Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2069819 times)

MasterOf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4380 am: 06.02.2023 20:45 »
Hier eine Beitrag von der GdP:
https://www.gdp.de/gdp/gdpbupo.nsf/id/DE_Update-Beamtenbesoldung?open&ccm=000

Zu Punkt 1: Stimmt das wirklich, dass die Ausgleichszahlungen, welche ja per Verordnung geregelt werden sollen, bis Juni ausbezahlt werden sollen?

Zu Punkt 3: Dieser Passus stimmt doch nicht, oder täusche ich mich?

Punkt 3: Familienzuschlag
Der Familienzuschlag soll zukünftig nur noch für Beamtinnen und Beamte mit Kindern mit Kindergeldanspruch gezahlt werden. Zwar wird es für diejenigen von Euch, die bereits jetzt im Beamtenverhältnis stehen und Familienzuschlag erhalten, eine Regelung geben, so dass Ihr weiterhin Zahlungen in Höhe des bisherigen Familienzuschlags erhalten solltet. Für neu eingestellte Kolleginnen und Kollegen, die kinderlos verheiratet, verwitwet oder geschieden sind, würde der Familienzuschlag der Stufe 1 zukünftig aber entfallen.


Ich dachte dass nur am Zuschlag für Verheiratete rum gebastelt wurde, nicht aber am Empfängerkreis des Kinderzuschlag?

Streber22

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4381 am: 06.02.2023 20:47 »
Was ist mit den Ausgleichszahlungen gemeint? Einfach nur die Nachzahlung des AEZ für die vergangenen Jahre? Falls dieser einem zugestanden hat?


Phoenix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4382 am: 06.02.2023 20:49 »
Zitat
Punkt 1: Ausgleichszahlungen
Die gute Nachricht: Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes (geplant laut Entwurf für den 1. Juli 2023) erhalten alle aktiven Beamtinnen und Beamten im Dienst – egal, ob sie einen entsprechenden Antrag gestellt haben oder nicht – zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Alimentation für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 sowie für den Zeitraum Januar bis Juni 2023 einen Ausgleichsbetrag abhängig vom Familienstand und Wohnort. Dieser Ausgleichsbetrag soll mindestens 15 Prozent über dem Niveau der Grundsicherung des jeweiligen Jahres liegen.
Quelle: https://www.gdp.de/gdp/gdpbupo.nsf/id/DE_Update-Beamtenbesoldung?open&ccm=000

Haben wir einen anderen Entwurf gelesen oder gar etwas überlesen?
Fällt der GdP nicht auf, dass das Niveau in diesem Entwurf niemals erreicht wird? Oder täusche ich mich einfach nur? Das kann natürlich auch sein... Leider liefern sie keine Zahlen bzw. Beispiele mit.
Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich mich fragen, ob die Lack gesoffen haben bzw. was das für Lack war.

Ich finde es nur immer noch lustig, dass keinem Verband aufgefallen ist das A5 mehr verdient als A6

Hugo

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4383 am: 06.02.2023 21:06 »
Zitat
Punkt 1: Ausgleichszahlungen
Die gute Nachricht: Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes (geplant laut Entwurf für den 1. Juli 2023) erhalten alle aktiven Beamtinnen und Beamten im Dienst – egal, ob sie einen entsprechenden Antrag gestellt haben oder nicht – zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Alimentation für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 sowie für den Zeitraum Januar bis Juni 2023 einen Ausgleichsbetrag abhängig vom Familienstand und Wohnort. Dieser Ausgleichsbetrag soll mindestens 15 Prozent über dem Niveau der Grundsicherung des jeweiligen Jahres liegen.
Quelle: https://www.gdp.de/gdp/gdpbupo.nsf/id/DE_Update-Beamtenbesoldung?open&ccm=000

Haben wir einen anderen Entwurf gelesen oder gar etwas überlesen?
Fällt der GdP nicht auf, dass das Niveau in diesem Entwurf niemals erreicht wird? Oder täusche ich mich einfach nur? Das kann natürlich auch sein... Leider liefern sie keine Zahlen bzw. Beispiele mit.
Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich mich fragen, ob die Lack gesoffen haben bzw. was das für Lack war.

