Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1954905 times)

WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #30 am: 16.11.2020 09:31 »
Es war nicht meine Intention hier in zwei Zeilen einen Maßstab dafür zu entwickeln, was amtsangemessene Alimentation bedeutet und was nicht. Auch habe ich weder Tarifbeschäftigten noch dem einfachen Dienst das Recht auf ein schönes Zuhause abgesprochen. Würde mich freuen, wenn einem die Worte nicht im Munde verdreht würden..
Ich habe dir nichts im Munde umdrehen wollen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der Anspruch eines Beamten gH ein Haus finanzieren zu können nur dann was mit einer amtsangemessenen Alimentation zu tun hat, wenn der nicht Beamte in vergleichbarer Lebenssiituation es genauso kann.
Da er es in Ballungszentren genauso wenig - wie der Beamte - kann, ist die Alimentation durchaus bzgl. diesem Kriteriums amtsangemessen.

Zitat
Mein Beispiel mit den zwei Beamten im gD war eines aus meiner Lebenswirklichkeit. Und ja, WasDennNun, das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Eben und darum s.o. hat es nichts mit der Alimentation zu tun.

 
Zitat
Er hat zum Ausgleich für seine lebenslange Treuepflicht ein Recht auf eine Alimentation, die ihm eine Amtsausführung aus wirtschaftlich gesicherter Stellung ermöglicht. Ich würde mich freuen wenn der Besoldungsgesetzgeber das Beamtenrecht so ernst nehmen würde wie ich das Rechtsgebiet welches mir zur Ausführung übertragen wurde.
Genau, und umso erstaunlicher ist, dass man erst jetzt bemerkt, dass die untersten Besoldungsgruppen seit über 30 Jahren verfassungswidrig unteralimentiert waren (sofern sie Kinder hatten).
Asozialer geht es wirklich nicht.
Der TB kann und muss sich da mit H4 aushelfen.

Und im oberen A/R-Bereich da haben wir ja auch die Situation, dass man im Vergleich zur Gesellschaft nur noch "hunger" Löhne zahlt (auch hier genauso wie bei den TB) und daher für diese Posten idR nur noch Mittelmaß einstellen kann.

DrStrange

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #31 am: 16.11.2020 09:38 »
Und ja, WasDennNun, das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Marktversagen?? Der Markt versagt nicht, er reagiert nur auf staatliche Eingriffe.

WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #32 am: 16.11.2020 09:57 »
Und ja, WasDennNun, das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Marktversagen?? Der Markt versagt nicht, er reagiert nur auf staatliche Eingriffe.
Ja, da gebe ich dir Recht.
Will damit ausdrücken, dass ein gewisser Bereich an Abnehmer nicht mehr adressiert werden in gewissen Märkten.
Für dieses Klientel sieht es so aus als ob der Markt versagt.

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #33 am: 16.11.2020 11:31 »
Und ja, WasDennNun, das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Marktversagen?? Der Markt versagt nicht, er reagiert nur auf staatliche Eingriffe.

In der sozialen Marktwirtschaft erfolgen Eingriffe in den Markt, wenn der Markt nicht mehr funktioniert, also z. B wenn sich aus Angebot und Nachfrage keine adressatengerechten Preise mehr ergeben. In einer solchen Situation sind wir und deswegen kann man von Marktversagen sprechen, insbesondere im Gegensatz zur neoliberalen Phantasie, der Markt (als Gesamtmenge aller Akteure) regele alles selbstständig.

Wohnraum sollte kein Luxusgut sein, ich denke das ist Konsens in Deutschland.

Wie schön, dass wieder Bewegung in dem Thread ist. Jetzt brauchen wir nur noch Ergebnisse von Widersprüchen.

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #34 am: 16.11.2020 12:12 »
Und ja, WasDennNun, das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Marktversagen?? Der Markt versagt nicht, er reagiert nur auf staatliche Eingriffe.

