Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2075156 times)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4875 am: 19.02.2023 16:22 »
@ Swen

Danke für die ausführliche Abhandlung zu meiner gestrigen Frage. Ich bin gespannt wie ein finalisierter Referentenentwurf nach Abschluss der Tarifverhandlungen aussehen wird.

Wie wahrscheinlich ist es, dass ein weiterhin offensichtliches verfassungswidriges Gesetz im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gekippt wird?

Sofern man die seit der Entscheidung 2 BvL 4/18 vollzogenen Gesetzgebungsverfahren zur Grundlage nimmt, beträgt die Wahrscheinlichkeit null. Betrachtet man den derzeitigen Entwurf, dann ist er in einem so vielfachen wie weitgehenden Maße evident sachwidrig, dass ich die Wahrscheinlichkeit auch aus dieser Warte heraus als annähernd null betrachten würde. Denn eine hinreichende Änderung jenes Entwurfs, an deren Ende ein verfassungskonformes Ergebnis stände, müsste m.E. bedeuten, einen neuen Entwurf zu erstellen: Der derzeit vorliegende Entwurf ist sachlich nicht so zu verändern, dass er verfassungskonform werden würde, ohne einen neuen Entwurf zum Ergebnis zu haben. Zu fragen bliebe, ob eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in den Vorlageverfahren 2 BvL 2/16 u.a. den Bundesgesetzgeber dazu veranlassen könnte, den evident sachwidrigen Gesetzentwurf zurückzuziehen. Ich gehe davon aus, dass auch das eher unwahrscheinlich ist. Es käme letztlich darauf an, wie sachlich weitgehend die Entscheidungsbegründung wäre.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Bundespräsident nach der Verabschiedung eines verfassungswidrigen Gesetzes und vor dessen Ausfertigung von auswärts über den sachwidrigen Gehalt informiert werden wird, wie das auch schon im letzten Gesetzgebungsverfahren geschehen ist, sofern nicht im Gesetzgebungsverfahren entsprechende Darlegungen sachlich präzise vollzogen worden würden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine Novellierung des Besoldungsgesetzes wie die Verabschiedung jedes Gesetzes durch das Referat Z 5 Verfassung und Recht, Justiziariat des Bundespräsidialamts geprüft werden wird, um erst danach die weitere Ausfertigung zu vollziehen. Ich gehe weiterhin davon aus, dass die Ausfertigung dieses Entwurfs wie auch zuvor dessen Verabschiedung verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Entsprechend würde jene Novellierung m.E. die Verfassungskrise weiter heraufbeschwören, wie das Ulrich Battis sachlich schlüssig unlängst im sächsischen Gesetzgebungsverfahren betrachtet hat. Damit würde, wenn ich es weiterhin richtig sehe, eine Beschädigung des Amts einhergehen. Zugleich ist ebenso in Rechnung zu stellen, dass die Prüfung eines Gesetzes durch den Bundespräsidenten in der Vergangenheit nur äußerst selten negativ ausgefallen ist.

Entsprechend dürfte es interessant werden, ob die anstehenden bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung noch vor dem Abschluss des laufenden Gesetzgebungsverfahren vollzogen werden wird. Insgesamt sehe ich es weiterhin als wahrscheinlich an, dass nach mehr als mindestens 15 Jahren eine substanzielle Rückkehr zu einer verfassungskonformen Besoldung erst dann in Gang gesetzt werden wird, sofern ein Besoldungsgesetzgeber dazu über die Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG gezwungen wird, deren Vollzug das Bundesverfassungsgericht mit einem Datum verknüpfen wird, sofern es eine entsprechende Entscheidung treffen wird.

