Swen ich hoffe seit einiger Zeit, dass die seriösen Medien die Thematik für sich entdecken bzw seriös über die Thematik berichten und so zumindest einen Teil der Bevölkerung ein wenig aufzuklären.
Keinem ist in Zeiten der Krisen die wir gerade global durchleben damit geholfen einen frustrierten und paralysierten ÖD zuhaben, da infolge dessen sicher viele wichtige Aufgaben nur noch schwerer bewältigt werden können.
Ich erwarte zumindest mittelfristig nicht das die Besoldung auf eine verfassungsgemäße Alimentation gehoben wird. Ich erwarte oder besser hoffe zunächst, dass sachgerechte Aufklärung für die Problematik betrieben wird und dies ein erster Schritt hin zu einer verfassungsgemässen Alimentation auf einem sicher langen Weg sein wird.
Ich denke, die Wahrscheinlichkeit, dass die Medien das Thema "eklatant verfassungwidrige (Bundes-)Besoldung" ohne Weiteres in nächster Zeit für sich entdecken werden, ist eher gering - auch wird die Frage verfassungswidriger Gesetze, das zurzeit auch wegen der Relevanz der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung in den Medien zurecht rauf und runter diskutiert und beleuchtet wird, mit einiger Wahrscheinlichkeit nach und nach aus dem Fokus verschwinden, sofern es die Medien nicht in absehbarer Zeit hinsichtlich der anstehenden Ländergesetzgebungen wieder entdecken werden, wofür zumindest in Teilen eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit zumindest in einigen Ländern gegeben sein dürfte.
Für die allermeisten von uns hier sind die Zusammenhänge nach über drei Jahren gemeinsamer Diskussion wiederkehrend klar, nicht zuletzt weil wir als Beschäftigte den öffentlichen Dienst von innen heraus kennen - für die Medien stellt sich das anders dar, unabhängig von einer ebenfalls anderen Interessenslage. Man kann m.E. realistischerweise nicht erwarten, dass sie und damit zunächst einmal der einzelne Journalist oder die einzelne Redaktion das gesamte Feld - Besoldung, Verfassung, Motivation, Nachwuchsgewinnung, Bedeutung der Bürokratie für anstehende Reformen usw. - im Gesamtzusammenhang überblicken könnten. Insofern kann es auch hier wiederkehrend nur darum gehen, die Aufklärer zunächst einmal selbst aufzuklären, was ebenfalls ein eher langfristiger Prozess sein dürfte.
Zugleich haben sich meines Erachtens allerdings - wie schon geschrieben - die Bedingungen für das "Hintergrundsrauschen" verändert, nämlich das Bewusstsein für den Zusammenhang von Verfassungsnormen und einfachgesetzlichen Normen im konkreten Fall, hier also des Haushalts und der Schuldenbremse. Da der Mensch ein vergessliches Wesen ist, hat das Bundesverfassungsgericht nun nicht nur der Politik, sondern ebenso den Medien wie der Bevölkerung eine sicherlich nicht gänzlich ziellose Nachhilfestunde gegeben. Entsprechend dürfte die Wahrscheinlichkeit nicht gänzlich gering sein, dass sie nachhallt, also für die Politik die Fortsetzung der offensichtlich konzertiert vollzogenen spezifischen Besoldungsgesetzgebung (die ob des konzertierten Charakters stark sich selbst stabilisierend ist) stärker risikobehaftet ist als zuvor, da für die Medien das Thema eher interessanter geworden ist oder werden kann als zuvor, da es auf eine Bevölkerung trifft, die sich an den Paukenschlag des letzten Mittwochs erinnern wird und dessen Erinnerung also reaktiviert werden kann - auch deshalb habe ich vorgestern ein wenig über Lerntheorien geschrieben: Denn "Lernen" heißt die
dauerhafte Veränderungen von Dispositionen und/oder Verhalten, die als innerer Prozess von außen angestoßen wird. "Lernen" unterscheidet sich dabei von "Bildung" in dem Faktor der Dauerhaftigkeit - es muss sich also zeigen, ob jetzt das Thema Verfassung und verfassungskonforme Gesetzgebung im Bewusstsein von Medien und Bevölkerung verbleibt - also dort dauerhafter als zuvor verankert bleibt -; dann stehen die Chancen deutlich besser, dass sich auch politisch etwas hinsichtlich unseres Themas ändern könnte, eben wegen des dann größeren Risikos für die Politik, so weiterzumachen als wie zuvor. Insofern würde ich jetzt als gewerkschaftlich organisierter Beschäftiger eher stärker als zuvor in das Gespräch mit meinen Gewerkschaftsfunktionären eintreten und darauf hinwirken, dass sie sich medial positionieren, da die Medien als Aufklärer eben ebenfalls wiederkehrend der Aufklärung bedürfen.
