Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3922529 times)

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #750 am: 19.02.2022 13:48 »
Hier ist mir zu viel Vermutung, Konjunktiv und "Könnte ja sein..." und "Evtl....", was aber bei nüchterner Betrachtung der Sachlage nicht begründet ist.

Im Einzelnen:

Es geht nicht darum, dass hier jemand den einzelnen Beamten im BMI oder in einem anderen Ministerium diskreditieren möchte, One.

Aber wie erklärst Du Dir diesen Satz und das ihm folgende Verfahren?

"Der  Vorschlag  des  Bundesministeriums  des  Innern,  für  Bau  und  Heimat,  in  Umsetzung  der  Beschlüsse  des BVerfG vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 sowie 2 BvL 6/17 u. a. –, einen regionalen Ergänzungszuschlag als eigenständigen Besoldungsbestandteil zur Gewährleistung der amtsangemessenen Alimentation in der Bundesbesoldung einzuführen, war nicht zu finalisieren. Daher bleibt die bundesbesoldungsgesetzliche Umsetzung der vorgenannten Beschlüsse des BVerfG den parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs bzw. einer eigenständigen Gesetzesinitiative der Bundesregierung vorbehalten." (BT-Drs. 19/28677, S. 40)

https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-anpassung-der-bundesbesoldung-und-versorgung-f%C3%BCr-2021-2022-und/275941

Relativ einfache Erklärung, die ich im übrigen in diesem Thread vor Monaten irgendwo in den ersten Seiten bereits gegeben habe. Letzlich ist dies mein o.a. Punkt 5.

BMF hatte gegen den von BMI vorgelegten Regelungsentwurf aufgrund der erheblichen haushaltsrechtlichen Auswirkungen sein Veto eingelegt. Damit war der Gesetzentwurf tot. Die Erarbeitung und Einbringung eines neuen Gesetzentwurfes war aufgrund des nahenden Endes der Legislatur (Diskontinuität) durch BMI nicht mehr möglich. Daher bestand einzig noch die Möglichkeit, vor dem Ende der Legislatur eine Regelung aus der Mitte des Deutschen Bundestages über die Regierungsfraktionen einzubringen (was, wie wir mittlerweile ja alle wissen, durch die Regierungsfraktionen allerdings nicht erfolgt ist). Mehr bringt dieser Absatz in schönsten Beamten- bzw. Regierungsdeutsch nicht zum Ausdruck.

Wenn dann aber ein Gesetzentwurf eingebracht wird, der die markierte Passage einfach ignoriert, dieser scheitert und man sich nun darauf ausrichtet, sich erst nächstes Jahr dem Grundgehalt zu widmen, weckt das Zweifel daran, ob hier alles getan wird, um dem Recht Geltung zu verschaffen. Sollte es zu einer Vermengung der Thematik mit der Tarifrunde kommen, kann ich dahinter nur eine Strategie vermuten.

Das mag für den alten Gesetzentwurf gelten, der hier diskutiert wurde, und der bereits schon ein Zugeständnis an BMF war. Ein neuen Entwurf kenne ich (noch) nicht und ob da dieser Vorwurf noch zu halten wäre... Meine Glaskugel ist gerade kaputt...

Genausowenig ist da eine Strategie dahinter. Mit welchem Hintegrund sollten Beamte im BMI, die im übrigen bis hoch zum Staatssekretär auch von einer solchen Neuregelung profitieren würden, hier irgend eine übergeordnete eignen Agenda verfolgen. Nochmal, hier gibt es keine übergeordnete Macht, die irgendetwas verhindern möchte.

Die Erstellung eines Regelungsentwurfs ist gerade auf Bundesbene ein komplexes organisches Konstrukt mit einer dreistelligen Anzahl von Stellen, Ressorts, Institutionen, Verbände, etc., die zu beteiligen sind, und jede dieser Stellen schreibt in diesem Entwurf rum und rein, was man sich schon immer gewünscht hat. Wenn man eine eigene Agenda darin unterbringen wollen würde, müsste man alle diese Stellen auf Linie bringen bzw. hinter sich wissen... Absurd...

Nach meinem staatsorganisatorischen Verständnis ist das BMI für die Erarbeitung von Gesetzentwürfen im Bereich des Rechts des öffentlichen Dienstes zuständig.

Ja, richtig und das wird dort auch gemacht. Aber die Gesetze werden vom Bundestag beschlossen und die Arbeit im Bundestag unterliegt keiner übergeordneten Kontrolle. Nur das BVerfG kann das Ergebnis der Arbeit, nicht jedoch die Arbeit dort selbst, überprüfen.

Die öffentliche Meinung spielt zum Glück für die Geltung unserer Verfassung keine unmittelbare Rolle. Insofern funktionieren Checks und Balances ganz gut. Die Faulen sollten ans Arbeiten gebracht werden. Aber nicht erst dann sollten alle verfassungsgemäß alimentiert werden.

Gebe ich Recht. Allerdings kollidiert spätestens im Bundestag das Verfassungsrecht bzw. die Verfassung ganz schnell mit der öffentlichen Meinung. Und machen wir uns mal nix vor, am Ende bestimmt im übertragenen Sinne leider oftmals die Bildzeitung, in welche Richtung das Pendel ausschlägt. Abgeordnete/Parteien wollen wiedergewählt werden.

Dann bist du ja nun wirklich an der Quelle. Herrscht dort die Auffassung, man käme mit der Flickschusterei eines REZ durch die Tür? Falls nein, werde ich das BMI fortan lobpreisen.

Ich weiß, dass man im BMI gern eine solche Flickschusterei, wie du es nennst, vermeiden will. Aber letztlich geht es bei Rechtsetzung oftmals nicht darum, was man möchte, sondern was politisch durchsetzbar ist. Ob sich die Arbeitebene im BMI hier durchssetzt, weiß ich nicht. Da kann ich genauso gut versuchen, die Lottozahlen vorher zu sagen.

