Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 1957993 times)

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #735 am: 19.02.2022 09:34 »
Hat man eigentlich mal überlegt bei der Grundsicherung ordentlich zu kürzen?

Ich lasse deine Frage unkommentiert so stehen. Ich denke sie spricht für sich.

naja das Urteil ist von 2018, jetzt haben wir 2022. Irgendwie muss ja Bewegung in die Sache kommen.
Und zur Klarstellung: Mir persönlich wäre es viel lieber die Besoldung zu erhöhen. Klappt nur scheinbar nicht.

One

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #736 am: 19.02.2022 09:35 »

Ich habe es in meiner gehässigen Weise formuliert, weil das BMI, wie alle Besoldungsgesetzgeber die überhaupt tätig geworden sind, einzig damit beschäftigt zu sein scheint, das Problem in unredlicher Art kleinzurechnen und zu leugnen.


Ich verweise auf meinen nachfolgenden Post: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg234307.html#msg234307

An dem dort dargelegten Sachstand hat sich nichts geändert. Daher meine Frage: Was leugnet und rechnet das BMI klein? Ich habe zu dem Thema bislang, u.a. aus den unter dem Link dargelegten Gründen, gar keine öffentliche Äußerung des BMI vernommen, weder in die eine, noch in die andere Richtung.

Daneben ist nach meinem staatsorganisatorischen Verständnis der Besoldungsgesetzgeber beim Bund der Deutsche Bundestag und nicht das BMI. Dem Bundestag ist es unbenommen, einen Gesetzentwurf zur Beamtenbesoldung in den Gesetzgebungsprozess einzubringen (aus der Mitte des Deutschen Bundestages). Dafür braucht es das BMI nicht.

Sorry, mir gefällt hier dieses pauschale BMI-Bashing nicht. Eine Gesetzesänderung wird dort nur vorbereitet und administriert. Der Gesetzentwurf selbst wird an anderer Stelle verhandelt und entschieden.

Statt auf das BMI sollte man daher lieber z.B. auf die eigenen Wahlkreisabgeordneten "einprügeln", warum da nichts passiert. Ich gebe aber jedem, der sich hier beschwert, Brief und Siegel, er wird keinen Abgeordneten finden, der sich öffentlich für die Besoldung von Beamten einsetzt. Warum? Das Thema ist politisch unpopulär, Beamte sind nach der öffentlichen Wahrnehmung alle faul, satt und überbezahlt und sollte sich eine politisch relevante Partei für eine Erhöhung/amtsangemessene Besoldung einsetzen, dann wird diese von den Medien, allen voran alles, was mit Springer und Bild zu tun hat, richtig Prügel kassieren. Das wird sich keine Partei geben.

Da ich die handelnden Personen auf Arbeitsbene im BMI aus dem dienstlichen Zusammenarbeiten kenne, muss ich da mal etwas Fürsprache betreiben bzw. das BMI in Schutz nehmen. Die Arbeitsebene im BMI würde gern loslegen und einen Regelungsentwurf vorlegen, über den man dann auch diskutieren kann, aber man lässt die Mitarbeiter dort derzeit aus den bekannten Gründen schlichtweg nicht von der Leine.

MasterOf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #737 am: 19.02.2022 10:21 »

Ich habe es in meiner gehässigen Weise formuliert, weil das BMI, wie alle Besoldungsgesetzgeber die überhaupt tätig geworden sind, einzig damit beschäftigt zu sein scheint, das Problem in unredlicher Art kleinzurechnen und zu leugnen.


Ich verweise auf meinen nachfolgenden Post: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg234307.html#msg234307

An dem dort dargelegten Sachstand hat sich nichts geändert. Daher meine Frage: Was leugnet und rechnet das BMI klein? Ich habe zu dem Thema bislang, u.a. aus den unter dem Link dargelegten Gründen, gar keine öffentliche Äußerung des BMI vernommen, weder in die eine, noch in die andere Richtung.

Daneben ist nach meinem staatsorganisatorischen Verständnis der Besoldungsgesetzgeber beim Bund der Deutsche Bundestag und nicht das BMI. Dem Bundestag ist es unbenommen, einen Gesetzentwurf zur Beamtenbesoldung in den Gesetzgebungsprozess einzubringen (aus der Mitte des Deutschen Bundestages). Dafür braucht es das BMI nicht.

