Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2078431 times)

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5745 am: 26.04.2023 18:56 »
Ich denke es ist müßig sich auf die 5 Prüfparameter zu konzentrieren, da letztendlich doch das Mindestabstandsgebot ausschlaggebend sein wird.

SeppelMeier

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5746 am: 26.04.2023 22:07 »
Rentenonkel, mach dir nix draus. Wenn man die Beiträge hier liest ist hier offensichtlich nicht ein Volljurist am Start, alles nur Hobbyinterpreten. Ist halt ein Forum zum Zeitvertreib. Und bringt manchmal auch Spaß. Letztendlich zeichnet sich ja ab, dass alles gut wird.

RehaMicha

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5747 am: 26.04.2023 22:26 »
Darf ich zu dem Referentenentwurf eine Frage stellen?

Ich bin A11, verheiratet mit einem Kind und wohne in einem Ort der Stufe 3.

Wenn ich den Entwurf richtig verstanden habe, bekomme ich:

Keine AEZ und der Familienzuschlag minus Abschmelzbetrag ist im unteren zweistelligen Bereich.

Habe ich etwas übersehen/missverstanden oder wirkt sich dieser Entwurf kaum auf meine Bezüge aus?

Der größte Vorteil scheint die Erhöhung der Beihilfe und die damit verbundene Reduzierung des KV-Beitrages zu sein.

SeppelMeier

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5748 am: 26.04.2023 22:41 »
Ja, bei Stufe 3 reicht deine 4K Besoldung noch aus ohne AEZ. Beim 2. Kind gibts dann Geld.

Beihilfe bekommst du aber 70% und dein Kind 90%.

Abschmelzbetrag greift nicht, da kein AEZ. Familienzuschlag wird nicht abgeschmolzen… Also dürfte dein Vorteil auch bei gut 100 EUR liegen.


Amtsschimmel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5749 am: 26.04.2023 22:44 »
Sieht bei mir ähnlich aus.
Ich denke, das muss man zur Kenntnis nehmen, Widerspruch gegen die Besoldung einlegen und abwarten, bis irgendwann die Endabrechnung kommt.

RehaMicha

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5750 am: 26.04.2023 22:50 »
Mein Kind ist gesetzlich versichert.

Sprich ich spare mir ein paar Euro bei meiner privaten Krankenkasse.

Dies entspricht dann wieder der Situation, die ich 2004 erlebt habe.

Im alten AT-Vertrag bekam der Registrator mit 2 Kindern netto auch wesentlich mehr als ich nach erfolgreichem Studium.

Wie dieses Konstrukt zum Abstandsgebot passen und amtsangemessenen sein soll, erschließt sich mir nicht. Aber muss es auch nicht.

Auf jeden Fall danke für die Antworten.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5751 am: 27.04.2023 06:24 »
Rentenonkel, mach dir nix draus. Wenn man die Beiträge hier liest ist hier offensichtlich nicht ein Volljurist am Start, alles nur Hobbyinterpreten.
Achja und ein Volljurist hat voll der Durchblick?
Nimms, mir nicht übel, ich finde das Rechtsgebiet stellenweise schon interessant, aber das Volljuristen "alles richtig deuten" ist ja schon mehr als lächerlich.

Denn dann erklär mir mal wie sowas zustande kommt.

Zitat:"In einem Zeitraum von vier Jahren kommt ein Beamter an 816 Tagen zu spät zum Dienst. Insgesamt summiert sich seine Verspätung auf 1.614 Stunden.
...
Auf die 2018 erhobene Disziplinarklage entfernte Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf den Beamten aus dem Beamtenverhältnis, nachdem er an insgesamt 816 Tagen bewusst zu spät zur Arbeit erschienen ist.
...
Das OVG befand, dass der Beamte ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen habe.
Deshalb sei der Beamte zu Recht aus dem Dienst verwiesen worden.
...
Nach Revision des Beklagten hat das BVerwG die Urteile in den Vorinstanzen aufgehoben und den Beamten in das Amt eines Regierungsrats (Besoldungsgruppe A 13 BBesO) zurückgestuft."
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-2cc20-21-beamter-morgendliche-fehlstunden-disziplinarmassnahme-entfernung-beamtenverhaeltnis/

Ahja ....
Also mehrere Volljuristen die als Richter am VG und OVG eingesetzt haben entfernen den Beamten aus dem Dienst und dann kommen andere Volljuristen und setzen ihn wieder ein?
So....
Das hier Ober den Unter sticht ist klar.
Aber dann muss man wohl leider sagen die Volljuristen davor hatten keine Ahnung, oder?

