Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3904923 times)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3540 am: 20.01.2023 11:57 »
Um mal mit ein paar Zahlen zum Thema zurückzukommen, auf dessen Grundlage man dann diskutieren kann, denke ich: Vergleicht man die derzeitigen Zuschläge mit denen aus dem Jahr 2019, ergibt sich folgendes Bild für die heute niedrigste Besoldungsgruppe A 6/2 (vgl. den Gehaltsrechner):

                   2019        2023              Steigerung
                                                      in €          in %

Grundgeh. 2.362,27 € 2541,21 €   178,94 €       7,6

FS 1            149,09 €   160,38 €     11,29 €       7,6

FS 2            130,24 €   295,33 €   165,09 €    126,8
Summe        279,33 €  455,71 €

FS 3            130,24 €   478,78 €    348,54 €   267,6
Summe       409,57 €  934,49 €

Als Ergebnis sind die familienbezogenen Besoldungskomponenten für eine vierköpfige Familie von 2019 nach 2023 um 524,92 € (128,2 %) erhöht worden. 2019 betrug das Verhältnis des Grundgehalts zu den familienbezbezogenen Besoldungsbestandteilen 2.362,27 € zu 409,47 €; die Zuschläge haben das Grundgehalt um 17,3 % erhöht. 2023 beträgt das Verhältnis 2.541,21 € zu 934,49 €; die Zuschläge erhöhen das Grundgehalt um 36,8 %. Sie sind entsprechend nicht mehr als Nebenkomponente der Besoldung zu begreifen, da nicht mehr davon auszugehen ist, "dass bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile nur ergänzend hinzutreten", was das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des überkommenen Alleinverdienermodell weiterhin als "Selbstverständlichkeit" ansieht (BVerfGE 44, 249 (274 f.); vgl. hierzu in der aktuellen Entscheidung den Verweis in der Rn. 40). Nicht umsonst ergibt sich folgendes Bild hinsichtlich des Leistungsprinzips, weiterhin mit der Besoldungsgruppe A 6/2 als heute niedrigste als Maßstab:

          Grundgehalt + Fam-Zuschläge      Grundgehalt Vergleichsgruppen

2019     FS 1  2.511,36 €                        A 7/3:   2.512,11 €  A 8/2:  2.513,29 €
            FS 2  2.641,60 €                        A 7/5:   2.673,28 €  A 9/2:  2.667,87 €
            FS 3  2.771,84 €                        A 7/6:   2.753,87 €  A 9/3:  2.735,63 €

2023     FS 1  2.701,59 €                        A 7/3:   2.702,41 €  A 8/2:  2.703,67 €
            FS 2  2.996,92 €                        A 7/6:   2.962,47 €  A 9/3:  2.942,86 € bzw. A 10/1 3.039,93 €
            FS 3  3.475,70 €                        A 8/10: 3.444,36 €  A 11/3: 3.479,61 €

Spätestens hinsichtlich der Familienstufe 3 hätte die Landesregierung sachgerecht erklären müssen, wieso hier kein Verstoß gegen das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen vorliegen sollte, was aber offensichtlich nicht möglich ist. Denn die Kinderzahl kann keine entsprechenden Erhöhungen rechtfertigen, da eine jeweilige Erhöhung des Grundgehaltssatzes zu keiner Benachteiligung von Beamten mit Familien geführt hätte. Der Gesetzgeber hat damit die überkommene Systematik verlassen, ohne dies hinreichend begründen zu können. Als solches liegt hier eine Verletzung des genannten Abstandsgebot vor. Weiterhin kann die Thüringer Landesregierung nicht sachgerecht erklären, wieso der Familienzuschlag für das zweite Kind in Höhe von 478,78 € den für das erste in Höhe von 295,33 € um mehr als 180,- € übersteigt. Da keine sachgerechte Begründung auch für diese Unterscheidung vorliegt, muss auch diese Regelung als verfassungswidrig angesehen werden - jedenfalls gibt es keine mir bekannte Statistik, die diesen Unterschied sachlich rechtfertigen könnte.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, hier liegt ein elementarer Verstoß gegen das Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG vor. Darüber hinaus ist das Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt. Schließlich findet sich ebenso eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG.

