Hoffentlich versteht auch irgendwann das BMI was Swen schreibt.
Nehmen wir mal an, der Referentenentwurf ginge so durch. Wie würde denn
für uns das weitere Verfahren aussehen, um zur amtsangemessenen Besoldung zu gelangen? Muss dann wieder durch alle Instanzen geklagt werden?
Ich habe zum Beispiel keine Widersprüche eingelegt, da ich erst durch die Rundschreiben des BMI von der Thematik erfahren habe.
Grüße
Zunächst einmal kann man das, was ihr von clarions Beitrag ausgehend schreibt, leider wohl nur bestätigen. Das Verhalten der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich evident sachwidrig und damit verfasungswidrig. Die wissentliche und willentliche Fortsetzung stellt sich gezielt außerhalb unserer rechtsstaatlichen Ordnung und muss entsprechend als gezielter Anschlag auf unsere Rechtsordnung begriffen werden. Als Ergebnis wird das komplexe Problem des zunehmenden Fachkräftemangels zunehmend verschärft und gleichzeitig ein Qualitätsverlust des Öffentlichen Diensts mindestens in Kauf genommen, wenn nicht bewusst herbeigeführt, was als moralisch verwerflich zu betrachten ist, da wir in Anbetracht der deutlich krisenhaften (Welt-)Lage offensichtlich einen handlungs- und leistungsfähigen Öffentlichen Dienst benötigen, um die demokratischen und sozialstaatlichen Errungenschaften unserer Gesellschaftsordnung weiterhin gewährleisten zu können. Politiker, die hinsichtlich der Besoldungsgesetzgebung so handeln, wie die politische Klasse weiterhin weitgehend geschlossen handelt, brechen damit gezielt den Wählerwillen, da davon auszugehen ist, dass die Wählerschaft weit überwiegend die genannten Errungenschaften fortgesetzt sehen will. Dieser gezielte Anschlag auf den Wählerwillen ist darüber hinaus moralisch verwerflich, weil er weitgehend aus der Schwäche hervorgeht, dem Wähler ehrlich zu sagen, dass ein handlungs- und leistungsfähiger Öffentlicher Dienst deutlich teurer sein wird als der jetzige, der in verschiedenen seiner Sektoren zunehmend in eine größere Schieflage und Krisenhaftigkeit hineingerät. Denn politisch starke und verantwortungsbewusste Politiker würden der Bevölkerung die Alternative eines teurereren, aber leistungsfähigeren Öffentlichen Diensts darlegen - und sie würden sich ebenso Gedanken über das machen, was clarion schreibt, nämlich dass hier nach Gutsherrnart mit grundrechtgleichen Inidivdualrechten gespielt wird, als seien die im Öffentlichen Dienst Beschäftigten eher einer Patrimonialgerichtsbarkeit unterworfen - auch das sollte verantwortungsvollen Politikern in einem demokratischen Rechtsstaat unwürdig sein und qualifiziert sie als solche. Zusammengfasst bleibt am Ende hinsichtlich unseres Themas und der damit verbundenen Konsequenzen ein Politikversagen, das Hand an die staatlichen Handlungsfähigkeit, den common sense und die Individualrechte seiner Bürger legt, die als Beschäftigte um Lebenschancen gebracht werden, die mit dem materiellen Gut der Besoldung einhergehen oder eben nicht einhergehen. Der Anschlag zielt entsprechend bewusst und gezielt auf den Art. 1 Abs. 1 GG, um Art. 1 Abs. 2 GG als bezogen auf unser Thema gegenstandslos zu betrachten, sich in willkürlicher Art und Weise über den Art. 1 Abs. 3 GG hinwegzusetzen und sich damit außerhalb des Grundgesetzes zu stellen, sich also in Traditionen der deutschen Geschichte zu stellen, die das Grundgesetz nicht kannte und die jenes ebenfalls nicht anerkannt hätten. Es ist der vermoderte Geruch des späten 19. und beginnenden 20. Jh.s, den die Besoldungsgesetzgebung atmet und damit die für sie politisch Verantwortlichen atmen. Darüber sollten sich insbesondere die Politiker im Klaren sein, die sich in der Tradtion einer historischen Sozialdemokratie, des Zentrums und eines politischen Liberalismus, der diesen Namen verdiente, stellen. Ihre Vormütter und Vorväter dürften kaum dafür gekämpft und nicht selten gelitten haben, damit ihr Erbe heute auf so billige Art und Weise verramscht wird. Wie will man sich für den Frieden und die Gerechtigkeit in der Welt einsetzen, wenn man es aus politischer Schwäche oder politischer Fehlgeleitetheit oder beidem noch nicht einmal schafft, sie innerhalb der Bundesrepublik hinsichtlich der eigenen Beschäftigten zu garantieren und sie garantieren zu wollen. Genau darin zeigt sich der modrige Odem eines solchen politischen Handelns und genau auch deshalb dürfte ein Ulrich Battis berechtigt die Verfassungskrise heraufziehen sehen. Denn eine politische Klasse, die sich grundlegend als nicht mehr an das Grundgesetz gebunden sieht, kann nur als Teil einer solchen Krise betrachtet werden, da sie sich rechtlich nicht mehr auf dem Boden der Verfassung wähnt und damit der staatlichen Willkür Tür und Tor öffnet.