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5752 am: 27.04.2023 07:38 »
Ich denke es ist müßig sich auf die 5 Prüfparameter zu konzentrieren, da letztendlich doch das Mindestabstandsgebot ausschlaggebend sein wird.

Das Problem des Mindestabstandsgebotes soll ja durch ein unabhängig von der tariflichen Erhöhung geplanten Gesetzes gelöst werden. Der Referentenentwurf ist hier ja schon durchgesickert und wird seit einigen Seiten diskutiert. Ob das Problem dadurch gelöst werden kann, darf nach dem aktuellen Stand schon sehr bezweifelt werden. Ob und welche Änderungen noch gemacht werden, steht ebenfalls in den Sternen.

Mir ging es nur darum, dass Swen keine Möglichkeit gesehen hat, den Tarifabschluss verfassungskonform 1:1 auf die Beamten übertragen zu können, und ich das (ausnahmsweise) etwas anders sehe und habe meine Sichtweise so gut es mir möglich war dargelegt.

DeGr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5753 am: 27.04.2023 08:16 »
Darf ich zu dem Referentenentwurf eine Frage stellen?

Ich bin A11, verheiratet mit einem Kind und wohne in einem Ort der Stufe 3.

Wenn ich den Entwurf richtig verstanden habe, bekomme ich:

Keine AEZ und der Familienzuschlag minus Abschmelzbetrag ist im unteren zweistelligen Bereich.

Habe ich etwas übersehen/missverstanden oder wirkt sich dieser Entwurf kaum auf meine Bezüge aus?

Der größte Vorteil scheint die Erhöhung der Beihilfe und die damit verbundene Reduzierung des KV-Beitrages zu sein.

Wenn du  mit einem Kind verheiratet bist, bekommst du keinerlei familienbezogene Zuschläge, sondern maximal ein Strafverfahren  ;)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5754 am: 27.04.2023 08:17 »
@ Rentenonkel

Du denkst nicht zu einfach - die Materie ist nur komplex und wird von uns allen hier zumeist auf das Mindestabstandsgebot verkürzt, womit wir der hohen Politik folgen, die nämlich in so ziemlich allen Rechtskreisen versucht, sich in der untersten Besoldungsgruppe an die Mindestalimentation heranzurechnen, ohne eben (darauf wollte ich die letzten Tage hinaus) zweierlei zu beachten:

1. Das bundesverfassungsgerichtliche Prüfprogramm ist prinzipiell ungeeignet dafür, aus ihm konkret zu gewährende Besoldungs- oder Alimentationshöhen abzuleiten, da es das ist, was es ist: Ein Prüfprogramm, das versucht, anhand von Indizien den verfassungskonformen Gehalt einer von einem Kläger bestrittenen Besoldung und Alimentation zu prüfen. Von daher hebt das Bundesverfassungsgericht seit 2015 regelmäßig hervor:

"Die Parameter sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen." (Rn. 30 der aktuellen Entscheidung)

Denn die den Gesetzgeber treffende Gestaltungsdirektive geht weit über die gerichtliche Prüfung hinaus, die ja die Besoldung und Alimentation "nur" auf evidente Sachwidrigkeit hin prüft, um also feststellen zu können, ob beide amtsangemessen oder unzureichend sind.

Da das Mindestabstandsgebot in allen 17 Rechtskreisen weiterhin verletzt und die Mindestalimentation neben ihrem indiziellen Gehalt ebenso eine materielle Dimension hat, nämlich den vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Gehalt einer Alimentation, in die folglich keine Einschnitte statthaft sind, wird es auch von uns hier zumeist in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt - und die Gesetzgeber verhalten sich ähnlich: nur dass sie damit ihrer gesetzgeberischen Gestaltungsdirektive nicht sachgerecht nachkommen. Das wird das Bundesverfassungsgericht in der anstehenden Entscheidung in noch einmal deutlicherer Form hervorheben als bislang (zum Thema erscheint im Juniheft der Zeitschrift für Beamtenrecht ein Beitrag, der das entsprechend betrachtet, indem er die methodisch enge Verknüpfung der beiden Abstandgebote in den Blick nimmt).

