die materielle Funktion der Mindestatlimentation gegeben. Ein Einschnitt in die Mindestalimentation ist nicht statthaft und führt per se zur Verfassungswidrigkeit der Norm, unabhängig von allen anderen Prüfparametern, die das Bundesverfassungsgericht 2015 eingeführt hat.

Auf der anderen Seite ist die Mindestalimentation aber ebenso einer jener Prüfparameter; hier liegt ihre indizielle Funktion. Sofern der Besoldungsgesetzgeber eine Nettoalimentation auf Höhe der Mindestalimentation gewährt, erfüllt die gewährte Nettoalimentation jenen Parameter. Daraus allein kann aber nicht abgeleitet werden, dass die gewährte Nettoalimentation verfassungskonform ist. Denn wenn nun weitere Parameter im bundesverfassungsgerichtlichen Prüfprogramm - zunächst auf der ersten Prüfungsstufe - indizieren, dass die gewährte Besoldung nicht hinreichend ist, kann die zweite Prüfungsstufe dieses Indiz bestätigen und die dritte ebenfalls nicht dagegen sprechen, dass die Nettoalimentation verfassungswidrig zu gering ist: Die Betrachtung der Mindestalimentation allein kann indiziell nicht aufklären, ob eine gewährte Alimentation verfassungskonform ist; ihr Unterschreiten führt materiell allerdings allein schon zur Verfassungswidrigkeit der Norm. Die Mindestalimentation hat als zweite Funktion in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung von daher ebenso eine indizielle Funktion. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht auch einen Vergleichsmaßstabe zur Mindestalimentation erstellt: nämlich die Mindestbesoldung, um nun die indizelle Prüfung vollziehen zu können. Denn die Parameter der ersten Prüfungsstufe stellen ausnahmslos auf die Bruttowerte der Besoldung ab. Deshalb können hier ggf. auch - in der Betrachtung der Mindestbesoldung - Vergleiche mit verfassungswidrig ausgestalteten Besoldungsordnungen erfolgen, da es sich nur um indizielle Parameter handelt, die genau den Zweck haben, anhand der Bruttobesoldung in der Prüfung abwägen zu können, ob der gewährte Gehalt der gewährten Alimentation verfassungskonform ist. Entsprechend hat der gerade genannte ZBR-Beitrag aus dem Frühjahr den Titel: "Die indizielle Bedeutung der Mindestbesoldung zur Prüfung einer verfassungswidrig ausgestalteten Alimentation in der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts". Eine stumpfe Mathematisierung ist dem materiellen Gehalt der Alimentation - genauso, wie Du schreibst - wesensfremd, so wie das das Bundesverfassungsgericht in dem von mir gestern angeführten Zitat zeigt. Eine mathematische Betrachtung ist aber nicht der indiziellen Prüfung wesensfremd, sondern hier genau das Ziel. Die Prüfung der gewährten Alimentation, die dazu im Prüfprogramm die Bruttobesoldung und/oder Teile von ihr heranzieht, muss auch mathematisch erfolgen. Zu alledem erfolgt im Frühjahr ein weiterer Beitrag in der ZBR, der die Funktion der Mindestbesoldung weiter aufzuhellen versucht. Es wird darüber hinaus interessant werden, ob das Bundesverfassungsgericht in der anhängigen aktuellen Entscheidung diesen Prüfparameter weiter konkretisieren wird, was ich hoffe.

