Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2093935 times)

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8460 am: 22.11.2023 14:55 »
[...] da die Medien im Moment eine solche Geschichte wie die vorliegende: ein in extremer Form verfassungswidriges Gesetzesverfahren, das seit Jahr und Tag gezielt verschleppt wird, lieben werden [...]

Als Beispiel hier ein heutiger Artikel zur hessischen Besoldung (wenngleich aus meiner Sicht noch recht "unausgegoren"):

https://www.fr.de/hessen/pensionaere-hessen-beamtenbesoldungen-offen-tausende-widersprueche-beamte-zr-92672659.html

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8461 am: 22.11.2023 15:09 »
@Swen

Sicher realistische Optionen und von uns weiss mit Sicherheit niemand wohin die Reise fuehrt.

Hinsichtlich Option 1 habe ich vor dem Hintergrund, dass dies bedeutet einen offensichtlich verfassungswidrigen Gesetzesentwurf ins Parlament zu bringen erhebliche Bedenken. Sollte dies so kommen, wäre das nur ein weiterer Sargnagel auf dem Vertrauen in das deutsche Parlament und der in Verantwortung taetigen Politiker. Und was wuerde das insbesondere nach dem BVerfG Urteil bedeuten, ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz einbringen nachdem das BVerfG der Regierung gerade erst u.a. die Regelungen der Verfassung aufgezeigt hat.

Option 2 da habe ich aehnliche Bedenken denn der entwurf ist und bleibt mit erheblcihen Bedenken behaftet ob er verfassungskonform ist. Und ob das so ohne weiteres geraeuschlos geht da bin ich mir nicht so sicher.

Option 3 ist dem Grunde nach auch fatal, bietet es jedoch den Beteiligten die Option die Angelegenheit nicht mehr in Verantwortung entscheiden zu muessen. Und die Frage warum nunmehr weitere Verzoegerungen entstehen, da findet sich bestimmt eine Ausrede.
Und wenn man dann aller Voraussicht nach in der Opposition ist wenn die Thematik erneut aufgegriffen werden wird, so leidet vllt der ein oder andere an den schon hinlaenglich bekannten Errinnerungsproblemen.

Hinsichtlich Option 4 ist dies doch im Grunde auch nur ein verschieben in die Zukunft und ggf hoffen, dass das BVerfG die Arbeit fuer einen erledigt zumindest hinsichtlich der Begruendung der unabdingbaren Reform der Beamtenbesoldung. Und ein konstruktives Zusammenarbeiten von Bund und Laendern sehe ich leider eher als Utopie.

Von daher tendiere ich eher zu Option 3 als die wahrscheinlichste weil so der ein oder andere Politiker vermeintlich sein Gesicht udn seinen Namen im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit zu wahren glaubt.

Wie wir es drehen und wenden die Thematik ist so verfahren und keiner traut sich das oeffentlich zuzugeben und zu thematisieren und dazu noch dem Wahlvolk zu erklaeren.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8462 am: 22.11.2023 16:26 »
Streit mit der Union
Arbeitsminister Heil erteilt Sparvorschlag beim Bürgergeld eine Absage
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/buergergeld-arbeitsminister-hubertus-heil-erteilt-sparvorschlag-von-friedrich-merz-absage-a-822abb80-92e1-4f28-ae04-53b8322b4b24

Und schon werde ich zum SPD-Wähler. Das ist auch eine Form des Pragmatismus.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8463 am: 22.11.2023 17:23 »
Ja, genauso ist es, Bundi, nämlich zunehmend verfahren, was absehbar (gewesen) ist: Irgendwann fällt einem halt der Himmel auf dem Kopf, wenn man's wiederkehrend darauf ankommen lässt, zu wenig Wasser unterm Kiel zu haben, um dann irgendwann fast zwangsläufig in himmelschreiender Art und Weise auf Grund zu laufen, der in diesem Fall das Grundgesetz ist, sodass die damit verbundene Erschütterung dann auch denn Himmel zu Fall bringt. Wie schon vor ein paar Tagen geschrieben, dürfte die Deutlichkeit der Entscheidung vom letzten Mittwoch auch darin ihre Begründung finden, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber deutlich daran erinnern wollte, dass das Verfassungsrecht sowohl formell als auch materiell nicht ins Belieben des Gesetzgebers gestellt ist. In diesem Sinne lassen sich diese wie zwei weitere deutliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Jahr interpretieren:

1) In der hier bereits umfänglich betrachteten Entscheidung zur Parteienfinanzierung - Absolute Obergrenze vom 24. Januar 2023 - 2 BvF 2/18 -  hat das Bundesverfassungsgericht bereits in formeller Hinsicht deutlich gemacht, dass auch, "wenn der Parlamentsmehrheit ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Verfahrensabläufe im Parlament zusteht", einiges dafür spricht, "dass dieser in einer die formelle Verfassungsmäßigkeit des beschlossenen Gesetzes tangierenden Weise überschritten wird, wenn die genannten Grundsätze [formelle Gleichheit der Abgeordneten; ihre gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung; ihre gleichheitsgerechten Mitwirkungsrechte; die hinreichende Beachtung von Parlamentsöffentlichkeit; die uneingeschränkte Wahrnehmungsmöglichkeit der Kontrollfunktion durch den Souverän; die Informationsrechte, über die Bürgerinnen und Bürger verfügen; ihr Recht, die Gründe für parlamentarische Entscheidungen hinlänglich im Gesetzgebungsverfahren zu erfahren; ST.] ohne sachlichen Grund gänzlich oder in substantiellem Umfang missachtet werden (vgl. zur Verweigerung der Beratung einer Gesetzesinitiative BVerfGE 145, 348 <361 f. Rn. 38>). Für die Möglichkeit einer missbräuchlichen Beschleunigung von Gesetzgebungsverfahren mit dem Ziel, die Teilhaberechte der Abgeordneten oder den Grundsatz der Parlamentsöffentlichkeit ohne jeden Sachgrund einzuschränken, bieten Art. 77 Abs. 1, Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG keine Grundlage." (ebd., Rn. 96; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/01/fs20230124_2bvf000218.html)

2. Diese Rechte hat es mit seiner einstweiligen Anordnung vom 05. Juli 2023 - 2 BvE 4/23 - noch weiter konkretisiert und gefestigt, indem es erneut die Gleichheitsrechte der Abgeordneten in formeller Hinsicht in den Mittelpunkt rückte (ebd., Rn. 87 ff.; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/07/es20230705_2bve000423.html) und dabei ebenfalls die eigenen Rechte noch einmal deutlich in den Vordergrund stellte: "Soweit der Antragsgegner meint, dass eine spätere Feststellung der Rechtsverletzung durch das Bundesverfassungsgericht das verletzte Recht zwar nicht wiederherstellen könne, aber eine ideelle Wiedergutmachung darstelle, die der Annahme eines vollständigen Rechtsverlusts entgegenstehe, überzeugt dies nicht. Dies würde dazu führen, dass die erfolgreiche Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes im Organstreit unter Verweis auf die etwaige Feststellung einer Rechtsverletzung in der Hauptsache selbst im Falle des Eintritts irreparabler Folgen ausgeschlossen wäre. Dadurch wäre dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit genommen, streitige organschaftliche Rechte zu sichern, obwohl dies im Einzelfall – trotz des grundsätzlich nicht lückenlosen vorläufigen Rechtsschutzes – verfassungsrechtlich geboten sein kann." (ebd., Rn. 103; diese Passage darf man ruhig mehrfach lesen)

3. Und schließlich eben die aktuelle Entscheidung, über die alles, was hier hinlänglich ist, bereits gesagt wurde. Dabei ist der Zweite Senat den am weitesten reichenden Weg gegangen, indem er am Ende die Nichtigkeit des Gesetzes festgestellt und damit ebenso bereits eingesetzte (Haushalts-)Mittel in die Entscheidung mit einbezogen hat (vgl. die Rn. 230 f. unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/11/fs20231115_2bvf000122.html). Er hätte sicherlich auch den Weg gehen können, bereits eingesetzte und verbrauchte Mittel nachträglich von der Nichtigkeit auszunehmen (worauf man vonseiten der Bundesregierung als offensichtlich das mindeste gehofft und ebenso spekuliert hat).