@ DrStrange
Hier wurde wiederkehrend nicht wenig Fragwürdiges bis hin zu ziemlichem sachlichen Stuß über das Bundesverfassungsgericht geschrieben, nicht zuletzt noch über den wenige Tage vor der Entscheidung stattgefundene Besuch der Bundesregierung (
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/bvg23-097.html). Wenn es so wäre, wie der Stuß es behauptet hat, dann wäre eine solche Entscheidung wie die vom vergangenen Mittwoch nicht geschehen. Das Bundesverfassungsgericht ist hingegen auch mit seiner Entscheidung vom vergangegen Mittwoch seinem Verfassungsauftrag nachgekommen, und zwar im Sinne Andreas Voßkuhles, der als ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgericht sicherlich auch vom Zeitpunkt her nicht völlig zufällig in der ZEIT vom letzten Donnerstag das geschrieben hat, was er geschrieben hat (und was auch unabhängig von der Entscheidung des letzten Mittwochs recht lesenswert ist, die weder er noch die Redaktion bei Redaktionsschluss am letzten Dienstag kennen konnten, die er aber als ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts sicherlich voraussehen konnte). Das Bundesverfassungsgericht hat also im Gleichklang aus Qualität, Funktionalität und Integrität seine Rolle im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik gestärkt, da es nun nicht zuletzt von der vierten Gewalt im Staate viel Beifall erhält, während sich die beiden ersten Gewalten nun um Schadensbegrenzung kümmern müssen; damit hat es gleichfalls die Rolle von Qualität, Funktionalität und Integrität in unserem Staatswesen gedient und darin zugleich seine Position deutlich gemacht.
Man darf nun also davon ausgehen, dass es damit auch - wenn das auch nicht sein zuvörderstes Ziel gewesen sein mag - seine Position für weitere Entscheidungen gestärkt haben wird, die ggf. nicht minder unpopulär sein dürften wie die aktuelle: Denn eines darf man nicht vergessen (es wird aber im Moment durchgehend vergessen): Die Entscheidung vom letzten Mittwoch stärkt zwar unsere Verfassung, sie ist aber eigentlich völlig unpopulär, da sie in einer wirtschaftlich schwierigen Situation als eine massive Investitionsbremse wirken kann und mit hoher Wahrscheinlichkeit (je nachdem wie die Politik nun handelt) auch als solche wirken wird.