2. Betrachtet man also die Prüfparameter der ersten Prüfungsstufe, wie Du das am Ende tust, und wägt man am Ende nach Betrachtung der beiden weiteren Prüfungsstufen das Ergebnis ab, lässt sich folglich entscheiden, ob eine Besoldung und Alimentation amtsangemessen ist - oder ob sie das nicht ist. Im letzteren Fall hat dann der Gesetzgeber verpflichtend im Rahmen seines weiten Entscheidungsspielraums Maßnahmen zu vollziehen, um zur Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation zurückzukehren. In deren Gestaltung ist er ob seines weiten Entscheidunfsspielraums ggf. verhältnismäßig frei - auch dazu wird sich das Bundesverfassungsgericht in der anstehenden Entscheidung womöglich noch einmal äußern (müssen), was in der Regel zur weiteren Einschränkung der gesetzgeberischen Gestaltungsmöglichkeiten führt.

Dabei gilt es (vom Gesetzgeber) zu beachten, dass auch die Besoldung und Alimentation im Bund in allen Besoldungsgruppen seit langer Zeit verfassungswidrig zu gering ist, da eben auch hier das Mindstabstandsgebot deutlich bis eklatant verletzt ist, was wie gesagt bereits für sich zur Verfassungswidrigkeit der Norm führt. Darüber hinaus dürften spätestens 2023 verschiedene der ersten drei, wenn nicht jene alle drei Parameter der ersten Prüfungsstufe - spätestens nach einer sog. Staffelprüfung bzw. genauso nach einer in der Gesamtbetrachtung zu vollziehenden "Spitzberechnung" - zeigen, dass die Besoldung weiterhin von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt ist. Sofern nun für 2024 eine zufällige Besoldungserhöhung vollzogen werden sollte, die darüber hinaus für einzelne oder alle Besoldungsgruppen deutlich unterhalb der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst bliebe (erster Parameter der ersten Prüfungsstufe), würde das das gerade genannte Ergebnis für 2023 2024 nur noch verstärken. Denn ebenso zeigt ja der dritte Parameter allein schon wegen der seit 2020 vollzogenen Entwicklungen deutlich in eine Richtung, ohne dass ich hier jetzt aus Zeitründen den gesamten 15-jährigen Zeitraum betrachte:

            Besoldungsindex         Verpraucherpreisindex
2019            100                             100
2020            101,1                          100,5
2021            102,3                          103,6
2022            104,1                          110,7

Je nachdem, wie die offensichtlich geplante Inflationsausgleichsprämie sich begründen lässt, wird sich bei einer Prognose von um rund sechs % anziehenden Verbraucherpreisen 2023 die Differenz zwischen den beiden Werten ggf. noch einmal vergrößern - insbesondere in den höheren Besoldungsgruppen. Wenn darüber hinaus für 2024 eine "systemgerechte" Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtenbesoldung erfolgen sollte, die deutlich hinter dem Tarifergebnis zurückbliebe, dann würde sich nur noch mehr die Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland zeigen.

Da die hier jetzt nur angerissenen (und noch einige weitere) Daten auch vom Gesetzgeber sachgerecht zu beachten sind, wird sich nun zeigen müssen, wohin das BMI mit seinen nächsten Gesetzentwürfen steuern möchte - und ganz egal, wohin es steuern möchte, nachdem, was verlautbart wird und der letzte bekannte Gesetzentwurf offenbart, steuert es zeit- und wirkungsgleich den direkten Weg nach Karlsruhe an.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5755 am: 27.04.2023 08:25 »
... und das unter vollen Segeln.  ;D Offenbar scheint man ohnehin erst die kommenden Urteile des BVerfG aussitzen zu wollen. Danach kann man sich dann ja weitere Jahre zum Auswürfeln eines neuen Gesetzestextes nehmen.

Danke wie immer für deine Worte Swen.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5756 am: 27.04.2023 08:43 »
Denn ebenso zeigt ja der dritte Parameter allein schon wegen der seit 2020 vollzogenen Entwicklungen deutlich in eine Richtung, ohne dass ich hier jetzt aus Zeitründen den gesamten 15-jährigen Zeitraum betrachte:

            Besoldungsindex         Verpraucherpreisindex
2019            100                             100
2020            101,1                          100,5
2021            102,3                          103,6
2022            104,1                          110,7

Je nachdem, wie die offensichtlich geplante Inflationsausgleichsprämie sich begründen lässt, wird sich bei einer Prognose von um rund sechs % anziehenden Verbraucherpreisen 2023 die Differenz zwischen den beiden Werten ggf. noch einmal vergrößern - insbesondere in den höheren Besoldungsgruppen.
Hier gehst du aber laut dem Urteil zu kurz.
"Du" musst laut dem Urteil die letzten 15 Jahre für der Klage prüfen wie sich die Gehälter und die Inflation entwickelt hat und wenn nach den 15 Jahren die Inflation um 5% oder mehr gestiegen ist als die Löhne, dann kann das auf eine Unteralimentation hindeuten.
Die 15 Jahre sind aber zwingend um Ausreißer auszugleichen.