Was will das Bundesverfassungsgericht uns - oder wohl eher: der Regierung und den Regierungsfraktionen - eigentlich mit diesen Entscheidungen auch sagen? Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand: In den Jahren ab dem Frühjahr 2020 habt ihr euch in einer schweren globalen Krise Rechte zu erkannt und dabei Grundrechte eingeschränkt, über die (das Zuerkennen und das Einschränken) heute als solche nicht mehr entschieden werden muss, sofern hierfür keine anhängigen Verfahren gegeben sind. Diese Krise ist nun allerdings definitiv vorbei, sodass der Gesetzgeber genauso wie die von seiner Mehrheit gestützte (Bundes-)Regierung ebenfalls wieder zum verfassungsrechtlichen Status quo ante zurückzukehren haben. Für alles andere besteht weder eine verfassungsrechtliche Voraussetzung noch eine politische Notwendigkeit. Es besteht insofern keine Veranlassung zu der Annahme, dass die Verfassungswirklichkeit vor 2020 eine andere ist als die heutige - dahingegen war die Diskontinuität zwischen 2020 und 2022 einer einmaligen Ausnahmesituation geschuldet, die als solche kein neues Verfassungsrecht oder eine neue Verfassungswirklichkeit begründen könnte.

Entsprechend darf man davon ausgehen, dass das Bundesverfassungsgericht - wie es das nun unmissverständlich letzte Woche klargemacht hat, nachdem zuvor bereits zwei entsprechende "Warnschüsse" erfolgt sind - den Weg zur Rückkehr in das kontinuierte Verfassungsrecht als Garanten unserer freiheitlichen Demokratie und unseres Rechts- und Sozialsstaates auch weiterhin freundlichen begleiten wird und der Regierung genauso wie den sie tragenden Regierungsfraktionen gerne dabei behilflich sein wird, wenn sie ggf. nach einem auch ihnen eventuell nicht immer gutgetanen Interregnum nun Schwierigkeiten haben sollten, sich aus streckenweise anderen (und dort wie dargelegt zu rechtfertigenden) Gefilden wieder in die hiesigen ein- und zurechtzufinden. Diese Freundlichkeit, einem anderen in Zeiten seiner Not beiseitezustehen, hat es in der Entscheidung vom letzten Mittwoch eindrücklich unter Beweis gestellt und damit dem Gesetzgeber und der von seiner Mehrheit getragenen (Bundes-)Regierung unausgesprochen zugerufen: "Ihr seid hier jederzeit in Karlsruhe herzlich willkommen, wenn ihr weitere Nachhilfe braucht. Übt gerne weiter auf den Parlaments- und Regierungsplätzen die Rückkehr aus dem Interregnum. Wenn diese Übungen noch fehlschlagen, ist das für uns nicht weiter schlimm. Wir geben euch dann freigibig und gerne schriftliche Darlegungen zur Hand, aus denen ihr weiterhin ordentlich lernen könnt. Und wir glauben an euch und motivieren euch deshalb schon heute, auch ohne unsere Hilfe wieder selbst im Rahmen unserer Verfassung zu laufen. Aber wenn ihr das noch nicht wieder schaffen solltet, ist's für uns doch kein Beinbruch. Wir richten euch schon wieder auf, wenn ihr euch denn selbst darnieder richtet - und je öfter ihr dafür sorgt, hier vorbeikommen zu wollen, desto freigiebiger werden wir euch hier empfangen, ihr Lieben, darauf könnt ihr euch verlassen. Und nun alles Gute für eure weitere Tätigkeit und viel Spaß bei den anstehenden Aufräumarbeiten, die ihr sicherlich gerne tut bei all der Zuversicht, die wir in euch setzen. In alter herzlicher Verbundenheit Euer euch treu begleitendes Bundesverfassungsgericht".

Ist doch schön, wenn man sich als Gesetzgeber und Regierung in so schwierigen Zeiten wie diesen noch auf jemanden verlassen kann, der qualitativ, funktional und persönlich verlässlich ist. https://www.youtube.com/watch?v=35PCFQtrgJM



was_guckst_du

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8466 am: 23.11.2023 06:48 »
Auszug aus dem Spiegel:

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat mit deutlichen Worten auf den Sparvorschlag beim Bürgergeld von CDU-Chef Friedrich Merz reagiert. »Friedrich Merz verschweigt der deutschen Öffentlichkeit, dass die Anpassung des Bürgergelds der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums entspricht«

Da klappts eben mit der verfassungskonformen Bezahlung 8)
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

Hummel2805

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8467 am: 23.11.2023 07:07 »
Die Erhöhung des Bürgergeldes 2024 ist ja bereits Gesetz und damit rechtskräftig, da kann man also an den Sätzen nichts mehr ändern, auch bei einer vorläufigen Haushaltsführung nicht.

