@ Gruenhorn
Ich denke, als Gewerkschaftsmitglied kann man seiner Gewerkschaft die hier dargelegten Daten mitteilen und nachfragen, wie sie das sieht und wie sie nun im Gesetzgebungsverfahren weiter fortfahren will und wird. Denn dafür ist man ja Mitglied, dass diese sich für die eigenen Belange einsetzen - und der Stundensatz ist nun einmal ein maßgebliches Begründungsmoment dafür, dass es überhaupt Gewerkschaften gibt oder geben muss. Darüber hinaus gibt es die Abgeordneten des eigenen Wahlkreises, die man entsprechend auf die Daten hinweisen kann und die man entweder in ihrer Sprechstunde aufsuchen oder die man anmailen oder über bspw. Abegeordnetenwatch öffentlich befragen kann. Das ist ja in der Vergangenheit auch schon geschehen, wovon hier im Forum wiederkehrend berichtet wurde - insbesondere wurden die wiederkehrend allgemeinen Floskeln deutlich, die mit der Begründung von den Befragten verwendet worden sind, dass ja noch kein konkreter Entwurf vorläge. Das ist nun seit rund einer Woche anders. Denn nun kann man die Fragen konkretisieren und konkrete Antworten erwarten, da nun ja der Entwurf vorliegt, der allerdings (wie erwartet) und wie in Teilen bereits gezeigt fragwürdig ist. Ich denke, dass hier in Niedersachsen genau jene nicht zuletzt öffentlichen Anfragen im letzten Gesetzgebungsverfahren bei einigen Abgeordneten Rückfragen in ihrer Fraktion ausgelöst haben (wobei hier in Niedersachsen die Bedingungen dafür ggf. besser waren als jetzt im Bund). Entsprechendes Handeln kostet ggf. Zeit. Aber der Rahmen dafür sollte überschaubar sein. Wie clarion schreibt, ohne langen Atem wird sich nichts ändern.
@ Max
Eine Verfassungsänderung müsste bedeuten, das Berufsbeamtentum abzuschaffen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat 2018 klargestellt, dass es nur das eine Berufsbeamtentum gibt und nicht ein Berufsbeamtentum engerer und weiterer Aufgaben, weshalb es allen Beamten im Rahmen des Grundgesetzes untersagt hat, zu streiken, um auf der anderen Seite dabei seine ständige Rechtsprechung zu wiederholen, dass das Alimentationsprinzip als einen besonders wesentlicher Grundsatz des Berufsbeamtentums zu betrachten ist, weshalb es als solcher nicht nur zu berücksichtigen, sondern eben zu beachten ist. Das öffentliche Dienst- und Treueverhältnis aus Art. 33 Abs. 4 müsste dann per Grundgesetzänderung entfernt werden, womit der Art. 33 Abs. 5 GG obsolet werden würde, der entsprechend ebenfalls per Grundgesetzänderung aus der Verfassung entfernt werden müsste. Damit würde es dann keine hergebrachten Grundsätze mehr geben, also unter anderem auch kein Streikrecht mehr. Das Sonderrechtsverhältnis, das die Institution des Berufsbeamtentums verlangt, wäre Geschichte. Ob nun die Gesellschaft eine streikende Polizei oder Feuerwehr haben wollte, wage ich allerdings zu bezweifeln, so wie Du das ebenfalls formulierst. Insofern wird es auch zukünftig Aufgabe des Gesetzgebers bleiben, das öffentliche Dienstrecht und Berücksichtigung und ggf. Beachtung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums fortzuentwickeln.
