@ xap
Das Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz verstößt in einer so extremen Form gegen das Leistungs- und Alimentationsprinzip, dass es offensichtlich keinerlei Chancen haben kann, im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung verabschiedet und ausgefertigt zu werden, ohne den Verfassungsauftrag der dafür jeweils zuständigen Verfassungsorgane schwer zu beschädigen. Denn das würde die eingestanden verfassungswidrige Gesetzeslage dann nicht nur zukünftig tradieren, sondern auch die Zusage aus der Vergangenheit gezielt brechen:
https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_14062021_D3302009421.htm, womit eine weitere Beschädigung nicht nur der Zusage an alle verbeamteten Beschäftigten einhergehen würde, sondern auch aller weiteren von dieser Zusage betroffenen Verfassungsorgane. Darüber müssen sich Bundestag und Bundesrat im Klaren sein und muss sich zunächst weiterhin das BMI im Klaren sein und im Anschluss das Kabinett, wenn es einen Beschluss im Sinne der Vorlage aus dem letzten Januar tätigen wollte.
Zugleich ist das BMI als federführendes Ministerium auf Grundlage der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 2023 - 2 BvF 2/18 - Rn. 151 ff. gezwungen, die im Beteiligungsverfahren substanziell vorgebrachte Kritik zu entkräften. Das Konkretisierungsgebot muss also noch im Gesetzgebungsverfahren hinreichend erfüllt werden (ebd., Rn. 153), was nicht erst im Zuge von Klageverfahren hinreichend geschehen könnte (ebd., Rn. 160). Daraus folgt: Es müssen bis zur Verabschiedung eines wie auch immer gearteten Gesetzentwurfs im von BalBund dargelegten Zeitrahmen bzw. bis zur letzter Lesung dieses dann wie auch immer gearteten Entwurfs die vom BDR systematisch dargelegten materiellen Mängel behoben werden, da sie sich sachlich nicht hinreichend begründen lassen (vgl. zur Kritik:
https://www.drb.de/fileadmin/DRB/pdf/Stellungnahmen/2023/DRB_230228_Stn_Nr_5_BBVAngG.pdf). Dabei kann zum heutigen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass die Gesetzgebungsverfahren der Bundesregierung nicht nur aus der unmittelbaren Vergangenheit zurzeit schwer in der Kritik stehen - und ob diese deutliche Kritik bis zum Ende der Jahre weiterhin so sein oder bis dahin in schnelllebigen Zeitläuften vergessen sein wird, wird sich dann zeigen.
Es dürfte also spätestens ab dem Herbst - schätze ich - kaum darum gehen, mit dem dann wie auch immer gearteten Gesetzentwurf noch weitere Einsparungen vornehmen zu wollen, da er bislang die heute extreme Einsparlage weitgehend eins zu eins beibehalten will, sondern politisch, wie man als jeweils verantwortlicher Akteur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung handelt wil, sofern man sich dafür entschieden hätte, das zu wollen. Dabei darf davon ausgegangen werden, dass die im bisherigen Anhörungsverfahren dargelegte, sachlich präzise Fundamentalkritik des BDR nicht mehr aus dem Gesetzgebungsverfahren getilgt werden kann: Die mit der Gesetzgebung beauftragten Verfassungsorgane haben nun den Auftrag, diese zu prüfen und sie im Sinne des im Januar präzisierten Konkretisierungsgebots hinreichend zu beachten. Da bis dahin noch einige Zeit ins Land gehen wird, darf man davon ausgehen - schätze ich -, dass sie bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens daran nicht nur ein Mal erinnert werden werden.