@One:  Vielen Dank für die Erläuterungen. Aber ein feines System von Checks und Balances scheint es eben nicht zu sein, wenn man sieht was am Ende vielerorts herauskommt. Die Prüfung auf Verfassungskonformität ist dann wohl eher als optional bzw. nicht bindend anzusehen. ;)

Da es die Abteilung V gibt, ist es ja noch erschreckender was da am Ende verabschiedet wird. Bisher unterstellte man ja Unfähigkeit, inzwischen muss man da ja von offensichtlich bewusstem Verfassungsbruch ausgehen.

Du scheinst nicht verstanden zu haben, was ich geschrieben habe oder anders gesagt, finde ich es interessant, dass man hier im Forum in der Lage ist, die verfassungsrechtliche Bewertung, von BMI, BMJ, diversen Verfassungsrechtlern, etc. kurz mal für nicht einschlägig und falsch zu erklären sowie Unfähigkeit und bewussten Verfassungsbruch zu unterstellen.

Es beugen sich über den Entwurf gefühlt mindestens eine zweistellige Zahl von Verfassungsjuristen. Einzig ein Entwurf, der in der letzten Legislatur erstellt und in die Abstimmung gegeben wurde ist bekannt. Wie es in den Abstimmungen mit diesem Entwurf weitergegangen wäre, weiß niemand, weil der Entwurf sehr früh bereits gescheitert war. Keiner von uns kennt die Stellungnahmen/Gutachten der Verfassungsrechtler zu diesem Entwurf und auch nicht die erfolgten Abstimmungen, aber es wird pauschal einfach mal wahlweise Unfähigkeit, Unwillen, Vorsatz, Verfassungsbruch und irgend eine eigene Agenda unterstellt.

Keiner prügelt hier auf die Arbeitsebene des BMI ein. Gemessen wird man aber am Ende am Ergebnis. Und da lassen die Umsetzungen in den Ländern übles erahnen. Zumal wenn man sich im BMI, wie hier kolportiert, daran orientieren möchte.

Zum einen lesen sich die Posts der letzten 3 bis 4 Seiten anders. Da wurde von Usern vorsätzlicher Verfassungsbruch und sogar strafrechtliches zu andendes Vorgehen der Mitarbeiter im BMI unterstellt.
Zum anderen ist dies wieder nur Vermutung und Hörensagen. Mir ist bislang keine Quelle bekannt, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass BMI die Regelungen einzelner Länder als Blaupause nimmt oder diese gar übernimmt.

Lieber @xap, ich würde daher raten, einfach mal ein bissl runterzutakten und nicht gleich die große verbale Keule rauszuholen. Die kann immernoch geschwungen werden, wenn wir am Ende der Ressortabstimmungen eines Entwurfs stehen und aus der Kabinettvorlage dann immernoch eine unzureichende Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG hervorgeht.

MasterOf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #751 am: 19.02.2022 14:18 »
Hier ist mir zu viel Vermutung, Konjunktiv und "Könnte ja sein..." und "Evtl....", was aber bei nüchterner Betrachtung der Sachlage nicht begründet ist.

Im Einzelnen:

Es geht nicht darum, dass hier jemand den einzelnen Beamten im BMI oder in einem anderen Ministerium diskreditieren möchte, One.

Aber wie erklärst Du Dir diesen Satz und das ihm folgende Verfahren?

"Der  Vorschlag  des  Bundesministeriums  des  Innern,  für  Bau  und  Heimat,  in  Umsetzung  der  Beschlüsse  des BVerfG vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 sowie 2 BvL 6/17 u. a. –, einen regionalen Ergänzungszuschlag als eigenständigen Besoldungsbestandteil zur Gewährleistung der amtsangemessenen Alimentation in der Bundesbesoldung einzuführen, war nicht zu finalisieren. Daher bleibt die bundesbesoldungsgesetzliche Umsetzung der vorgenannten Beschlüsse des BVerfG den parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs bzw. einer eigenständigen Gesetzesinitiative der Bundesregierung vorbehalten." (BT-Drs. 19/28677, S. 40)

https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-anpassung-der-bundesbesoldung-und-versorgung-f%C3%BCr-2021-2022-und/275941

Relativ einfache Erklärung, die ich im übrigen in diesem Thread vor Monaten irgendwo in den ersten Seiten bereits gegeben habe. Letzlich ist dies mein o.a. Punkt 5.

BMF hatte gegen den von BMI vorgelegten Regelungsentwurf aufgrund der erheblichen haushaltsrechtlichen Auswirkungen sein Veto eingelegt. Damit war der Gesetzentwurf tot. Die Erarbeitung und Einbringung eines neuen Gesetzentwurfes war aufgrund des nahenden Endes der Legislatur (Diskontinuität) durch BMI nicht mehr möglich. Daher bestand einzig noch die Möglichkeit, vor dem Ende der Legislatur eine Regelung aus der Mitte des Deutschen Bundestages über die Regierungsfraktionen einzubringen (was, wie wir mittlerweile ja alle wissen, durch die Regierungsfraktionen allerdings nicht erfolgt ist). Mehr bringt dieser Absatz in schönsten Beamten- bzw. Regierungsdeutsch nicht zum Ausdruck.

Wenn dann aber ein Gesetzentwurf eingebracht wird, der die markierte Passage einfach ignoriert, dieser scheitert und man sich nun darauf ausrichtet, sich erst nächstes Jahr dem Grundgehalt zu widmen, weckt das Zweifel daran, ob hier alles getan wird, um dem Recht Geltung zu verschaffen. Sollte es zu einer Vermengung der Thematik mit der Tarifrunde kommen, kann ich dahinter nur eine Strategie vermuten.