Wie hier schon mehrfach ausgeführt, dürfte es interessant werden, ob eine solche Vollstreckungsanordnung vom Bundesverfassungsgericht bestimmt werden wird, wenn insbesondere über die A-Besoldung in den Berliner Vorlagebeschlüsse verhandelt werden wird. Der Versuch, hierfür argumentative Grundlagen herzustellen, ist bspw. auf den S. 33 ff. der hier veröffentlichten Stellungnahme unternommen worden: https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2022/02/Stellungnahme_BVerfG_220110_anonymisiert.pdf Nicht umsonst hat das Land nach der Entscheidung 2 BvL 4/18 weiterhin keine Schritte unternommen, die Grundgehaltssätze der Besoldungsordnung R anzuheben, obgleich davon auszugehen ist, dass sie über das Jahr 2015 hinaus ob der festgestellten eklatanten Verletzung der Besoldungsordnung(en) zwischen 2009 und 2015 weiterhin nicht verfassungskonform vollzogen worden sind. Es dürfte entsprechend von Interesse sein, ob sich das Bundesverfassungsgericht der in der genannten Stellungnahme vollzogenen Argumentation anschließen kann oder nicht (nicht zuletzt die zu beachtende strikte Akzessorität müsste dann gegeben sein).

Schließlich denke ich, dass jeder Hinweis hinsichtlich des evident sachwidrigen Gehalts des Entwurfs an Abgeordnete sinnvoll ist, da nicht davon auszugehen ist, dass sie eine größere Veranlassung verspüren werden, sich weitergehend mit der Materie auseinanderzusetzen, sofern sie nicht mit dem Gehalt des Entwurfs sachlich konfrontiert werden. Die zwar weiterhin unzureichenden Fortschritte in Thüringen und Hessen wären sicherlich nicht zustandegekommen, wenn nicht wiederholt der Dialog eingefordert worden wäre. Auch in Niedersachsen dürfte die nicht sachgerecht zu vollziehende Rechtsverordnung zum sog. Familienergänzungzuschlage heute bereits Realität sein, sofern sich nicht sachlich deutliche Rückfragen an die Abgeordneten gestellt hätten, so wie am Ende die Bündnisgrünen dann nicht gegen den Entwurf gestimmt hätten, da sie bis eine Woche vor der zweiten und dritten Lesung sich noch hatten enthalten wollen. Der bündnisgrüne Finanzminister und damit die gesamte neue Regierung haben nun das Problem, dass sie weiterhin mit der verfassungswidrigen Situation in Niedersachsen konfrontiert bleiben. Insofern kann ich nur das wiederholen, was ich schon mehrmals wiederholt habe: Setzt euch für eure Belange ein, fragt bei euren Abgeordneten und den Gewerkschaften und Verbänden nach, sprecht mit den Personalräten eurer Dienststelle, tretet weiterhin sachlich an Medien heran usw. usf.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dadurch etwas ändert, dürfte recht gering sein - die Wahrscheinlichkeit, dass sich etwas ändert, ohne dass genügend sachliche Gegenargumente wiederkehrend ins Feld geführt werden, dürfte hingegen wie oben dargelegt bei null liegen. Man hat keine Gewähr dafür, dass sich Engagement lohnt und sich also etwas ändert; aber ohne Engagement dürfte man die Gewähr haben, dass sich nichts ändert.

Floki

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4876 am: 19.02.2023 16:29 »
Eigentlich ist eine verfassungsgemäße Alimentation einfach umzusetzen. Staatsquote auf ein gesundes Level zurückfahren (siehe andere Länder dieser Welt), Beamtenverhältnisse nur noch in staatlichen Kernaufgabenbereichen und bei Personen durchführen, die charakterlich für das besondere Dienst- und Treueverhältnis geeignet sind. Diese dann deutlich geringere Anzahl von Beamten (die den Status auch tatsächlich zu Recht bekommen haben) ordentlich und angemessen alimentieren. Fertig.

Problematisch ist es doch nur, weil der Öffentliche Dienst im Allgemeinen zu stark personell aufgebläht wurde, als Auffangbecken für Flüchtlinge aus der Privatwirtschaft herhalten muss und das Beamtenverhältnis ungeachtet der charakterlichen Eignung und der tatsächlichen Aufgaben zur Attraktivitätssteigerung einer Beschäftigung im Öffentlichen Dienst in weiten Teilen zweckentfremdet wird.

Welche Staatsquote meinst Du denn? Besonders im Vergleich zu anderen Ländern?
Deutschland ist im europäischen Vergleich nahezu Schlusslicht bei den Ausgaben für den öD.

