Das ist hinsichtlich Baden-Württemberg für mich sachlich schwierig zu überblicken. Zunächst einmal ist das Land 2018 mit der Entscheidung 2 BvL 2/17 dazu aufgefordert worden, eine als verfassungswidrig entschiedene Regelung zu korrigieren. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Korrektur tatsächlich hinreichend erfolgt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 abschließend festgestellt, dass der Verfassungsverstoß hinsichtlich einer "aus speziellen haushalterischen Erwägungen heraus erlassene Sonderregelung festgestellt (vgl. BVerfGE 145, 1 <19 Rn. 45>)" werde (Rn. 40). Nun lässt sich in den nachfolgenden gesetzlichen Regelungen bis heute feststellen, dass erstens die speziellen haushalterischen Erwägungen nicht abgestellt worden sind und dass zweitens spätestens mit dem "Vier-Säulen-Modell" erneut eine Verletzung des Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen vollzogen worden ist (auf einen solchen Verstoß bezieht sich die Rn. 45 in der im Zitat am Ende genannten aktuellen Entscheidung vom 04. Mai 2020). Damit aber könnte eine nicht hinreichende Beachtung der mit Gesetzeskraft erlassenen Entscheidung gegeben sein; denn das Bundesverfassungsgericht hatte ja einen klaren Handlungsauftrag an den Gesetzgeber formuliert, eben dafür Sorge zu tragen, dass das Abstandsgebot gewahrt bleibe. Es stellte sich insofern die Frage, ob hier eine Untätigkeit vorliegt, die dann wiederum ggf. eine Vollstreckungsanordnung rechtfertigen könnte; denn darüber hinaus lässt sich eventuell feststellen, dass wegen des weiterhin bestehenden eklatanten Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot ebenfalls weiterhin eine Verletzung des Abstands zwischen den Besoldungsgruppen vorliege - aber wie gesagt, das ist ein sachlich komplexes Feld.
Von einem kann man allerdings ausgehen, denke ich: Das Bundesverfasungsgericht wird zukünftig insbesondere die Besoldungsgesetzgeber, denen es in den letzten Jahren konkrete Handlungsaufträge erteilt hat und die diese ggf. nicht hinreichend erfüllt haben, noch einmal stärker in den Blick nehmen als die anderen. Baden-Württemberg kann man ggf. zu diesen Fällen dazurechnen - spätestens, nachdem es nun mit dem sog. "Vier-Säulen-Modell" gezielt sämtliche Bodenhaftung aufgegeben und sich ebenfalls ganz bewusst in unendliche Weiten hineinkatapultiert hat -, ebenso Berlin, Sachsen und eventuell auch schon Niedersachsen. Und sofern sie nach der anstehenden Entscheidung so weitermachen wollten als wie zuvor dann auch Bremen und Schleswig-Holstein.
Von den drei Kandidaten, die nun zur Bestenauslese nach Karlsruhe beordert werden, gibt insbesondere Niedersachsen berechtigte Hoffnung, dort als Goldmedaillengewinner vom Platz gehen zu können, schließlich hat es sich dort bereits 2015 und 2018 gebührend aufgewärmt und im Anschluss regelmäßig gezeigt, dass es ein wahrer Meister von Dehn- und Streckübungen ist. Die Karlsruher Wettkampfrichter werden hier also vermutlich schon heute besondere gymnastische Haltungsnoten verteilen, die es dem Land ermöglichen, bei regelmäßig fortgeführtem Training schon bei der übernächsten Bestenauslese Deutscher Meister zu werden. Und mit der übernächsten Bestenauslese dürfte es dann bereits schon im nächsten Jahr rechnen dürfen, wenn es nach der zu erwartenden Goldmedaille weiterhin so fleißig trainierte wie bislang und also keine Veranlassung sehen wollte, das Trainingsprogramm grundlegend zu ändern. Also mal schauen, was und wie das Bundesverfassungsgericht seine angekündigten Entscheidungen begründet. Das derzeitige Bibbern in Hannover hat jedenfalls sachlich alle Berechtigung - und ob es ein Bibbern aus Vorfreude ist, da man doch seit Jahren so fleißig trainiert, darf ein wenig bezweifelt werden.
Nun gut, all das ist aber heute erst noch Zukunftsmusik und also davon abhängig, welche konkreten Direktiven das Bundesverfassungsgericht mit seinen anstehenden Entscheidungen ausspricht.