Beamtenmichel

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« Antwort #3541 am: 20.01.2023 12:05 »
Zum Thema Amtsangemessene Alimenation, hier Familienzuschlag.

Das Land Thüringen erhöht zum 01.01.2023 nicht nur die Bezüge, sondern auch gleichzeitig wieder dementsprechend den Familienzuschlag. Ein verheirateter Beamter mit drei Kindern erhält in Thüringen ein Familienzuschlag von insgesamt 1.740 € im Monat.

Ein Bundesbeamter erhält bei gleicher Konstellation insgesamt nur 826,00 € im Monat.

Also ein Unterschied von sage und schreibe 914,00 € monatlich- auf ein Jahr sind das 10.976 € Brutto

Wahnsinn!!!

Und neben diesen 1.740 € kommen ja noch 3 x 250 € KG oben drauf. Macht in Summe 2.490 €!!!!! Kinderbezogene Leistungen. Ok die Familienzuschläge werden klar versteuert aber dennoch bei 3 Kindern wird der Empfänger höchstwahrscheinlich in LSt. 3 sein (und die Ehefrau zu Hause). Dann rechnen wir einmal mit ca. 1400 € netto für die KGZ.

Schlussendlich hat der Beamte in Thüringen aufgrund seiner 3 Kinder ca. 2150 € (NETTO!!) pro Monat mehr. Dafür lässt sich in der ehemaligen Zone ja eine ganze Villa finanzieren. 8)

beamtenjeff

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« Antwort #3542 am: 20.01.2023 13:21 »
Zum Thema Amtsangemessene Alimenation, hier Familienzuschlag.

Das Land Thüringen erhöht zum 01.01.2023 nicht nur die Bezüge, sondern auch gleichzeitig wieder dementsprechend den Familienzuschlag. Ein verheirateter Beamter mit drei Kindern erhält in Thüringen ein Familienzuschlag von insgesamt 1.740 € im Monat.

Ein Bundesbeamter erhält bei gleicher Konstellation insgesamt nur 826,00 € im Monat.

Also ein Unterschied von sage und schreibe 914,00 € monatlich- auf ein Jahr sind das 10.976 € Brutto

Wahnsinn!!!

Und neben diesen 1.740 € kommen ja noch 3 x 250 € KG oben drauf. Macht in Summe 2.490 €!!!!! Kinderbezogene Leistungen. Ok die Familienzuschläge werden klar versteuert aber dennoch bei 3 Kindern wird der Empfänger höchstwahrscheinlich in LSt. 3 sein (und die Ehefrau zu Hause). Dann rechnen wir einmal mit ca. 1400 € netto für die KGZ.

Schlussendlich hat der Beamte in Thüringen aufgrund seiner 3 Kinder ca. 2150 € (NETTO!!) pro Monat mehr. Dafür lässt sich in der ehemaligen Zone ja eine ganze Villa finanzieren. 8)

