Hallo zusammen! Es ist doch eigentlich ganz einfach:
1.) Auf der einen Seite sind die Sozialleistungsempfänger, deren Grundbedarf durch den Staat gedeckt wird. Dieser Bedarf ist bei einer Familie höher als bei einem Single und in München höher als irgendwo auf dem Land.
2.) Auf der anderen Seite stehen die Arbeitnehmer. Diese bekommen für ihre Arbeitsleistung ein Gehalt, und zwar (fast immer) unabhängig vom Familienstand. Darüber hinaus sind die Gehälter der Privatwirtschaft in München/Frankfurt höher als auf dem Land.
3.) Und irgendwo "dazwischen" sind die Beamten. Auf der einen Seite muss der Staat sie und ihre Familien alimentieren, auf der anderen Seite gilt das Leistungsprinzip, d.h. höhere Ämter müssen (angemessen) höher besoldet werden, außerdem steht der Staat im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft (Stichwort Bestenauslese).
Daraus ergeben sich folgende Implikationen:
a) Ein vernünftig ausgestalteter Ortszuschlag wäre durchaus sinnvoll. Und zwar sowohl mit Blick auf die Alimentierung (die Lebenshaltungskosten sind nun mal in München/Frankfurt höher als auf dem Land) als auch auf die Bestenauslese (die Konkurrenzgehälter der Privatwirtschaft sind in München/Frankfurt ebenfalls deutlich höher). Allerdings müsste er natürlich auf ALLE angewendet werden und dürfte auch nicht für höhere Besoldungsgruppen abgeschmolzen werden (dieser Punkt ist in meinen Augen im Referentenentwurf einer der "frechsten", denn eigentlich müsste der Zuschlag aus steuerlichen Gründen sogar steigen). Ideal wäre die Berücksichtigung aller Kosten, aber selbst wenn man nur die Wohnkosten betrachtet, wäre ein Mietspiegel (wie z.B. unter
https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-02/mietpreise-deutschland-2022-mietpreisentwicklung-gemeinden-karte) deutlich geeigneter als die seltsame Einteilung der Wohngeld-Mietstufen. Und als Nebenbemerkung: Selbstverständlich sollte auch ein öD-Tarifbeschäftigter in München mehr verdienen als auf dem Land.
b) Sehr hohe Kinderzuschläge wie beispielsweise zurzeit in NRW sind hingegen absurd und wurden ja auch hauptsächlich nur erdacht, um betroffene Beamte in den unteren Besoldungsgruppen gerade so über die 115% zu hieven. Dies lässt sich jedoch in keinster Weise sachgerecht begründen, da die komplette Besoldungssystematik "zerschossen" wird (Stichwort Leistungsprinzip). Und zwar nicht nur innerhalb der Beamtenschaft, sondern z.B. auch im Vergleich zu den Tarifbeschäftigten (Beamte mit vielen Kindern <-> TB mit vielen Kindern).
c) Wie bereits vielfach dargelegt, bleibt als einzige Lösung eine signifikante Erhöhung ALLER Grundgehälter. Denn wie Swen so schön herausgearbeitet hat, kann es ja wohl nicht sein, dass ein A10-Beamter weniger verdient als ein "durchschnittlicher Bauarbeiter".
d) Und ja, das wird sehr sehr teuer für die öffentlichen Haushalte werden. Und ja, das wird einen großen Aufschrei in der Springer-Presse geben. Und ja, ich kann bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen (natürlich ohne es gutzuheißen), dass daher sowohl in der Politik als auch in den Ministerien eine gewisse "Angst vor der eigenen Courage" herrscht.
Genau deshalb ruht meine einzige (aber durchaus optimistische) Hoffnung auf dem BVerfG. Insbesondere bin ich gespannt auf die Entscheidung zum Bremer Verfahen, da dort ja unter anderem das Thema Bestenauslese angeschnitten wird. Siehe z.B. unter
https://www.verwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/14_83_K_6.pdf auf Seite 24: "Das durchschnittliche Gehalt von angestellten Rechtsanwälten hat 6531 Euro [...] Euro betragen. Es hat die R 1-Besoldung somit um 27 Prozent [...] überstiegen."
Und nur zur Einordnung: Laut Seite 21 werden als Richter "regelmäßig nur Bewerber mit zwei Prädikatsexamina eingestellt", während dies für die meisten der genannten Rechtsanwälte nicht gelten dürfte..