In der sozialen Marktwirtschaft erfolgen Eingriffe in den Markt, wenn der Markt nicht mehr funktioniert, also z. B wenn sich aus Angebot und Nachfrage keine adressatengerechten Preise mehr ergeben. In einer solchen Situation sind wir und deswegen kann man von Marktversagen sprechen, insbesondere im Gegensatz zur neoliberalen Phantasie, der Markt (als Gesamtmenge aller Akteure) regele alles selbstständig.

Wohnraum sollte kein Luxusgut sein, ich denke das ist Konsens in Deutschland.

Wie schön, dass wieder Bewegung in dem Thread ist. Jetzt brauchen wir nur noch Ergebnisse von Widersprüchen.

Die Politik hat doch das in deinen Augen stattfindende Marktversagen zu verantworten. Zum einen wurde billiger Wohnraum verramscht und zum anderen ist durch die EZB der Immobilienmarkt durch die Decke gegangen.

DrStrange

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #35 am: 16.11.2020 12:30 »
Und ja, WasDennNun, das Marktversagen auf dem Wohnungsmarkt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Marktversagen?? Der Markt versagt nicht, er reagiert nur auf staatliche Eingriffe.

In der sozialen Marktwirtschaft erfolgen Eingriffe in den Markt, wenn der Markt nicht mehr funktioniert, also z. B wenn sich aus Angebot und Nachfrage keine adressatengerechten Preise mehr ergeben. In einer solchen Situation sind wir und deswegen kann man von Marktversagen sprechen, insbesondere im Gegensatz zur neoliberalen Phantasie, der Markt (als Gesamtmenge aller Akteure) regele alles selbstständig.


Angebot und Nachfrage regeln das. Werden teure Wohnungen nicht mehr nachgefragt, steigt das Angebot und sie müssen günstiger werden. Fakt ist auch, man kann nur da wohnen, wo man es sich auch leisten kann. Das ist dann wohl der "Luxus", den du erwähnt hast. In stark nachgefragten Vierteln wohnen und auch EFH sind Luxus.
Was jetzt zB in Berlin mit Mietendeckel und Umwandlungsverbot als staatliche Eingriffe in den Markt passiert, werden alle schmerzhaft erfahren. Niemand wird neue und günstige MFH bauen (der Staat schon gar nicht). Der Bestand wird weiter im Preis steigen etc.

Aber das ist ne andere Baustelle. btt

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #36 am: 16.11.2020 12:40 »

Wie schön, dass wieder Bewegung in dem Thread ist. Jetzt brauchen wir nur noch Ergebnisse von Widersprüchen.
[/quote]

Die Besoldungsgesetzgeber dürften derzeit allesamt kaum ein Interesse daran haben, Widerprüche zu bescheiden:

In den meisten Ländern und sicherlich auch im Bund dürften recht viele ruhend gestellte Widersprüche vorliegen. Würden nun aktuell gestellte nicht mehr ruhend gestellt, müsste das auch allen Widerspruchsführern aus der Vergangenheit mitgeteilt werden. Gleiches würde weitgehend gelten, wenn aktuelle Widersprüche negativ beschieden werden würden. Ein solches Vorgehen wäre also so oder so mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden, für den derzeit eher keine Kapazitäten zur Verfügung stehen dürften. Denn auch im letzten Fall müsste dann sämtliche ruhend gestellte Widersprüche entsprechend beschieden werden.

Negative Bescheide würden darüber hinaus dazu führen, dass Widerspruchsführer Klage erheben würden. In Anbetracht der durch die aktuelle Entscheidung neue Rechtslage ist davon auszugehen, dass die Verwaltungsgerichte den jeweiligen Besoldungsgesetzgeber dann dazu auffordern würden, sein aktuelles Besoldungsanpassungsgesetz gemäß der neuen Vorgaben des BVerfG zu prozeduralisieren, denn erst dann könnte es gerichtlich geprüft werden. Das dürften allerdings die Besoldungsgesetzgeber allesamt eher nicht wollen, nicht zuletzt, weil spätestens dann - so ist zu vermuten - in Bund und Ländern eine öffentliche Debatte über das Thema beginnen würde, was kaum in deren Interesse liegen dürfte.