Jetzt geht das schon wieder los...
Ich habe aufgehört zu lesen bei "die Ehefrau zu Hause". Bei so antiquierten Sichtweisen auf unser Hier und Jetzt, merkt man sofort, da kann jemand absolut nicht mitreden. Ich würde behaupten ich habe einen sehr großen Bekannten- und Freundeskreis mit entsprechend vielen Paaren und Eheleuten. Von diesen ca. 15 Familien ist nicht eine "Mutter" zuhause, fast immer primär aus dem selben Grund: Geldnot. Mir scheint, manche haben überhaupt keine Vorstellung davon, nicht nur was Eltern an Karriere zurückstecken, sondern auch finanziell. Eltern sind heutzutage richtige Überlebenskünstler, sie bekommen die Krisen und gesellschaftlichen Schiefstellungen an allen Ecken und Kanten zu spüren und müssen in Eigenleistung für Ausgleich sorgen, sei es wegen eines mangelhaften/kaputen Bildungssystems, fehlende bzw. überteuerte Betreuungsmöglichkeiten, unterschwellige Benachtieligung im Job-Aufstieg, private Altersvorsorge (weil die Generation davor zu dumm war frühzeitig die Rente zu reformieren), die ganz nebenbei schwierig ist wenn Immobilien schon mal (bei den Preisen) raus fallen, Lebensmittelpreise bei dem man seinen Kindenr eigtl nur noch Nudeln mit Ketchup anbieten kann. Aber ich fürchte da können die meisten hier nicht mit reden.

Da kann man eigtl nur noch Kotzen bei manch Kommentaren hier.
« Last Edit: 20.01.2023 13:30 von beamtenjeff »

Bastel

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« Antwort #3543 am: 20.01.2023 13:37 »
Natürlich muss die Frau in der Regel arbeiten... Sonst liegt man bis zur A10?? auf Harz4 Niveau.

BalBund

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« Antwort #3544 am: 20.01.2023 13:42 »
Da hilft nur massenhaft den Gewerkschaften beitreten und von Innen her Druck ausüben. Aber nur rummeckern kann jeder.

Als Beamter ist jeder Euro für eine Gewerkschaft Verschwendung. Mit dem, was man an Beiträgen zahlt/spart lässt sich die Klage auf amtsangemessene Besoldung locker finanzieren.

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3545 am: 20.01.2023 14:07 »
Da hilft nur massenhaft den Gewerkschaften beitreten und von Innen her Druck ausüben. Aber nur rummeckern kann jeder.

Als Beamter ist jeder Euro für eine Gewerkschaft Verschwendung. Mit dem, was man an Beiträgen zahlt/spart lässt sich die Klage auf amtsangemessene Besoldung locker finanzieren.

ich meinte auch nicht die Beamtenschaft, sondern die Angestellten! Vor allen die die sich darüber Echauffieren, dass ihre Familien nicht alimentiert werden.

@ Beamtenjeff: Volle Zustimmung!

Organisator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3546 am: 20.01.2023 14:19 »
Zum Thema Amtsangemessene Alimenation, hier Familienzuschlag.

Das Land Thüringen erhöht zum 01.01.2023 nicht nur die Bezüge, sondern auch gleichzeitig wieder dementsprechend den Familienzuschlag. Ein verheirateter Beamter mit drei Kindern erhält in Thüringen ein Familienzuschlag von insgesamt 1.740 € im Monat.

Ein Bundesbeamter erhält bei gleicher Konstellation insgesamt nur 826,00 € im Monat.

Also ein Unterschied von sage und schreibe 914,00 € monatlich- auf ein Jahr sind das 10.976 € Brutto

Wahnsinn!!!

Und neben diesen 1.740 € kommen ja noch 3 x 250 € KG oben drauf. Macht in Summe 2.490 €!!!!! Kinderbezogene Leistungen. Ok die Familienzuschläge werden klar versteuert aber dennoch bei 3 Kindern wird der Empfänger höchstwahrscheinlich in LSt. 3 sein (und die Ehefrau zu Hause). Dann rechnen wir einmal mit ca. 1400 € netto für die KGZ.