Das mag für den alten Gesetzentwurf gelten, der hier diskutiert wurde, und der bereits schon ein Zugeständnis an BMF war. Ein neuen Entwurf kenne ich (noch) nicht und ob da dieser Vorwurf noch zu halten wäre... Meine Glaskugel ist gerade kaputt...

Genausowenig ist da eine Strategie dahinter. Mit welchem Hintegrund sollten Beamte im BMI, die im übrigen bis hoch zum Staatssekretär auch von einer solchen Neuregelung profitieren würden, hier irgend eine übergeordnete eignen Agenda verfolgen. Nochmal, hier gibt es keine übergeordnete Macht, die irgendetwas verhindern möchte.

Die Erstellung eines Regelungsentwurfs ist gerade auf Bundesbene ein komplexes organisches Konstrukt mit einer dreistelligen Anzahl von Stellen, Ressorts, Institutionen, Verbände, etc., die zu beteiligen sind, und jede dieser Stellen schreibt in diesem Entwurf rum und rein, was man sich schon immer gewünscht hat. Wenn man eine eigene Agenda darin unterbringen wollen würde, müsste man alle diese Stellen auf Linie bringen bzw. hinter sich wissen... Absurd...

Nach meinem staatsorganisatorischen Verständnis ist das BMI für die Erarbeitung von Gesetzentwürfen im Bereich des Rechts des öffentlichen Dienstes zuständig.

Ja, richtig und das wird dort auch gemacht. Aber die Gesetze werden vom Bundestag beschlossen und die Arbeit im Bundestag unterliegt keiner übergeordneten Kontrolle. Nur das BVerfG kann das Ergebnis der Arbeit, nicht jedoch die Arbeit dort selbst, überprüfen.

Die öffentliche Meinung spielt zum Glück für die Geltung unserer Verfassung keine unmittelbare Rolle. Insofern funktionieren Checks und Balances ganz gut. Die Faulen sollten ans Arbeiten gebracht werden. Aber nicht erst dann sollten alle verfassungsgemäß alimentiert werden.

Gebe ich Recht. Allerdings kollidiert spätestens im Bundestag das Verfassungsrecht bzw. die Verfassung ganz schnell mit der öffentlichen Meinung. Und machen wir uns mal nix vor, am Ende bestimmt im übertragenen Sinne leider oftmals die Bildzeitung, in welche Richtung das Pendel ausschlägt. Abgeordnete/Parteien wollen wiedergewählt werden.

Dann bist du ja nun wirklich an der Quelle. Herrscht dort die Auffassung, man käme mit der Flickschusterei eines REZ durch die Tür? Falls nein, werde ich das BMI fortan lobpreisen.

Ich weiß, dass man im BMI gern eine solche Flickschusterei, wie du es nennst, vermeiden will. Aber letztlich geht es bei Rechtsetzung oftmals nicht darum, was man möchte, sondern was politisch durchsetzbar ist. Ob sich die Arbeitebene im BMI hier durchssetzt, weiß ich nicht. Da kann ich genauso gut versuchen, die Lottozahlen vorher zu sagen.

@One:  Vielen Dank für die Erläuterungen. Aber ein feines System von Checks und Balances scheint es eben nicht zu sein, wenn man sieht was am Ende vielerorts herauskommt. Die Prüfung auf Verfassungskonformität ist dann wohl eher als optional bzw. nicht bindend anzusehen. ;)

Da es die Abteilung V gibt, ist es ja noch erschreckender was da am Ende verabschiedet wird. Bisher unterstellte man ja Unfähigkeit, inzwischen muss man da ja von offensichtlich bewusstem Verfassungsbruch ausgehen.

Du scheinst nicht verstanden zu haben, was ich geschrieben habe oder anders gesagt, finde ich es interessant, dass man hier im Forum in der Lage ist, die verfassungsrechtliche Bewertung, von BMI, BMJ, diversen Verfassungsrechtlern, etc. kurz mal für nicht einschlägig und falsch zu erklären sowie Unfähigkeit und bewussten Verfassungsbruch zu unterstellen.

Es beugen sich über den Entwurf gefühlt mindestens eine zweistellige Zahl von Verfassungsjuristen. Einzig ein Entwurf, der in der letzten Legislatur erstellt und in die Abstimmung gegeben wurde ist bekannt. Wie es in den Abstimmungen mit diesem Entwurf weitergegangen wäre, weiß niemand, weil der Entwurf sehr früh bereits gescheitert war. Keiner von uns kennt die Stellungnahmen/Gutachten der Verfassungsrechtler zu diesem Entwurf und auch nicht die erfolgten Abstimmungen, aber es wird pauschal einfach mal wahlweise Unfähigkeit, Unwillen, Vorsatz, Verfassungsbruch und irgend eine eigene Agenda unterstellt.

Keiner prügelt hier auf die Arbeitsebene des BMI ein. Gemessen wird man aber am Ende am Ergebnis. Und da lassen die Umsetzungen in den Ländern übles erahnen. Zumal wenn man sich im BMI, wie hier kolportiert, daran orientieren möchte.

Zum einen lesen sich die Posts der letzten 3 bis 4 Seiten anders. Da wurde von Usern vorsätzlicher Verfassungsbruch und sogar strafrechtliches zu andendes Vorgehen der Mitarbeiter im BMI unterstellt.
Zum anderen ist dies wieder nur Vermutung und Hörensagen. Mir ist bislang keine Quelle bekannt, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass BMI die Regelungen einzelner Länder als Blaupause nimmt oder diese gar übernimmt.

Lieber @xap, ich würde daher raten, einfach mal ein bissl runterzutakten und nicht gleich die große verbale Keule rauszuholen. Die kann immernoch geschwungen werden, wenn wir am Ende der Ressortabstimmungen eines Entwurfs stehen und aus der Kabinettvorlage dann immernoch eine unzureichende Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG hervorgeht.

