Ich denke, es kann nie schaden, sich über die eigenen Befindlichkeiten und Ansichten auszutauschen, nicht zuletzt krankt unsere Gesellschaft offensichtlich zunehmend an einer Sprachlosigkeit, die nicht untypisch für krisenhafte Zeiten ist.
Unabhängig davon, ob man nun den Entwurf als gut oder schön oder schlecht oder hässlich empfindet. Sachlich bleibt er verfassungswidrig. Dieses Faktum lässt sich wie alles im Leben bestreiten, nur lässt sich ein solcher Widerspruch genauso wenig sachlich begründen, wie sich der Gesetzentwurf sachlich begründen lässt. Darin, dass er sich eben nicht im Einklang mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtums befindet, liegt sein sachwidriger Gehalt. Da nun aber alle Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden sind, das diese Grundsätze im Verlauf der letzten rund 70 Jahre ausgeformt hat, gibt's hier unabhängig von dem eigenen moralischen Empfinden, also ob man ihn nun gut oder schlecht findet, kein Vertun: Der verfassungswidrige Gesetzentwurf, dessen verfassungswidriger Gehalt darin liegt, dass er nicht ein deutlich Anhebung der Grundgehaltssätze vornimmt, verletzt die grundrechtsgleichen Individualrechte auf eine amtsangemessene Alimentation eines jeden ihm unterworfenen Beamten und er kommt ebenso nicht der Pflicht des Bundesgesetzgebers nach, die Attraktivität des öffentlichen Diensts für qualifizierten Nachwuchs zu gewährleisten, deren sachlichen Gehalt ich in meinem letzten Zitat der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hab anklingen lassen: "Das Bundesverfassungsgericht hat stets betont, dass der öffentliche Dienst mit Konditionen werben muss, die einem Vergleich mit der privaten Wirtschaft standhalten können."
Entsprechend sei ein weiteres Zitat angebracht, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner letzten Entscheidung zur Richterschaft angebracht hat (und zwar in der Rn. 87; man beachte das "auch" in Klammern nach der ersten Auslassung):
"Die Alimentation bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann [...]. Insoweit entfaltet das Alimentationsprinzip (auch) eine Schutzfunktion für den Beamten [...]. Diese Grundsätze gelten auch für Richter. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Richteramtsrechts, die der Gesetzgeber darüber hinaus zu beachten hat, zählt insbesondere der Grundsatz der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit [...]. Nach Art. 97 Abs. 1 GG sind Richter 'unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen'. Diese sachliche Unabhängigkeit ist gewährleistet, wenn der Richter seine Entscheidungen frei von Weisungen fällen kann [...]. Die sachliche Unabhängigkeit wird durch die Garantie der persönlichen Unabhängigkeit in Art. 97 Abs. 2 GG institutionell gesichert [...]. Die richterliche Unabhängigkeit muss auch durch die Besoldung der Richter gewährleistet werden [...]. Die Art und Weise der Regelung von Besoldung und Versorgung des Richters sind von ganz erheblicher Bedeutung für das innere Verhältnis zu seinem Amt und für die Unbefangenheit, mit der er sich seine richterliche Unabhängigkeit bewahrt [...]. Durch die Festlegung der Besoldung in angemessener Höhe wird gewährleistet, dass der Richter unabhängig nach Gesetz und Gewissen entscheiden kann ([...] vgl. zur internationalen Perspektive zuletzt die Studie der European Commission for the Efficiency of Justice 'European judicial systems – Efficiency and quality of justice' des Europarates Nr. 26 <2018; Daten von 2016>, wonach sich die Richterbesoldung in Deutschland wie schon in den Vorjahren verglichen mit dem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt am unteren Ende aller Mitgliedstaaten des Europarates bewegt)."
Für uns Beamten lautet die regelmäßige Wiederholung (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. November 2015 - 2 BvL 19/09 -, Rn. 101 ff.;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/11/ls20151117_2bvl001909.html); man beachte gerne den dritten, also vorletzten Absatz:
"Art. 33 Abs. 5 GG enthält auch eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Gegenstand der Einrichtungsgarantie ist der Kernbestand von Strukturprinzipien, die sich in der Tradition entwickelt und bewährt haben [...]. Die Entwicklung des Berufsbeamtentums ist historisch eng mit derjenigen des Rechtsstaats verknüpft: War der Beamte ursprünglich allein dem Regenten verpflichtet, wandelte er sich mit dem veränderten Staatsverständnis vom Fürsten- zum Staatsdiener. Seine Aufgabe ist es, Verfassung und Gesetz im Interesse des Bürgers auch und gerade gegen die Staatsspitze zu behaupten. Die Übernahme der funktionswesentlichen tradierten Grundstrukturen des Berufsbeamtentums in das Grundgesetz beruht auf einer Funktionsbestimmung des Berufsbeamtentums als Institution, die, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung, eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatswesen gestaltenden politischen Kräften bilden soll [...].
Gerade im Interesse des Bürgers sind im Bereich des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Art und Qualität der Aufgabenerfüllung durch Beamte zu stellen. Zu dessen Gewährleistungsbereich gehören jene Aufgaben, deren Wahrnehmung die besonderen Verlässlichkeits-, Stetigkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Beamtentums erfordert [...]. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes werden dabei durch das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese anhand von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sichergestellt, das den erstmaligen Zugang zu einem öffentlichen Amt beim Eintritt in das Beamtenverhältnis ebenso wie die Ämterbesetzung aufgrund von Beförderungen reguliert [...].
Seine Aufgabe kann das Berufsbeamtentum nur erfüllen, wenn es rechtlich und wirtschaftlich gesichert ist [...]. Nur wenn die innere und äußere Unabhängigkeit gewährleistet ist und Widerspruch nicht das Risiko einer Bedrohung der Lebensgrundlagen des Amtsträgers und seiner Familie in sich birgt, kann realistischerweise erwartet werden, dass ein Beamter auch dann auf rechtsstaatlicher Amtsführung beharrt, wenn sie (partei-)politisch unerwünscht sein sollte [...]. Das Berufsbeamtentum wird so zur tragenden Stütze des Rechtsstaates [...].
Die Alimentation bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann [...]. Insoweit entfaltet das Alimentationsprinzip eine Schutzfunktion für den Beamten [...]."