https://archive.ph/OVAAB
Bitte, Danke.
Danke für's Einstellen, xap. Denn der Artikel ist tatsächlich aus mehreren Gründen recht lesenswert:
Erstens zeigt er eingangs die Zahlen unbesetzter Stellen in den Ministerien und zum Teil auch in den nachgeordneten Behörden.
Zweitens hebt er hervor, dass seit 2013 die Zahl der Planstellen im Bund von 250.000 auf 300.000 gestiegen sei, es aber vielfach nicht gelinge, diese oder bereits zuvor vorhandenen Stellen zu besetzen.
Drittens führt er aus, dass sich die Bundesregierung nicht dem Problem der unbesetzten Stellen widmen würde, um dennoch die "Postenmehrung munter" fortzusetzen: "Seit Beginn ihrer Regierung sind weitere 10.000 neue Stellen entstanden, davon mehr als 1.500 in den Minsterien."
Viertens müssten die unbesetzten Stellen in den Ministerien deren Funktionsfähigkeit "nicht unbedingt einschränken", nicht umsonst kämen "sie seit Jahren ohne das fehlende Personal zurecht".
Mit diesen vier Punkten liegt dann eine Berichterstattung vor, die symptomatisch für viele weitere ist:
Denn zunächst einmal geht auch der Spiegel nicht der Ursachenforschung nach, wieso die Stellen nicht besetzt werden können, und konzentriert sich weitgehend lieber auf die unbesetzten Stellen in den Ministerien, womit der typisch anekdotische Charakter medialer Aufbereitung zutage tritt: Man greift einen Teil der Gesamtproblematik heraus und macht ihn zu einem Thema, das zu einer reißerischen Überschrift taugt: "In den Minsterien klaffen riesige Personallücken". Auch suggeriert man, dass die ab 2013 neugeschaffenen und vielfach unbesetzten Stellen wiederkehrend aus einer Art gedankenloser Überflussmentalität geschaffen worden seien, was sich ebenfalls populistisch aufbereiten lässt - jedoch gleichfalls der tatsächlichen Problematik nicht gerecht wird und so das falsche Schlagwort der "Überbüroratisierung" bedient, das die Bevölkerung gerne liest, weil dieses Schlagwort so schön wohlig zu dem weiteren passt, dass nämlich trotz der "Überbürokratisierung" der öffentliche Dienst seiner Verantwortung nicht gerecht werde, nicht umsonst dauerten beispielsweise Antrags- und Genehmigungsverfahren viel zu lang.
Tatsächlich ist die Problematik aber eine ganz andere, die auch dieser Spiegel-Artikel präzise mit Daten aufbereitet, ohne sich in der Lage zu sehen, diese tatsächlich zu analysieren:
Denn tatsächlich ist Deutschland nicht "überbürokratisiert", sondern massiv unterbürokratisiert, wie auch dieser Spiegel-Artikel zeigt, ohne das auch nur in Ansätzen sachlich zu durchdringen: Eine hohe Zahl an neugeschaffenen Stellen im öffentlichen Dienst kann nicht besetzt werden und bleibt also weiterhin unbesetzt, darin zeigt sich zunächst einmal eine Unterbürokratisierung, die Büros bleiben hier unbesetzt. Als Folge dessen stellen sich Bund und Länder als das dar, was sie sind: überreguliert in Hinsicht darauf, dass das Personal fehlt, um innerhalb der geschaffenen Normen die staatlichen Aufgaben in einem angemessenen Zeitraum erledigen zu können - und tatsächlich dürfte das Land eben ebenfalls nicht "überreguliert" sein, eben wenn es nicht unterbürokratisiert wäre:
Wenn alle Stellen besetzt wären, dürften innerhalb der heute vorhandenen Regularien die bürokratischen Aufgaben deutlich schneller erledigt werden können. Dieser hervorgehobene Satz als Quintessenz des tatsächlichen Problemens fehlt zumeist in der Berichterstattung sowohl der Medien als auch in der Problembetrachtung durch die Politik - lieber greift man wahrlos Einzelprobleme heraus, weil man damit zum einen Überschriften generieren kann und weil man damit zum anderen das Problem nicht angehen muss.
Nicht umsonst nennt der Artikel die 10.000 neu geschaffenen Stellen und verkürzt sie auf die 1.500 davon in den Ministerien, ohne sich zu fragen, was mit den 85 % der anderen Stellen ist. Entsprechend werden die Zahlen für die Ministerien genannt und wird ebenso die vielfach noch größere Problematik in den nachgeordneten Behördengenannt, ohne sich mit diesem eben noch viel größeren Problem in den nachgeordneten Behörden zu befassen. Stattdessen wird auch hier das eigentliche Problem wiederum nur gestreift, und zwar erneut nur mit Blick auf die Ministerien. Entsprechend hebt der Beitrag hervor:
"Besonders im mittleren Dienst gelingt es dem Auswärtigen Amt nicht, die vorhandenen Stellen zu besetzen. 16,6 % sind in dieser Laufbahngruppe laut der regierungsinternen Liste frei. Davon betroffen sind etwa die Visastellen deutscher Auslandsvertetungen. In Islamabad Einreisegenehmigungen zu bearbeiten, stellt für die wenigsten eine Verheißung dar."
