... Auch hinsichtlich der Besoldungsgesetzgeber (nicht nur in Bayern) gilt: Hopfen und Malz, Gott erhalt's ... Gegebenenfalls gibt's Schüler, bei denen jenes verloren erscheint (aber auch dann trüge nach meiner Erfahrung der Schein; denn auch hier ist's nur eine Frage der Zeit, die dieser allerdings ggf. nicht hat) - aber keine Gesetzgeber: Am Ende findet jeder von ihm zum deutschen Reinheitsgebot des heutigen Feiertags im Jahre 1949 zurück. Denn ansonsten würden wir uns in einem anderen Rechtsraum befinden.
Und nun also wieder vollständig ernsthaft und ohne Metaphorik: Zunächst einmal wird das überbordene Interesse der Dienstherrn, gezielt verfassungswidrig hohe Kosten an ihren verbeamteten Beschäftigten einzusparen (und damit für sich zugleich zu gewährleisten, dass auch die Tariflöhne nicht mittelbar deutlich ansteigen werden), nicht mit der nächsten bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung enden, sondern es ist (seit jeher) ein Dauerthema nicht zuletzt der Verfassungsgerichtsbarkeit. Jedoch hat sich die Sachlage gegenüber der Zeit vor dem 04.05.2020 grundlegend geändert, die wiederum offensichtlich mit einer sich wandelnden Interessenlage verbunden ist.
Bis zum 04.05.2020 konnten die Besoldungsgesetzgeber wiederkehrend den Anschein einer verfassungskonformen Alimentation aufrechterhalten - das ist seitdem nicht mehr der Fall, da die neuen Direktiven insbesondere (aber nicht ausschließlich) zur Bemessung der Mindestalimentation sowie die Betrachtung des Mindestabstandsgebots als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums jede seit spätestens 2008 bis heute vollzogene Besoldungsgesetzgebung als verfassungswidrig entpuppt. Damit wird aus einem ggf. nur mittelbar willentlichen Verfassungsbruch bis 2020 seitdem ein unmittelbar wissentlicher und willentlicher Verfassungsbruch. Als Folge dürfte sich die Interessenslage des Bundesverfassungsgerichts wandeln; davon gehe ich jedenfalls aus und dafür spricht bereits die in meinem letzten Beitrag genannte Entscheidung aus dem Januar des Jahres.
Die grundlegende Motivation für seine besoldungsrechtlichen Entscheidungen macht das Bundesverfassungsgericht regelmäßig seit spätestens 2012 deutlich: Es sieht einen Qualitätsverfall in der Öffentlichen Verwaltung sich vollziehen, den es verfassungsrechtlich als nicht begründbar betrachtet. Da dieser Prozess seit dem 2012 eingeleiteten Rechtsprechungswandel ungebrochen weiter voranschreitet, hat sich hier die Interessenslage des Bundesverfassungsgerichts nicht gewandelt: Es gemahnt den Gesetzgeber, den verfassungsrechtlichen Konsequenzen aus dem Leistungsprinzip nach Art. 33 Abs. 2 GG Genüge zu tun - und verschärft seitdem seine Besoldungsdogmatik zusehends, da die Gesetzgeber den Qualitätsverfall nicht stoppen.
Mit dem Handeln der Dienstherrn seit 2020 hat sich die eigene Interessenlage, wie sie sich aus dem verfassungsrechtlichen Auftrag des Bundesverfassungsgerichts ergibt, jedoch noch einmal substanziell erweitert: Denn mit dem Wandel von einem ggf. nur mittelbar gegebenen willentlichen Verfassungsbruch hin zum wissentlichen und willentlichen Verfassungsbruch geht es nun auch direkt um die Frage der Autorität des Bundesverfassungsgerichts in der Verfassungswirklichkeit der Bundesrpublik Deutschland - und zwar unter der globalen Bedingung der Verfassungsrechtsprechung unter Druck: Das Bundesverfassungsgericht kann es mit der nächsten Entscheidung nicht zulassen, dass seinen mit Gesetzeskraft vollzogenen Entscheidungen nicht vonseiten der unmittelbar betroffenen Gesetzgeber Folge geleistet wird und dass die mittelbar von der Entscheidung betroffenen Gesetzgeber sich nicht an die sie treffenden Begründungen gebunden sehen.
Damit treten wir aber verfassungsrechtlich in eine neue Phase der Rechtsprechung ein: Bis 2020 konnten die unmittelbar von einer Entscheidung mit Gesetzeskraft betroffenen Gesetzgeber durch eine nachträgliche Novellierung des Besoldungsrechts ggf. noch (scheinbar) statthaft begründen, dass sie ein Handeln an den Tag gelegt haben, dass nicht einer Untätigkeit gleichkäme. Diese Phase ist nun allerdings seit 2020 vorbei: Der Berliner Gesetzgeber ist mit der Entscheidung 2 BvL 4/18 unmissverständlich mit Gesetzeskraft dazu verprlichtet worden, die Grundgehaltssätze der R-Besoldung sachlich hinreichend soweit anzuheben, dass die Alimentation danach nicht mehr evident ungenügend ist. Dieser mit Gesetzeskraft vollzogenen Entscheidung ist das Abgeordnetenhaus offensichtlich nicht nachgekommen - und damit kann das Handeln mit hoher Wahrscheinlichkeit als eine Art der Untätigkeit betrachtet werden.