Entsprechend zu dem gerade Gesagten zeigt sich hier nun noch einmal, dass es offensichtlich sachwidrig wäre, mit dem BAföG-Satz eine sachfremde Erwägung in das Besoldungsrecht einführen zu wollen. Denn die Mindestalimentation als geringst mögliches materielles Gut, das der Besoldungsgesetzgeber in allen Fällen zu garantieren hat, weist am Ende immer einen Abstand zur sozialhilferechtlichen Grundsicherung von 15 % auf. Darin zeigt sich nun der aus dem Grundsatz des Mindestabstands abgeleitete als solcher materiell ggf. gerade noch verfassungskonforme Gehalt der gewährten Nettoalimentation. Würde man nun allerdings mit dem BAföG-Satz eine sachfremde Erwägung zur Grundlage einer grundsätzlichen "Mindestalimentation" von Beamten auf Widerruf machen, würde man ja gar nicht den offensichtlich grundsätzlich auch hier zu beachtenden Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau ins Auge fassen, sondern eine sozialrechtliche Unterstützungsleistung, die auch jenen gewährt wird oder werden kann, die sozialhilferechtlich keine Grundsicherungsempfänger und entsprechend nicht auf jene Unterstützungsleistung angewiesen sind. Denn Studierende sind grundsätzlich von unterhaltssichernden Leistungen des SGB XII ausgeschlossen, das aber gemeinsam mit den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II den Kern des Grundsicherungsniveaus bildet. Auch darin zeigt sich der sachfremde Gehalt des BAföG-Satzes, hier nun nicht hinsichtlich des Beamtenrechts, sondern hinsichtlich des Sozialrechts: BAföG ist keine Grundsicherungsleistung (hier ist offensichtlich argumentativ der vormaligen Bundesregierung zuzustimmen, vgl. BT-Drs. 19/98 v. 18.01.2018 unter https://dserver.bundestag.de/btd/19/004/1900498.pdf bzw. in Kurzform https://www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2018_01/540660-540660). Dahingegen ermöglicht - wie schon geschrieben - die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang nicht nur, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind, sondern ebenso, dass der Abstand zwischen den Besoldungsgruppen gewährt bleibt, da sowohl die Alimentation des Lebenszeitbeamten als auch die des Widerrufsbeamten - letztere allerdings "nur" dem Grundsatz nach - auf dieselbe Basis zurückgeführt werden können. Damit findet auch hier im Grundsatz das Beamtenrecht Anwendung, wie es das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des Widerrufsbeamten als sachgerecht betrachtet.

Entsprechend sollte dann auch das gelten, was Clarion gestern geschrieben har: "Ich vermute, der Grundsatz der mindestens existenzsichernden Alimentation gilt auch für Anwärter." Wenn ich die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zu Widerrufsbeamten richtig deute, müsste es noch genauer heißen: "Ich vermute, der Grundsatz der mindestens existenzsichernden Alimentation gilt dem Grundsatz nach auch für Anwärter." Denn auch sie sollten einen grundsätzlichen Anspruch haben, auch wenn sie nicht als Teil des Berufsbeamtentums zu begreifen sind (dafür müssten sie als notwendige Bedingung ebenfalls das Lebenszeitprinzip erfüllen); das dürfte sich aus der von mir skizzierten Wesensverwandtschaft ergeben. Die Frage ist, wie dieser grundsätzliche Anspruch aussehen muss.

@ Lumer

Es ist richtig, ich habe zunächst von Widerspruchsbeamten und dann im letzten Post von Beamten auf Zeit gesprochen, da ich hier bereits einen Schritt weiter hinein in andere Überlegungen war (mein Eigennutz hier im Forum liegt darin, dass ich durch Rückmeldungen auf meine Posts gezwungen bin, mir einen Überblick auch zu Problemen zu schaffen - oder zu schaffen zu versuchen -, die ich zuvor noch nicht im Blick hatte). Es geht und ging auch in meinem letzten Post um die Widerspruchsbeamten, ergo sollte man "Beamte auf Zeit" dort durch "Widerspruchsbeamte" ersetzen, so wie in den Posts zuvor ebenso von Widerspruchsbeamten gesprochen worden ist.