Bastel

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« Antwort #4877 am: 19.02.2023 16:35 »
Eigentlich ist eine verfassungsgemäße Alimentation einfach umzusetzen. Staatsquote auf ein gesundes Level zurückfahren (siehe andere Länder dieser Welt), Beamtenverhältnisse nur noch in staatlichen Kernaufgabenbereichen und bei Personen durchführen, die charakterlich für das besondere Dienst- und Treueverhältnis geeignet sind. Diese dann deutlich geringere Anzahl von Beamten (die den Status auch tatsächlich zu Recht bekommen haben) ordentlich und angemessen alimentieren. Fertig.

Problematisch ist es doch nur, weil der Öffentliche Dienst im Allgemeinen zu stark personell aufgebläht wurde, als Auffangbecken für Flüchtlinge aus der Privatwirtschaft herhalten muss und das Beamtenverhältnis ungeachtet der charakterlichen Eignung und der tatsächlichen Aufgaben zur Attraktivitätssteigerung einer Beschäftigung im Öffentlichen Dienst in weiten Teilen zweckentfremdet wird.

Hast du dafür irgendeine Quelle? Im internationalen Vergleich gibt Deutschland relativ wenig für seine Verwaltung aus.

Tagelöhner

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« Antwort #4878 am: 19.02.2023 16:50 »
Deutschland liegt bei der Staatsquote gemessen am BIP auf Platz 19 von 193 mit um die 51%, nichts worauf man stolz sein kann. Also haben nur noch 18 weitere Länder eine höhere Staatsquote. Mir schwebt da eher sowas wie die Schweiz mit ungefähr 35% vor. Die Schweiz ist ja auch nicht dafür bekannt, einen besonders schlecht funktionierenden Staatsapparat zu haben. Es ist nicht vermittelbar, dass der Staat über die Jahrzehnte immer weitere Aufgaben an sich reißt und damit die relativen Ausgaben steigen. Ein Staat muss schlank sein, sich auf die Kernaufgaben zurückziehen und gute Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft herstellen, das geht auch mit weniger Staatsquote.

Phoenix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4879 am: 19.02.2023 17:19 »
Deutschland liegt bei der Staatsquote gemessen am BIP auf Platz 19 von 193 mit um die 51%, nichts worauf man stolz sein kann. Also haben nur noch 18 weitere Länder eine höhere Staatsquote. Mir schwebt da eher sowas wie die Schweiz mit ungefähr 35% vor. Die Schweiz ist ja auch nicht dafür bekannt, einen besonders schlecht funktionierenden Staatsapparat zu haben. Es ist nicht vermittelbar, dass der Staat über die Jahrzehnte immer weitere Aufgaben an sich reißt und damit die relativen Ausgaben steigen. Ein Staat muss schlank sein, sich auf die Kernaufgaben zurückziehen und gute Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft herstellen, das geht auch mit weniger Staatsquote.


ok Christian beruhig dich

Tagelöhner

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« Antwort #4880 am: 19.02.2023 17:25 »
Du bist dann wohl eine Mischung aus Esken, Habeck, Stegner und Lauterbach? Meine oben vertretene Auffassung hört man als Profiteur des Systems natürlich nicht gerne, irgendwie verständlich.

LG

Christian L.  ;D

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4881 am: 19.02.2023 17:25 »
Deutschland liegt bei der Staatsquote gemessen am BIP auf Platz 19 von 193 mit um die 51%, nichts worauf man stolz sein kann. Also haben nur noch 18 weitere Länder eine höhere Staatsquote. Mir schwebt da eher sowas wie die Schweiz mit ungefähr 35% vor. Die Schweiz ist ja auch nicht dafür bekannt, einen besonders schlecht funktionierenden Staatsapparat zu haben. Es ist nicht vermittelbar, dass der Staat über die Jahrzehnte immer weitere Aufgaben an sich reißt und damit die relativen Ausgaben steigen. Ein Staat muss schlank sein, sich auf die Kernaufgaben zurückziehen und gute Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft herstellen, das geht auch mit weniger Staatsquote.