@ NordWest
Ich bin mit allem, was Du schreibst, d'accord. Der Aufschrei in den Medien war aber auch deshalb so groß, weil Hubert Aiwanger offensichtlich gezielt an ein markantes Gauland-Zitat angeschlossen hat, dass da lautete:
"Da wir ja nun offensichtlich drittstärkste Partei sind, kann sich diese Bundesregierung (…) warm anziehen. Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen." (
https://www.br.de/bundestagswahl/afd-politiker-gauland-ueber-merkel-wir-werden-sie-jagen-100.html)
Damit aber hat er ebenso das Jagdmotiv, das im Zitat in unmittelbaren Zusammenhang mit dem von ihm aufgerufenen Motiv steht, bedient, wenn auch "nur" in einem offensichtlich gezielten Anklang. Wer sich entsprechend in die Nähe von Rechtsextremisten bringt, denn zu dem ist der genannte Ehrenvorsitzende der AfD im Laufe seines Lebens in Wort und Tat geworden, der sollte sich nicht wundern, wenn ihm Gegenwind entgegenschlägt. Unabhängig von dem weiteren sachlichen Gehalt seines Aussagen hat er mit der Metapher einen gezielten Tabubruch begangen - und der ist auch meiner Meinung nach, um moralisch zu werden, zutiefst unanständig und politisch dumm und populistisch, da er mit einem an Gauland anschlioeßenden Zitat meint, der AfD Wähler abspenstig machen zu können oder zu wollen.
Wenn er nun in seinem Interview in der aktuellen ZEIT meint, dass ihm da großer Jubel eigentlich ausschließlich von lupenreinen Demokraten entgegengeschlagen ist, als er sich gezielt der Erinnerung an das genannte Gauland-Zitat bediente, dann kann er das glauben - mindestens viele nicht lupenreine Demokraten, die dort nicht anwesend gewesen sind, werden aber nicht minder gejubelt haben, als Aiwangers Worte recht schnell allgemein bekannt wurden, nämlich darüber, das sich einer wie Aiwanger nicht zu schade ist, Gauland seine Referenz zu erweisen - in dem besagten Interview hätte er nun die Chance gehabt, sich von der Referenz zu distanzieren, die er nicht ergriffen hat. Es muss also politisch davon ausgegangen werden, dass er die Referenz für richtig erachtet. Und wer es also nötig hat, in dieser Form an Gauland anzuschließen, darf damit rechnen, dass er entsprechend angeguckt wird. Denn wer sich solchen moralisch völlig kaputten Typen wie Gauland anwanzt, der seinen Parteigenossen Bernd Höcke gezielt mit groß gemacht hat, weil er narzisstische Kränkungen aus der Vergangenheit nicht verwunden hatte (denn zur Entwicklung eines politischen Programms, das der AfD weiterhin fehlt, hat er sich ob seiner politisch bestenfalls Viertklassigkeit, nie in der Lage gesehen, als der Gernegroß, den schon Roland Koch als solchen erkannt hat), wird's nötig haben und dürfte sich - schätze ich - kaum beschweren, wenn man ihm nun gleichfalls zutraute, die Größe derer, denen er Referenzen erweist, irgendwann erliegen zu können. Wer sich an politischer Viertklassigkeit orientiert, wird wohl vor allem eines haben: berechtigte Abstiegsängste.
@ Knecht
Und leider ist das, was Du schreibst, gut nachzuvollziehen und hat mit zu dem Jubel geführt, der direkt vor ihm aufbrandete, als Aiwanger an Gauland anschloss, und zwar auch mit bei jenen aufbrandete, von denen man ausgehen darf, dass sie keine AfD-Anhänger gewesen sind (und das dürfte der größte Teil seiner dortigen Zuhörer gewesen sein). Es ist bitter, in welch desolatem Zustand sich nicht geringe Teile der demokratischen Parteien in der Bundesrepublik präsentieren - eine Regierung, denke ich, die sachlich miteinander über Politik stritte (so wie das die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag festgehalten hatten), wäre ein Segen für's Land. Aber dieses nur noch als kindisch zu begreifende Klein-Klein, wie es jetzt wieder beim Elterngeld oder Ehegattensplitting oder was man nun noch alles in den nächsten Tagen in den großen Topf zum Umrühren werfen möchte, weil man nicht in der Lage ist, sich erst einmal über Themen zu einigen, bevor man Streit um des Streitens willen beginnt, ist einfach sehr schlechtes politisches Handwerk. Und genau damit treibt man die Leute Alternativen in die Arme, von denen viele derer, die sich in diese werfen, wissen, dass das nicht richtig ist. Aber nun gut, genug vom Off-topic.