Insofern lässt sich Deine abschließende Frage - denke ich - wie folgt beantworten: Das Bundesverfassungsgericht ist mit seiner Entscheidung vom letzten Mittwoch in seine Arbeit an einer Dogmatik der Rechtsprechung zur Schuldenbremse eingetreten. Es hat also im übertragenen Sinne für die 2009 in das Grundgesetz verankerte Schuldenbremse das gemacht, was es 2015 mit zwei Grundsatzentscheidungen hinsichtlich des 2006 reföderalisierten Besoldungsrechts getan hat. Verfassungsrechtlich hat sich das als notwendig heraugestellt, da sich der Umgang mit der Schuldenbremse (bzw. ihr Umgehen) als klärungsbedürftig erwiesen hat. Diese Klärungsbedürftigkeit ist verfassungsrechtlich unabhängig von anderen klärungsbedürftigen Fragen zu sehen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Schuldenbremse stehen, also auch hinsichtlich der Frage der weiteren Ausgestaltung der Rechtsprechung zum Besoldungsrechts, mit der die Arbeit an der hier entwickelten Dogmatik fortgesetzt werden dürfte. Diese Arbeit dürfte sich ob der sachlichen Komplexität der Materie, ihrer Bedeutung für unser Staatswesen und der fragwürdigen Ausgestaltung des Besoldungsrechts durch alle Gesetzgeber, die spätestens seit 2021 offensichtlich konzertiert und zugleich also zielgerichtet die Verfassung brechen, als umfangreich erweisen und dürfte ein ebenfalls kluges Vorgehen desSenats voraussetzen, wenn sie am Ende aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts zum Erfolg führen soll, nämlich seinem Auftrag nachzukommen und eine qualitative und funktionale Entscheidung zu vollziehen, die auf persönlicher Integrität beruht, die also Gewähr leisten soll (denn das darf man als Ziel des Bundesverfassungsgerichts voraussetzen), dass sie von den Besoldungsgesetzgebern nachfolgend als Maßgabe für ihr Handeln beachtet wird.
Unter diesem Blickwinkel betrachtet, hat die Entscheidung vom letzten Mittwoch, die die Position des Bundesverfassungsgerichts in der Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik gestärkt hat, auf jeden Fall eine kluge Vorbereitung getroffen (wobei diese kluge Vorbereitung nicht Ziel, sondern Folge der Entscheidung des letzten Mittwochs gewesen ist), um auch zukünftig unpopuläre Entscheidungen treffen zu können. Das Bundesverfassungsgericht ist kein politisches Organ unserer Verfassung; allerdings bewirkt jede Entscheidung politische Konsequenzen. Insofern handelt das Verfassungsgericht nicht politisch, sondern juristisch; sein Handeln ist aber immer mit politischen Folgen verbunden. Von daher bleibt das juristische Handeln des Bundesverfassungsgerichts wegen der politischen Wirkung seiner Entscheidungen nicht unbenommen von politischen Überlegungen, denke ich. So verstanden hat es im juristischen Handeln des letzten Mittwochs politisch kluge Folgen initiiert: Die so unpopuläre wie verfassungsrechtlich notwendige Entscheidung basiert auf Qualität, Funktionalität und persönlicher Integrität; die eigene Position wurde im Staatswesen und in der Gesellschaft gestärkt; der unpopuläre Charakter der Entscheidung wird folglich nicht dem Bundesverfassungsgericht angelastet. Not- und Zweckmäßigkeit sind mit den jeweiligen Interessen vom Bundesverfassungsgericht in Einklang gebracht worden - das Bundesverfassungsgericht wird also am letzten Mittwoch so entschieden haben, wie es entschieden hat: verfassungsrechtlich präzise und politisch - wenn man das "politisch" nennen will, was ich darüber hinaus geschrieben habe - nicht gänzlich unklug. Ein unmittelbarer Zusammenhang zum Besoldungsrecht besteht mit dieser Entscheidung nicht und sollte also auch nicht gesucht werden. Die angekündigten Entscheidungen zum Besoldungsrecht werden allerdings auf eine graduell anders auf das Bundesverfassungsgericht und seine Entscheidungen blickende Öffentlichkeit und Politik treffen, als sie getroffen wären, wenn erstere Entscheidungen (also zum Besoldungsrecht) auch tatsächlich zuerst gefällt worden wären, denke ich.
@ DerAlimentierte
Da verfassungsrechtlich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Haushalts- und Besoldungsrecht besteht, folgt aus der Entscheidung vom letzten Mittwoch unmittelbar nichts für den sich weiterhin in der Schwebe befindenden Gesetzentwurf der Bundesregierung. Insofern stehts in ihrem Belieben, wie sie sich nun auch diesbezüglich stellt. Mehr lässt sich dazu leider nicht sagen.