Damit haben wir erneut den nicht untypischen medialen Sound: Das Problem wird benannt und dann durch ein kurioses Beispiel verniedlicht oder ins Dümmliche gehoben- denn jeder Leser kann sich vorstellen, dass Stellen im mittleren Dienst in Islamabad unattraktiv sind, und nicht wenige Leser werden solche Stellen auch für unnötig erachten, sodass man diesen Teil der Leserschaft gleich mit befriedigt hat (um's mal so auszudrücken).
Dabei ist allerdings der gesamte Aufbau der Argumentation gänzlich schräg: Denn er suggerierte, dass sich Sachbearbeiter wie in der freien Wirtschaft auf solche Stellen bewerben würden oder könnten. Tatsächlich könnte sich kein Beamter ohne einen sachlichen Grund dagegen zu Wehr setzen, nach Islamabad zur Bewerkstelligung der genannten Tätigkeit versetzt zu werden, wenn der Dienstherr das als nötig erachtete. Stattdessen erspart eine solcherart gehaltene Berichterstattung wie in dem Zitat, sich die Frage zu stellen, wieso so viele Stellen im mittleren Dienst unbesetzt sind, und zwar nicht nur in Auslandsvertretungen, die die Bundesrepublik in fernen Ländern unterhält, sondern auch und gerade und also vor allem auf dem Boden der Bundesrpublik Deutschland selbst. Diese Frage und damit das eigentliche Problem bleibt auch in diesem Spiegel-Artikel ausgespart: nämlich dass die Attraktivität eines Dienstposten sich für geeignete Bewerber anhand der ihm gebotenen Gegenleistungen ermisst - und die sind hinsichtlich der Besoldung und Alimentation eben vielfach nicht konkurrenzfähig, auch wenn man nun versucht, Beamte operant zu konditionieren und also zu Gebärmaschinen umzufunktionieren, um so zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Diensts beizutragen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Wenn man unter dem hier beschriebenen Fokus die mediale Berichterstattung über den öffentlichen Dienst liest, wird man feststellen, dass die in diesem Beitrag immerhin mal genannte Unterbürokratisierung zumeist nicht vorkommt, dass stattdessen von einer Überbürokratisierung gesprochen wird, wo es tatsächlich um eine Überregulierung geht - und dass die "Überregulierung" tatsächlich gar keine ist, sondern dass man sie "Rechtsstaat" nennt, der sich eben permant neue Regeln geben muss, da das der Wertewandel erfordert, den Autokratien und Diktaturen für eine gewisse Zeit scheinbar unterdrücken können, um dann mit den Folgen leben zu müssen, was einem liberaldemokratischen Rechtsstaat aber nicht so ohne Weiteres möglich ist. Allerdings kann auch der liberaldemokratische Rechtsstaat die Durchsetzung der sich selbst gegebenen Regeln nicht mehr hinlänglich gewährleisten, wenn er die dafür notwendige exekutive Gewalt unterbürokratisiert. Insofern ist es medial und politisch einfacher, den "faulen und/oder überbezahlten öffentlichen Dienst" als eigentliche Ursache des Problems wiederkehrend in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken. Und das war lustig zu lesen in Zeiten, da es auf die Bürokratie nicht so ankam, weil die wirtschaftliche Prosperität das Problem der Unterbürokratisierung überdecken konnte, und weil diese im Vorfeld des nun erst immer weiter zunehmenden demographischen Wandels noch weitergehend abgefedert werden konnte als heute - das dürfte aber weniger lustig sein, wenn nun der demographische Wandel immer mehr durchschlagen wird und man zugleich auch deshalb eigentlich eine Bürokratie benötigte, die mit gewährleistete, dass die anstehenden Probleme angegangen und bewerkstelligt werden würden. Da aber die Bundesbesoldung in den letzten rund zwei Jahren noch einmal massiv an Konkurrenzfähigkeit gegenüber der freien Wirtschaft eingebüßt hat und das offensichtlich weiterhin tun wird, wenn man nicht wenigstens eine ordentliche Kinderzahl mit ins Büro bringt (die KiTas sind ja zumeist wegen Personalmangels eh nicht geöffnet und in den Schulen lernen die Kinder sowieso weniger als in den Büros, da der einzige noch in der Schule vorhandene Lehrer, der eigentlich dort der Hausmeister sein sollte, am Abend zuvor das Gebäude mit dem neuen digitalen Schloss verriegelt hat, das sich heute aber aus bislang unbekannten Gründen nicht öffnen lässt, wobei absehbar ist, dass das Problem schon in zwei bis drei Jahren gelöst sein wird, da es an die zustänstige Behörde weitergemeldet worden ist, was allerdings in Anbetracht dessen, dass das dafür notwendige Faxgerät in der verriegelten Schule steht, nicht ganz einfach war, was aber der einzige Informatiker der Schule, der zugleich der einzige Lehrer und eigentlich der Hausmeister ist, in seiner Funktion als Schulleiter in Absprache mit sich selbst, also dem stellvertretenden Schulleiter, lösen konnte, sodass die Schulsachbearbeiterin in Gestalt seine Frau von zu Hause aus die enstprechende Behörde telefonisch infomieren konnte, die allerdings wegen der vielen Kinder im Büro kein Wort verstanden hat), dürfte es weiterhin einfacher sein, politisch diesbezüglich gar nix zu machen und medial mit reißerischen Überschriften Leser zu generieren. Der letzte macht das Licht aus (falls er es angelassen, es also am Abend zuvor noch funktioniert hat und das digitale Schloss das zulässt).