Sorry, mir gefällt hier dieses pauschale BMI-Bashing nicht. Eine Gesetzesänderung wird dort nur vorbereitet und administriert. Der Gesetzentwurf selbst wird an anderer Stelle verhandelt und entschieden.

Statt auf das BMI sollte man daher lieber z.B. auf die eigenen Wahlkreisabgeordneten "einprügeln", warum da nichts passiert. Ich gebe aber jedem, der sich hier beschwert, Brief und Siegel, er wird keinen Abgeordneten finden, der sich öffentlich für die Besoldung von Beamten einsetzt. Warum? Das Thema ist politisch unpopulär, Beamte sind nach der öffentlichen Wahrnehmung alle faul, satt und überbezahlt und sollte sich eine politisch relevante Partei für eine Erhöhung/amtsangemessene Besoldung einsetzen, dann wird diese von den Medien, allen voran alles, was mit Springer und Bild zu tun hat, richtig Prügel kassieren. Das wird sich keine Partei geben.

Da ich die handelnden Personen auf Arbeitsbene im BMI aus dem dienstlichen Zusammenarbeiten kenne, muss ich da mal etwas Fürsprache betreiben bzw. das BMI in Schutz nehmen. Die Arbeitsebene im BMI würde gern loslegen und einen Regelungsentwurf vorlegen, über den man dann auch diskutieren kann, aber man lässt die Mitarbeiter dort derzeit aus den bekannten Gründen schlichtweg nicht von der Leine.

Danke für den Einblick.
Aus dem letzten Halbsatz geht ja quasi hervor, dass bereits ein Entwurf existiert, sehe ich das richtig?

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #738 am: 19.02.2022 10:30 »
Mit BMI-Bashing hat das denke ich nichts zu tun. Nur die Abläufe und die Verantwortlichkeiten sind mir auch nicht bekannt und werfen Fragen auf. Diejenigen, welche die Beschlüsse und Sachvorträge vorbereiten sind Beamte und somit an Recht und Gesetz gebunden. Außerdem sind es Fachleute, die sich mit dem Thema und den Vorgaben des BVerfG bestens auskennen. Demnach gehe ich weiter davon aus, dass rechtmäßige und sachlich einwandfreie Sachvorträge und Beschlussvorschläge erstellt werden. Dann muss es irgendwelche Leute in der Hierarchie geben, die verlangen diese Sachvorträge und Beschlüsse "abzuändern", "passend zu machen", "weil soviel Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen", "das eine Katastrophe" wäre, oder welche Gründe da auch immer genannt werden.
Vielleicht kannst du mir da weiter helfen. Welche Leute sind das? Sind das noch Beamte, oder Politiker? Ein Beamter müsste dann remonstrieren, macht er das?
Worauf ich hinaus will ist, Swen hat in seiner neueste Publikation festgestellt, dass die Gesetzentwürfe "vorsätzlich" gegen die Verfassung verstoßen. Das ist mit meiner Auffassung von Beamtenrecht und Rechtsstaat nicht vereinbar. Es muss einen Verantwortlichen geben, der für die Rechtmäßigkeit von Gesetzentwürfen verantwortlich ist. Meiner Meinung nach müsste man klar vorsätzlich unrechtmäßige, oder gar verfassungswidrige Gesetzentwürfe sogar strafrechtlich untersuchen.

One

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #739 am: 19.02.2022 10:41 »
Danke für den Einblick.
Aus dem letzten Halbsatz geht ja quasi hervor, dass bereits ein Entwurf existiert, sehe ich das richtig?

Es gibt Vorarbeiten und verschiedene Arbeitsentwürfe/-stände, welche aber derzeit schlicht nicht zur Entscheidung im BMI und dann in den parlamentarischen Prozess eingebracht werden können. Es gibt aber nichts, was derzeit einen Arbeitsstand hat, dass man diesen nach außen kommunizieren könnte.