Das Problem, das die Grundlage des BAföG-Satzes hat, ist, dass er neben den anderen Problemen, die ich schon beschrieben habe, ebenso nicht in allen Fällen seiner Gewährung auf das Grundsicherungsniveau als solches zurückgeführt werden kann (s.o. die Hinweise in den genannten Links), anders als das beim Grundsicherungsniveau selbst der Fall ist. Denn jenes ist per se identisch mit sich selbst, also als solches anwendbar. Für das BAföG gilt das aber wie oben gezeigt nicht; denn BAföG ist keine Grundsicherungsleistung und wäre deshalb als Maßstab hinsichtlich des Mindestabstansgebots als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums offensichtlich grundsätzlich nicht sachgerecht auf Widerrufsbeamte anwendbar: Von daher sollte es unerheblich sein, ob die Widerrufsbeamten gewährte Alimentation die BAföG-Sätze übersteigt oder nicht, da zwischen beiden kein hinreichender sachlicher Zusammenhang besteht.

Dahingegen sollte m.E. das Grundsicherungsniveau - erneut dem Grundsatz nach - auch hinsichtlich des Widerspruchsbeamten in den Blick zu nehmen sein, um zu einer sachgerechten Betrachtung im Sinne der bisherigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu gelangen. Denn so fasse ich die in der gestern genannnten Entscheidung hervorgehobene Darlegung des Bundesverfassungsgerichts auf, dass es "sachgerecht [ist], die Referendarausbildung öffentlich-rechtlich zu regeln und in den Bereich des Beamtenrechts im weiteren Sinne einzuordnen" (Rn. 11), um so "im Grundsatz der hergebrachten Regelung im Beamtenrecht" zu folgen. Denn das ergibt sich m.E. aus der skizzierten Wesensverwandtschaft. Ich denke - darum geht es mir -, sofern das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung über die Alimentation von Widerspruchsbeamten fällen wird, wird es in Fortsetzung seiner Rechtsprechung einen ähnlichen Weg gehen (jedenfalls in Teilen oder besser: dem Grundsatz nach), wie ich ihn darlege: Es wird die Wesensähnlichkeit wie bislang auch betonen, also darauf abstellen, dass dem Grundsatz nach das Beamtenrecht zu beachten ist. Entsprechend wird es dann das Laufbahn- und Leistungsprinzip als hergebrachte Grundsätze betrachten und es dann dem Grundsatz nach (wie das auch immer konkret aussehen möge) jeweils auf Widerspruchsbeamte, so weit wie das verfassungsrechtlich möglich und geboten ist, übertragen - und am Ende eine grundsätzliche Einheitlichkeit des Alimentationswesens in den Blick nehmen, die über die grundsätzliche Beachtung des Mindestabastands- und Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen hergestellt werden kann.

Entsprechend - darum geht es mir hier - kann man auch Widerspruchsbeamten nur empfehlen, ebenfalls einen Widerspruch gegen ihre Besoldung als Ganze zu führen. Denn in dem Moment, da in den Rechtskreisen ein deutlich höheres Besoldungsniveau zu gewähren ist (was verfassungskonform de jure bereits geschehen müsste) und das ebenfalls auf die Grundgehaltssätze zurückschlägt (was ebenso zwangsläufig der Fall sein wird), sind mit hoher Wahrscheinlichkeit die heute gewährten Grundbezüge auch von Widerspruchsbeamten als nicht verfassungskonform zu betrachten, auch wenn hier verfassungsrechtlich kein expliziter Zusammenhang besteht, sondern über die skizzierte Wesensähnlichkeit nur ein grundsätzlicher. Der Widerspruchsbeamte hat kein Recht auf eine Alimentation; wird ihm aber eine Alimentation gewährt, muss diese offensichtlich "amtsangemessen" sein. Darin spiegelt sich m.E. die Einheitlichkeit des Beamtenrechts wider, die hinsichtlich der Widerspruchsbeamten eine grundsätzliche Einheitlichkeit ist. So wie ich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht verstehe - jetzt sind wir wieder am Anfang -, geht es ihm hinsichtlich einer Sache methodisch grundsätzlich darum, ihren Gehalt zu greifen, also Gemeinsamkeiten mit anderen (Rechts-)Sachen und deren Unterscheidung von anderen (Rechts-)Sachen zu untersuchen, um auch so festzustellen, welche (Verfassungs-)Rechtsnormen wie zu beachten sind, wo also höher- oder gleichrangige Normen vorliegen und anzuwenden sind. Höherrangige Normen haben immer den Vorrang; gleichrangige Normen - hier liegt in der Regel das Auslegungsproblem - sind im Zuge praktischer Konkordanz zu einem schonenden Ausgleich zu bringen, sofern aus ihnen jeweils für sich betrachtet unterschiedliche Ergebnisse zu gewährtigen sind.