Schlussendlich hat der Beamte in Thüringen aufgrund seiner 3 Kinder ca. 2150 € (NETTO!!) pro Monat mehr. Dafür lässt sich in der ehemaligen Zone ja eine ganze Villa finanzieren. 8)

Jetzt geht das schon wieder los...
Ich habe aufgehört zu lesen bei "die Ehefrau zu Hause". Bei so antiquierten Sichtweisen auf unser Hier und Jetzt, merkt man sofort, da kann jemand absolut nicht mitreden. Ich würde behaupten ich habe einen sehr großen Bekannten- und Freundeskreis mit entsprechend vielen Paaren und Eheleuten. Von diesen ca. 15 Familien ist nicht eine "Mutter" zuhause, fast immer primär aus dem selben Grund: Geldnot. Mir scheint, manche haben überhaupt keine Vorstellung davon, nicht nur was Eltern an Karriere zurückstecken, sondern auch finanziell. Eltern sind heutzutage richtige Überlebenskünstler, sie bekommen die Krisen und gesellschaftlichen Schiefstellungen an allen Ecken und Kanten zu spüren und müssen in Eigenleistung für Ausgleich sorgen, sei es wegen eines mangelhaften/kaputen Bildungssystems, fehlende bzw. überteuerte Betreuungsmöglichkeiten, unterschwellige Benachtieligung im Job-Aufstieg, private Altersvorsorge (weil die Generation davor zu dumm war frühzeitig die Rente zu reformieren), die ganz nebenbei schwierig ist wenn Immobilien schon mal (bei den Preisen) raus fallen, Lebensmittelpreise bei dem man seinen Kindenr eigtl nur noch Nudeln mit Ketchup anbieten kann. Aber ich fürchte da können die meisten hier nicht mit reden.

Da kann man eigtl nur noch Kotzen bei manch Kommentaren hier.

Hast du auch inhaltlich an dem Posting etwas anzumerken?

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3547 am: 20.01.2023 15:20 »
Ich kann das, was Du schreibst, gut nachvollziehen, beamtenjeff - denn es kann nicht darum gehen, ob einer der beiden Partner mit Kindern zu Hause bleiben muss oder nicht und dass weiterhin dieser eine in der Regel kein einer, sondern eine ist. Denn das ist die gesellschaftliche Realität, dass Frauen, sobald Kinder da sind, weit überwiegend die unbezahlte Betreuungsarbeit leisten, und zwar nicht nur hinsichtlich der Betreuung der Kinder, sondern ebenso in der Betreuung der älteren Generation, was mit zum gender pay gap von rund 20 % führt, ein Wert, der sich nach 2008 bis 2019 leicht verringert hat und nach Corona wieder dort ist, wo er 2008 war.

Die zentrale Frage ist dabei, woher die Geldnot kommt, von der Du zurecht sprichst. Sie lässt sich - vereinfacht dargestellt, jedoch dabei in einem hohen Maße treffend - auf die geringen Reallohnzuwächse seit spätestens Anfang der 1990er Jahre zurückführen, da der größte Teil der Gesellschaft vor allem von dem lebt, was ihm die Erwerbsarbeit einbringt. Dabei lässt sich feststellen, dass die Reallöhne in den 25 Jahren zwischen 1991 und 2015 um nur sieben Prozenpunkte gestiegen sind, um zwischen 2015 und 2019 um zehn Prozentpunkte anzusteigen (https://www.bpb.de/themen/arbeit/arbeitsmarktpolitik/322503/lohnentwicklung-in-deutschland-und-europa/) und seit 2020/2021 und insbesondere im letzten Jahr wieder massiv einzubrechen (https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Realloehne-Nettoverdienste/_inhalt.html).

Insofern ist es wegen der in den letzten beiden Absätzen dargestellten Entwicklungen richtig und wichtig, dass insbesondere Familien und darin die Kinder gesellschaftlich unterstützt werden - und Unterstützung heißt nicht zuletzt: monetäre Unterstützung, aber ebenso auch die Familienpolitik als Ganze (dieser Beitrag ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, die Tendenzen stimmen aber weitgehend noch immer https://www.bpb.de/themen/familie/familienpolitik/246763/familienpolitik-in-den-eu-staaten-unterschiede-und-gemeinsamkeiten/). Das Problem an den deutlich erhöhten familienbezogenen Besoldungskomponenten ist nun allerdings - wie vorhin am Beispiel Thüringen dargestellt -, dass es den Besoldungsgesetzgebern nicht darum geht, Beamten mit Kindern zu unterstützen, sondern jene Zuschläge dafür zu nutzen, möglichst hohe Personalkosteneinsparungen vorzunehmen, wovon nicht nur Beamten ohne, sondern ebenso Beamte mit Kindern massiv negativ betroffen sind.