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #740 am: 19.02.2022 11:08 »
Man merkt du hast gar nichts verstanden. Die Aussage oben bleibt bestehen. Die vermutlich anstehenden Besoldungserhöhungen für viele auch im mD, gD und selbst im hD haben ihren Ursprung sicher als Folge der Urteile und der Grundsätze des Berufsbeamtentums aber ganz sicher nicht weil es ihnen finanziell so schlecht ginge. Aber du darfst gerne weiter auf den schwächsten Teilen der Gesellschaft herumhacken. Scheinst dich ja wohl zu fühlen in der Opferrolle.

Wenn es Leuten gut geht, welche auf ca. Harz4 Niveau oder knapp darüber leben, dann geht es auch Harz4 Empfängern gut oder? Oder gehören dann diese Beamten auch zu den schwächsten der Gesellschaft?

One

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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #741 am: 19.02.2022 11:15 »
Diejenigen, welche die Beschlüsse und Sachvorträge vorbereiten sind Beamte und somit an Recht und Gesetz gebunden. Außerdem sind es Fachleute, die sich mit dem Thema und den Vorgaben des BVerfG bestens auskennen. Demnach gehe ich weiter davon aus, dass rechtmäßige und sachlich einwandfreie Sachvorträge und Beschlussvorschläge erstellt werden. Dann muss es irgendwelche Leute in der Hierarchie geben, die verlangen diese Sachvorträge und Beschlüsse "abzuändern", "passend zu machen", "weil soviel Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen", "das eine Katastrophe" wäre, oder welche Gründe da auch immer genannt werden.

Richtig, diese Entscheidungsebene gibt es aber derzeit (noch) nicht. Vgl.: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg234307.html#msg234307

Vielleicht kannst du mir da weiter helfen. Welche Leute sind das? Sind das noch Beamte, oder Politiker? Ein Beamter müsste dann remonstrieren, macht er das?

Kurzfassung:
  • Arbeitsentwurf eines Gesetzes wird im zuständigen Fachreferat von den Fachleuten erarbeitet.
  • Entscheidung der zuständigen Abteilungleitung über eine Regelungsalternative und über die Einleitung der Hausabstimmung eines Entwurfs - derzeit nicht möglich mangels personeller Besetzung der Abteilungsleitungsfunktion im BMI
  • Hausabstimmung, u.a. hinsichtlich der Verfassungskonformität (Abteilung V im BMI) und Haushaltswirksamkeit
  • Vorlage des abgestimmten Entwurfs der Hausleitung zur Billigung und Einleitung der Ressortabstimmung - derzeit nicht möglich, mangels personeller Besetzung der zuständigen Staatssekretärsfunktion im BMI
  • Einleitung der Ressortabstimmung und Verbändebeteiligung - hier ist aktuell auch kein tragfähiges Ergebnis bzw. ein Veto des BMF zu erwarten (Vetos des BMF führen zu einem sofortigen Tod eines Vorhabes; BMF hat hier staatsorganisatorisch eine Sonderrolle unter den Ressorts), da es derzeit aufgrund des Regierungswechsels keine gültige Finanzplanung gibt (vorläufige Haushaltsführung)
  • Nach Abschluss der Ressortabstimmung und der Verbändebeteiligung erfolgt eine Vorlage des konsoldidierten Entwurfs an die Innenministerin mit der Kabinettvorlage und Empfehlung der Überweisung/Einbringung in den Bundestag.

Das ist eine sehr vereinfachte Darstellung und es gibt noch eine Reihe Verfahrensschritte, die jetzt ausgeblendet sind. An jeden Schritt sind Fristen nach der GGO und den entsprechenden einschlägigen Regelungen gebunden. Es ist also mitnichten so, dass im BMI sich jemand einfach etwas ausdenkt und das dann einfach so durchreicht. Da sind alles in allem eine dreistellige Anzahl von Instanzen und Gremien zu beteiligen, bevor ein Entwurf überhaupt zur Behandlung im Kabinett angenommen wird. Den einen verantwortlichen Beamten der sich am grünen Tisch etwas selbst ausdenkt und dem man da eine Schuld zuweisen könnte, gibt es nicht. Es ist ein festes System von "Checks and Balances" und das ist bei so etwas wichtigen, wie dem Gesetzgebungsprozess auch absolut richtig so. 