Von daher wird das Bundesverfassungsgericht - denke ich - ein gesteigertes Interesse daran haben, seine Betrachtung von Wesenähnlichkeit hinsichtlich der Widerspruchsbeamten weiterhin aufrechtzuerhalten, um so de facto die (bezogen auf sie, die Widerspruchsbeamte: nur grundsätzliche) Einheitlichkeit des Besoldungsrechts zu wahren; denn de jure bleiben Widerspruchsbeamte keine Berufsbeamte. Dabei ist diese, also die aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu folgernde und zu erhaltende verfassungsrechtliche Einheitlichkeit des Berufsbeamtentum, als Folge der Reföderalisierung des Besoldungsrechts mittlerweile offensichtlich in einem Zentralbereich des öffentlichen Dienstrechts - dem Besoldungsrecht - nicht mehr gegeben, das offensichtlich spätestens nun nach 2020 durch die vielen verschiedenartigen verfassungswidrigen Regelungen noch einmal sehr viel mehr zersplittert ist und damit von den Besoldungsgesetzgebern genau zu der gegenteiligen Entwicklung geführt worden ist, als es das offensichtliche Ziel der beiden 2020er Entscheidungen gewesen ist (und der vorherigen logischerweise auch): nämlich auch und gerade die verfassungsrechtliche Einheitlichkeit des Besoldungsrechts (nicht: die Einheitlichkeit der Besoldungshöhe, sondern als Folge einer verfassungsrechtlichen Einheitlichkeit des Besoldungsrechts die Vergleichbarkeit der Besoldungshöhe) und damit übergeordnet auch die Einheitlichkeit des Beamtenrechts wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen.

Sollte diese meine Sichtweise richtig sein (hier liegt ein größeres Feld, mit dem ich mich seit geraumer Zeit beschäftige), dann erklärte das mit, wieso die für 2022 angekündigte Entscheidung weiterhin auf sich warten lässt (was hier im Forum verschiedentlich zu Unmut führt). Denn wenn mein Gedankengang sachlich richtig ist, wird das Bundesverfassungsgericht mit seiner anstehenden Entscheidung nun noch einmal versuchen, jene verfassungsrechtliche Einheitlichkeit des Beamtenrechts so in den Mittelpunkt seiner Entscheidung zu stellen (in diesen meinen Zeilen geht's nun nicht mehr um Widerrufsbeamte), um damit die seit 2020 noch einmal deutlich extremeren Auswüchse, die von den Besoldungsgesetzgebern seitdem vollzogen worden sind, zu unterbinden. Wenn ich es richtig sehe, könnte dafür die Kategorie der "Mindestbesoldung" ein zentrales Mittel sein. Denn mittels der Mindestalimentation (und damit als indizielles Mittel anhand der Mindestbesoldung) liegt verfassungsrechtlich ein offensichtlich hinsichtlich des Besoldungsrechts zutiefst vereinheitlichendes Mittel vor, mit der also die verfassungsrechtliche Zersplitterung des Besoldungs- und damit auch des Beamtenrechts wieder eingehegt werden kann, und zwar unter Beachtung realitätsgerechter Bedingungen, wie das das Bundesverfasungsgericht in seiner neuen Besoldungsdogmatik unzweifelhaft als nötig erachtet. An diesen Einhegungsprozessen - denke ich - hat das Bundesverfassungsgericht ein gesteigertes Interesse, da ein verfassungsrechtlich einheitliches Beamtenrecht, das also einfach gesetzlich nicht einheitlich ausfallen muss, da die Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung des Art. 33 Abs. 5 GG jeweils über einen weiten weiten Entscheidungsspielraum verfügen, nicht nur aus der Verfassung abzuleiten ist (die Grundsätze des Berufsbeamtentums gelten für alle Berufsbeamten einheitlich), sondern weil nur so sowohl die qualitätssichernde Funktion der Besoldung und damit die Leistungsfähigkeit des deutschen Berufsbeamtentums gesichert und gesteigert als auch der Staatsauftrag der Einheitlichkeit oder Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gewahrt werden kann. Denn unter anderem Art. 72 Abs. 2 GG ist nur zu gewährleisten, wenn das deutsche Berufbeamtentum qualitätsgesichert und darin also auch in einer hinlänglichen Gleichartigkeit zwischen Bund und Ländern und Ländern und Länder gewahrt bleibt (unabhängig davon oder eben diese Unabhängigkeit einhegend, dass das Besoldungsgesetzgebungsrecht nach wie vor im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Direktiven den 17 Gesetzgebern erhalten bleibt). Hier spielt nun die Funktionsfähigkeit und damit das Gemeinwohl die zentrale Rolle: Denn wenn die Qualität des Berufsbeamtentums in den verschiedenen Rechtskreisen deutlich auseinanderfiele (bspw. dadurch, dass ein Rechtskreis auf Dauer eine deutlich schlechtere Alimentation gewährte als die anderen), müsste das zunächst zu Qualitätsverlusten führen, die auf Dauer dann die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Diensts beeinträchtigten und am Ende gemeinwohlgefährdend wirken könnten, da der Staat seiner Funktionsfähigkeit beraubt werden würde oder könnte.

