@ Rentenonkel
Du denkst nicht zu einfach - die Materie ist nur komplex und wird von uns allen hier zumeist auf das Mindestabstandsgebot verkürzt, womit wir der hohen Politik folgen, die nämlich in so ziemlich allen Rechtskreisen versucht, sich in der untersten Besoldungsgruppe an die Mindestalimentation heranzurechnen, ohne eben (darauf wollte ich die letzten Tage hinaus) zweierlei zu beachten:
1. Das bundesverfassungsgerichtliche Prüfprogramm ist prinzipiell ungeeignet dafür, aus ihm konkret zu gewährende Besoldungs- oder Alimentationshöhen abzuleiten, da es das ist, was es ist: Ein Prüfprogramm, das versucht, anhand von Indizien den verfassungskonformen Gehalt einer von einem Kläger bestrittenen Besoldung und Alimentation zu prüfen. Von daher hebt das Bundesverfassungsgericht seit 2015 regelmäßig hervor:
"Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (Rn. 30 der aktuellen Entscheidung)
Denn die den Gesetzgeber treffende Gestaltungsdirektive geht weit über die gerichtliche Prüfung hinaus, die ja die Besoldung und Alimentation "nur" auf evidente Sachwidrigkeit hin prüft, um also feststellen zu können, ob beide amtsangemessen oder unzureichend sind.
Da das Mindestabstandsgebot in allen 17 Rechtskreisen weiterhin verletzt und die Mindestalimentation neben ihrem indiziellen Gehalt ebenso eine materielle Dimension hat, nämlich den vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Gehalt einer Alimentation, in die folglich keine Einschnitte statthaft sind, wird es auch von uns hier zumeist in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt - und die Gesetzgeber verhalten sich ähnlich: nur dass sie damit ihrer gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive nicht sachgerecht nachkommen. Das wird das Bundesverfassungsgericht in der anstehenden Entscheidung in noch einmal deutlicherer Form hervorheben als bislang (zum Thema erscheint im Juniheft der Zeitschrift für Beamtenrecht ein Beitrag, der das entsprechend betrachtet, indem er die methodisch enge Verknüpfung der beiden Abstandgebote in den Blick nimmt).
2. Betrachtet man also die Prüfparameter der ersten Prüfungsstufe, wie Du das am Ende tust, und wägt man am Ende nach Betrachtung der beiden weiteren Prüfungsstufen das Ergebnis ab, lässt sich folglich entscheiden, ob eine Besoldung und Alimentation amtsangemessen ist - oder ob sie das nicht ist. Im letzteren Fall hat dann der Gesetzgeber verpflichtend im Rahmen seines weiten Entscheidungsspielraums Maßnahmen zu vollziehen, um zur Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation zurückzukehren. In deren Gestaltung ist er ob seines weiten Entscheidunfsspielraums ggf. verhältnismäßig frei - auch dazu wird sich das Bundesverfassungsgericht in der anstehenden Entscheidung womöglich noch einmal äußern (müssen), was in der Regel zur weiteren Einschränkung der gesetzgeberischen Gestaltungsmöglichkeiten führt.
Dabei gilt es (vom Gesetzgeber) zu beachten, dass auch die Besoldung und Alimentation im Bund in allen Besoldungsgruppen seit langer Zeit verfassungswidrig zu gering ist, da eben auch hier das Mindstabstandsgebot deutlich bis eklatant verletzt ist, was wie gesagt bereits für sich zur Verfassungswidrigkeit der Norm führt. Darüber hinaus dürften spätestens 2023 verschiedene der ersten drei, wenn nicht jene alle drei Parameter der ersten Prüfungsstufe - spätestens nach einer sog. Staffelprüfung bzw. genauso nach einer in der Gesamtbetrachtung zu vollziehenden "Spitzberechnung" - zeigen, dass die Besoldung weiterhin von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt ist. Sofern nun für 2024 eine zufällige Besoldungserhöhung vollzogen werden sollte, die darüber hinaus für einzelne oder alle Besoldungsgruppen deutlich unterhalb der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst bliebe (erster Parameter der ersten Prüfungsstufe), würde das das gerade genannte Ergebnis für 2023 2024 nur noch verstärken. Denn ebenso zeigt ja der dritte Parameter allein schon wegen der seit 2020 vollzogenen Entwicklungen deutlich in eine Richtung, ohne dass ich hier jetzt aus Zeitründen den gesamten 15-jährigen Zeitraum betrachte:
Besoldungsindex Verpraucherpreisindex
2019 100 100
2020 101,1 100,5
2021 102,3 103,6
2022 104,1 110,7
Je nachdem, wie die offensichtlich geplante Inflationsausgleichsprämie sich begründen lässt, wird sich bei einer Prognose von um rund sechs % anziehenden Verbraucherpreisen 2023 die Differenz zwischen den beiden Werten ggf. noch einmal vergrößern - insbesondere in den höheren Besoldungsgruppen. Wenn darüber hinaus für 2024 eine "systemgerechte" Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtenbesoldung erfolgen sollte, die deutlich hinter dem Tarifergebnis zurückbliebe, dann würde sich nur noch mehr die Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland zeigen.
Da die hier jetzt nur angerissenen (und noch einige weitere) Daten auch vom Gesetzgeber sachgerecht zu beachten sind, wird sich nun zeigen müssen, wohin das BMI mit seinen nächsten Gesetzentwürfen steuern möchte - und ganz egal, wohin es steuern möchte, nachdem, was verlautbart wird und der letzte bekannte Gesetzentwurf offenbart, steuert es zeit- und wirkungsgleich den direkten Weg nach Karlsruhe an.