Zitat von der Seite.
2022:     +1,8% 6,9%
2021:   +1,2% 3,1%
2020:    +1,06% 2,0%
2019:    +3,09% 1,4%
2018:    +2,99% 1,8%
2017:    +2,35% 1,5%
2016:    +2,2% 0,5%
2015:    +2,2% 0,5%
2014:    +2,8% 1,0%
2013b:    +1,2% 1,5%
2013a:    +1,2%
2012b:    +3,3% 1,9%

Somit sind die Löhne seit 2012 (ältere Werte habe ich auf die schnelle nicht gefunden) um 23,59% gestiegen, die Inflation dagegen "nur" um 22,1%.
Durch die 5% die das BVerfG hier zugesteht können wir selbst eine Nullrunde haben und die Inflation um 6,5% steigen und es wäre gerade noch so verfassungskonform. (Wohl gemerkt, wenn die 5 Jahre davor die Löhne nicht schneller gestiegen sind, als die Inflation, sonst sieht es noch "düsterer" aus.

Edit: Mittlerweile habe ich das Urteil zur Hälfte durchgelesen.
Ich kann ehrlich gesagt gar nicht verstehen was der Richterbund so an dem Referentenentwurf "auszusetzen" hat.
Für mich sieht das eher so aus, als ob die fast das komplette Urteil in den Referentenentwurf eingearbeitet haben.

Auch hier mal.
RN61: Zitat:" Eine an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufung ist mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, sofern sie sich vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lässt (vgl. BVerfGE 107, 218 <238, 243 ff.>; 117, 330 <350 f.>). Mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, stünde ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit. "

Genau das ist ja was viele hier monieren, aber genau dies haben unsere Verfassungsrichter vorgeschlagen.
« Last Edit: 27.04.2023 08:57 von Alexander79 »

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5757 am: 27.04.2023 09:19 »
Denn ebenso zeigt ja der dritte Parameter allein schon wegen der seit 2020 vollzogenen Entwicklungen deutlich in eine Richtung, ohne dass ich hier jetzt aus Zeitründen den gesamten 15-jährigen Zeitraum betrachte:

            Besoldungsindex         Verpraucherpreisindex
2019            100                             100
2020            101,1                          100,5
2021            102,3                          103,6
2022            104,1                          110,7

Je nachdem, wie die offensichtlich geplante Inflationsausgleichsprämie sich begründen lässt, wird sich bei einer Prognose von um rund sechs % anziehenden Verbraucherpreisen 2023 die Differenz zwischen den beiden Werten ggf. noch einmal vergrößern - insbesondere in den höheren Besoldungsgruppen.
Hier gehst du aber laut dem Urteil zu kurz.
"Du" musst laut dem Urteil die letzten 15 Jahre für der Klage prüfen wie sich die Gehälter und die Inflation entwickelt hat und wenn nach den 15 Jahren die Inflation um 5% oder mehr gestiegen ist als die Löhne, dann kann das auf eine Unteralimentation hindeuten.
Die 15 Jahre sind aber zwingend um Ausreißer auszugleichen.

Zitat von der Seite.
2022:     +1,8% 6,9%
2021:   +1,2% 3,1%
2020:    +1,06% 2,0%
2019:    +3,09% 1,4%
2018:    +2,99% 1,8%
2017:    +2,35% 1,5%
2016:    +2,2% 0,5%
2015:    +2,2% 0,5%
2014:    +2,8% 1,0%
2013b:    +1,2% 1,5%
2013a:    +1,2%
2012b:    +3,3% 1,9%

Somit sind die Löhne seit 2012 (ältere Werte habe ich auf die schnelle nicht gefunden) um 23,59% gestiegen, die Inflation dagegen "nur" um 22,1%.
Durch die 5% die das BVerfG hier zugesteht können wir selbst eine Nullrunde haben und die Inflation um 6,5% steigen und es wäre gerade noch so verfassungskonform. (Wohl gemerkt, wenn die 5 Jahre davor die Löhne nicht schneller gestiegen sind, als die Inflation, sonst sieht es noch "düsterer" aus.