Ich finde es nur immer noch lustig, dass keinem Verband aufgefallen ist das A5 mehr verdient als A6

Und teilweise A7.
Und deshalb noch einmal meine Frage ins Forum: Ist eine Sammelklage möglich und sinnvoll?

MasterOf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4384 am: 06.02.2023 21:13 »
Was ist mit den Ausgleichszahlungen gemeint? Einfach nur die Nachzahlung des AEZ für die vergangenen Jahre? Falls dieser einem zugestanden hat?
Ja genau.

WasDennNun

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4385 am: 06.02.2023 21:27 »
Ach so, ja, WasDennNun, "Da ist Brutto schnuppe, denn hinten kackt die Ente". Als Praktiker und Realist willst Dich nicht vielleicht auch hier als Bauarbeiter bewerben - ist schön hier. Noch Fragen?
Nein, aber so langsam kommst du dahin, wo es interessant wird.
(btw, schade mit dir würde ich gerne einen live Workshop machen, damit das nicht so zäh ist via Forum und du mich nicht so oft missinterpretierst)
Netto Vergleich und nicht Stundenbruttovergleich. Spannend!

Wobei einige Schwächen mir noch auffallen (die ich leider auch nicht ad hoc beheben kann).

Wir vergleichen da gerade das Netto Einstiegsgehalt mit dem netto ??? Lebenseinkommensdurchschnitts? Gehalt, im Baugewerbe?
"Der entsprechend durchschnittliche Beschäftigte im Baugewerbe verfügte damals wie gezeigt über ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.557,93 €."
Fußnote: 38,5 h pro Woche war die Wochenarbeitszeit im Baugewerbe.
Ich kann da in den Daten ein  3972 Monatsbrutto. (was kein echten unterschied zu dem von dir ermittelten  von 4.031,73 darstellt.) ablesen.
https://www.statistik.niedersachsen.de/download/154248

Und wir wissen nichts über die Verteilung (Herr lass den Median runterregnen)
Also, wir wissen nicht 100%, was da drin ist, in diesem Durchschnitt:
Der Zupfleger, der Gesellen, der BauIng und der Angestellte Cheffe?
20%x30T€, 70%x50T€, 9%x90T€,1%x200T€ -> Durchschnitt 51T
Dann sind 90% unterhalb des Durschnittes.

Ja. das Goldenes Handwerk, für alle oder für die Cheffs (offtopic)?

Aber es ist durchaus Schnuppe und da bin ich bei dir, ob erst der A11er beim Einstieg ins Berufsleben ein besseres Nettoeinkommen eines durchschnittlichen Baugewerblers (obwohl evtl. 90% weniger verdienen) hat, oder ein A9er lebenslang drunter bleibt.

Wir müssen mit dieser monetären Konkurrenz besser umgehen.

(Wobei offtopic: Ein Freund in der pW (größeres Unternehmen) hat neulich einen guten PL verloren: Nicht des Geldes wegen, sondern wegen der "Verwaltungskacke" )
Zitat
"Ach so, ja, WasDennNun, "Da ist Brutto schnuppe, denn hinten kackt die Ente". Als Praktiker und Realist willst Dich nicht vielleicht auch hier als Bauarbeiter bewerben - ist schön hier. Noch Fragen?"
Nein, keine Fragen.
Wie oben erläutert, sind es leider noch erhellende, aber problematische (wegen fehlender Datenlage) Vergleiche, die du da gezogen hast.

Jetzt habe wir beide ja zwei Dipole aufgespannt:
PlumpPlakativ:
Du: Kann nicht sein, das erst ein A11 beim Start in seiner Tätigkeit besser als der Durchschnitt im Baugewerbe bezahlt wird.
Ich: Es überrascht mich, das aus den BVerG vorgaben abzuleiten ist (Abstand zur Mindestalimentation, X % muss via Grundbesoldung laufen), dass alle Beamte oberhalb das Bruttoeinkommensmedian sein müssen.