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die verfassungsrechtlich notwendige deutliche Anhebung der Grundgehälter nicht zum Nachteil der Beamten mit Kindern geschieht - denn für sie ist es erst einmal egal, ob ein 20 %iger Fehlbetrag zwischen der heutigen Mindest- und der gewährten Nettoalimentation durch die deutliche Erhöhung der Grundgehaltssätze gemeinsam mit einer verfassungskonformen Anhebung der familienbezogenen Besoldungskomponenten geschieht oder durch eine 20 %ige Erhöhung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile. Für sie ist das Ergebnis am Ende dasselbe.

Dieses Ergebnis stimmt aber nur auf dem ersten Blick - tatsächlich geschieht die massive und also verfassungswidrige Anhebung der familienbezogenen Besoldungskomponenten nicht nur auf den Rücken all jener Beamten, die von ihnen nicht profitieren, sondern ebenso auf dem Rücken derer, die seit letztem oder vorletztem Jahr nun von den höheren Komponenten profitieren - jedenfalls solange, wie ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist. Denn die Geldnot, von der Du sprichst, liegt genau auch daran, dass die seit spätestens 2008 in allen Rechtskreisen deutlich zu geringe Grundbesoldungen dazu führt, dass Beamte bereits vor der Familiengründung nicht instandgesetzt werden, einen monetären Grundstock aufzubauen, der sinnvoll ist, wenn die Kinder dann auf der Welt sind. Entsprechend bleibt die Attraktivität des öffentlichen Diensts gegenüber Arbeitgebern, die höhere Löhne als die (Grund-)Besoldung der Beamten gewähren, für den Nachwuchs, was die monetäre Basis betrifft, weiterhin attraktiver. Hierin ist ein zentraler Grund dafür zu suchen, dass es dem öffentlichen Dienst innerhalb des mindestens in den nächsten 15 Jahren noch weiter zunehmenden Fachkräftemangels in vielen Bereichen in den letzten Jahren immer weniger gelungen ist, genügend qualifiziertes Personal zu gewinnen.

Insofern verkaufen die (Landes-)Regierungen und die sie tragenden Regierungsparteien (und vielfach auch die Oppositionsparteien) die deutlich erhöhten familienbezogenen Besoldungskomponeten als eine Förderung von Familien - tatsächlich geht es ihnen aber darum gerade nicht. Denn ansonsten würden sie nicht nur Beamtenfamilien fördern, sondern ein familienfreundlicheres Steuersystem sowie allgemeine familienbezogene Sozialtransfers gemeinsam als Bund und Länder schaffen und würden sie hinsichtlich der Beamtenschaft und damit im mittelbaren Gefolge auch der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst die alle betreffenden Gehalts- und Lohnbestandteile erhöhen, sodass der Nachwuchs instandgesetzt werden würde, Rücklagen zu bilden für die Zeit, da sich Kinder einstellen.

Dabei zeigen die vorhin dargelegten Zahlen für Thüringen einen allgemeinen Trend: Um in eigener Vorstellung das Mindestabstandsgebot zu erfüllen, werden von den Besoldungsgesetzgebern vor allem die familienbezogenen Besoldungskomponenten für das zweite Kind erhöht (den alimentativen Mehrbedarf ab dem dritten Kind betrachte ich hier als ein anders Thema nicht). Damit aber wird ebenso den Beamtenfamilien mit einem Kind ein materielles Rechtgut vorenthalten, dass ihnen zur Verfügung stände, wenn eine wieder verfassungskonforme Grundbesoldung gewährt werden würde. Auch darin bricht sich die fiskalisch geprägte Besoldungsgesetzgebung ihre Bahn.

