Kann mal mir Technischen Beamten a.D. ein Verwaltungsmensch, der mit Geld zu tun hat (auf Bundesebene) was zu meinem Beitrag #9194, S. 347 erklären?
Da malt ja der Präs. des BRH, Herr Scheller, alles schwarz in schwarz. Verschuldung bei 2,1 Billionen, staatl. Handlungsfähigkeit in Gefahr usw.
Hallo Pendler, als (Verwaltungs)bundesbeamter versuche ich es. Vorweg, ich bin weder beim BRH noch im BMF beschäftigt, aber im Bereich Haushalt und Vergabe tätig. Aus meiner persönlichen Arbeitserfahrung kann ich berichten, dass ich seitens der Leitungsebenen bisher keine Ausgabensensibilität im Sinne des BRH erkenne.
Es ist nach wie vor so, dass stets im Haushaltsaufstellungsverfahren so viel Geld wie möglich für die eigene Behörde gefordert wird. Anschließend arbeitet man während der Haushaltsausführung daran, so viel Geld wie möglich aus dem Schornstein zu blasen ohne dabei offenkundig gegen Vergabe- oder Haushaltsrecht zu verstoßen. Das Geld IRGENDWIE alles auszugeben ist die Vorgabe der Behördenleitung. Wenn man es nicht geschafft hat alles auszugeben, weil der Betrieb auch seine Grenzen bei der Umsetzung neuer Anforderungen hat, fällt das immernoch negativ auf den Haushalt zurück. Mit Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hat das wenig zu tun. Der Kontrolldruck des BRH liegt nahe null. Selbst wenn Teile der Führung bestimmte Maßnahmen kritisch sehen, ist es offenbar zu unwichtig, Geldverschwendung zu stoppen.
Kurzer Abgleich mit dem Steueraufkommen der letzten zwei Jahre:
Die Steuereinnahmen stiegen erheblich, obwohl Steuererhöhungen bekanntlich mit einem gelben BMF ein absolutes Tabu sind.
https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2023/01/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-2-steuereinnahmen-2022.htmlDemnach müssen die Äußerungen des P BRH ausgabenseitig bedingt sein. Der mit Abstand größte Kostenfaktor im Bundeshaushalt sind die Sozialleistungen. Und das bei einem hohen Niveau an Vollbeschäftigung. Ich sehe es als prekär an, wie sehr der Staat kompensieren muss, dass Menschen nicht auskömmlich von ihrer Arbeit leben können. Auch die Zuschüsse zur Rentenversicherung sind gigantisch. Dazu haben wir eine Krise der Lebenshaltungskosten. Und viele geburtenstarke Jahrgänge gehen ja erst noch in Rente. Das wird Einnahmen senken und Ausgaben erhöhen.
So droht ein finanzieller Kollaps wenn es nicht gelingt, die Lebenshaltungskosten zu senken, z.B. durch ein massives Angebot an Wohnungen, die den Kommunen gehören. Maßahmen, die die Baukosten senken und die massive Förderung von Wohneigentum.
Die Lage ist also auch meines Erachtens ernst. Aber nur weil man schon lange Zeit immer mehr Geld in Schmerzmittel steckt als in eine Therapie.
Volkswirtschaftlich stehen hohen Schulden stets auch hohe Vermögen gegenüber. So funktioniert unser Geldsystem schlicht und ergreifend. Ich empfehle dazu nochmal die herausragende arte-Doku Oeconomia.
Daher kann ich apokalyptischen Wandgemälden wenig abgewinnen. Die einzige Frage ist, ob es gelingt, die nötigen Investitionen in Bildung, wirtschaftliche Transformation und Wohnraum zu tätigen so lange man noch handlungsfähig ist.
Im worst case findet eine dramatische Verlagerung dahingehend statt, dass Schulden und Vermögen nicht mehr landesintern ausgeglichen sind, sondern dass die Schulden in Deutschland aufgenommen werden und das Geld abfließt (Außenhandelsdefizit).
Erst dann gibt es einen tatsächlichen Wohlstandsverlust aus deutscher Perspektive, der mehr ist als ein Verteilungskampf zugunsten der oberen 10%, was derzeit der Fall ist.
Ich hoffe das war ein bisschen hilfreich. Eine fundierte Antwort auf deine Frage, könnte natürlich auch hunderte Seiten füllen und mir liegt wohl kaum die Datengrundlage des BRH vor.