Ohne dass ich davon ausgehe, dass in der aktuellen Entscheidung ein Bezug zu Art. 72 Abs. 2 GG gesucht wird (der sich aber ggf. in der Begründung anbieten könnte), gehe ich davon aus, dass sich im Moment in Karlsruhe umfassende Gedanken hinsichtlich der Einheitlichkeit des deutschen Berufsbeamtentums und der qualitätssichernden Funktion der Besoldung gemacht werden, was als eine der zentralne Ursachen angenommen werden kann, wieso die aktuell angekündigte Entscheidung weiterhin auf sich warten lässt. Aber mit diesen Gedanken führe ich unsere Diskussion nun weg von der hier betrachteten Sache - zugleich gehe ich davon aus, dass unser Dissens besteht bleibt, was sowohl für Dich als auch für mich in Ordnung ist, denke ich; denn ich gehe weiterhin davon aus, dass auch Widerspruchsbeamte unter allen Umständen gegen ihre Besoldung als Ganze Widerspruch führen sollten.
« Last Edit: 15.12.2022 11:29 von SwenTanortsch »

SiBe21

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2934 am: 15.12.2022 11:18 »
Hallo,  Du bist  Beamtin auf Widerruf  und die Auflage ist vermutlich,  dass Du Dich dem Studium mit ganzer Kraft widmen musst. Ich vermute, der Grundsatz der mindestens existenzsichernden Alimentation gilt auch für Anwärter. Es gibt  meines Wissens aber noch kein Urteil , dass auch Anwärter eine vierköpfige Familie unterhalten können müssen, denn der klassische Anwärter ist idR noch jung und ungebunden und bekommt möglicherweise noch Kost und  Logie gestellt.
Die Auflage hat nichts mit Krafteinsatz zu tun, dies müsste sich wenn aus den hergebrachten Beamtengrundsätzen ergeben. In der VV steht dazu z.B., dass ich die Besoldung zurückzahlen muss wenn ich den öffentlichen Dienst des Bundes innerhalb 5 Jahren verlasse. Meine Frage war bezogen auf in wie fern überhaupt eine Beamtenbesoldung unter einer Auflage gezahlt werden kann also beim BaP und BaL, beim BaW geht es ja offensichtlich. Weil das könnte ja ein Kriterium sein um zu beurteilen wie Wesensfremd die Besoldung von BaP u. BaL zu BaW ist.