Sofern nun die Gesetzgeber in Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein nach der anstehenden Entscheidung gleichfalls so vorgehen sollten wie vormals das Berliner Abgeordnetenhaus, dürfte man davon ausgehen können, dass hier ebenfalls ein Handeln zu verzeichnen wäre, das einer Unätigkeit gleichkäme. Da darüber hinaus ab dem Herbst dieses Jahres weitere Novellierungen des Besoldungsrechts zu vollziehen sein werden, wäre spätestens ab jenem Zeitpunkt von einem Handeln auszugehen, das wiederholt einer Untätigkeit gleichkäme. Damit aber träte dann verfassungsrechtlich die eben genannte neue Sachlage auch in diesen drei Rechtskreisen ein: Ein Handeln, das wiederholt mit Gesetzeskraft vollzogene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht umsetzt, kann als Untätigkeit betrachtet werden. Dabei bleibt zwar zu bedenken, dass sich die mit Gesetzeskraft vollzogene bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung ausschließlich auf die Vergangenheit bezieht - jedoch wird aber bislang nur hinsichtlich Berlins die Kontinuität der evident ungenügenden Höhe der R-Besoldung über das Jahr 2016 hinaus bis heute verlängert. Hier zeigt sich nun die Folge aus dem Mindestabstandsgebot: Der Gesetzgeber hat dieses Gebot in jedem seiner Gesetzgebungsverfahren zu prüfen - und mit jedem weiteren Verstoß gegen das mit Gesetzeskraft erlassene Mindestabstandsgebot verlängert das Abgeordnetenhaus folglich den Verfassungsverstoß, sodass mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem wiederholten Handeln ausgegangen werden kann, das nun einer Untätigkeit gleichkommend zu betrachten sein dürfte.
In diesem Sinne dürfte es zu verstehen sein, dass das Bundesverfassungsgericht in der angekündigten Entscheidung 2 BvL 13/18 hinsichtlich Schleswig-Holstein nur die Besoldungsgruppe A 7 (nicht aber die weiterhin noch zu betrachtenden höheren Besoldungsgruppen) betrachtet und hinsichtlich der Entscheidung 2 BvL 5/19 in Niedersachsen die Jahre 2005 bis 2012 sowie 2014 bis 2016 betrachtet, jedoch das Jahr 2013 weiterhin im anstehenden Verfahren ausklammert. In beiden Fällen hält es sich so offensichtlich "eine Art verfassungsrechtliches Faustpfand" zurück, sodass es in dem Fall, dass die beiden Gesetzgeber die mit Gesetzeskraft vollzogenen Entscheidungen nicht bis zu dem ihnen gesetzten Datum umsetzten bzw. nur so umsetzten, dass ihr Handeln einer Untätigkeit gleichkäme, die noch nicht entschiedenen Vorlagebeschlüssen ggf. mit einer Vollstreckungsanordnung verbinden könnten, sofern auch diese betreffende Entscheidung nicht hinreichend beachtet werden würde.
In Anbetracht der o.g. genannten Interessenslage, nicht nur im Sinne unserer Verfassung die hinreichende Qualität der Öffentlichen Verwaltung gewährleistet zu sehen, sondern ebenso, dass der Gesetzgeber sich seiner Bindung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend erinnert, gehe ich davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht entsprechend von ihm als notwendig betrachtete weitere Direktiven erlassen wird - und zwar unter Beachtung des grundlegenden verfassungsrechtlichen Grundsatzes, an den die rechtsprechende Gewalt in der Bundesrepublik gebunden ist: "Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspricht vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung" durch die rechtsprechende Gewalt (Rn. 27 der aktuellen Entscheidung; ständige Rechtsprechung).
Die Zurückhaltung gebietet, dass nicht umgehend zur ultima ratio gegriffen wird - diese dürfte aber im mehrfach wiederholten Fall geboten sein, sofern also kein Handeln geschehen würde, um die mit Gesetzeskraft vollzogene Entscheidung hinreichend zu beachten, oder dass ein entsprechendes Handeln am Ende nur so zu werten wäre, dass es einer Untätigkeit gleichkäme.
So stellt sich mir die Sachlage dar - und genau (auch) deshalb bin ich gespannt auf jedes Wort der Begründung: Die zu erwartende Metaphorik weg von der "Kanalisierung" hin zur "Einhegung des Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers" dürfte (Rn. 128 der Entscheidung zur Obergrenze der Parteienfinanzierung), denke ich, ebenso auf das Besoldungsrecht übertragen werden so wie bspw. auch die Stärkung der Beteiligungsrechte der Gewerkschaften und Verbände - es wäre erstaunlich, wenn das nicht geschähe. Und darüber hinaus dürften weitere Direktiven erwartbar sein, in die das Bundesverfassungsgericht erfahrungsgemäß seine Beobachtungen auch aus den letzten rund drei Jahren mit einfließen lassen dürfte. Entsprechend darf erwartet werden, dass man sich in den letzten drei Jahren in allen Rechtskreisen keinen Gefallen getan haben dürfte, sein vormaliges Handeln im Grundsatz - nämlich mit dem nun wissentlich und willentlich vollzogenen Ziel der Verfassungswidrigkeit - ungebrochen fortzusetzen.