@one:
Möchte mich an dieser Stelle herzlich für die (Insider)Infos bedanken.
Bitte halten Sie uns auf dem Laufenden sobald es was neues gibt!

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #752 am: 19.02.2022 14:23 »
Hier ist mir zu viel Vermutung, Konjunktiv und "Könnte ja sein..." und "Evtl....", was aber bei nüchterner Betrachtung der Sachlage nicht begründet ist.

Im Einzelnen:

Es geht nicht darum, dass hier jemand den einzelnen Beamten im BMI oder in einem anderen Ministerium diskreditieren möchte, One.

Aber wie erklärst Du Dir diesen Satz und das ihm folgende Verfahren?

"Der  Vorschlag  des  Bundesministeriums  des  Innern,  für  Bau  und  Heimat,  in  Umsetzung  der  Beschlüsse  des BVerfG vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 sowie 2 BvL 6/17 u. a. –, einen regionalen Ergänzungszuschlag als eigenständigen Besoldungsbestandteil zur Gewährleistung der amtsangemessenen Alimentation in der Bundesbesoldung einzuführen, war nicht zu finalisieren. Daher bleibt die bundesbesoldungsgesetzliche Umsetzung der vorgenannten Beschlüsse des BVerfG den parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs bzw. einer eigenständigen Gesetzesinitiative der Bundesregierung vorbehalten." (BT-Drs. 19/28677, S. 40)

https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-anpassung-der-bundesbesoldung-und-versorgung-f%C3%BCr-2021-2022-und/275941

Relativ einfache Erklärung, die ich im übrigen in diesem Thread vor Monaten irgendwo in den ersten Seiten bereits gegeben habe. Letzlich ist dies mein o.a. Punkt 5.

BMF hatte gegen den von BMI vorgelegten Regelungsentwurf aufgrund der erheblichen haushaltsrechtlichen Auswirkungen sein Veto eingelegt. Damit war der Gesetzentwurf tot. Die Erarbeitung und Einbringung eines neuen Gesetzentwurfes war aufgrund des nahenden Endes der Legislatur (Diskontinuität) durch BMI nicht mehr möglich. Daher bestand einzig noch die Möglichkeit, vor dem Ende der Legislatur eine Regelung aus der Mitte des Deutschen Bundestages über die Regierungsfraktionen einzubringen (was, wie wir mittlerweile ja alle wissen, durch die Regierungsfraktionen allerdings nicht erfolgt ist). Mehr bringt dieser Absatz in schönsten Beamten- bzw. Regierungsdeutsch nicht zum Ausdruck.


Ok, dann halte ich fest: Wir sind beide der begründeten Ansicht, dass der Gesetzentwurf vom 19.04.2021 aus vielerlei Gründen nicht mit der Verfassung im Einklang steht, also verfassungswidrig ist, wie er selbst auf der Seite 40 in der zitierten Passage hervorhebt.

Wir sind darüber hinaus einer Meinung, dass der verfassungswidrige Gesetzentwurf im Gesetzgebungsverfahren vom Bundeskabinett mit dem Ziel seiner Verabschiedung weiterverfolgt worden ist.

Wir sind uns zugleich ebenso einig darin, dass sowohl die betreffenden Abgeordneten des Bundestags als auch die Mitglieder des Bundesrats ihm mit dem Ziel seiner Verabschiedung zustimmten, obgleich sie ebenso über den verfassungswidrigen Gehalt des Gesetzentwurfs informiert waren.

Wir sind uns also schließlich einig darin, dass hier ein verfassungswidriger Gesetzentwurf vorsätzlich verabschiedet und danach entsprechend ausgeführt und veröffentlicht worden ist, dass hier also ein vorsätzlich verfassungswidriges Gesetz vorliegt.

Wieso sind wir nun uneinig darin, dass hier ein vorsätzlich verfassungswidriges Gesetz vorliegt?

Weniger Konjunktiv ging bis hierhin nicht - und jetzt noch zwei Fragen: 1) Wieso kann "es dem Grunde nach keine nicht verfassungskonformen Gesetzentwürf geben", wenn es am Ende sogar vorsätzlich verfassungswidrige Gesetze gibt? 2) Wieso haben Deiner Meinung nach die Checks and Balances trotz ihrer so ausgefeilten Systematik nicht funktioniert?

Fahnder

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #753 am: 19.02.2022 14:25 »
Lieber One, man kann die Beteiligten nicht ganz so einfach aus der Verantwortung nehmen, denn im beschlossenen BBVAnpÄndG 2021/2022 wurde offensichtlich gelogen, wenn es auf Seite 37 unter "Gesamtabwägung" heißt:

"Es sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, aus denen sich im Wege der gebotenen
Gesamtabwägung eine Unangemessenheit der Alimentation im Sinne der Rechtsprechung
des BVerfG ergeben könnte."


Insoweit kann ich durchaus nachvollziehen, dass hier einige von vorsätzlichem Handeln sprechen. Als Kriminalist ist mir wohl bekannt, dass vorsätzliches Handeln ebenfalls das billigend in Kauf nehmen (dolus eventualis) eines Sachverhaltes, hier Verfassungsbruch Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 GG, darstellt. Natürlich handelt es sich hier um keinen Straftatbestand, jedoch soll dies verdeutlichen, warum die Foristen durchaus zu verstehen sind.

Wer hat denn oben genannte Lüge zu verantworten? Durch den vorherigen fallengelassenen Entwurf wussten alle Beteiligten, dass der oben genannte Satz nicht stimmt. Wie kann so ein Entwurf durch die verfassungsmäßige Prüfung gelangen, die Sie soeben beschrieben haben?