Deshalb wird der AEZ auch Anfang 2024 kommen!

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8468 am: 23.11.2023 07:34 »
Die Erhöhung des Bürgergeldes 2024 ist ja bereits Gesetz und damit rechtskräftig, da kann man also an den Sätzen nichts mehr ändern, auch bei einer vorläufigen Haushaltsführung nicht.

Deshalb wird der AEZ auch Anfang 2024 kommen!

Man bist du optimistisch... Gibt's dafür nen vernünftigen Grund?

was_guckst_du

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« Antwort #8469 am: 23.11.2023 07:35 »
..es ging mir nicht um die Forderung von Merz, sondern um den Inhalt der Aussage von Heil...

...Verfassungskonformität ist offensichtlich nur dann ein hohes Gut, wenns politisch passt...
Gruß aus "Tief im Westen"

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Hummel2805

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8470 am: 23.11.2023 07:51 »
@Knecht

Ja, weil das geplante Gesetzesvorhaben im Haushalt 2024 des BMI aus finanziert ist, dass ist haushaltsrechtlich immer Voraussetzung.

Jetzt haben wir natürlich eine angespannte Situation, der Haushalt 2024 wird aber zeitnah beschlossen werden. Und die Ampelkoalition wird auch bis Ende 2025 halten. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Überlegt mal, wenn die jetzt aufhören würden, würden Karrieren beendet sein, rot-gelb-grüne Projekte würden sofort eingestampft, und ich meine nicht die Großen, sondern kleine Zuwendungsprojekte (Projektförderungen) an Umweltvereine, Soziale Organisationen, da gehen hunderte von Millionen Euro über den Ladentisch.

Und wenn jetzt Friedrich der Große an die Macht kommt, wäre das alles obsolet, dass wird keiner riskieren!   

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8471 am: 23.11.2023 08:31 »
@Hummel

Der AEZ mag zwar im Haushalt 2024 des BMI finanziert sein, aber noch immer bedarf es einer Rechtsgrundlage und die ist eben nicht da.
Darueberhinaus steht angesichts der juengsten Entscheidung des BVerfG alles im Haushalt auf dem Pruefstand. Und da vermag ich mir durchaus vorzustellen, dass auch die fuer den AEZ eingestellten HHM in Betracht gezogen werden.
Warum sollte man, angesichts der bisherigen Wertschaetzung fuer uns Beamte, diesen Haushaltsposten nicht naeher betrachten wenn alles auf dem Pruefstand steht ?
Ich fuer meinen Teil traue dem Braten erst wenn es gesetzlich verabschiedet ist und die erforderlichen HHM verfuegbar sind. 
Sollte es so kommen freuen sich sicher einige und es sei ihnen gegoennt.
Ich fuer meinen Teil, angesichts der offensichtlich nicht vorhandenen Verfassungsmaessigkeit des Entwurfes, kann es eigentlich nicht gutheissen ein weiteres Gesetz auf den Weg zu bringen von dem man weiss, anhand der reichlich vorgetragenen Bewertungen und damit meine ich nicht unser Forum, das es nicht verfassungsgemaess ist.
Was bedeutet das fuer unseren Rechtsstaat und das Vertrauen in den BT und die Politik ?
Da wuerde innerhalb kuerzester Zeit erneut ein Gesetz verabschiedet, welches nicht mit der Verfassung und der Rechtsprechung des BVerfG in Einklang steht.
Mir graust es davor sollte es dazu kommen, wohin dieser Staat und das Bekenntnis zu unserer Verfassung gekommen ist. Beachten von Gesetzen, der Verfassung nur noch wenn es politisch oportun ist ?
Es handelt sich hier immerhin um die Verfassung.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8472 am: 23.11.2023 09:18 »
Im Endeffekt habt ihr allesamt Recht. Zugleich stellt sich m.E. die politische Sachlage wie folgt dar:

1. Das BBVAnpÄndG 2023/2024 ist verabschiedet. Es scheint noch nicht ausgefertigt zu sein; denn ich finde es auf die Schnelle nicht im BGBl.