Edit: Mittlerweile habe ich das Urteil zur Hälfte durchgelesen.
Ich kann ehrlich gesagt gar nicht verstehen was der Richterbund so an dem Referentenentwurf "auszusetzen" hat.
Für mich sieht das eher so aus, als ob die fast das komplette Urteil in den Referentenentwurf eingearbeitet haben.

Auch hier mal.
RN61: Zitat:" Eine an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufung ist mit dem Alimentationsprinzip vereinbar, sofern sie sich vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen lässt (vgl. BVerfGE 107, 218 <238, 243 ff.>; 117, 330 <350 f.>). Mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, stünde ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit. "

Genau das ist ja was viele hier monieren, aber genau dies haben unsere Verfassungsrichter vorgeschlagen.

Ich empfehle ein genaueres Lesen des Urteils und verweise auf Seite 266 #3980 dieses Threads, in dem der geschätzte Swen Tanortsch genauestens erklärt, wieso die Vorgehensweise im Referentenentwurf nicht verfassungsmäßig ist.

Ozymandias

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« Antwort #5758 am: 27.04.2023 10:04 »
Rentenonkel, mach dir nix draus. Wenn man die Beiträge hier liest ist hier offensichtlich nicht ein Volljurist am Start, alles nur Hobbyinterpreten. Ist halt ein Forum zum Zeitvertreib. Und bringt manchmal auch Spaß. Letztendlich zeichnet sich ja ab, dass alles gut wird.

Was Volljuristen (Richter als Kläger) ohne das Forum veranstalten ist auch nicht besser:
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Koblenz&Datum=22.11.2022&Aktenzeichen=5%20K%20645/22

Hier auch Richter als Kläger:
https://openjur.de/u/2455293.html


PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #5759 am: 27.04.2023 10:21 »
Hallo Community,

es gibt Momente bei der Thematik da bin ich der Meinung, dass ich die Komplexität halbwegs durchdrungen habe um dann einen Moment später wieder nur Bahnhof zu verstehen. Im dem Zusammenhang wollte ich mir die Prüfsystematik des BVerfG gemäß 2 BvL 4/18 herleiten. Ich dazu folgendes Schema erstellt:

Prüfstufe 1

Prüfparameter 1: Vergleich Besoldung und Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst
Prüfparameter 2: Vergleich mit Nominallohnindex
Prüfparameter 3: Vergleich mit Verbraucherpreisindex
Prüfparameter 4: Systeminterner Besoldungsvergleich
Prüfparameter 5: Vergleich mit Besoldung der anderen Besoldungsgesetzgeber (Bund/Länder)

Sind 3 von 5 Prüfparametern verletzt ist das betreffende BBesG evident sachwidrig und damit liegt eine Verfassungswidrigkeit vor!

Prüfstufe 2

Auf der zweiten Prüfungsstufe sind die Ergebnisse der ersten Prüfungsstufe mit den weiteren alimentationsrelevanten Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung zusammenzuführen.
Sind ein oder zwei Prüfparameter der 1. Prüfstufe verletzt, müssen die Ergebnisse der ersten Prüfstufe, insbesondere das Maß der Über- bzw. Unterschreitung der Prüfparameter, zusammen mit den auf der zweiten Prüfstufe ausgewerteten alimentationsrelevanten Kriterien im Rahmen der Gesamtabwägung eingehend gewürdigt werden.

Was sind die weiteren alimentationsrelevanten Kriterien? Im welcher Form hat die Gesamtabwägung zu erfolgen?

Prüfstufe 3

Ergibt die Gesamtabwägung der 1. Und 2. Prüfstufe, dass die zur Überprüfung gestellte Besoldung grundsätzlich als verfassungswidrige Unteralimentation einzustufen ist, bedarf es auf der dritten Stufe der Prüfung, ob dies im Ausnahmefall verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann.
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Ich hoffe ihr könnte mir behilflich sein bei der Vervollständigung des Schemas? Insbesondere Prüfestufe 2 scheint mir hier ausbaufähig. Sachdienliche Korrekturen sind natürlich auch erwünscht? Die Nomenklatur sollte dabei zum Verständnis einfach und einheitlich bleiben. Das fertige Schema soll dann in den Sammelthread eingestellt werden.