@ BW
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber gestattet, vom Alleinverdienerprinzip abzurücken, sofern sich das sachlich begründen lässt. Es hat ihm allerdings wie gehabt nicht erklärt, wie er das zu vollziehen hätte, da das nicht seine Aufgabe ist. Denn seine Aufgabe ist es, die Gesetzgebung auf ihren Einklang mit der Verfassung hin zu prüfen, sofern es entsprechend angerufen wird. Die gesetzliche Regelung ist Aufgabe der Legislative - und diese wird zur Kostenersparnis weiterhin in verschiedenen Rechtskreisen versuchen, vom Alleinverdienerprinzip abzurücken, so ist anzunehmen. Dabei hat sie aber weiterhin ebenso den Grundsatz des Mindestabstandsgebots zu beachten - so verstanden dürfte es - denke ich - schwierig werden, das Alleinverdienerprinzips abschaffen zu wollen, wenn gleichzeitig das Mindestabstandsgebot erfüllt werden soll, wozu der Gesetzgeber im Rahmen unserer Verfassung verpflichtet ist (er hat es ja nicht nur zu berücksichtigen, sondern es zu beachten). Wenn ich es richtig sehe, kann das Alleinverdienermodell nur dann abgeschafft werden, wenn gewährleistet ist, dass dann auch weiterhin antragslos das Mindestabstandsgebot erfüllt bleiben wird. Von daher sollte die Abschaffung des Alleinverdienermodells mit dem vorrangigen Ziel der Kostenersparnis eher eine Quadratur des Kreises gleichen. Wenn die Gesetzgeber also das Alleinverdienermodell aufgeben wollen, dann können sie nicht so vorgehen, wie das erst Schleswig-Holstein, dann Rheinland-Pfalz, danach Niedersachsen und unlängst Bremen vorgemacht haben, worin nun Bayern folgen möchte, um den sachwidrigen Gehalt des Vorgehens damit auf die (derzeitige) Spitze zu treiben, sondern sie haben zu garantieren, dass weiterhin das Mindestabstandsgebot offensichtlich antragslos gewährleistet bleibt.
@ WasDennNun
Ich denke, Du schüttest jetzt - ins andere Extrem fallend - das Kind mit dem Bade aus, wenn Du davon ausgehst, dass die Grundgehaltssätze generell um 50 % oder noch mehr zu erhöhen wären. Ich denke nicht, dass das nötig wäre. Wie die Tage gezeigt, ist von einem realitätsgerechten Nettofehlbetrag zur Mindestalimentation um die 35 % im Bund auszugehen. Auch zeigt das Indiz der Mindestbesoldung eine eklatante Verletzung der Besoldungsordnung. Wie hier wiederkehrend hervorgehoben, ist die Mindestalimentation (die nur den vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Teil der zu gewährenden Nettoalimentation darstellt; in die Mindestalimentation sind entsprechend keine Einschnitte gestattet) genauso wie die Mindestbesoldung (die nur ein indizielles Mittel zur Prüfung einer verfassungswidrig ausgestalteten Norm ist) in ihrem jeweiligen mathematischen Gehalt nicht dazu geeignet, exakte Vorhersagen zu machen, wie die einzelnen Besoldungsbestandteile zueinander in Beziehung gesetzt werden müssen oder können. Das bleibt weiterhin eine Frage der sachlichen Begründetheit. Von daher ist insgesamt das zu fordern, was Gisela Färber regelmäßig hervorhebt: eine über den einzelnen Rechtskreis hinausreichende Debatte, wie eine qualitätssichernde amtsangemessene Alimentation konkret auszugestalten ist.
Um sie zu gewährleisten, wird es einer deutlichen Anhebung aller Grundgehaltssätze bedürfen, wie die Betrachtung der jeweiligen Mindestbesoldung in allen Rechtskreisen zeigt. Dabei muss das Grundgehalt als Hauptkomponente gewahrt bleiben, da nur so eine hinreichende Qualitätssicherung als Folge des Leistungsprinzips zu gewährleisten ist. Nichtsdestotrotz gibt es ein weites Feld an Möglichkeiten, die Besoldung und Alimentation unter Beachtung beider Abstandsgebote so auszugestalten, dass es eben keiner 40 oder gar 50 %iger Erhöhung der Grundgehaltssätze bedarf, um zu einer amtsangemessenen Alimentation zurückzukehren. Wie hoch am Ende auch im Bund der Prozentsatz sein wird, um zu einer verfassungskonformen und also amtsangemessenen Alimentation zurückzukehren, die zugleich die qualitätssichernde Funktion der Besoldung erfüllt, wird Aufgabe des Gesetzgebers bleiben. Er hat da ein schönes Feld vor sich, wie er seinen ihm von der Verfassung zu gewiesenen Aufträgen nachkommt, wenn er denn dann irgendwann wieder anfangen wollte, eine verfassungskonforme Besoldungsgesetzgebung zu initiieren und auszugestalten.