Wer sich damit mal auseinandersetzen will, sei folgendes Handbuch empfohlen. Herausgeber ist das BMI und das ist das Standardwerk bzw. die Anleitung für einen Gesetzgebungsprozess, die auch von den zuständigen Mitarbeitern in den Ministerien genutzt wird.

https://www.amazon.de/Handbuch-Vorbereitung-Rechts-Verwaltungsvorschriften-Bundesministeriums/dp/3846201537/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&crid=1FG7706KNWAGS&keywords=handbuch+zur+vorbereitung+von+Rechts-+und+verwaltungsvorschriften&qid=1645264612&sprefix=handbuch+zur+vorbereitung+von+rechts-+und+verwaltungsvorschriften%2Caps%2C57&sr=8-1

Worauf ich hinaus will ist, Swen hat in seiner neueste Publikation festgestellt, dass die Gesetzentwürfe "vorsätzlich" gegen die Verfassung verstoßen. Das ist mit meiner Auffassung von Beamtenrecht und Rechtsstaat nicht vereinbar. Es muss einen Verantwortlichen geben, der für die Rechtmäßigkeit von Gesetzentwürfen verantwortlich ist. Meiner Meinung nach müsste man klar vorsätzlich unrechtmäßige, oder gar verfassungswidrige Gesetzentwürfe sogar strafrechtlich untersuchen.

Du hast ein falsches Verständnis. Ich gehe schon an dem Punkt nicht mit, dass Entwürfe vorsätzlich verfassungswidrig sind. Soetwas gibt es nach meinem Verständnis nicht.

Alle Gesetzentwürfe der Ministerien auf Bundesebene werden durch die Verfassungsressorts (BMI und BMJ) auf Verfassungsmäßigkeit geprüft (teilweise bei unklarer Sachlage soger unter Hinzuziehung des BVerfG und renomierten Verfassungsrechtlern), bevor sie in den Bundestag überwiesen werden. Andernfalls erhält kein Entwurf die Kabinettreife bzw. wird vom Bundeskabinett nicht zur Behandlung zugelassen. Daher kann es dem Grunde nach keine nicht verfassungskonformen Gesetzentwürf geben. Hier gehe ich dann auch schon gar nicht mit dem Vorwurf des Vorsatzes mit. Es gibt auch keinen einzelnen Verantwortlichen (siehe Ausführungen oben), den man belangen könnte, wenn etwas sich im Nachhinein als nicht rechtmäßig darstellt, da es, wie dargestellt ein komplexes, organisches System der gegenseitigen Kontrolle ist.

Daneben wüsste ich nicht, auf welcher Basis jemand hier strafrechtlich belangt werden könnte....

Das im weiteren parlamentarischen Prozess ggf. Aspekte und Punkte eingebracht werden, die ggf. verfassungswidrig sind, ist jedoch nicht auszuschließen, da sich der parlamentarische Prozess der Willensbildung regelmäßig Kontrolle von außen entzieht. Klartext: Wenn es zu Verfassungswidrigkeit kommt, resultiert dies meistens daraus, dass irgendwelche unbedarften Parlamentarier in dem Entwurf Dinge abgeändert, ergänzt oder gestrichen haben.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #742 am: 19.02.2022 11:32 »
Vielen Dank, das war wirklich interessant für mich. Insbesondere die intensive Prüfung der Verfassungsmäßigkeit hat mich verwundert. Der Knackpunkt scheint also der "weitere parlamentarische Prozess" zu sein, der sich "der Kontrolle durch außen entzieht". Darüber muss ich gelegentlich mal nachdenken.


SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #743 am: 19.02.2022 12:00 »

Du hast ein falsches Verständnis. Ich gehe schon an dem Punkt nicht mit, dass Entwürfe vorsätzlich verfassungswidrig sind. Soetwas gibt es nach meinem Verständnis nicht. [...]

Daher kann es dem Grunde nach keine nicht verfassungskonformen Gesetzentwürf geben.

Es geht nicht darum, dass hier jemand den einzelnen Beamten im BMI oder in einem anderen Ministerium diskreditieren möchte, One.

Aber wie erklärst Du Dir diesen Satz und das ihm folgende Verfahren?