Du behauptest der ÖD ist personell zu stark aufgeblasen. Bitte begründe das anhand Zahlen.

InVinoVeritas

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4882 am: 19.02.2023 17:31 »
Der Begriff Staatsquote beschreibt die Höhe der Staatsausgaben im Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung, dem Bruttoinlandsprodukt.

Das heißt noch lange nicht, dass der öD aufgebläht ist. Wir haben unheimlich hohe Ausgaben für Sozialausgaben, Transferleistungen, Subventionen u.ä. was meiner Meinung nach diese hohe Staatsquote begründet...

Tagelöhner

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4883 am: 19.02.2023 17:34 »
Was soll das denn bringen, ich nenne eine Zahl und du erwiderst anschließend, dass es Deiner Ansicht nach nicht zutrifft?

Bei 51% Staatsquote, wovon bekanntermaßen die Personalkosten einen Bärenanteil ausmachen ist es doch nur logisch, dass der Personalkörper i.Allg. aufgebläht ist. Dies ergibt sich ja alleine schon daher, dass im ÖD so gut wie keine betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Kündigungen existieren und Hinz und Kunz als Lowperformer mit durchgezogen wird. Über Jahrzehnte baut sich so ein ineffizienter Moloch auf. Es gibt genug Dienststellen bzw. Organisationseinheiten, wo 2-3 Stunden tägliche Pausen oder ineffizientes vor sich hin wurschteln zum Alltag gehören, dann halt gerne getarnt als "Besprechungen" oder anderen Scheinkram.

InVinoVeritas

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4884 am: 19.02.2023 17:45 »
 ;D okay kann zutreffen.. ich schaue die Zahlen an:

https://www.bundeshaushalt.de/DE/Bundeshaushalt-digital/bundeshaushalt-digital.html

Da kann man genau die höchsten Ausgaben rausfiltern aus einem wunderschönen Tortendiagramm
Der größte Posten im Bundeshaushalt 2023 hat mit Abstand das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 34,9 Prozent.. schaut schaut man sich mal an wie sich das weiter aufdröselt (Also Posten BMAS anklicken) dann sieht mann dass 72,82  % davon für "Rentenversicherung und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung" ausgegeben werden also 121 Mrd Euro bei einem Bundeshaushalt von insgesamt 476 Mrd Euro... das ist mit Abstand der größte Einzelposten

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4885 am: 19.02.2023 17:50 »
Bei 51% Staatsquote, wovon bekanntermaßen die Personalkosten einen Bärenanteil ausmachen

Bullshit! (excuse my language)

Die Personalausgaben des Bundes lagen letztes Jahr bei 37,8 Mrd Euro.
(siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157799/umfrage/entwicklung-der-personalausgaben-des-bundes-seit-1969/)

Das BIP betrug hingegen 3.858,3 Mrd Euro, also mehr als das Hundertfache!
(siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1251/umfrage/entwicklung-des-bruttoinlandsprodukts-seit-dem-jahr-1991/)

Tagelöhner

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4886 am: 19.02.2023 17:53 »
Auch wenn das hier ein Thread der Sparte "Bundesbeamten/Soldaten" ist, dürfte doch logisch sein, dass mit "ÖD" auch die Länder und Kommunen gemeint sind, oder übersteigt das tatsächlich so manchen Horizont? Eine Verkürzung auf den Bundeshaushalt ist daher schlicht falsch.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #4887 am: 19.02.2023 17:54 »
Eigentlich ist eine verfassungsgemäße Alimentation einfach umzusetzen. Staatsquote auf ein gesundes Level zurückfahren (siehe andere Länder dieser Welt), Beamtenverhältnisse nur noch in staatlichen Kernaufgabenbereichen und bei Personen durchführen, die charakterlich für das besondere Dienst- und Treueverhältnis geeignet sind. Diese dann deutlich geringere Anzahl von Beamten (die den Status auch tatsächlich zu Recht bekommen haben) ordentlich und angemessen alimentieren. Fertig.

