Wir sollten immer daran denken, WasDennNun, dass der vom absoluten Alimentationsschutz umfasste Mindestgehalt der Nettoalimentation 15 % oberhalb der sozialen Grundsicherung liegen muss, wie gerade ebenso clarion zurecht hervorhebt - denn das ist insofern sicherlich eher kein gewaltig über einen als solchen auch nicht so ohne Weiteres zu definierenden Durchschnitt, sondern liegt deutlich unterhalb jenes Durchschnitts.
Schauen wir uns also mal unser derzeitiges Besoldungssystem exemplarisch an und nehmen den unverheirateten Beamten, den Du so gerne heranziehst, zum Maßstab, und zwar ganz unten in der Besoldungsordnung, weitgehend in der oberen Mitte und in der wegen der allgemeinbildenden Schule i.d.R. sehr großen Gruppe des höheren Diensts, und zwar hier die Studienräte und die Oberstudiendirektoren - zugleich schauen wir uns jeweils die unterste und die oberste Erfahrungsstufe an, nämlich das Bruttostundengehalt unter der Prämisse der in Niedersachsen für Beamte geltenden 40 Stundenwoche. Als Ergebnis kommen wir dann heute auf folgende Stundensätze:
Die unterste Besoldunsgruppe ist in Niedersachsen die Besoldungsgruppe A 5/1. Sie kommt inklusive der Sonderzahlung, die auch in allen anderen Fällen beachtet wird, auf ein Bruttomonatsgehalt von 2.545,50 € (hier wie im Folgenden nehme ich den Besoldungsrechner als Maßstab). Damit haben wir einen Stundensatz von brutto 15,91 €. In der Besoldungsgruppe A 5/8 liegt das Bruttomonatsgehalt bei 2.904,02 €, der Stundensatz bei brutto 18,15 €.
In der Besoldungsgruppe A 10/2 liegt das Bruttomonatsgehalt bei 3.309,02 €, der Stundensatz bei brutto 20,68 €; in A 10/11 kommen wir auf 4.403,11 € und 27,52 €.
In der Besoldungsgruppe A 13/4 kommen wir auf 4.495,26 € und 28,10 €; in A 13/12 auf 5773,34 € und 36,08 €.
In der Besoldungsgruppe A 16/6 kommen wir auf 6.228,55 € und 38,93 €; in A 16/12 auf 7.892,29 € und 49,33 €.
In allen Fällen ist weiterhin zu bedenken, dass vom Bruttogehalt noch die Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung abzuziehen sind.
Der Bruttostundenlohn (also vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge) lag im vierten Quartal 2021 (die letzten Daten, die derzeit vorliegen) im Baugewerbe bei durchschnittlich 23,26 (vgl. hier wie im Folgenden die Bruttostundenverdienste mit Sonderzahlungen unter
https://www.statistik.niedersachsen.de/startseite/themen/verdienste_und_arbeitskosten/verdienste_in_niedersachsen/verdienste-in-niedersachsen-tabellen-und-grafiken-175167.html), also deutlich höher als die Bruttobesoldung eines nach A 10 in der Eingangsstufe besoldeten Beamten heute, mehr als ein Jahr später (weiterhin beachte ich den Abzug der Kosten für die private Krankenversicherung nicht, die der PKV-Verband 2021 für einen alleinstehenden Beamten mit monatlich 260,- € bemessen hat). Betrachtet man seinen Verdienst im vierten Quartal 2021, so lag er laut Rechner bei 3.057,50 € / 160 = 19,11 €. In der Endstufe lag der Betrag bei 4.121,80 € : 160 = 25,76 €, jeweils ohne Abzug der PKV-Kosten. Entsprechend lag der Stundensatz eines Beamter, der 2021 in der Endstufe der Besoldungsgruppe A 10 besoldet worden ist, brutto pro Stunde um 2,50 € höher als der eines durchschnittlichen Beschäftigten im Baugewerbe. Bildungsvoraussetzung für den Zugang zum ersten Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 ist ein mit einem Bachelorgrad abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss. Darüber hinaus ist ein mindestens einjähriger Vorbereitungsdienst zu absolvieren.