MasterOf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2935 am: 15.12.2022 13:08 »
Zusatzinformation:

* Erhöhung Beihilfe des Beihilfeberechtigten ab dem ersten Kind vn 50 auf 70 Prozent
* Bei der Ehefrau von 70 auf 90 Prozent
* Auf Bitten des BMF wird vom BMI eine "verfassungsrechtliche Prüfung alternativer Handlungsoptionen" unternommen -> es soll wohl billiger werden

Punkt 1 und 2 hat man sich in den Bundesländern abgeschaut, siehe hierzu auch den Landesthread mit den dort genannten Begründungen.

Punkt 3 kann ich bestätigen, im Haus ist man allerdings auf Fachebene überzeugt, dass das Hamburger Modell nicht verfassungskonform ist. Das sieht der Begründer und aktuelle StS naturgemäß anders, was nun ein erster, spannender Machtkampf in D wird...

Machtkampf inwiefern? Hat nicht der StS als verantwortlicher StS für D und somit auch Besoldung sowieso das letzte Wort?

BWBoy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2936 am: 15.12.2022 14:17 »
Zusatzinformation:

* Erhöhung Beihilfe des Beihilfeberechtigten ab dem ersten Kind vn 50 auf 70 Prozent
* Bei der Ehefrau von 70 auf 90 Prozent
* Auf Bitten des BMF wird vom BMI eine "verfassungsrechtliche Prüfung alternativer Handlungsoptionen" unternommen -> es soll wohl billiger werden

Punkt 1 und 2 hat man sich in den Bundesländern abgeschaut, siehe hierzu auch den Landesthread mit den dort genannten Begründungen.

Punkt 3 kann ich bestätigen, im Haus ist man allerdings auf Fachebene überzeugt, dass das Hamburger Modell nicht verfassungskonform ist. Das sieht der Begründer und aktuelle StS naturgemäß anders, was nun ein erster, spannender Machtkampf in D wird...

Machtkampf inwiefern? Hat nicht der StS als verantwortlicher StS für D und somit auch Besoldung sowieso das letzte Wort?

Vermutlich ist genau aus diesem Grund das Hamburger Modell auch so scheiße

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2937 am: 15.12.2022 16:25 »
Dann hat man wohl mit dem neuen StS den Bock zum Gärtner gemacht.
Heisst dann wohl soviel wie weiter auf neue Rechtsprechung warten und in Geduld üben und fleissig Widerspruch einlegen.

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2938 am: 15.12.2022 21:56 »
Ein "spannender Machtkampf" wird das also, ob sich ein Staatssekretär, der fachlich fundierten Meinung seiner Mitarbeiter anschließt, man solle sich an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts halten.

Kann da die EU ggf. mal ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Deutschland einleiten? Zum Einen wegen der chronisch unterbezahlten Richter und zum Anderen wegen des gewohnheitsmäßigen Verfassungsbruchs aus vermeintlichen Etatgründen.

Beamtenmichel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #2939 am: 15.12.2022 22:17 »
Ein "spannender Machtkampf" wird das also, ob sich ein Staatssekretär, der fachlich fundierten Meinung seiner Mitarbeiter anschließt, man solle sich an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts halten.

Kann da die EU ggf. mal ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Deutschland einleiten? Zum Einen wegen der chronisch unterbezahlten Richter und zum Anderen wegen des gewohnheitsmäßigen Verfassungsbruchs aus vermeintlichen Etatgründen.

Warum den ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren? Die EU ist doch derzeit damit beschäftigt die Herkunft drr Geldsäcke aus der Wohnung zu klären haha. 

Zumindest kann man sich dann Herrn Orban in bester Gesellschaft anschließen . EU Fördermittel in Mrd. HÖHE streichen bzw. zurückhalten aber selbst keinen Punkt besser. Dieser Affenhaufen in Brüssel mit 20 000 Gage im Monat.