Beides hat jedoch mit dem Realen Problem nichts zu tun! (was bei meinen Einwänden weder vergessen, noch das Thema war)

Dort wo man ein qualifizierten Bewerbermangel hat, DA muss man Geld in die Hand nehmen (und Marketing).

Im TV klappt das nur minimal (da arbeite ich ja bekanntlich in meinem Mikrokosmos dran)

Im Bereich der Beamtenbesoldung?
Geht nicht! da geht nur Gießkanne, wegen der hochgelobten Grundprinzipien.....

Was macht der Geldverteiler, ups Gesetzgeber?
Einen unsäglichen Ausverkauf an Kompetenz durch "Outsourcing", Beraterverträge genannt  (ebenfalls was die Diskussion angeht bisserl offtopic)

Zitat
"Ach so, ja, WasDennNun, "Da ist Brutto schnuppe, denn hinten kackt die Ente". Als Praktiker und Realist willst Dich nicht vielleicht auch hier als Bauarbeiter bewerben - ist schön hier. Noch Fragen?"
Ja, dann doch!
Unbestritten ist für mich, dass die Masse 5-15% Prozent unteralimentiert (in der Grundbesoldung) ist.
Das systemkritische Personalproblem ist aber woanders.
Und da reichen die 30-50% Aufschlag nicht wirklich!

Wie könntest du dir eine Änderung der Besoldungsstruktur vorstellen, die das Problem löst?

Im TV Beriech würde ich es lösen, in dem die AGs "frei" Zulagen nach Bedarf verteilen könnten um die Besten zu bekommen.

Welchen Weg könnte man im Beamtenbereich gehen?

AdenosinTP

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4386 am: 06.02.2023 21:46 »

Zitat
Welchen Weg könnte man im Beamtenbereich gehen?

Die entsprechende Position höher Dotieren / Einstufen!

Aber es gibt ja Gründe warum viele externe Spezialisten nicht verbeamtet werden - die werden dann Außertariflich eingestellt oder tatsächlich als (temporäre) Berater...

also weder TVöd/Beamte.. und für die ist auch immer Geld da ;)

Ryan

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4387 am: 06.02.2023 21:53 »
Hallo zusammen,

angesichts der jüngsten Mitteilungen der Gewerkschaften sei darauf hinweisen, dass der AEZ im Grunde weit weniger mit Mietstufen oder „wohnortabhängigen höheren Wohnkosten“ zu tun hat, als es die vom BMI übernommenen Aussagen vermuten ließen.

Ich selbst hatte ja zuvor auch schon die Frage aufgeworfen, wie die AEZ Tabelle zustande kommt. Nach einigen groben Überschlagsberechnungen gehe ich von folgender Vorgehensweise des BMI aus.

Zunächst wurde die eigens angestellte 115%- Berechnung (die hier auch schon angezweifelt wurde) auf andere Familien-Wohnort-Konstellationen übertragen (verheiratet, ein Kind, Mietstufen).

Ausgehend vom neuen (ebenfalls fragwürdigen) Ausgangspunkt A4/5, den Familienzuschlägen und unter Berücksichtigung der veränderten Beihilfesätze wurde dann die (Brutto-)Aufstockung berechnet, die notwendig ist, um eben diese individuellen 115%, vielleicht auch 116%, Netto zu erreichen.

Das heißt, ich lese die Tabelle so:  A4/5, verheiratet, mit erhöhter Beihilfe für Ehepartner benötigt in München noch 85 Euro brutto, um netto 115% der Grundversorgung eines verheirateten Pärchens in München zu erhalten.

Wie gesagt, das Ganze basiert auf groben Berechnungen.