"Der  Vorschlag  des  Bundesministeriums  des  Innern,  für  Bau  und  Heimat,  in  Umsetzung  der  Beschlüsse  des BVerfG vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 sowie 2 BvL 6/17 u. a. –, einen regionalen Ergänzungszuschlag als eigenständigen Besoldungsbestandteil zur Gewährleistung der amtsangemessenen Alimentation in der Bundesbesoldung einzuführen, war nicht zu finalisieren. Daher bleibt die bundesbesoldungsgesetzliche Umsetzung der vorgenannten Beschlüsse des BVerfG den parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs bzw. einer eigenständigen Gesetzesinitiative der Bundesregierung vorbehalten." (BT-Drs. 19/28677, S. 40)

https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-anpassung-der-bundesbesoldung-und-versorgung-f%C3%BCr-2021-2022-und/275941

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #744 am: 19.02.2022 12:06 »
Man merkt du hast gar nichts verstanden. Die Aussage oben bleibt bestehen. Die vermutlich anstehenden Besoldungserhöhungen für viele auch im mD, gD und selbst im hD haben ihren Ursprung sicher als Folge der Urteile und der Grundsätze des Berufsbeamtentums aber ganz sicher nicht weil es ihnen finanziell so schlecht ginge. Aber du darfst gerne weiter auf den schwächsten Teilen der Gesellschaft herumhacken. Scheinst dich ja wohl zu fühlen in der Opferrolle.

Wenn es Leuten gut geht, welche auf ca. Harz4 Niveau oder knapp darüber leben, dann geht es auch Harz4 Empfängern gut oder? Oder gehören dann diese Beamten auch zu den schwächsten der Gesellschaft?

Das sind deine Worte. Evtl. hast du trotz selektiver Wahrnehmung lesen können, dass ich mD, gD und hD schrieb. Natürlich geht es Beamten des eD finanziell möglicherweise genauso schlecht wie H4ern. Das habe ich auch nie bestritten. Wie kommst du also zu deiner Feststellung? eD Beamten aber übrigens auch nur, wenn die Dame des Hauses nicht arbeitet. Falls doch, geht es Ihnen wahrscheinlich besser als einer H4 Familie, bei der abgesehen von einer geringen Zuverdienstgrenze jedes Einkommen auf H4 angerechnet wird. Diese eD Beamten hätten bei einer Dame im Beschäftigtenverhältnis also auch keinen Grund zu jammern, denn schon hätte sich der Abstand zur Grundsicherung hergestellt. Und wenn die Alte zu faul ist, ist es eben deren Problem - rein aus finanzieller Sicht.

Und jetzt darf hier jeder Beamte des eD mal die Hand heben. Wenn ich raten dürfte ist keiner anwesend. Und falls doch, darf der gerne jammern wenn er allein für das Familieneinkommen zuständig ist, z. Bsp. weil die Dame dauerhaft arbeitsunfähig ist und zum Erwerbseinkommen nicht beitragen kann. Von allen anderen (mD, gD, hD) kann man erwarten von Polemik abzusehen, denn es geht ihnen definitiv nicht so schlecht, wie sie hier gerne darstellen (mich eingeschlossen). Natürlich würde ich als Vater 2er Kinder jede Besoldungserhöhung mitnehmen, aber dieses Gejammere Einzelner mit Nachtreten auf H4er (Kürzung der Grundsicherung) ist schwer erträglich. Keiner von denen kann vermutlich nachvollziehen, in welcher Lage sich H4 Familien (ob selbst verschuldet oder nicht ist erstmal unbeachtlich an dieser Stelle) täglich befinden. Da gibts keine soziale Teilhabe etc, von daher darf sich hier jeder Beamte (der nicht Alleinverdiener ist) ab dem mD mal an diese Nase fassen und sich selbstkritisch hinterfragen, obs ihm wirklich so schlecht geht wie er meint.