Nun aber zu Deinen Fragen: Der Weg würde zunächst über das Widerspruchsverfahren und seine negative Bescheidung zum Verwaltungsgericht gehen, das einen Vorlagebeschluss fasst, sodass dann Karlsruhe entscheiden muss. Ich gehe davon aus, dass die zeitliche Dimension insbesondere von der Länge des Verwaltungsverfahrens abhängen wird, dass aber die Entscheidung über die in Karlsruhe anhängigen Verfahren nach dem Vollzug der angekündigten schneller erfolgen wird als bislang. Denn mit der anstehenden Entscheidung sollte die seit 2012 neu entwickelte Besoldungsdogmatik weitgehend abgeschlossen vorliegen, und zwar sowohl hinsichtliche der prozedrualen als auch hinsichtlich der materiellen Dimension der Besoldungsprüfung. Es besteht dann - außer der Überlastung, der auch Karlsruhe unterworfen ist - sachlich, wenn ich das richtig sehe, kein sachlicher Grund und inhaltlicher Anlass mehr, nicht schneller entscheiden zu können. Bislang war nach der letzten Entscheidung insbesondere der Anlass, zu betrachten, wie die Gesetzgeber mit der aktuellen Entscheidung umgegangen sind - und dieses Ergebnis ist mehr als eindeutig. Von daher gehe ich davon aus, dass auch das Bundesverfassungsgericht ein deutliches Interesse daran hat, die neue Dogmatik weitgehend abzuschließen und den Gesetzgebern verständlich zu machen, dass auch sie der Verfassung unerworfen und damit ebenso an die bundesverfasungsgerichtliche Rechtsprechung gebunden sind - soll heißen, meiner Meinung nach dürfte es wahrscheinlich sein, dass in nicht mehr allzu ferner Zukunft eine Vollstreckungsanordnung bspw. hinsichtlich der Berliner oder baden-württembergischen oder niedersächsischen Gesetzgebung erfolgt. Denn mindestens in diesen Fällen ließe sich die Vollstreckung, sofern ich es richtig sehe, sachlich begründen. Da sie die Ultima Ratio ist, dürfte das Bundesverfassungsgericht nach der anstehenden Entscheidung erneut betrachten - und zwar ab Herbst -, wie die Besoldungsgesetzgeber auf diese, die nächste und anstehende Entscheidung reagieren werden. Spätestens im Anschluss daran liegen dann weiterhin so viele Vorlagebeschlüsse in Karlsruhe vor, dass ich nicht unbedingt in der Haut mancher Besoldungsgesetzgeber und also insbesondere derer stecken möchte, die die Verantwortung für die Verabschiedung von wissentlich und willentlich verfassungswidrig konzipierten Gesetzen haben.
@ Bundi
Genauso ist es - und Dein Verzweifeln am BMI erfolgt leider zurecht, da hier ein wissentlicher und willentlicher Verfassungsbruch zu konstatieren ist, so wie das Ulrich Battis unlängst im sächsischen Gesetzgebungsverfahren konstatiert hat.