One

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #754 am: 19.02.2022 15:36 »

Ok, dann halte ich fest: Wir sind beide der begründeten Ansicht, dass der Gesetzentwurf vom 19.04.2021 aus vielerlei Gründen nicht mit der Verfassung im Einklang steht, also verfassungswidrig ist, wie er selbst auf der Seite 40 in der zitierten Passage hervorhebt.

Wir sind darüber hinaus einer Meinung, dass der verfassungswidrige Gesetzentwurf im Gesetzgebungsverfahren vom Bundeskabinett mit dem Ziel seiner Verabschiedung weiterverfolgt worden ist.

Wir sind uns zugleich ebenso einig darin, dass sowohl die betreffenden Abgeordneten des Bundestags als auch die Mitglieder des Bundesrats ihm mit dem Ziel seiner Verabschiedung zustimmten, obgleich sie ebenso über den verfassungswidrigen Gehalt des Gesetzentwurfs informiert waren.

Wir sind uns also schließlich einig darin, dass hier ein verfassungswidriger Gesetzentwurf vorsätzlich verabschiedet und danach entsprechend ausgeführt und veröffentlicht worden ist, dass hier also ein vorsätzlich verfassungswidriges Gesetz vorliegt.

Wieso sind wir nun uneinig darin, dass hier ein vorsätzlich verfassungswidriges Gesetz vorliegt?

Weniger Konjunktiv ging bis hierhin nicht - und jetzt noch zwei Fragen: 1) Wieso kann "es dem Grunde nach keine nicht verfassungskonformen Gesetzentwürf geben", wenn es am Ende sogar vorsätzlich verfassungswidrige Gesetze gibt? 2) Wieso haben Deiner Meinung nach die Checks and Balances trotz ihrer so ausgefeilten Systematik nicht funktioniert?

Zustimmung, der Entwurf der in der letzten Legislatur behandelt wurde, war höchstwahrscheinlich nicht verfassungskonform.

Zu 1)
Es kann dem Grunde nach keine nicht verfassungskonformen Gesetzentwürfe geben, wenn diese die Ministerien in Richtung Bundeskabinett verlassen weil:

1. Sowohl BMJ als auch BMI als gleichberechtigte Verfassungsressorts die Verfassungskonformität durch eigene Verfassungsjuristen prüfen und beide Häuser ein positives Votum abgeben müssen, damit ein Entwurf Kabinettreife attestiert bekommt.
Das hier losgelöst von Parteipolitik bzw. überparteilich geprüft wird, wird dadurch gewährleistet, dass BMJ und BMI in der Regierungskoalition nie der selben Partei angehören. Dies ist ein Agreement was seit Anbeginn der Bundesrepublik besteht und eingehalten wird, um die Verfassung nicht durch singuläre Parteipolitik zu beschädigen.

2. Beim Prozess der Erstellung von Entwürfen kommt es zu Konsultationen von Experten bzw. Expertenanhörungen im Rahmen der verpflichtenden Gesetzesfolgenabschätzung. Im Ergebnis werden in der Regel Verfassungsrechtler, insbesondere aus Wissenschaft, Lehre und Forschung, befragt, die dann Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit von Regelungsentwürfen abgeben. Im Einzelfall besteht auch die Möglichkeit bei z.B. divergierenden verfassungsrechtlichen Auffassungen sogar das BVerfG durch das Ressort angerufen wird, mit der Bitte, zur Vereinbarkeit einer beabsichtigten Regelung mit dem Grundgesetz Stellung zu nehmen.

Im Ergebnis dieses ganzen Prozesses kann man davon ausgehen, dass kein verfassungswidriger Regelungsentwurf das federführende Ministerium in Richtung Bundeskabinett verlässt. Daher meine, zugegeben etwas zugespitzte, Anmerkung, dass es dem Grunde nach keine nicht verfassungskonformen Gesetzentwürfe geben könne, die in das Bundeskabinett gehen. Ich wüsste jedenfalls nicht, an welcher Stelle ein Ministerium noch weitere Expertise hätte zu Rate ziehen können.

Zu 2)
Weil die Checks and Balances an dem Punkt enden, an dem der Regelungsentwurf mit der Politik in Berührung kommt. Dann spielen andere (politische) Schwerpunkte eine Rolle und die Checks an Balances erfolgen nur noch unter parteilpolitischen Aspekten. Das kann leider auch zu Lasten der Verfassungsmäßigkeit gehen. Bitte nicht falsch verstehen, ich finde das nicht gut, aber dafür kann man im Regelfall nicht den Juristen im Ministerium, der mit der Erstellung von Regelungsentwürfen befasst ist (BMJ hat für diese Personen eigens die Berufsbezeichnung des Legisten entwickelt) verantwortlich machen, der den Entwurf erarbeitet hat.

Das ist jetzt aber alles fast schon rechtsphilososphisch...  ;)
« Last Edit: 19.02.2022 15:44 von One »

One

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #755 am: 19.02.2022 15:42 »
@Fahnder

Ich gehe davon aus, dass diese Formulierung in das Gesetz nicht unmittelbar durch das BMI hineingeschrieben wurde. Ich war jedoch nicht bei der Erstellung des Gesetzentwurfes involviert und kann es daher nicht sagen. Ich frage nächste Woche aber gern mal nach...  ;)

Nochmal, mir geht es nur darum, dass das Prügeln auf das angeblich böse BMI aus meiner Sicht unberechtigt ist. Es gibt eine Vielzahl von Playern, die an einem Entwurf in dem gesamten Prozess, erst regierungsintern, dann im parlamentarischen Prozess, "mitschreiben". Das das BBVAnpÄndG 2021/2022 im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG nicht verfassungskonform ist/war, darüber besteht, denke ich Einigkeit.

