@ One
Ich denke ebenfalls, dass die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs im BMI zunächst seinen herkömmlichen Weg gegangen ist - wobei es mir nicht ganz unwahrscheinlich erscheint, dass es bereits im Ministerium seit oder im Verlauf der zweiten Jahreshälfte des letzten Jahres widerstreitende Vorstellungen und/oder Interessen gegeben haben könnte; das würde erklären, wieso der Entwurf, der schließlich in die Anhörung gegangen ist, handwerklich so schlecht gemacht war. Denn an sich hätte ja bis Ende Januar genügend Zeit bestanden, um einen präzisen Entwurf zu erstellen. Dass man sich darüber hinaus im BMI über die Probleme im Klaren gewesen sein dürfte, dafür spricht ebenfalls, dass man im März dann nicht wie gefordert den Referentenentwurf vom 03.02. ins Netz gestellt hat, sondern eine deutlich spätere Fassung, die praktisch identisch mit dem bis dahin erstellten Gesetzentwurf gewesen ist. Denn damit sollte offensichtlich der vormalige Anhörungsentwurf vergessen gemacht werden.
Anfang Februar scheint man im BMI - das wollte ich vorhin sagen - den eigenen Entwurf bereits abgeschrieben zu haben; denn ansonsten hätte man nicht bereits die monetären Werte angesetzt, die am Ende exakt ohne REZ aufgelaufen sind. Schließt man von Berlin auf den Bund, dann dürfte zu vermuten sein, dass man dort nicht nur Widerstand vonseiten des BMF zu erwarten hatte, sondern von einer ganzen Reihe anderer Ministerien. Wenn man es zugleich bis zu einem gewissen Grad personalisiert, dann dürfte das Führungspersonal sowohl in der Union als auch in der SPD wenig Interesse an einem deutlich teureren Gesetz (gehabt) haben, wovon Seehofer nur noch bedingt betroffen war; denn er beendet ja zum Herbst seine politische Laufbahn - wenn allerdings bereits die geringen sich an der Tarifentwicklung orientierten Anpassungen zu den vorhin genannten Mehrausgaben führen, dann dürfte ein großer Teil derer, die in der Union und der SPD ab dem Herbst weiterhin Führungsaufgaben vollziehen wollen, wenig Interesse bereits an einen die REZ beinhaltenden Entwurf gehabt haben, und zwar trotz der vormaligen Vereinbarung in der Koalition, Beamte mit Familien besser zu alimentieren. Denn die deutliche Erhöhung von Personalkosten würden ja mehr oder weniger zwangsläufig dazu führen, dass entweder die Verschuldung weiter erhöht oder eben die monetären Möglichkeiten der Ministerien eingeschränkt werden müssten, und zwar insbesondere nach der Bundestagswahl. Daran hat kaum jemand aus dem politischen Führungspersonal ein wirkliches Interesse
Während also der einzelne Beamte im BMI auf Grundlage der ihm gemachten Vorgaben über einen Ermessensspielraum verfügt, ist der Einfluss von Beamten auf die Legislative natürlich begrenzt - jedoch der politische Einfluss der jeweiligen Parteispitzen auf die Abgeordneten ihrer Partei nicht zu unterschätzen. Gemeinhin wird ja für die jeweiligen Ausschutzsitzungen eine Linie zwischen dem politischen Führungspersonal in der Fraktion und den jeweils wenigen parteipolitischen Fachleuten, die in den jeweiligen Ausschüssen sitzen, im Vorfeld abgesprochen. Am Ende folgt dann die Fraktion i.d.R. jenen Vorstellungen, was im Anbetracht der Komplexität und Vielzahl an zu verabschiedenden Gesetzentwürfen auch kaum anders möglich wäre. In diesem Sinne dürfte die einstimmige Entscheidung des Abgeordnetenhauses von Ende Januar und die aktuelle des Bundestags zustandegekommen sein - denn die Personalmehrkosten, die durch eine amtsangemessene Alimentation entstehen würden, würden die monetären Möglichkeiten für andere Projekte, die den jeweiligen Abgeordneten wichtig sind, deutlich einschränken. Daran hat folglich kaum ein Abgeordneter ein Interesse, worin sich eine weitgehende Interessengleichheit zwischen den verschiedenen Parteien (jedenfalls jenen, die sich berechtigte Hoffnungen machen, nach der nächsten Wahl Teil der Regierung zu werden) sowie ihren Abgeordneten und deren Führungspersonal zeigt.
Letztlich inszenieren sich derzeit alle Parteien mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl als Fürsprecher der Beamten, obgleich sie allesamt (im Bund bei Enthaltung der Linken, die in Thüringen maßgeblich einen verfassungswidrigen Entwurf vorantreiben) dafür sind, die Personalmehrkosten möglichst gering zu halten - und diese Inszenierung ist ja sogar so erfolgreich, dass sich nun schon mit dem DGB der größte gewerkschaftliche Dachverband artig beim BMI dafür bedankt, dass es maßgeblich an der Vorbereitung eines verfassungswidrigen Gesetzentwurfs mitbeteiligt war und nun in Aussicht stellt, eine BVerfG-Entscheidung zu akzeptieren, die mit Blick auf den Bund erst in ein paar Jahren zu erwarten sein dürfte, obgleich es gerade erst - wie auch der Entwurf vom 03.02. gezeigt hat, den der DGB zurecht deutlich kritisiert hat - die aktuelle BVerfG-Entscheidung mit Füßen getreten hat.