Die Folge der Rechtsprechung zur Parteienfinanzierung für die Besoldungsgesetzgebung wird sein, sofern sie grundsätzlich auf jene übertragen wird (wovon ich ausgehe; denn genau deshalb dürften die fünf bremischen Vorlagen vom Bundesverfassungsgericht ausgewählt worden sein), dass ein Verwaltungsgericht ggf. nicht mehr den langwierigen und komplexen Weg der materiellen Prüfung vollziehen muss, sondern die Begründungsgrundlagen des Gesetzes zurückweist. Das zwänge den Gesetzgeber zu einer sachgerechten Begründung und die lässt nicht statthafte Einschnitte in die Alimentation nicht zu. Da eine wiederholt evident sachwidrige Begründung ebenso in die wiederholte Verfassungswidrigkeit führt (und ein solches Handeln einer Untätigkeit gleichkäme), sollte es die "zweite Säule" des Alimentationsprinzips, also die sachgerechte Begründungspflicht, dem Gesetzgeber nur umso schwer machen, weiterhin wissentlich und willentlich verfassungswidrig zu handeln. Denn hinsichtlich der Bemessung der Mindes- und gewährten Nettoalimentation kann man ja immer neue eindeutig sachwidrige Ideen einbringen und mit der Argumentation zu begründen glauben, sie seien ja noch nicht vom Bundesverfassungsgericht geprüft worden, sodass man nicht wissen könne, ob man seine Beamte überhaupt noch irgendwie besolden müsse oder ob das nicht besser der Lebenspartner übernehmen solle oder ob eine Besoldung nicht an einem anderen Mittel als dem Euro zu messen sein könnte, also dass man nicht wissen könne, ob nicht auch eine genügende Anzahl gebrauchter Schuhe oder Fahrräder oder lebender oder zu Tode gebrachter Kannichen ausreichen sollte, um die sich eigentlich ja auch nur auf vierköpfige Beamtenfamilien erstreckende Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation erfüllen zu können.
All dieser Nonsens wird dann nach und nach nicht mehr möglich sein, da solche Begründungen als nicht sachgerecht betrachtet und als Folge verhindert werden, sodass der immer extremer Niveauverfall im Besoldungsrecht über kurz oder lang gestoppt werden wird und der Gesetzgeber gezwungen ist, zu einer der Ernsthaftigkeit des Gesetzgebungsverfahrens gebührenden Sachlichkeit zurückzukehren und also diesbezüglich nicht mehr so zu handeln, als käme man gerade von einem zeitlich längerem Aufenthalt im Bayernzelt auf irgendeiner Kirmes. Die Begründungspflicht wird sich auf Dauer dann nicht mehr sachwidrig darauf erstrecken können, zunächst sachlich korrekt die zu beachtende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu referieren, um im Anschluss alles andere ins Feld zu führen, nur keine sachgerechte Begründung auf Grundlage der zuvor referierten Rechtsprechung, wie das in den letzten Jahren praktisch durchgehend der Fall gewesen ist. So verstanden ist die prozedurale Verpflichtung zur sachgerechten Begründung ein richtig schweres Geschütz - nicht umsonst ist deren Umsetzung eine wiederkehrende Forderung aus der Rechtswissenschaft, die die bislang noch nicht hinreichend ausgeformte Begründungspflicht wiederholt kritisiert und sie entsprechend ins Feld geführt hat. Diese sachlich schlüssige Kritik hat das Bundesverfassungsgericht nun hinsichtlich der Parteienfinanzierung aufgenommen und es wäre verwunderlich, wenn es diese Rechtsprechung nun nicht dem Grundsatz nach auf die Besoldungsgesetzgebung übertragen würde, auf die nicht umsonst ab der Rn. 128 der Entscheidung 2 BvF 2/18 gezielt Bezug genommen wird.
Um es exemplarisch an dem festzumachen, was ich die Nacht umfassender dargelegt habe: Sofern der Gesetzgeber hinsichtlich der Bemessung der kalten Unterkunftskosten statt auf das 95 %-Perzentil auf eine andere Methodik zurückgreift, die zu deutlich geringeren kalten Unterkunftskosten führen, ist das verfassungswidrig, solange keine sachgerechte Begründung erfolgt, wieso die deutlich geringeren Kosten sachgerecht sein sollten. Wenn der Gesetzgeber dann in der Reparaturgesetzgebung oder in der weiteren Gesetzgebung erneut nicht das 95 %-Perzentil zugrundelgegte, sondern nun eine andere Methodik, die aber ebenfalls zu deutlich geringeren kalten Unterkunftskosten führte und die erneut nicht sachgerecht begründet wäre, sodass die Bemessung weiterhin nicht als realitätsgerecht betrachtet werden könnte, würde die Verfassungswidrigkeit aus dem sachlichen selben Grund festgestellt werden. Damit läge ein Widerholungsfall vor; das Handeln des Gesetzgeber käme nun - da derselbe Grund gegeben ist, der bereits als verfassungswidrig betrachtet worden ist - der Untätigkeit gleich. Das Handeln des Gesetzgebers könnte dann so betrachtet werden, als habe er die Frist zur Heilung des verfassungswidrigen Zustands verstreichen lassen - und das führte dann über kurz oder lang zwangsläufig in die Vollstreckungsanordnung.