Jemand einzelnen dafür verantwortlich machen, halte ich für schwierig. Im Zweifel kann man nur jemanden benennen, der eine politische Verantwortung trägt. Die Verfassungsprüfung endet aber im regierungsinternen Entwurfsverfahren. Vor allem im anschließenden parlamentarischen Verfahren spielen Verfassungsfragen nur noch untergeordnet eine Rolle.
« Last Edit: 19.02.2022 15:49 von One »

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #756 am: 19.02.2022 16:53 »
Ich kann das, was Du schreibst, gut nachvollziehen, One, und als Beamter wäre ich jetzt erst einmal der Letzte (oder einer der Letzten), der anderen Beamten gesetzeswidriges Verhalten unterstellen wollte. Auch halte ich es für wahrscheinlich, dass die Checks and Balances vielfach funktionieren - und zugleich bin ich allerdings ob der schon längeren Beschäftigung - unabhängig vom BMI - hinsichtlich der vielen offensichtlich verfassungswidrigen Gesetzentwürfe, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, was die Besoldungsgesetzgebung anbelangt, hinsichtlich von Checks and Balances zum heutigen Zeitpunkt eher skeptisch. Für mich fügt sich folgende - natürlich wie diesbezüglich immer verkürzte - subjektive Theorie zum Erklären des konkreten Verfahrens zusammen:

Behörden funktionieren zumeist - unabhängig von oder gerade in Abhängigkeit von den polykratischen Strukturen, also unterschiedlichen ihrer Machtzentren (unter Beachtung des schönen Weber'schen Diktums, wonach Macht jede Chance bedeute, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruhe) - wie kommunizierende Röhren, sowohl vertikal als auch horizontal. Der einzelne Beamte oder Mitarbeiter orientiert sich dabei - um bei den anderen das Bild eines sein Gebiet überschauenden und es beherrschenden Amts- oder Tätigkeitsträger aufrechtzuerhalten - daran, was er als entsprechend erfolgreich betrachtet. Was als "nötig" angesehen wird, ist also vielfach das, was als "möglich" antizipiert wird.

Betrachte ich mal das BMI des letzten Jahres, dann hatte es mit Horst Seehofer als Minister einen Mann an der Spitze, der hinsichtlich seiner weiteren politischen Zukunft nicht mehr viel wollte, soll heißen, nichts mehr zu verlieren hatte. Das dürfte vertikal betrachtet dazu geführt haben, dass die kommunizierenden Röhren einen eher gewagteren Vorstoß präferiert haben sollten, als wenn sein Ziel gewesen wäre, nach der anstehenden Wahl weiterhin Minister zu bleiben. Das dürfte - so schätze ich - mit Einfluss darauf gehabt haben, dass der Entwurf vom 03.02.2021, der schließlich in das Anhörungsverfahren gegangen ist, politisch durchaus gewagt war: Denn auch jener Entwurf war zwar bereits vielfach nicht in Einklang mit Direktiven des Bundesverfassungsgerichts zu bringen gewesen, er sah aber tatsächlich für einzelne Beamtengruppen substanzielle Verbesserungen vor, anders als der später dann "finalisierte". Ich halte es für wahrscheinlich, dass man sich im BMI im Februar 2021 im Klaren darüber war, dass mehr nicht möglich und dass das, was vorlag, womöglich schon zu viel war - so wie es dann ja auch im Zuge der Ressortabstimmung gekommen ist: Jener Gesetzentwurf war nicht zu finalisieren, weil er dem BMF deutlich zu weit ging, dessen Minister zu jener Zeit noch nicht mit seiner politischen Laufbahn abgeschlossen hatte und der ja zu jener Zeit wie der Bazooka-Arnie wiederkehrend "I´ll be back!" auf allen Kanälen sendete.

Hätte man im BMI einen verfassungskonformen Gesetzentwurf entwickelt - also einen Entwurf, der vorgesehen hätte, die Grundgehaltsätze um deutlich mehr als 20 % anzuheben -, wäre dieser m.E. niemals überhaupt in die Anhörung gegangen - genauer: Es hätte nicht einmal auf der untersten Ebene im Sinne der kommunizierenden Röhren einen solchen Vorschlag geben können, da er politisch niemals durchsetzbar gewesen wäre und jeder, der einen solchen Entwurf zu verantworten gehabt hätte, damit zu rechnen gehabt hätte, dass man ihm unterstellte, er wäre offensichtlich kein sein Gebiet überschauender und es beherrschender Amts- oder Tätigkeitsträger.

So verstanden dürfte - schätze ich - der Gesetzentwurf vom 03.02.2021 im Sinne der von Dir dargelegten Entscheidungsprozesse zuvor nach und nach Gestalt angenommen haben: Die mit ihm beschäftigten Juristen wussten, dass das, was sie erarbeiten, kaum verfassungskonform werden würden, dass sie aber einen verfassungskonform(er)en Vorschlag gar nicht erst unterbreiten bräuchten. Sie hätten das also machen dürfen (keiner hätte es ihnen verboten) - aber horizontal hätten sich alle anderen in den Nachbarräumen den Bauch vor Lachen gehalten und vertikal hätte es ein bedenkliches Kopfschütteln über einen solchen eigenartigen Amts- oder Tätigkeitträger gegeben, den man beim nächsten Mal wohl besser mit anderen Aufträgen bedacht hätte.

Von daher haben alle weitgehend das gemacht, was auch in Amtsstuben ein weitgehend befriedenden Zustand garantiert: elephant in the room, was man zugleich auf jeder Ebene gut vor sich selbst rechtfertigen konnte: "Mehr geht halt nicht, der sich herauskristallisierende Entwurf ist immer noch besser als der Status Quo und überhaupt politisch wirklich gewagt". Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir das alle nur allzu gut kennen - weshalb ich das, was ich schreibe, nicht als Vorwurf an's BMI oder einzelne Personen verstanden wissen möchte.