Ergo: Wir werden abwarten müssen, wie der Bund sein neues Besoldungsanpassungsgesetz prozeduralisieren wird. Damit wird dann der erste Präzedenzfall geschaffen. Jener dürfte interessant werden und danach sind wir schlauer.

bgler

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #37 am: 16.11.2020 13:37 »

Ergo: Wir werden abwarten müssen, wie der Bund sein neues Besoldungsanpassungsgesetz prozeduralisieren wird.

Was schätzt du, wann dieses auf den Weg gebracht werden wird?

Soldat

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #38 am: 16.11.2020 14:11 »
Ohne mich bisher gründlich in den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts eingearbeitet zu haben, verstehe ich nicht, warum die Interessenvertretungen (z.B. DBwV) das Thema bisher nicht aufgreifen. Es erfolgt keine Information, dass bspw. Widerspruch gegen die aktuelle Besoldung eingelegt werden sollte, geschweige denn wird ein entsprechendes Musterschreiben zur Verfügung gestellt. Für mich stellt sich nun die Frage, ob dieses Thema ein Länderthema ist oder auch auf den Bund zutrifft. Wer ist denn nun betroffen? Als Soldat mit 3 eigenen Kindern und 2 Stiefkindern mit dazugehöriger Zahlung des Familienzuschlags ist es für mich schwer auszuwerten, gegen was ich Widerspruch einlegen sollte.
Vielleicht ist ja jemand im Forum der Licht ins Dunkle bringen kann.



emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #39 am: 16.11.2020 16:42 »
SwenTanortsch hat die Auswirkungen am Anfang dieses Threads sehr ausführlich in vorbildlicher Weise dargestellt. Das Urteil ist eben noch nicht in den erforderlichen Amtsstuben angekommen. Meine Bezügestelle hatte noch keine Ahnung war aber telefonisch schonmal dagegen, dass die Besoldung steigt ...  ;D

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #40 am: 16.11.2020 17:47 »

Ergo: Wir werden abwarten müssen, wie der Bund sein neues Besoldungsanpassungsgesetz prozeduralisieren wird.

Was schätzt du, wann dieses auf den Weg gebracht werden wird?

Ich bin kein Bundesbeamter und kenne mich deshalb hier nur bedingt aus. Das Innenministerium hat mittlerweile mitgeteilt, dass der Tarifabschluss wirkungsgleich auf die Beamten übertragen wird. Unklar ist zur Zeit eventuell noch, ob das neue Besoldungsanpassungsgesetz zum Anfang des Jahres 2021 oder wie der Tarivertrag zum 01.04.2021 in Kraft treten wird. Diesbezüglich hat vielleicht der eine oder andere hier im Forum weitergehende Infos. So oder so wird man heute schon eifrig im Innenministerium rechnen.

@ Soldat

Beide Themen sind voneinander zu unterscheiden. Als Soldat (genauso wie als Beamter, Richter oder Hochschullehrer) mit mehr als zwei Kindern musst Du im Sinne der Entscheidung 2 BvL 6/17 Widerspruch einlegen. In dem hier verlinkten Artikel der Zeitschrift der Berliner Sektion des Deutschen Richterbunds findest Du eine schlüssige Zusammenfassung zur Thematik: https://www.berliner-besoldung.de/aktuelles/wenig-beachtet-aber-wichtig-bei-drei-und-mehr-kindern/ Hier habe ich nach einer allgemeinen Einordnung ein entsprechendes Widerspruchsschreiben formuliert: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114540.msg182252.html#msg182252 (am Ende erfolgen dort Durchstreichungen, die nicht zu beachten sind). Jenes Schreiben ersetzt aber keine Rechtsberatung, da ich kein Jurist bin, auch werden mittlerweile verschiedene Verbände entsprechende Schreiben zur Verfügung gestellt haben.