Denn der Gesetzgeber müsste dafür zunächst seinem ihm von der Verfassung verpflichtend zugeschriebenen Auftrag nachkommen und also das öffentliche Dienstrecht im Sinne der aus der Verfassung abzuleitenden Gestaltungsdirektive unter Berücksichtigung und hinsichtlich der besonders wesentlichen Grundsätze der Beachtung jener Grundsätze des Berufsbeamtentums weiterzuentwickeln. Er müsste (oder sollte) also beispielsweise die Ämterbewertung sachlich präzisieren (und nicht einfach nur untere Besoldungsordnungen wie von Zauberhand streichen, um so sachwidrig ebenfalls das Mindestabstandsgebot zu verfehlen). Er müsste das in den letzten Jahren mehr und mehr aufgeweichte Laufbahnprinzip sachlich wieder stärker in den Blick nehmen, um damit die im Sinne des Leistungsprinzips zu gewährende Besoldung präzise(r) in den Blick nehmen zu können - das auch hinsichtlich der verschiedenen Besoldungsordnungen. Es bedürfte ggf. eine Debatte darüber, ob und wie das Beihilferecht sinnvoll und also sachgerecht (und nicht allein aus dem Ziel der verfassungswidrigen Kosteneinsparung) zu reformieren wäre, sofern der Gesetzgeber das als sinnvoll und notwendig betrachten würde usw. usf.
All das wäre die Aufgabe einer Gesetzgebung, die im Sinne unserer Verfassung vollzogen werden würde - die Kraut- und Rübengesetzgebung mit dem Hauptgericht einer immer weiter tradierten Verfassungswidrigkeit, die das öffentliche Dienstrecht zunehmend ins Chaos stürzt, da dann irgendwann kaum mehr von einem Dienstrecht gesprochen werden könnte, wenn jenes Dienstrecht hinsichtlich der Alimentation eigentlich nur noch einem Hauptziel unterworfen wird, dauerhaft tradiert verfassungswidrig Personalkosten einzusparen, dürfte am Ende die gesellschaftlichen Kosten eines schwer in der Schieflage sich befindenden öffentlichen Diensts, der seinen Aufgaben nicht mehr effektiv nachkommen kann, um ein Vielfaches übersteigen - oder das auch schon heute tun, schätze ich. Man muss sich nur die gesellschaftlichen Folgekosten vor Augen führen, die sich allein aus den viel zu lange währenden Antragsverfahren ergeben, oder die Milliarden an €, die durch eine nicht effektiv genug ausgestaltete Steuerprüfung und -kontrolle jedes Jahr verloren gehen, oder das sinkende Bildungsniveau, das sich nicht nur, aber gerade auch aus dem massiven Personalmangel an den Schulen ergibt usw. usf. Die Beamtenbesoldung (und damit mittelbar auch die Tariflöhne im öffentlichen Dienst) sind dabei nur ein Baustein, um die öffentliche Verwaltung endlich wieder wetterfest zu machen - aber dabei ein wesentlicher, da am Ende der Mensch nicht allein für Luft und Liebe seine Haut zu Markte trägt, und zwar in Zeiten eines mehr und mehr um sich greifenden Fachkräftemangels das nur umso mehr. Mit den Mitteln von gestern und vorgestern die Probleme von heute und morgen lösen zu wollen, dürfte der Sache nach wenig erfolgreich sein und bleiben, so ist zu vermuten.