Unter Beachtung derselben Prämissen hat ein Studienrat in der Eingangsstufe der Besoldungsgruppe A 13 2021 eine Bruttobesoldung in Höhe von 4357,30 € erhalten, was einem Stundensatz von 27,33 € entsprach. Damit lag sein Stundenlohn um rund vier €, also um rund 17 % höher als der durchschnittliche Bruttoverdienst eines Beschäftigten im Baugewerbe. Bildungsvoraussetzung für das zweite Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 ist ein mit einem Mastergrad oder einem gleichwertigen Abschluss abgeschlossenes Hochschulstudium. Darüber hinaus ist ein zweijähriger Vorbereitungsdienst zu absolvieren, von dem ein halbes Jahr bereits während des Studiums vollzogen wird.
Und auch wollen wir die Besoldungsgruppe A 5 nicht vergessen, der 2021 in A 5/1 eine monatliche Bruttobesoldung pro Stunde von 2.380,73 € : 160 = 14,87 € gewährt worden ist. Der niedrigste durchschnittliche Betrag in der Verdiensterhebung war 2021 wie nicht anders zu erwarten das Gastgewerbe mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 14,69 €, sodass hier gerade mal der durchschnittliche Stundensatz der in der privaten Wirtschaft am niedrigsten entlohnten Gruppe um wenige Cent übertroffen wird. In der Endstufe kommen wir auf 2.804,31 € : 160 = 17,53 € pro Stunden brutto. Dieser Betrag bleibt mehr als 2,20 € hinter dem der am zweitniedrigsten entlohnten Dienstleistung zurück, dem Verkehr und Lagerei, wo der durchschnittliche Stundenverdienst im vierten Quartal 2021 19,77 € betragen hat.
So viel zu dem von Dir betonten "Durchschnitt", den ich hier noch gar nicht herangezogen habe, da ich nur den untersten Rand, also das jeweils am schlechtestens entlohnte Gewerbe und die entsprechende Dienstleistungen, in der privaten Wirtschaft betrachtet habe. Soll ich weitermachen?
Die dargelegten Beträge dürften exemplarisch zeigen, wie fernab vom Schuss heute die Beamtenbesoldung in Deutschland ist. Wenn sich darin die Konkurrenzfähigkeit der Gehälter zeigen soll, also dass der Leiter eines Pflegedienstes mit mindestens 150 Pflegekräften in der Endstufe von A 10 am Ende um rund 2,50 € pro Stunde höher besoldet wird als ein im Durchschnitt entlohnter Beschäftigter im Baugewerbe und ein angehender Studienrat um rund vier € höher als jener Beschäftigte im Baugewerbe, dann dürfte von der Konkurrenzfähigkeit der Besoldung wohl eher keine Rede sein. Ich vermute, dass wir hier einer Meinung sind. In alledem spiegelt sich die Dringlichkeit wider, mit der nun einmal die Grundgehaltssätze erhöht werden müssen - denn wie wollte man sonst die in den nächsten 15 Jahren zu rund 40 % ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst ersetzen, ohne also die Verdienste von Tarifbeschäftigen und Beamten deutlich zu erhöhen?
Und um abschließend Deine Frage zu beantworten, die starre Grenze, wann eine Nebenkomponente zu einer Hauptkomponente wird, gibt es nicht, da die Bemessung der jeweiligen Besoldungsbestandteile eine Sache der Begründetheit ist. Was sich sachlich nicht begründen lässt, kann nicht vollzogen werden - und bislang hat kein Besoldungsgesetzgeber in den letzten zwei Jahren auch nur in Ansätzen versucht, die im einzelnen massiv angehobenen familienbezogenen Besoldungsbestandteile tatsächlich zu begründen. Zumeist wurde ohne jeden Beleg ein willkürlicher Erhöhungsbetrag formuliert, und zwar nicht mit Blick auf die Familien, sondern mit Blick auf die Mindestalimentation. Im Endeffekt lassen sich die massiven Erhöhungsbeträge nicht begründen, da ihr einziges Ziel ist, die Grundgehaltssätze nicht zu erhöhen - und ich vermute, dass Du nun ebenfalls von Deiner Vorstellung abrücken wirst, jene müssten eigentlich gar nicht oder wenn doch, dann nur um ein paar Prozentchen erhöht werden.