Der besagte Münchner erhält dann, da er ohne Kinder ja schon Aufstockung benötigt, für Kind 1 und 2 jeweils den vollen Münchner Kindesbedarf (Grundbedarf, Wohnen Heizen, Schule, Zuschlag etc. abzgl. KG)  von etwa 630 Euro (FZ_2+EB_2+AEZ_2). Der Unterschied in der AEZ-Tabelle zwischen 305 (Kind 1) und 479 (Kind 2) kommt letztlich dadurch zustande, dass der Beamte selbst mit dem ersten Kind eine höhere Beihilfe erhält. Durch die PKV-Einsparungen des Beamten muss sozusagen für das erste Kind weniger bezahlt werden um auf 115% netto zu kommen. Wertmäßig passt die Differenz ungefähr zu den im Entwurf angesetzten PKV Beträgen.

Im Ergebnis orientiert sich die AEZ-Tabelle also in erster Linie am Umstand bzw. dem Ausmaß der verfassungswidrigen Verletzung des Mindestabstandsgebot und eben nicht wie vom BMI behauptet (und von den Gewerkschaften wiederholt) an den Mietenstufen nach dem Wohngeldrecht.
 
Oder in anderen Worten: Mein AEZ basiert auf dem, was meinem Nachbarn fehlt, um 15 % über Sozialhilfe zu verdienen.

Die Mietstufen (wie auch die „<4 Haushalte“) dienen allein der Berechnung „individueller“ und damit niedrigerer Mindestalimentationen.

Diese Vorgehensweise hat nach meinem Verständnis wenig mit der vergangenen Rechtsprechung zu tun. Der Gesetzgeber versucht hier einen Weg einzuschlagen, an dessen Ende der „Single-Beamte-115“ steht.

Letztlich landen wir dann wieder bei der (fehlenden) sachlichen Rechtfertigung/Begründung, wovon Swen und andere hier ständig predigen.

Jubelgesänge wie „Ausgleichzahlungen sind in Sicht!“ gehen leider am Inhalt des Entwurfs völlig vorbei.


SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4388 am: 07.02.2023 02:17 »
Fassen wir die Sachlage nach der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch einmal zusammen, indem wir uns den vierten Prüfparameter der ersten Prüfungsstufe - die beiden Abstandsgebote - und ihrer Ergebnisse hinsichtlich der Bundesbesoldung vor Augen führen:

I. Das Grundsicherungsniveau und die Mindestalimentation können im Bund für das Jahr 2021 wie folgt realitätsgerecht bemessen werden. Das nachfolgend bemessene Grundsicherungsniveau ist dabei zu gering, da hinsichtlich der Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie der Sozialtarife nur die Regelsätze betrachtet werden können. In der Realität werden die nachfolgend dargelegten Fehlbeträge deshalb noch einmal deutlich höher liegen. Das Jahr 2021 wird nachfolgend zugrundegelegt, weil dafür sämtliche weiteren Werte vorliegen. Eine Betrachtung des Jahres 2022 würde zu keinen substanziell anderen Ergebnissen führen. Für 2023 müsste nicht zuletzt hinsichtlich des neuen Bürgergelds noch einmal mit deutlich höheren Fehlbeträgen gerechnet werden, als sie nachfolgend für das Jahr 2021 konrektisiert werden:

Regelsätze                                                                         1.445,33 €
+ Unterkunftskosten (95 %-Perzentil Bayern)                       1.400,00 €
+ Heizkosten (90 qm x 21,41 €)                                             160,58 €
+ Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie Sozialtarife               128,36 €
+ Kinderbonus                                                                        25,00 €
+ Kinderfreizeitbonus                                                              16,67 €

Monatsbetrag                                                                     3.175,94 €
Jahresbetrag                                                                    38.111,28 €

Mindestalimentation (115 % des Grundsicherungsbedarfs)

Monatsbetrag                                                                     3.652,33 €
Jahresbetrag                                                                    43.827,97 €

Die Mindestalimentation betrug 2021 43.827,97 €.