Im Sinne der Entscheidung 2 BvL 4/18 solltest Du zugleich Widerspruch gegen Deine Alimentation einlegen. Ein Musterwiderspruchsschreiben findest Du beispielsweise hier: https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:NoZKw1dMAYMJ:https://www.dbb-nrw.de/fileadmin/user_upload/www_dbb-nrw_de/pdf/201027/201027_anlage-zu-MG-Info-Muster-alim-mindest.docx+&cd=6&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=firefox-b-d

Über den Sachverhalt, dass verschiedene Verbände bis in jüngster Zeit eher zurückhaltend mit der Berichterstattung verfahren sind, wurde bereits umfassend in der entsprechenden Behandlung der Thematik auf der Länderseite diskutiert. Hier dürfte ein Bündel an Gründen eine Rolle spielen. Es wäre schon verwunderlich, wenn der DBwV nicht spätestens im Dezember darauf verweisen würde, dass bis spätestens 30.12.2020 Widerspruch einzulegen ist, denke ich.

Soldat

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« Antwort #41 am: 17.11.2020 08:46 »
Vielen Dank für die Erklärung...ich habe gerade den DBwV angeschrieben. Bin gespannt was nun folgt.

Bundesdienstler

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« Antwort #42 am: 29.11.2020 12:28 »
Hallo liebe Forumsmitglieder,

aus aktuellem Anlass eine Information zum Thema amtsangemessene Besoldung / Entscheidung 2 BvL 4/18 von meiner Seite:

Auf meinen Widerspruch gegen die Besoldung, der auch Bezug nahm auf die in Rede stehende Entscheidung des BVerfG, habe ich einen Widerspruchsbescheid erhalten. Mein Antrag, das Verfahren ruhend zu stellen, wurde abgelehnt! Ich habe heute den VBOB um eine rechtliche Einschätzung gebeten.

Viele Grüße

Pacodemias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #43 am: 02.12.2020 06:17 »
Danke für die Info. WIr sind hier als Personalrat immer noch am überlegen, ob wir die Beschäftigten darauf hinweisen sollen Widerspruch einzulegen. Wenn du was vom VBOB hörst, wäre es nett, wenn du hier kurz bescheid geben könntest.

Gruß

Soldat

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« Antwort #44 am: 02.12.2020 15:01 »
Habe vor Kurzem den DBwV angeschrieben. Die Problematik wird dort nicht erkannt. Es muss unterschieden werden zwischen Bund und Land. Ich war scheinbar der Erste mit dieser Anfrage. Es wird kein Musterwiderspruchsschreiben zur Verfügung gestellt. Man kann die Bezügeabrechnung zur Prüfung hinschicken. Das kann man sich aber sparen, da ja klar ist, dass nach derzeitigen Kenntnisstand korrekt bezahlt wird. Als Beispiel: Anzahl der Kinder ergibt Familienzuschlag der entsprechenden Stufe und Zahlbetrag gemäß Anlage V zum BBesG. Was bitte soll bei der Prüfung denn anders herauskommen? Das kann ich mir auch selber ausrechnen, was mir als kinderreiche Familie an Familienzuschlag zusteht. Rechner Öffentlicher Dienst nutzen und fertig. Vergleich mit meiner Bezügeabrechnung...alles korrekt. Ich glaube die Interessenvertreter der Beamten, Soldaten usw. beim Bund setzen sich mit diesem Thema nicht auseinander. Sie sehen das grundlegende Problem einfach nicht, dass die Zahlbeträge Familienzuschlag, sowie Grundgehälter zu niedrig zu sein schein. Zu mindestens habe ich nirgendwo gelesen, dass die Beamten/Soldaten beim Bund Widerspruch einlegen sollten. Schade...

Wenn ich lese, dass entsprechende Widersprüche nicht ruhend gestellt werden, sondern abschließend beschieden werden, frage ich mich ernsthaft, warum wir hier im Stich und im Dunkeln gelassen werden.