Die Festlegung des BVerfG auf eine 4K Alleinverdiener Familie ist schön und gut. Und vermutlich werden deshalb mehr Beamte als jene die es unbedingt finanziell nötig hätten von zukünftigen Besoldungsanpassungen profitieren. Vermutlich die wenigsten bräuchten das Geld aber, auch wenn hier immer wieder gern auf die A4 Alleinverdienerfamilie verwiesen wird.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #745 am: 19.02.2022 12:12 »
@One:  Vielen Dank für die Erläuterungen. Aber ein feines System von Checks und Balances scheint es eben nicht zu sein, wenn man sieht was am Ende vielerorts herauskommt. Die Prüfung auf Verfassungskonformität ist dann wohl eher als optional bzw. nicht bindend anzusehen. ;)

Da es die Abteilung V gibt, ist es ja noch erschreckender was da am Ende verabschiedet wird. Bisher unterstellte man ja Unfähigkeit, inzwischen muss man da ja von offensichtlich bewusstem Verfassungsbruch ausgehen.

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #746 am: 19.02.2022 12:41 »
Was leugnet und rechnet das BMI klein?
Danke dir für die ausführlichen Einblicke. Ich beziehe mich aber nur auf das Vorliegende, nicht auf die aktuelle Handlungsfähigkeit des BMI. Nach mehrheitlicher Meinung aller Sachverständigen, ist die Diskrepanz zwischen gewährter und in Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG zu gewährender Alimentation so groß, dass es mit "Ergänzungszuschlägen" nicht getan ist. Das ist für mich aktuell ein Faktum.

Die Essenz dessen, was hier im Forum extrem ausführlich und emotional diskutiert wird ist für mich folgender Passus aus dem Beschluss 2 BvL 4/18

Neben der Anhebung der Grundgehaltssätze und Veränderungen im Beihilferecht kommt insbesondere auch eine Anhebung des Familienzuschlags in Betracht (vgl. BVerfGE 140, 240 <287 Rn. 94>). Ob eine zur Behebung eines Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot erforderliche Neustrukturierung des Besoldungsgefüges zu einer Erhöhung der Grundgehaltssätze einer höheren Besoldungsgruppe führt, lässt sich daher nicht mit der für die Annahme eines Verfassungsverstoßes erforderlichen Gewissheit feststellen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist umso größer, je näher die zur Prüfung gestellte Besoldungsgruppe selbst an der Grenze zur Mindestbesoldung liegt. Je deutlicher der Verstoß ausfällt und je mehr Besoldungsgruppen hinter dem Mindestabstandsgebot zurückbleiben, desto eher ist damit zu rechnen, dass es zu einer spürbaren Anhebung des gesamten Besoldungsniveaus kommen muss, um die gebotenen Abstände zwischen den Besoldungsgruppen wahren zu können.
Beschluss vom 20.05.2020, 2 BvL 4/18 Rn 49


Wenn dann aber ein Gesetzentwurf eingebracht wird, der die markierte Passage einfach ignoriert, dieser scheitert und man sich nun darauf ausrichtet, sich erst nächstes Jahr dem Grundgehalt zu widmen, weckt das Zweifel daran, ob hier alles getan wird, um dem Recht Geltung zu verschaffen. Sollte es zu einer Vermengung der Thematik mit der Tarifrunde kommen, kann ich dahinter nur eine Strategie vermuten.

Daneben ist nach meinem staatsorganisatorischen Verständnis der Besoldungsgesetzgeber beim Bund der Deutsche Bundestag und nicht das BMI.

Nach meinem staatsorganisatorischen Verständnis ist das BMI für die Erarbeitung von Gesetzentwürfen im Bereich des Rechts des öffentlichen Dienstes zuständig.

Sorry, mir gefällt hier dieses pauschale BMI-Bashing nicht.
Möchte ich nicht betreiben. 

Ich gebe aber jedem, der sich hier beschwert, Brief und Siegel, er wird keinen Abgeordneten finden, der sich öffentlich für die Besoldung von Beamten einsetzt. Warum? Das Thema ist politisch unpopulär, Beamte sind nach der öffentlichen Wahrnehmung alle faul, satt und überbezahlt...
Die öffentliche Meinung spielt zum Glück für die Geltung unserer Verfassung keine unmittelbare Rolle. Insofern funktionieren Checks und Balances ganz gut. Die Faulen sollten ans Arbeiten gebracht werden. Aber nicht erst dann sollten alle verfassungsgemäß alimentiert werden.