II. gewährte Nettoalimentation (A 3/1)

   Grundgehalt       1 - 3/2021        3 x 2.301,21 €
+ Familienzuschlag  Stufe 3           3 x    436,87 €
+ Grundgehalt       4 - 12/2021      9 x 2.328.82 €
+ Familienzuschlag                        9 x   441,75 €
Bruttobesoldung                                                               33.149,37 €
- Einkommensteuer                                                             1.118,00 €
- Kranken- und Pflegeversicherung                                       7.604,04 €
+ Kindergeld                                                                       5.256,00 €
Jahresnettoalimentation                                                     29.683,33 €

Ergebnis: Die Nettoalimentation weist einen jährlichen realen Fehlbetrag zur Mindestalimentation von 14.144,64 € (32,2 %) auf, der monatlich rund 1.180,- € beträgt. Der Fehlbetrag führt als eklatante Verletzung des absoluten Alimentationsschutzes zur Verfassungswidrigkeit der Norm.

III. Die indizielle Mindestbesoldung kann auf dieser Grundlage wie folgt bemessen werden, um den Grad der Verletztheit der Besoldungsordnung A zu betrachten:

Mindestalimentation                                                              43.828,00 €
- Kindergeld                                                                           5.256,00 €
+ Kranken- und Pflegeversicherung                                          7.605,00 €
Äquivalente Nettobesoldung                                                   46.177,00 €                                                 
+ Einkommensteuer                                                                4.274,00 €
Besoldungsäquivalent zur Mindestalimentation                         50.451,00 €
- Familienzuschläge                                                                 5.287,00 €

Grundgehaltsäquivalent
Jahresbetrag                                                                         45.164,00 €
Monatsbetrag                                                                          3.763,67 € 

Das monatliche Grundgehaltsäquivalent gibt als Indiz die Grundbesoldung an, die auf Höhe der Mindestalimentation liegt. Würde der Grundgehaltssatz der Besoldungsgruppe A 3/1 den Grundgehaltsäquivalenzwert zur Mindestalimentation in Höhe 3.763,67 € überschreiten, hätten wir ein Indiz dafür, dass die Besoldungsordnung A nicht verletzt sein sollte. Der Äquivalenzwert kann entsprechend nicht zur materiellen Bemessung von Grundgehaltssätzen herangezogen werden, sondern nur zur indiziellen Prüfung der Besoldungsstruktur. Anhand der Tabellenwert kann abgelesen werden, welche Grundgehaltssätze 2021 den indiziellen Betrag verfehlt haben, der - da er auf Höhe der Mindestalimentation liegt - von der ersten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe (im Fall der Bundesbesoldung: A 3/1) erreicht werden müsste, sofern wie gerade dargestellt keine Verletzung der Besoldungsordnung vorliegen würde.

IV. Ergebnis

Der indizielle Fehlbetrag des Grundgehaltsäquivalents in Höhe von 3.764 € zum Grundgehaltssatz der untersten Besoldungsgruppe A 3/1, der bei 2.329,- € liegt, beträgt 1.435 € (38,1 %). Sämtliche Erfahrungsstufen der Besoldungsgruppen A 8 verfehlen das Grundgehaltsäquivalent, darüber hinaus alle weiteren Besoldungsgruppen bis jeweils A 9/7, A 10/4 und A 11/1. Geht man von A 3 als der niedrigsten Besoldungsgruppe aus, sind indiziell neun von 14 Besoldungsgruppen von der verfassungswidrigen Unteralimentation betroffen. Aus beiden Werten, dem extremen Fehlbetrag und der großen Anzahl der von der Unteralimentation betroffenen Besoldungsgruppen, muss geschlossen werden, dass die Besoldungssystematik eklatant verletzt ist. In diesem Sinne hebt der fünfte Leitsatz der aktuellen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung hervor (Hervorhebung durch mich):

"Beim systeminternen Besoldungsvergleich ist neben der Veränderung der Abstände zu anderen Besoldungsgruppen in den Blick zu nehmen, ob in der untersten Besoldungsgruppe der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau eingehalten ist. Ein Verstoß gegen dieses Mindestabstandsgebot betrifft insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Gesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist. Die indizielle Bedeutung für die verfassungswidrige Ausgestaltung der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe ist dabei umso größer, je näher diese an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt und je deutlicher der Verstoß ausfällt."