Problematisch ist es doch nur, weil der Öffentliche Dienst im Allgemeinen zu stark personell aufgebläht wurde, als Auffangbecken für Flüchtlinge aus der Privatwirtschaft herhalten muss und das Beamtenverhältnis ungeachtet der charakterlichen Eignung und der tatsächlichen Aufgaben zur Attraktivitätssteigerung einer Beschäftigung im Öffentlichen Dienst in weiten Teilen zweckentfremdet wird.

Welche Staatsquote meinst Du denn? Besonders im Vergleich zu anderen Ländern?
Deutschland ist im europäischen Vergleich nahezu Schlusslicht bei den Ausgaben für den öD.

Auch diese Thematik ist komplex. Die sog. Staatsquote, die eigentlich korrekt "Staatsausgabenquote" heißt, sagt ja zunächst einmal nur aus, wie das Verhältnis zwischen dem Geld, das der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben ausgibt, und dem, was seine Bürger erwirtschaften, also dem Bruttoinlandsprodukt, ist. Entsprechend sah die Staatsquote seit 1960 wie folgt aus:

Jahr   Ausgaben des Staates
          insgesamt                                       darunter   
                                   Gebietskörperschaften   Sozialversicherung 
                                   in Relation zum BIP in %      
1960   32,9                         21,7            11,2     
1965   37,1                           25,4            11,6     
1970   38,5                     26,1             12,4     
1975   48,8                    31,2             17,7     
1980   46,9                    29,6             17,3     
1985   45,2                    27,8            17,4     
1990   43,6                    27,3            16,4     
1991   46,5                    29,0            17,5     
1992   47,3                    28,7                 18,6     
1993   48,2                    28,9             19,3     
1994   48,3                     28,8             19,5     
1995   48,7                     28,6            20,1     
1995   55,1                     35,1            20,1     
1996   49,4                    28,5            20,9     
1997   48,6                    27,9             20,7     
1998   48,1                     27,6             20,6     
1999   48,2                     27,6            20,6     
2000   47,8                    27,2            20,6     
2001   47,4                    26,8            20,7     
2002   47,9                    26,8            21,1     
2003   48,3                     26,9            21,4     
2004   46,8                     26,2            20,6     
2005   46,8                    26,5            20,3     
2006   45,2                     25,9            19,3     
2007   43,4                    24,9            18,5     
2008   44,2                    25,7            18,5     
2009   48,2                     27,7            20,5     
2010   48,1                     28,4            19,8     
2011   45,2                     26,4            18,8     
2012   44,9                    26,1            18,8     
2013   44,9                     26,0            19,0     
2014   44,3                     25,4            18,9     
2015   44,1                    25,1            19,0     
2016   44,4                     25,3            19,1     
2017   44,2                     25,1            19,1     
2018   44,3                    25,2            19,1     
2019   45,0                     25,4            19,6     
2020   50,4                    28,6            21,8     
2021   51,3                    29,8            21,4     
2022   49,7                    29,2            20,6     
vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Datenportal/Daten/offene-daten/haushalt-oeffentliche-finanzen/s12-entwicklung-der-staatsquote/s12-entwicklung-der-staatsquote.html

Seit 2020 ist die Quote unter anderem als Folge der Corona-Krise, im letzten Jahr als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine deutlich gegenüber dem Jahrzehnt zuvor gestiegen. Mit den Ausgaben für den Öffentlichen Dienst hat sie allerdings erst einmal recht wenig zu tun.

Präziser wäre offensichtlich, zu fragen, ob hier die Zahl der Beschäftigten gesenkt werden sollte. Derzeit findet man rund fünf Millionen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, davon 1,7 Millionen Beamte und 1,8 Millionen Versorgungsempfänger. Der Dienstherr verbeamtet dabei weiterhin gerne, weil ihn das kurzfristig günstiger kommt, da hier keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen.

Die Zahl der im Öffentlichen Dienst Tätigen ist zunächst in den 1990er Jahren deutlich gesunken, und zwar als Folge des Personalabbaus in den neuen Ländern und den dortigen Kommunen, der Privatisierung der Deutschen Bundesbahn, der Reichsbahn der ehemaligen DDR und der Deutschen Bundespost sowie umfangreichen Privatisierungen im kommunalen Bereich. Entsprechend ist die Zahl der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst zwischen 1991 und 2008 von über 6,7 Millionen auf zunächst 4,5 Millionen zurückgegangen.