Da ich die handelnden Personen auf Arbeitsbene im BMI aus dem dienstlichen Zusammenarbeiten kenne, muss ich da mal etwas Fürsprache betreiben bzw. das BMI in Schutz nehmen. Die Arbeitsebene im BMI würde gern loslegen und einen Regelungsentwurf vorlegen...
Dann bist du ja nun wirklich an der Quelle. Herrscht dort die Auffassung, man käme mit der Flickschusterei eines REZ durch die Tür? Falls nein, werde ich das BMI fortan lobpreisen.
« Last Edit: 19.02.2022 12:48 von emdy »

Fahnder

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #747 am: 19.02.2022 12:48 »

Und jetzt darf hier jeder Beamte des eD mal die Hand heben. Wenn ich raten dürfte ist keiner anwesend. Und falls doch, darf der gerne jammern wenn er allein für das Familieneinkommen zuständig ist, z. Bsp. weil die Dame dauerhaft arbeitsunfähig ist und zum Erwerbseinkommen nicht beitragen kann. Von allen anderen (mD, gD, hD) kann man erwarten von Polemik abzusehen, denn es geht ihnen definitiv nicht so schlecht, wie sie hier gerne darstellen (mich eingeschlossen).


Oder sich ein Partner zur Betreuung der Kinder zeitweise in Elternzeit befindet? Mir scheint, als würde dieser Aspekt hier vollkommen ausgeklammert. Wenn sich ein Elternteil zeitweise aus dem Erwerbsleben zurückzieht, um die Betreuung der Kinder zu übernehmen, dann wird es selbst für den gD in Ballungsgebieten sehr eng, überhaupt über die Grundsicherung zu kommen. Von mD und eD ganz zu schweigen. Üblicherweise befinden sich junge Eltern auch noch in vorderen Erfahrungsstufen. Da hilt auch kein Elterngeld, da es in der Regel nur 12 Monate gezahlt wird und viel zu gering ist, um die Einkommensverluste auszugleichen...

xap

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« Antwort #748 am: 19.02.2022 12:49 »
Von mir mal ein like für emdy. :)

Keiner prügelt hier auf die Arbeitsebene des BMI ein. Gemessen wird man aber am Ende am Ergebnis. Und da lassen die Umsetzungen in den Ländern übles erahnen. Zumal wenn man sich im BMI, wie hier kolportiert, daran orientieren möchte.

xap

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« Antwort #749 am: 19.02.2022 12:52 »

Und jetzt darf hier jeder Beamte des eD mal die Hand heben. Wenn ich raten dürfte ist keiner anwesend. Und falls doch, darf der gerne jammern wenn er allein für das Familieneinkommen zuständig ist, z. Bsp. weil die Dame dauerhaft arbeitsunfähig ist und zum Erwerbseinkommen nicht beitragen kann. Von allen anderen (mD, gD, hD) kann man erwarten von Polemik abzusehen, denn es geht ihnen definitiv nicht so schlecht, wie sie hier gerne darstellen (mich eingeschlossen).


Oder sich ein Partner zur Betreuung der Kinder zeitweise in Elternzeit befindet? Mir scheint, als würde dieser Aspekt hier vollkommen ausgeklammert. Wenn sich ein Elternteil zeitweise aus dem Erwerbsleben zurückzieht, um die Betreuung der Kinder zu übernehmen, dann wird es selbst für den gD in Ballungsgebieten sehr eng, überhaupt über die Grundsicherung zu kommen. Von mD und eD ganz zu schweigen. Üblicherweise befinden sich junge Eltern auch noch in vorderen Erfahrungsstufen. Da hilt auch kein Elterngeld, da es in der Regel nur 12 Monate gezahlt wird und viel zu gering ist, um die Einkommensverluste auszugleichen...

Hallo Fahnder,

mir ging es zuletzt nicht um einen womöglich tatsächlich existierenden Bedarf. Den streite ich gar nicht ab. Mir ging es um die Vergleiche mit H4 Beziehern, für die Armut eher die Regel als Ausnahme ist.

Und dann am besten noch Grundsicherung verringern. Wie armselig ist es allein über so etwas nachzudenken?