In Anbetracht des letzten Satzes des Zitats lässt sich festhalten, dass, wenn indiziell hier nicht einmal alle Erfahrungsstufen der Besoldungsgruppe A 11 das Besoldungsniveau erreichen, das an sich die Besoldungsgruppe A 3/1 erreichen müsste, hier eine sehr große indizielle Bedeutung dieses Indizes vom Besoldungsgesetzgeber zu beachten ist. Für diesen Fall hebt das Bundesverfassungsgericht weiterhin hervor:

"Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können. Die Verletzung des Mindestabstandsgebots bei einer niedrigeren Besoldungsgruppe ist daher (nur) ein Indiz für die unzureichende Ausgestaltung der höheren Besoldungsgruppe, das mit dem ihm nach den Umständen des Falles zukommenden Gewicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist." (Rn. 49; Hervorhebungen durch mich).

Die eklatante Verletzung des Besoldungsgefüges, wie sie die Betrachtung der Mindestbesoldung offenbart, kann in der vom Zitat genannten Wahrscheinlichkeit zu keinem anderen Ergebnis führen als zu einer deutlichen Anhebung des Besoldungsniveaus, wobei dabei - nicht umsonst sind neun der 14 Besoldungsgruppen von der Verletzung betroffen - der Ausgangspunkt des Besoldungsgefüges in den Blick zu nehmen ist, also der Grundgehaltssatz des Besoldungsgruppe A 3/1, der wie gezeigt ein verfassungskonformes Niveau indiziell um 38 % verfehlt; mit diesem schweren Gewicht ist der indizielle Fehlbetrag in die Gesamtabwägung des Gesetetzgebers einzustellen. Entsprechend hebt das Bundesverfassungsgericht ebenso hervor:

"Das für das Verhältnis zwischen den Besoldungsgruppen geltende Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber dazu, bei der Ausgestaltung der Besoldung ein Gesamtkonzept zu verfolgen, das die Besoldungsgruppen und Besoldungsordnungen zueinander in Verhältnis setzt und abhängig voneinander aufbaut. Erweist sich die Grundlage dieses Gesamtkonzepts als verfassungswidrig, weil für die unterste(n) Besoldungsgruppe(n) die Anforderungen des Mindestabstandsgebots missachtet wurden, wird der Ausgangspunkt für die darauf aufbauende Stufung in Frage gestellt. Der Besoldungsgesetzgeber ist danach gehalten, eine neue konsistente Besoldungssystematik mit einem anderen Ausgangspunkt zu bestimmen." (Rn. 48, Hervorhebung durch mich)

Als Folge muss dann mit einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsgefüges, also ebenso neben der untersten Besoldungsgrupper der weiteren Grundgehaltssätze auf Grundlage des Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen, die verletzte Besoldungsordnung geheilt werden. Alles andere ließe sich auf Grundlage der gerade zitierten Darlegungen des Bundesverfassungsgerichts in der Gesamtabwägung nicht rechtfertigen. Ob nun die Anhebung des Grundgehaltssatzes in der untersten Besoldungsgruppe 25, 30 oder noch mehr % betragen muss, bleibt weiterhin eine Sache der Begründetheit, wie nun das Konzert der Besoldungskomponenten vollzogen wird. Dabei bleibt allerdings der Grundgehaltssatz als Hauptkomponente zu beachten, da die eklatante Verletzung des Besoldungsfüges, wie sie sich nicht zuletzt in dem indiziellen Fehlbetrag von rund 38 % offenbart, offensichtlich nur zustandekommt, da sich im Besoldungsniveau als Ganzem eine eklatante Verletzung des Leistungsprinzips offenbart.