So verstanden erklären sich auch die weiteren im letzten Jahr abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren und die derzeit laufenden - die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 04. Mai kann auch heute kaum so ohne Weiteres von einem Besoldungsgesetzgeber umgesetzt werden: Denn entsprechend verfassungskonforme Entwürfe können nicht von heute auf morgen erarbeitet werden. Denn sie wären politisch nicht durchsetzbar: Den Ministerpräsidenten möchte ich sehen, der das nun verantworten wollte - er bräuchte sich in keiner der Runden mehr blicken lassen, weil alle anderen ihn wie ein Paria behandeln würden.

Der lange Rede kurzer Sinne: Erstens ist das, was ich geschrieben habe, natürlich vereinfachend und unterkomplex, tatsächlich sind die Strukturen allemal komplexer (gewesen). Aber von der Struktur her macht das verständlich, wieso wir noch länger auf verfassungskonforme Gesetzentwürfe werden warten müssen. Die Politik wird am Ende handeln (die Checks and Balances werden also am Ende funktionieren); sie benötigt dafür aber eine so deutliche Entscheidung vonseiten des Bundesverfassungsgerichts, dass sie am Ende eine Rechtfertigung hat - und also die zunächst damit beschäftigten Beamten im BMI oder einem Finanzministerium der Länder die Gewähr, dass man sie am Ende, wenn sie denn über das hinausgehen, was heute der Fall ist, weiterhin als ihr Gebiet überschauende und es beherrschende Amts- oder Tätigkeitsträger betrachtet werden. Schnell wird's eher nicht gehen - und teuer wird's sowieso, was die Sache für die BEsoldungsgesetzgeber eher nicht besser macht...

Max

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« Antwort #757 am: 20.02.2022 12:45 »
Gibt es dann überhaupt eine Möglichkeit eine angemessene Alimentation zu bekommen? Könnte man z.B. für den eigenen Einzelfall eine bestimmte Alimentation einklagen?

xap

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« Antwort #758 am: 20.02.2022 15:52 »
Genau das. Das Urteil aus 2020 ist Resultat genau einer solchen Klage. Der Rechtsweg (Widerspruch, ggf. Klage) ist es, der den Anspruch des einzelnen Beamten wahrt. Dauert halt gefühlt ewig. Und man ist froh, wenn man nicht vorher verstorben ist. ;)

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #759 am: 20.02.2022 16:25 »
Man merkt du hast gar nichts verstanden. Die Aussage oben bleibt bestehen. Die vermutlich anstehenden Besoldungserhöhungen für viele auch im mD, gD und selbst im hD haben ihren Ursprung sicher als Folge der Urteile und der Grundsätze des Berufsbeamtentums aber ganz sicher nicht weil es ihnen finanziell so schlecht ginge. Aber du darfst gerne weiter auf den schwächsten Teilen der Gesellschaft herumhacken. Scheinst dich ja wohl zu fühlen in der Opferrolle.

Wenn es Leuten gut geht, welche auf ca. Harz4 Niveau oder knapp darüber leben, dann geht es auch Harz4 Empfängern gut oder? Oder gehören dann diese Beamten auch zu den schwächsten der Gesellschaft?

Das sind deine Worte. Evtl. hast du trotz selektiver Wahrnehmung lesen können, dass ich mD, gD und hD schrieb. Natürlich geht es Beamten des eD finanziell möglicherweise genauso schlecht wie H4ern. Das habe ich auch nie bestritten. Wie kommst du also zu deiner Feststellung? eD Beamten aber übrigens auch nur, wenn die Dame des Hauses nicht arbeitet. Falls doch, geht es Ihnen wahrscheinlich besser als einer H4 Familie, bei der abgesehen von einer geringen Zuverdienstgrenze jedes Einkommen auf H4 angerechnet wird. Diese eD Beamten hätten bei einer Dame im Beschäftigtenverhältnis also auch keinen Grund zu jammern, denn schon hätte sich der Abstand zur Grundsicherung hergestellt. Und wenn die Alte zu faul ist, ist es eben deren Problem - rein aus finanzieller Sicht.


Es wurde schon mehrfach dargelegt, das je nach Bundesland selbst die Besoldung A11 in der 1. Stufe zu niedrig bemessen ist. Und jetzt willst du mir etwas von eD erzählen? Wie armselig ist es bitte, dass man bei A9/A10 ein zweites Gehalt benötigt um seiner Familie mehr als Harz4 bieten zu können? Dafür studiert Mann oder Frau?

emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #760 am: 20.02.2022 17:43 »
[...]die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 04. Mai kann auch heute kaum so ohne Weiteres von einem Besoldungsgesetzgeber umgesetzt werden: Denn entsprechend verfassungskonforme Entwürfe können nicht von heute auf morgen erarbeitet werden. Denn sie wären politisch nicht durchsetzbar: Den Ministerpräsidenten möchte ich sehen, der das nun verantworten wollte [...]

Die Politik wird am Ende handeln (die Checks and Balances werden also am Ende funktionieren); sie benötigt dafür aber eine so deutliche Entscheidung vonseiten des Bundesverfassungsgerichts, dass sie am Ende eine Rechtfertigung hat - und also die zunächst damit beschäftigten Beamten im BMI oder einem Finanzministerium der Länder die Gewähr, dass man sie am Ende, wenn sie denn über das hinausgehen, was heute der Fall ist, weiterhin als ihr Gebiet überschauende und es beherrschende Amts- oder Tätigkeitsträger betrachtet werden.

Das war gestern eine sehr aufschlussreiche und spannende Diskussion mit schönem Schlusswort. Für den Bereich der Bundesbeamten möchte ich allerdings noch eine Bemerkung mit Blick auf die neue Regierung abgeben, ohne in parteipolitische Weltanschauungen abzudriften.