Seit dem Jahr 2009 ist diese Zahl aus vor allem vier Gründen auf heute wieder rund fünf Millionen Beschäftigte gestiegen. Alle vier Gründe dürften nicht so ohne Weiteres "behoben" werden können, da die ersten drei gesellschaftlich gewollt sind, nämlich der erhöhte Lehrkräftebedarf als Folge der gestiegenen Zahl an Kinder und Jugendlichen sowie der weiter steigenden Quote an öffentlichen Ganztagsschulen, der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots und die Personalzuwächse bei der Polizei. Nicht umsonst waren bspw. Mitte 2018 rund 233.200 Personen in kommunalen Kindertageseinrichtungen beschäftigt; die Zahl ist zwischen 2009 und 2018 um rund 62 % gestiegen.

Rund 20 % der im Öffentlichen Dienst Beschäftigten sind an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen beschäftigt. Durch die erhöhte Zahl an zu beschulenden Schülerinnen und Schüler sowie dem weiter voranschreitenden Ausbau der Ganztagsschule wird sich hier der Bedarf in den nächsten Jahren noch erhöhen. In der sozialen Sicherung, einschließlich der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie der BfA, sind zurzeit 17 % beschäftigt, in der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie im Rechtsschutz sind es 14 %, an den Hochschulen 12 %, in der politischen Führung (einschließlich der zentralen Verwaltung und auswärtigen Angelegenheiten) sind es 11 %, in Gesundheit, Sport, Erholung 6 %, die Verteidigung macht einen Anteil von 5 % des Personals des Öffentlichen Diensts aus, die Finanzverwaltung 4 % und die übrigen Bereiche 13 %.

Der vierte Grund liegt darin, dass sich die Zahl der Pensionärinnen und Pensionäre in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt hat, was allerdings nachträglich nicht mehr zu ändern ist. Sie bilden gemeinsam mit den hinterbliebenen Witwen und Witwern sowie Waisen die Gesamtzahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger des öffentlich-rechtlichen Alterssicherungssystems. Entsprechend hebt der Datenreport 2021 hervor:

"Die Gesamtzahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger – also der pensionierten Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie Berufssoldatinnen und -soldaten und ihrer Hinterbliebenen – ist seit der deutschen Vereinigung erheblich gestiegen. Im Zeitraum von 1992 bis 2019 ist dieser Personenkreis um rund 37 % gewachsen. Dies ist vor allem auf den Aufbau von Personal im Bildungsbereich in den 1960er- und 1970er-Jahren im früheren Bundesgebiet zurückzuführen, das nun seit einigen Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheidet. Insgesamt erhielten am 1. Januar 2019 rund 1,7 Millionen Personen Leistungen des öffentlich-rechtlichen Alterssicherungssystems."

Vgl. zu den Zahlen insbesondere S. 146 f. unter https://www.destatis.de/DE/Service/Statistik-Campus/Datenreport/Downloads/datenreport-2021-kap-4.html

Wo genau schweben Dir nun konkrete Personaleinsparungen vor, Tagelöhner?

Bastel

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« Antwort #4888 am: 19.02.2023 17:55 »

Bei 51% Staatsquote, wovon bekanntermaßen die Personalkosten einen Bärenanteil ausmachen ist es doch nur logisch, dass der Personalkörper i.Allg. aufgebläht ist.

Also hast du nichts belastbares.

Tagelöhner

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« Antwort #4889 am: 19.02.2023 17:58 »
Mir schweben bei allem außerhalb von Polizei und Justiz Einsparungen vor, dafür gibt es ja den Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe um hier Optimierungspotenziale aufzuzeigen.

@SwenTawortsch Deine Auflistung zeigt ja deutlich auf, dass die relative Staatsquote gestiegen ist. Und genau hier liegt das Problem, das BIP ist ja ebenfalls gewaltig angestiegen, da Deutschland zu den Exportweltmeistern gehört hat.