Entsprechend liegt mit dieser gerade vollzogenen Betrachtung das Pendant zu den seit gestern von mir dargelegten und gezeigten Brutto- und Nettowerten der Bundesbesoldung vor. Denn der Vergleich mit der Brutto- und Nettoentlohnung eines niedersächsischen Bauarbeiters zeigt in seinem Ergebnis exemplarisch, wie sehr real die Bundesbesoldung von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt ist (das wäre auf der zweiten Prüfungsstufe im Vorfeld der Gesamtabwägung zu beachten), so wie die in diesem Post vollzogene Darlegung anhand der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ebenfalls den realen Gehalt der eklatanten Verletzung offenbart (der reale Fehlbetrag der gewährten Nettoalimentation verfehlt die vom absoluten Alimentationsschutz umfasste Mindestalimentation um über 32 %) und das indiziell unterfüttert, indem der Grad der Verletzung in seinem konkreten Gehalt für die Besoldungssystematik herausgestellt wird. Entsprechend hebe ich wiederkehrend hervor, so wie das Ryan am Ende seines Beitrags betont, dass sich die massive Anhebung der familienbezogenen Besoldungskomponenten, wie sie nun geplant sind, sachlich nicht rechtfertigen lässt - denn wir haben, das wäre spätestens in der Gesamtabwägung vom Gesetzgeber zu betrachten, hier ein sachliches Problem des stark verletzten Leistungsprinzips vorliegen und keines der nicht hinreichend ausgestalteten Besoldung allein von Beamtenfamilien mit bis zu zwei Kindern. Darüber hinaus ist auch das Mittel des Beihilferechts, wie es ebenfalls stark verändert werden soll, offensichtlich sachlich nicht hinreichend und also entsprechend nicht sachgerecht zu begründen, was ebenfalls in der Gesamtabwägung zu betrachten wäre. Denn die Beihilfeleistungen sind kein Teil des Besoldungsniveaus, auf das das Bundesverfassungsgericht aber - wie gerade gezeigt - spätestens bei einer eklantanten Verletzung des Besoldungsniveaus abstellt, indem es seine umso spürbarere Anhebung fordert, je eklatanter sich indiziell die Verletzung der Besoldungsordnung zeigt. Das Beihilferecht kann bis zu einem gewissen Grad dazu beitragen, dass die eklatante Unteralimentation überwunden wird. Aber das Hauptaugenmerk ist auf das Besoldungsniveau und als Folge der eklatanten Verletzung der Besoldungsordnung und deren Systematik auf die Grundgehaltssätze zu legen, so wie das die gerade gezeigten Zitate offenbaren - denn anders kann der Qualitätserhalt, der sich aus dem Leistungsprinzip ergibt, nicht gewährleistet werden.

Wen es genauer interessiert, sollte den ZBR-Beitrag aus dem Mai des letzten Jahres lesen, in dem die hier nur skizzierte Begründung methodisch deutlich tiefergehend dargelegt wird. Ebenso verhält es sich mit dem im Verlauf der nächsten Monate weiterhin erscheinenden ZBR-Beitrag, der wiederum die enge Verzahnung beider Abstandsgebote vertieft, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung entwickelt hat.

clarion

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« Antwort #4389 am: 07.02.2023 06:55 »
Hallo,

mich manchmal die Zahlen nachdenklich. Eine 4-köpfige Familie als Bürgergeldempänger bekommen also fast 3200 Euro im Monat für das Nichtstun.

Welches Bruttoeinkommen muss man haben,  um bei abhängigen Beschäftigung auf die Netto-Summe von 3200 Euro zu kommen?  Und wie verhält es sich dieses Bruttoeinkommen zum Median bzw. zum Duchschnittseinkommen?


Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4390 am: 07.02.2023 07:58 »
Na wenigstens die Hinweise was man alles nicht darf und an welche Gesetze und Rechtsprechung man sich - insbesondere als Beamter - unbedingt in einem möglichen Arbeitskampf halten muss, sind nun wieder aktuell dem Intranet zu entnehmen :D

Einfach nur noch lächerlich.

Ich lese die Infos von Swen übrigens immer sehr gerne und interessiert, allerdings ziehen diese mich meistens sogar eher noch mehr runter, da einem dadurch erst bewusst wird, wie eklatant man seit Jahren (und für die Verantwortlichen leider völlig folgenlos) besch*ssen wird.

An eine Anhebung um die 30 % glaube ich selbst bei allem ggf. vorhandenen Anspruch übrigens nicht.

WasDennNun

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« Antwort #4391 am: 07.02.2023 08:09 »

Zitat
Welchen Weg könnte man im Beamtenbereich gehen?

Die entsprechende Position höher Dotieren / Einstufen!

Aber es gibt ja Gründe warum viele externe Spezialisten nicht verbeamtet werden - die werden dann Außertariflich eingestellt oder tatsächlich als (temporäre) Berater...

also weder TVöd/Beamte.. und für die ist auch immer Geld da ;)
Das Problem was dabei ist, dass diese Berater halt die unwissenden öDler verarschen.
Ein paar Gute die da die externen Bedarfsprivaten steuern braucht es trotzdem.

Und ich glaube, wenn ein Datenanalyst mit A15 als Einstiegsamt um die Ecke kommt, dann wird bestimmt irgendein Referatsleiter dagegen klagen.

AdenosinTP

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4392 am: 07.02.2023 08:29 »
Hallo,

mich manchmal die Zahlen nachdenklich. Eine 4-köpfige Familie als Bürgergeldempänger bekommen also fast 3200 Euro im Monat für das Nichtstun.

Welches Bruttoeinkommen muss man haben,  um bei abhängigen Beschäftigung auf die Netto-Summe von 3200 Euro zu kommen?  Und wie verhält es sich dieses Bruttoeinkommen zum Median bzw. zum Duchschnittseinkommen?

4-Köpfige Familie in München (oder andere WG 7 Stufenstadt) und im 95% Quantil.
Aber ja, ggf. kommt der Gesetzgeber so auch auf die Idee diese Sozialhilfemaßnahmen zu streichen und die Freizügigkeit einzuschränken und alle Sozialhilfeempfänger müssen in den Osten der Republik umziehen für niedrigere Sozialhilfezahlungen...

Das löst dann ggf das Problem, davon hätten wir als Beamter aber auch nix gewonnen :D und ist bestimmt nicht, dass was wir wollen..

AdenosinTP

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4393 am: 07.02.2023 08:31 »

Zitat
Welchen Weg könnte man im Beamtenbereich gehen?

Die entsprechende Position höher Dotieren / Einstufen!

Aber es gibt ja Gründe warum viele externe Spezialisten nicht verbeamtet werden - die werden dann Außertariflich eingestellt oder tatsächlich als (temporäre) Berater...

also weder TVöd/Beamte.. und für die ist auch immer Geld da ;)
Das Problem was dabei ist, dass diese Berater halt die unwissenden öDler verarschen.
Ein paar Gute die da die externen Bedarfsprivaten steuern braucht es trotzdem.

Und ich glaube, wenn ein Datenanalyst mit A15 als Einstiegsamt um die Ecke kommt, dann wird bestimmt irgendein Referatsleiter dagegen klagen.

Bei mehreren Behörden ist dies in den letzten 1-3 Jahren doch genau so passiert für IT/DataSCIENTIST Stellen.. teils sogar direkt A16 ;) dann kann der Referatsleiter klagen, aber er ist ja sowieso ungeeignet als Jurist  8)

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4394 am: 07.02.2023 08:58 »
Das wäre alles nicht nötig wenn man die Grundgehälter der Tabelle anständig anheben würde.