2. Es führt weiterhin nicht zu einer amtsangemessenen Alimentation, was der Gesetzgeber auch im Gesetzgebungsverfahren eingestanden hat. Er hat dabei auf das BBVAngG verwiesen, mit dem zu einer amtsangemessenen Alimentation zurückgekehrt werden soll. Unabhängig davon, dass dieser Gesetzentwurf weiterhin sein Ziel verfehlt, ist es formell offensichtlich in Ordnung, das BBVAnpÄndG 2023/2024 auszufertigen (wie das dann mit dem BBVAngG  sein wird, wenn es denn dann verabschiedet werden sollte, müste der Bundespräsident dann entscheiden).

3. In den Medien ist wiederholt darauf verwiesen worden, dass die Politik hervorgehoben habe, dass auch die Auszahlung der Gehälter der Beamten nicht zur Debatte ständen.

4. Der Haushalt ist jedoch weiterhin nicht beschlossen und zugleich gibt es keinen finalisierten Haushaltsentwurf. Es wäre also möglich, die unter Nr. 3 gegebene Zusage nicht zu erfüllen.

5. Formal wäre dann aber offensichtlich ein Neuaufschnüren des gerade beschlossenen Gesetzes in einer neuen Gesetzesinitiative vonnöten, die zugleich im Zusammenhang mit der Schuldenbremse eine gleichheitsgerecht zu vollziehende Absenkung der bereits beschlossenen Besoldungserhöhungen verabschieden müsste. Daraus folgte eine komplexe Neuberatung und Erstellung eines Gesetzentwurfs, der zum ersten Mal diesen Versuch unternehmen wollte, im Zuge der Schuldenbremse eine gleichheitsgerechte Absenkung der Bundesbesoldung zu vollziehen.

6. Das wäre darüber hinaus insofern sachlich zunächst widersinnig, da ja mit dem BBVAngG eine Erhöhung der Bundesbesoldung mit dem Zweck der Wiederherstellung einer amtsangemessenen Alimentation in Aussicht gestellt worden ist.

7. Politisch dürfte ein solches Vorgehen darüber hinaus als Angekündigung politischen Selbstmords gelesen werden, da man damit das Thema verfassungswidrige Bundesbesoldung mitsamt des sachlich völlig unzureichenden Entwurfs des BBVAngG den Medien thematisch wie auf dem Präsentiertteller servieren würde.

8. Da aber ein entsprechendes Vorgehen zunächst von der Bundesregierung abzusprechen und zu beschließen wäre und hier also politische Gruppenprozesse nicht auszuschließen sind, kann heute nicht ausgeschlossen werden, dass man in nächster Zeit doch zu einer entsprechenden Initiative gelangte.

9. Ich halte das allerdings für eher unwahrscheinlich, weil die politischen Nachteile für die Regierung deutlich überwiegen würden (s. die Nr. 5 bis 8 ). Denn der Vorteil weniger hundert Millionen € an kurzfristigen Einsparungen stände den Nachteilen gegenüber und wäre in Anbetracht der nun fehlenden Finanzmittel kaum nennenswert, um sich den mit einem solchen Vorgehen verbundenen politischen Gefahren auszusetzen.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8473 am: 23.11.2023 09:27 »
Der politischen Elite darf heute empfohlen werden interessiert nach Holland zu schauen. Und ich denke das werden sie auch, denn es sind erste Anzeichen was uns hier in Deutschland vermutlich auch bevorsteht. Und das meine ich völlig wertungsfrei.

Hummel2805

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8474 am: 23.11.2023 09:33 »
@Swen

ich schätze Dich sehr, aber bei Nr. 4 irrst DU!

"4. Der Haushalt ist jedoch weiterhin nicht beschlossen und zugleich gibt es keinen finalisierten Haushaltsentwurf. Es wäre also möglich, die unter Nr. 3 gegebene Zusage nicht zu erfüllen."

Wenn kein Haushaltsgesetz 2024 in kraft tritt, tritt Art. 111 GG automatisch in Kraft, und zwar die vorläufige Haushaltsführung, die besagt, dass nur Ausgaben gemacht werden dürfen, die nötig sind.
Und nötige Ausgaben sind darunter aufgezählt, z.B. gesetzliche Verpflichtungen, und das Bundesbesoldungsgesetz ist eine gesetzliche Verpflichtung, also die Auszahlung der Besoldung ist auch in diesen Zeiten sicher.