Als Ergebnis bleibt dann der von Ulrich Battis hervorgehobene  über Jahre hinweg länderübergreifend vollzogene konzertierte Verfassungsbruchs zulasten aller Beamten und damit mittelbar auch aller Tarifbeschäftigten. Die Geldnot, von der Du zurecht sprichst, wird nicht durch die verfassungswidrig erfolgte massive Anhebung von familienbezogenen Besoldungskomponenten geheilt, sondern durch die verfassungsrechtlich gebotene Anhebung der Grundgehaltssätze. Damit werden dann nicht nur der noch kinderlose Nachwuchs, sondern auch die Beschäftigten mit Unterhaltsverpflichtungen sowie die Beschäftigten ohne oder mit nicht mehr gegebenen Unterhaltverpflichtungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung gestärkt, was als Ergebnis zu einer dringend nötigen Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Diensts führt, die nötig ist, um die Qualität der öffentlichen Verwaltung zu sichern.

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3548 am: 20.01.2023 16:06 »
Wahre Worte Swen.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3549 am: 20.01.2023 17:57 »
Der DBB Hessen ist deiner Meinung, Swen, bezüglich der Familienzuschläge. Der DBB Hessen ist neben dem Thüringischen Beamtenbund meine Lieblingsgewerkschaft, klare Ansage, Musterwidersprüche und Musterklagen. Eine andere Sprache verstehen Besoldungsgesetzgeber nicht. An letzter Stelle der Gewerkschaften steht bei mir der Bay. Beamtenbund mit seinem Kuschelkurs und der Verächtlichmachung des Bayerischen Richtervereins. Nach meiner Meinung müssten die Beamtengewerkschaften jährlich Musterklagen durchführen, denn das Vertrauen in den Besoldungsgesetzgeber ist auf Dauer geschädigt.

Auch die Anhebung des Familienzuschlags birgt Gefahren, wie der dbb Hessen errechnet hat. Die Anhebung des Familienzuschlags bereits für das 1. und 2. Kind in Höhe von 100 Euro monatlich führt demnach zu einer erheblichen Schieflage. „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass wir keinerlei Veranlassung sehen, den Familienzuschlag schon beim 1. und 2. Kind anzuheben, denn es gab schon bisher eine hinreichende Berücksichtigung im Familienzuschlag, bei der Beihilfe sowie der steuerrechtlichen Behandlung“, erläuterte Schmitt. Aus guten Gründen habe das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zu kinderreichen Beamtinnen und Beamten in Nordrhein-Westfalen lediglich die unzureichende Alimentation ab dem 3. Kind festgestellt. Durch die beabsichtigte Neuregelung würde der Vorteil bei der Nettoalimentation durch zwei Kinder von 6.293,50 Euro in 2022 auf 9.231,71 Euro ab 2023 anwachsen. Dabei sei die beihilferechtliche Besserstellung noch gar nicht berücksichtigt. „Hier sehen wir deutlich die Gefahr der Verletzung des Leistungsprinzips“, sagt Heini Schmitt. Zu deutliche Verbesserungen des Familienzuschlags bereits für das 1. und 2. Kind seien auch nicht geeignet, Nachwuchsprobleme zu entschärfen, denn: Junge, leistungsfähige und -bereite Menschen, die zunächst die Karriere und erst danach die Familienplanung im Sinn haben, würden von den Verbesserungen der Alimentation erheblich weniger als Beamtenfamilien mit Kindern profitieren.