An der Spitze des BMI sitzt nun eine Ministerin, die die Wertschätzung für den öffentlichen Dienst sehr prominent platziert hat. Wer würde das nicht, aber dennoch sei es gesagt. Wir haben eine Regierung, die den Anspruch hat, zu gestalten, also massive Umbauprozesse in Gang zu bringen, die Geld kosten. Im Finanzministerium sitzt mit der FDP einerseits die Partei, der man offenbar die größten Zugeständnisse machen musste, um das ihr in der jüngeren politischen Geschichte fremde Bündnis mit SPD und den Grünen zu schmieden. Andererseits gibt sich Herr Lindner aber gerne auch als Stimme der unaufgeregten Rationalität. Dass man im öffentlichen Dienst mit schlechter Bezahlung keine guten Leute mehr gewinnen können wird, dürfte ihm ebenfalls klar sein. Die Verfassung einzuhalten ist darüber hinaus relativ rational und üblich für eine Bundesregierung. Entscheidend für die politische Durchsetzbarkeit ist doch das Framing. Wenn selbst die "faulen, überbezahlten Beamten" teilweise unter Grundsicherungsniveau leben müssen, passt das Lohnniveau in Deutschland einfach hinten und vorne nicht.

Das heißt für mich einfach Folgendes:
Die Vorzeichen für den Versuch eines verfassungstreuen Gesetzentwurfs könnten durchaus schlechter sein. Ich werde deshalb das BMI und die Bundesregierung auch daran messen, ob man wenigstens versucht, eine substantielle Verbesserung auf Ebene des Grundgehaltes zu erwirken. Verfassungsgemäß ist diese allemal. An einen bösartigen Einzeltäter im BMI, der im Gegenzug für eine Spitzenkarriere, die Beamtenschaft bluten lässt, habe ich nie geblaubt. Geringschätzend und respektlos wäre es aber, wenn man statt einer amtsangemessenen Alimentation nach den schon sehr deutlichen Worten des BVerfG, weiter nach einer möglichst billigen, pseudoverfassungsmäßigen Alimentation mit einem Flickwerk aus Zuschlägen sucht.
« Last Edit: 20.02.2022 17:54 von emdy »

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #761 am: 20.02.2022 20:25 »
Man merkt du hast gar nichts verstanden. Die Aussage oben bleibt bestehen. Die vermutlich anstehenden Besoldungserhöhungen für viele auch im mD, gD und selbst im hD haben ihren Ursprung sicher als Folge der Urteile und der Grundsätze des Berufsbeamtentums aber ganz sicher nicht weil es ihnen finanziell so schlecht ginge. Aber du darfst gerne weiter auf den schwächsten Teilen der Gesellschaft herumhacken. Scheinst dich ja wohl zu fühlen in der Opferrolle.

Wenn es Leuten gut geht, welche auf ca. Harz4 Niveau oder knapp darüber leben, dann geht es auch Harz4 Empfängern gut oder? Oder gehören dann diese Beamten auch zu den schwächsten der Gesellschaft?

Das sind deine Worte. Evtl. hast du trotz selektiver Wahrnehmung lesen können, dass ich mD, gD und hD schrieb. Natürlich geht es Beamten des eD finanziell möglicherweise genauso schlecht wie H4ern. Das habe ich auch nie bestritten. Wie kommst du also zu deiner Feststellung? eD Beamten aber übrigens auch nur, wenn die Dame des Hauses nicht arbeitet. Falls doch, geht es Ihnen wahrscheinlich besser als einer H4 Familie, bei der abgesehen von einer geringen Zuverdienstgrenze jedes Einkommen auf H4 angerechnet wird. Diese eD Beamten hätten bei einer Dame im Beschäftigtenverhältnis also auch keinen Grund zu jammern, denn schon hätte sich der Abstand zur Grundsicherung hergestellt. Und wenn die Alte zu faul ist, ist es eben deren Problem - rein aus finanzieller Sicht.


Es wurde schon mehrfach dargelegt, das je nach Bundesland selbst die Besoldung A11 in der 1. Stufe zu niedrig bemessen ist. Und jetzt willst du mir etwas von eD erzählen? Wie armselig ist es bitte, dass man bei A9/A10 ein zweites Gehalt benötigt um seiner Familie mehr als Harz4 bieten zu können? Dafür studiert Mann oder Frau?
Danke nochmal Bastel für dieses schöne Beispiel. Armselig trifft es genau auf den Punkt. Wie oben schon einmal geschrieben, muss jeder Einzelne jetzt aktiv werden. Unsere Gewerkschaften sind maßlos überfordert. Ganz viele von uns müssen jetzt handeln, damit wir hier zeitnah eine Verbesserung erwirken können.

tumnus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #762 am: 21.02.2022 10:26 »

Und jetzt darf hier jeder Beamte des eD mal die Hand heben. Wenn ich raten dürfte ist keiner anwesend.

Dann melde ich mich mal. Mit A3 Besoldung.
« Last Edit: 21.02.2022 10:33 von tumnus »

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #763 am: 21.02.2022 10:48 »

Und jetzt darf hier jeder Beamte des eD mal die Hand heben. Wenn ich raten dürfte ist keiner anwesend.

Dann melde ich mich mal. Mit A3 Besoldung.

Danke für die Meldung, das finde ich toll. Hier wird ja von einigen so getan, als hätte man gar kein Problem und könnte auch noch 4 weitere Jahre warten.

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #764 am: 21.02.2022 12:19 »
Dann melde ich mich mal. Mit A3 Besoldung.

Ich tippe mal der nächste Entwurf des BMI sieht für Sie eine Überleitung in einen höherer Besoldungsgruppe vor.
Macht das Ganze nicht weniger Verfassungswidrig, die höhere Besoldungsgruppe sei Ihnen aber selbsverständlich von Herzen gegönnt.