Daneben führe die Anhebung von Zuschlägen, die später nicht mehr Grundlage für die Versorgungsbezüge sind, zu einer mittelbaren Absenkung des Versorgungsniveaus. Denn die Versorgungsbezüge würden künftig – gemessen am höheren Niveau der Besoldung während des Bezugs des höheren Familienzuschlags – anteilig niedriger sein. „Deshalb muss der erhöhte Familienzuschlag für das erste und zweite Kind zumindest deutlich reduziert werden“, fasste Hein Schmitt zusammen.
 https://www.dbb.de/artikel/besoldungsgesetz-hat-zwei-wesentliche-schwachpunkte.html


Hummel2805

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3550 am: 20.01.2023 18:13 »
Ich sehe das völlig anders! Kinder kosten sehr viel Geld, nicht nur in Unterkunft, Verpflegung und Einkleiden etc, sondern in vielen vielen Dingen, ich kann mal aufzählen was ich für 3 Kinder im Monat zusätzlich ausgeben muss:

Kitagebühren - 250 €
Essengeld Kita - 100 €
Englischkurs Kita - 40 €
Hortgebühren - 80 €
Zahnspange - 45 €
2x Busfahrkarte - je 25 €
Büchergeld Schule - pro Schuljahr für je ein Kind 150 €
2 x Klassenfahrt - je Kind 500 €
Exkursionen Schule - mindestens pro Schuljahr 100 € je Kind
Hortbetreuung Ferien - je Kind pro Schuljahr 200 €
für die Schulkinder - 2xHandy + Vertrag, je Kind und Monat 30 €
- wenn die Kinder im Winter Erkältungskrankenheiten haben, lassen wir sehr viel Geld in der Apotheke
- Urlaub kann man nur den Ferien machen, da besonders teuer einen Familienurlaub mit 5 Personen

Die Aufstellung ist nicht vollständig und ich will mich darüber auch nicht beschweren, aber Ihr seht so einfach ist das nicht und der Dienstherr hat auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern!

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3551 am: 20.01.2023 18:21 »
Die Kosten für Kinder wären alle auch mittels einer Erhöhung der Grundbesoldung zu bestreiten. Niemand hat darüber hinaus bestritten, dass Kinder Geld kosten. Da spreche ich auch aus Erfahrung.


xap

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« Antwort #3553 am: 20.01.2023 18:41 »
Paywall.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #3554 am: 20.01.2023 19:57 »
Ich sehe das völlig anders! Kinder kosten sehr viel Geld, nicht nur in Unterkunft, Verpflegung und Einkleiden etc, sondern in vielen vielen Dingen, ich kann mal aufzählen was ich für 3 Kinder im Monat zusätzlich ausgeben muss:

Kitagebühren - 250 €
Essengeld Kita - 100 €
Englischkurs Kita - 40 €
Hortgebühren - 80 €
Zahnspange - 45 €
2x Busfahrkarte - je 25 €
Büchergeld Schule - pro Schuljahr für je ein Kind 150 €
2 x Klassenfahrt - je Kind 500 €
Exkursionen Schule - mindestens pro Schuljahr 100 € je Kind
Hortbetreuung Ferien - je Kind pro Schuljahr 200 €
für die Schulkinder - 2xHandy + Vertrag, je Kind und Monat 30 €
- wenn die Kinder im Winter Erkältungskrankenheiten haben, lassen wir sehr viel Geld in der Apotheke
- Urlaub kann man nur den Ferien machen, da besonders teuer einen Familienurlaub mit 5 Personen

Die Aufstellung ist nicht vollständig und ich will mich darüber auch nicht beschweren, aber Ihr seht so einfach ist das nicht und der Dienstherr hat auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern!

Sehe ich alles ein, auch wenn die Kosten (vor allem für Kita) stark schwanken. Nur hat man die Kosten eben auch bei 1 und 2 Kindern und nicht erst ab dem dritten... Im Übrigen, wie schon geschrieben, wäre da maßgeblich das Grundgehalt für zuständig.